Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0)
Deutsches Reich
Wien 109., Baumgartnerh. 1
Gebäude C; IV./ 1.; T. 18.
Liebe Eltern!
Gestern sind wir im
Wir hielten uns längere Zeit in den Grenzorten
Marchegg und Nová Ves auf. Dann kamen wir
nach Preßburg, wo wir warmen Tee erhielten. Die
Nacht im Zug habe ich fast nicht geschlafen. Nur
gefunden. Dann fuhren wir der Waag entlang.
Dann
h
früh hielten wir in Sillein (Žilina). Da hieß es:
Aussteigen! Mit einiger Mühe brachten wir das Gepäc
aus dem Zug. Dann marschierten wir in ein Hotel. Remi
Hotel Remi. Dort kam ich mit 11 anderen Buben in
eine Stube. Dieses Hotel in Žilina war ein KLV-Durch
gangslager. Wir hatten 3 volle Stunden Schlafzeit.
Da war es grenzenlos fad, da wir keinen Schlaf fanden
Darauf hielten wir Jause: einen Tee und 2 Brote, be-
strichen. Am Abend bekamen wir ein Abendessen.
Darauf waren große Vorbereitungen für die Abreise.
Ich war erhitzt, aber Fieber war es doch nicht, nur
daß ich in der Nacht nicht geschlafen habe
im Zug,
war schuld daran. Dafür konnte ich die Nacht im
gut beisammen. Dann fuhren wir um 10h früh
vom Bahnhof mit einem Mitropa-Wagen ab.
Um 1/4 2h kamen wir in Poprad an. Von hier fuhren
wir um 1/2 2h mit der Elektrischen nach
ab. Dort war ein großes Gedränge und ein Wirbel mit
dem Gepäck. Endlich war es vom El.-Bahnhof mit
einem Lastauto abgeholt. Dann stiegen wir in eine
Seilbahn ein (nicht Seilschwebebahn, sondern eine
gewöhnliche). Um 4h nachmittag kamen wir im Hotel
Kämmchen an. Wir nahmen unser Mittagessen ein.
Dann wurden wir in die Stuben eingeordnet. Ich bin
jetzt in einer Stube mit 5 anderen: Pollas, Loidl,
Liebschar, Zimmermann, Zwettler. Gestern haben wir
es uns schon halbwegs eingerichtet. Unser Lager-
mannschaftsführer ist sympathisch. Er ist aus
Westfalen.
Gegenüber unserem Hotel ist eine gewaltige Berg-
spitze. Heute früh sahen wir den Sonnenaufgang.
Prachtvoll. Überall Schnee und Berge und dichter
Wald. Die neuen Landschaften sind sehr freund=
lich. Uns geht es gemütlich, gar nichts Strenges.
In die
nachbarn kann ich einstweilen noch nicht
schreiben. Viel Glück der Tante bei ihren
Angelegenheiten. Wie geht es in der
War Luftangriff? Wie gehts mit der Wiener Kost?
Bitte, wenn Du
Karte auf meine neue Adresse:
Hotel Kämmchen; Stube 221.
Nochmals viele Grüße an Euch und
PS.: Schreibt mir, wann Ihr den Brief erhalten
habt! Heute ist der
Herzliche Grüße.
Dr. A. Okopenko
Wien 109,
Wagner-Jauregg-Anstalt
12a
6897 Gebäude C; IV/1. J. 18.
Liebste Eltern!
Kästen eingeräumt. Dann sind die Abholer von der
Seilbahn zurückgekommen samt einem neuen
Unterführer. Der schrie ein wenig mit uns herum,
zum Abendessen bekamen wir dann Graupen;
die schmeckten den Buben nicht und ... (das Wei-
tere mündlich.
Um 7h30' aufstehen, um 8h bekamen wir unser
gewöhnliches Frühstück - einen Tee mit Honigbrot.
Um 11h das Gabelfrühstück - ein Marmeladebrot
(Das sind die beiden Mahlzeiten, die immer
gleich bleiben). Um 13h hatten wir unser Mittag-
essen. Wieder Sauerkraut mit Fleisch.
Von jetzt an hatten wir jeden Tag Fleisch
oder Würsteln. Sonntag - Schnitzeln, aber na-
türlich konnte sie der eingeborene Koch nicht nach
Wiener Art herstellen. Das Essen ist also gut.
Nur an der Zubereitung mangelt es ein wenig;
nachmittag. Wir haben öfters Boxveranstaltungen.
Um 21h abends legten wir uns nieder und
um 222 mußten wir schlafen.
parade. Vormittag badeten wir.
Jetzt stehen wir um 1/2 7h auf, waschen uns, machen die
Betten, dann ist Stubendurchsicht, dann gehen wir
zum Frühstück: Paradeissuppe und ein Honigbrot;
dann gehen wir mit den Schulsachen ins "Klassen-
zimmer", halten 3 St. Unterricht, dann gehen wir
runter zum Gabelfrühstück, holen uns ein Marmelade-
brot, dann halten wir die 4. Stunde. Dann haben
wir Freizeit. Da führe ich mein Tagebuch, denn es ist
nur ein paar Minuten Zeit. Dann halten wir Mittagessen.
Meistens 1) Suppe, 2) Fleisch mit irgendetwas. Dann
haben wir eine Liegestunde und um 2h haben die
"Kleinen", die 1., 2., 4
dessen Studium - da machen wir unsere Aufgaben und
lernen. Dann ist Jause, nachher Freizeit bis zum Abend-
essen, dann pfeift man uns zum Essen hinunter.
Da kriegt man Würstelsch
äpfeln oder Soße oder kriegen wir Fleischstückeln mit einer
Beilage. Dann Freizeit oder Boxveranstaltung oder
sonst etwas, dann Waschen, Niederlegen.
So ist der gewöhnliche Tagesablauf, jeden Tag ist aber
ein kleines Erlebnis los, oder sonst etwas; das werde ich Euch
mündlich mitteilen, da nicht alles zimmerrein ist.
Gestern war eine Reihe von Kriminalfällen los, schreiben
werde ich es nicht, aber in meinem Tagebuch steht es schon,
es geht also nicht
Die HJ hält uns sehr locker, noch nie ein "Ausmarsch"!
Die neuen Landschaften waren gestern finster. (Aber
das ist nur in Folge des vielen Schneefalles).
Anbei einen Zettel an die Adamsgasse,
PS: Zum Aufgeben bin ich erst heute
gekommen -
Inzwischen habe ich aus dem Kranken-
haus
legen bin, Brief 3, 4 und im Heft
"Gemeinschaft" auf den vorletzten
Seiten N. 5 geschrieben
N 5 habe ich mit H. Wasib. geschickt.
Heute bin ich entlassen worden!
Ausführlicher Brief folgt!
Andrijko
KÄMMCHEN
Unsere Stube - 6 Mann
belegt.
STUBE 221
Abs.: A. Okopenko.
(wieder im
Achtung: Meine Adresse muß richtig so ge-
schrieben werden:
Liebste
Falls ihr noch immer keine Nachricht durch
die Post erhalten habt, was mit mir los war,
Das einzig Unangenehme in der Früh war, daß wir
um 5 Uhr - 1/2 6 aufwachten, weil uns eine Nachtwache-
Puls fühlte.
Am
ein Leprakranker. Die Augen konnte ich nicht auf-
machen. Jetzt bin ich schon ganz gesund.
3× war Blutsenkung. Weil ich beim 2. Mal so hohe
SR hatte, sagte man mir, ich müsse noch etliche
Wochen hierbleiben. Gestern w
weil die vorgestrige Lungenprobe positiv ausgefallen ist.
Da hatten sie ein Instrument, am Ende war ein Bohrer
2 mm dick, der wurde
dann je ein Tropfen Ektebe, ein Tuberkulinpräparat, hin-
eingelassen. Heute wurden 2 von der
Ich muß noch lange Zeit liegenbleiben, hatte die Fr. Dr.
gestern gesagt. Da wurde ich zum 3. Mal blutgesenkt,
da hatte ich nur mehr 18/53. Übrigens, die Senkung
mit Zitronensäure kennt man hier nicht. Weiß Gott, wie
sie das hier machen. Jetzt ist schon herrlicher Früh-
ling bei uns im
Heute kam die Doktorin zu uns und sagte:
Entlassen. Ich mußte meine Sachen am Balkon legen,
daß die Keime herausgehen. Dann badete ich in
der Badewanne und wusch mir den Kopf recht gründ-
lich. ǀ Etwas Komisches: Ich habe kein ein
so kleines Loch in meinen Strümpfen, die hohen Schuhe
sehen noch wie neu aus, man rutscht sogar noch
in ihnen aus, obwohl ich sie die ganze Zeit anhabe.
2 Paar Strümpfe und etliche Sacktücher habe ich mir
gewaschen. Auf die Zähne gi
und die Füße habe ich mir im
im
war noch nicht hier, aber verwildert sehe ich nicht
aus. Ich wechsle recht oft Hemd, Turnhosen, Strümpfe.
Abhanden gekommen ist mir nichts.
Post habe ich erh
Brief N 18 habe ich heute erhalten. Es ist lustig, daß
mit den Verhaltungsmaßregeln ihm gegenüber! Die
Post kriecht hier wie eine gelähmte Schnecke. Bei
Euch gehts sicher auch so, wenn Ihr nicht einmal noch
wißt, daß ich Masern hatte.
Brief N 2 vom
mit.
Geheim an
Mama: Der Brief zum
Das mit der Übersiedlung der
wahr.
Vielleicht kann ich eine Karte an die
Grüße an
12a Wien 109,
Liebe
wieder ein wenig krank: Ich stand am
hatte starkes Halsweh und einer maß mir Puls - 114!
Ich rannte zur Krankenschwester hinauf; ich hatte
jedoch die Zunge nicht belegt, also keine Angina!
Temp. 37,3°. Ich legte mich auf meiner
Am nächsten Tag, am
altbekanntes
am :
das ist halt Vorschrift. Jetzt bin ich schon wieder gesund.
Es war nur eine kleine Blutsenkung. Sonst nichts.
Aber dann bin ich gewogen worden und hatte nur
37,8 kg! Morgen muß ich wieder ins
zur Beobachtung! Aber ich glaube, die Abnahme
kommt nur von der Krankheit.
Das Wetter ist hier sehr schön. Das mit dem 2
Meter hohen Schnee ist lächerlich. Es ist warm, daß
man blankgehen kann. U
viel höher über uns.
Am
Jetzt bilden wir eine eigene Lagergemeinschaft. Wir essen
jetzt nicht mehr im Speisesaal, sondern in einem ge-
mütlichen kleinen mit dem Lagerleiter der 5. Klasse
zusammen. Das Essen hat sich bedeutend gebessert
und wir bekommen es aus Tellern und mit
ordentlichem Besteck.
Der Tagesplan der 5. ist etwa so für uns:
1/2 7h Aufstehen; Freizeit, Frühstück; Schule, 2. Frühstück;
h Bettruhe; wir haben nach-
her meistens Freizeit; Jause; Freizeit; Nachtmahl, Schlafen.
Das Wetter und die Landschaft ist sehr schön.
Ich habe mir einen Entwurf für eine
rechtgelegt.
Unser Lagerleiter, der Herr Studienrat
nach
chen
Ich ärgere mich nur, daß ich zum 3. Mal krank
bin; das heißt, jetzt bin ich ja nicht krank, aber ich
muß ins
Wir kriegen hier im Monat 10 Ks Taschengeld.
Für diese Verhältnisse praktisch wenig verwertbar.
Am
wobei den Siegern Eier verteilt wurden; Sackhupfen,
da wurden den Siegern Tortenstückeln und so ähnliches
gegeben; w
dabei. Doch daran beteiligten sich nur die 1., 2., 3. und
4. Klasse, die 5. war ausgeschlossen!
Der e
größer als
ein Sauhaufen. Da hat es ausgesehen, wie im
Nest eines tollwütigen Mäusepärchens: Staubwuzeln, dick
wie Möpse, Papierschnitzeln, Brotreste, ein Stückchen
8-jährige verschimmelte Wurst in Käsepapier einge-
und jetzt ist es schon ganz nett hier. Nur der Balkon
fehlt uns und geht uns ab.
Den Bericht über den zum
Ferner habe ich etwas von einem Angriff am
Die letzte Post ist die Karte vom
mit Spannung auf
Die beiden Koffer habe ich ausräumen müssen und
die Koffer abge
Von
In der Freizeit spielen wir manchmal das Spiel "Speku-
lation". Es ist interessant zu 3 oder
Wir sind jetzt von den übrigen Klassen so ziemlich
isoliert. Jetzt werden wir wenigstens nicht immer be-
schuldigt und viele erkennen jetzt, daß wir uns nicht
an Diebstählen oder sonst etwas beteiligen können.
Das hat sich seit dem Bre
t
Gehts gut
Im
Hoffentlich komme ich mit besseren Kameraden zusam-
men, als das bei den "Kameraden" vom vorigen
besuch der Fall war
Euer