Briefwechsel Sauer-Seuffert, Digitale Edition August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg Graz, 17. September 1884 (Mittwoch) August Sauer Bernhard Fetz Hans-Harald Müller Marcel Illetschko Mirko Nottscheid Desiree Hebenstreit FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung) DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) Bernhard Fetz Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek
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o:bss.8285 26.3.2020

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44 Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926 Böhlau Wien 2020 Österreich Wien Österreichische Nationalbibliothek Handschriftensammlung der Österreichischen Nationalbibliothek Autogr. 422/1-45 Ich kann nicht von Graz fortgehen, ohne Ihnen für paper archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung

Briefwechsel Sauer-Seuffert, Digitale Edition

Übertragung folgt den Editionsrichtilinien der Druckausgabe

German August Sauer Graz 17. September 1884. Mittwoch Bernhard Seuffert Würzburg Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt

Graz, 17.9.84.

Lieber Freund! Ich kann nicht von Graz fortgehen, ohne Ihnen für I [hr] e herzlichen Worte gedankt zu haben und Ihre freundschaftlichen Gesinnungen durch ebensolches Entgegenkommen zu erwiedern. Ich habe nach der Absendung meines Briefes noch manche Zweifel gehabt; nicht als ob ich Ihnen etwa mehr gesagt habe als ich Ihnen hatte eröffnen wollen; sondern weil ich vielmehr das Gefühl hatte, über manches viel zu schnell weggegangen zu [se] in, was als Bindeglied notwendig gewesen wäre. Aber wenn ich die erregten Zeilen als Brouillon behandelt hätte, so wäre gewiß auf dem Wege zur Reinschrift, die bei mir immer eine Umarbeitung ist, so manches verloren gegangen, was jetzt wie ich sehe auch so fruchtbaren Boden gefallen ist. Haben Sie [D] ank für Ihre Theilnahme, für Ihre Wünsche, für Ihre Ratschläge. Daß diese die richtigen sind, fühle ich selbst am tiefsten. Und es wäre ein Glück, wenn sich bei Zeiten ein solches Bündnis knüpfte, wie es Ihnen die Gegenwart verschönt und die Zukunft als begehrtes Ziel erscheinen läßt. Denn ich muß gestehen, dieses egoistische Hinleben in den Tag und für den Tag ist gräßlich. Nu [r f] ür sich selbst zu sorgen, eine Qual; für den andern zu sorgen, eine Lust. Glauben Sie mir, den Thee für mich selbst zu kochen, scheint mir überflüßig u. zwecklos. Und so geht’s bis zum größten fort. Und dann ein anderes, was Frau Löwe in die Formel klei [de] te: laut zu denken. Alles sagen zu können, was einem in den Sinn kommt und der Aufnahme sicher zu sein! Aber ich vergeße, daß ich weniger als in Lemberg im Stande bin, eine Frau zu erhalten und meine Aussichten gleich Null sind. Die Stelle in Zürich ist nur eine Halbprofessur zu 4–5 Stunden wöchentlich und demgemäß mit nur 2000–2500 Francs Gehalt. Ich habe mich erkundigt; denn sie war in der Allg. Ztg. als erledigt [a] usgeschrieben. So wird sie wol Baechtold bekommen. Ich reise morgen früh nach Vöslau. Mit mehr Freude als mich in den letzten Tagen beseelte; denn Scherer ist in Stixenstein, wo ich ihn besuchen werde. Es sind gerade 4 Jahre, daß ich ihn ebendort zum letzten mal sah. Unter einer mächtigen Eiche schl [u] g er mich mit meinem Säbel – ich war zufällig in Uniform – zum Ritter für die polnische Campagne! Was hat sich seitdem alles verändert; nur meine Liebe und Verehrung zu ihm ist die gleiche geblieben. Viel Glück für Weimar und reiche Ausbeute. Ich beneide Sie darum, daß Sie so unverrückt mit einem Gegenstande sich beschäftigen können, während ich schließlich meine Kräfte zerplittert haben werde. Nochmals tausend Dank für Ihr [e] n Brief. Es ist mir ein erhebender Gedanke, sich einen Freund erworben zu haben und je älter man wird, desto schwerer und seltener ist es. Nun walte die Treue! Ihr Sie herzlich Grüßender Sauer.