Graz 15.4.85.

Mit Uz, lieber Freund, ist es eine v[er]zwickte Sache geworden. Ich habe alle Drucke beisammen, von fast der Hälfte der Gedichte die Manuscripte, weiß aus dem Briefw. zw. Gleim & Uz alles wissenswerte über s. Dichtungen u. möchte am liebsten eine Gesamt-Ausgabe bringen nach Art meines ‚Kleist‘. Erste oder letzte Fassungen mit allen Varianten; chronol. Reihenfolge; hübsche Gruppierung [n]ach Entwicklungsstufen; vor jeder Gruppe kurze Einleitungen, die übrigens auch vorn zusammengefaßt werden können u. eine bio- graphische Skizze. Das soll zwar alles knapp u. möglichst gedrängt gegeben werden; aber es wird doch zie[mli]ch viel. Sie können es sich nach einer beliebigen Ausgabe ausrechnen. Ob Sie nun vom redactionellen Standpunkt aus einem Dichter von der Bedeutung Uzens so viel Raum widmen können, müßen Sie allein entscheiden. Gehen Sie auf eine solche kritische Ausgabe ein, so muß ich, bevo[r] ich sie abschließen kann, an einigen Bibliotheken Deutschlands u. speciell in Anspach gewesen sein und wenn mir diese Reise im Herbste gelingt, kann ich zu Neujahr Manu[scr]ipt versprechen.
Eine andere Möglichkeit sich mit Uz abzufinden wäre, die Ausgabe von 1768 abdrucken zu lassen mit den Varianten aller früheren (die von 1772 & 1804 könnten separat zusammengestellt werden); weil dies die eigentliche Ausgabe letzter Hand ist; ein Anhang könnte die paar späteren Gedichte anreihen. – Dies würde bei[lä]ufig ebensoviel Raum einnehmen als die früher skizzirte Ausgabe.
In diesen beiden Fällen würde Uz in s. Gesammtthätigkeit vorgeführt werden. Da er als Lyriker nun ungleich bedeutender ist denn als Ep[ik]er & Satiriker, so wäre eine dritte Mögichkeit nur die lyrischen Gedichte zu reproduciren; also etwa den ersten Band der Ausgabe 1768 mit den Varianten. (Man könnte dann später den zweiten wenn es verlangt wird, nachfolgen lassen.) – [Die Ausgabe von 1768 ist überdies wie mir scheint, nicht so schrecklich selten]
In allen diesen Fällen wür[d]en die Lesarten der Manuscripte mit herangezogen werden; wollen Sie sich auf einen bloßen Neudruck der ersten Ausgabe, von 1749 die ungemein selten ist, beschränken, so würde diese gar wenig Raum einnehmen. (Ich habe sie abgeschrieben u. könnte eine Vorbemerkung dazu aus dem Vollen bald liefern.) Bei den folgenden Ausgaben von 1755, 1756, 1765, 1767 [s]ind zu den „lyrischen“ Gedichten überall schon die „anderen“ gekommen. Eine Reproduction einer dieser Ausgaben hätte keinen Sinn. Ich bemerke noch, daß ich, wenn ich meine bisherigen Vorarbeiten für Ihre Sammlung nicht gan[z v]erwenden kann, dann wahrscheinlich eine kleine Monographie über Uz machen werde; sie giengen mir also nicht verloren. Aber eine kritische Gesammtausgabe wäre mir natürlich das liebste.
Über die Unterhaltungen werde ich berichten, so bald ich Sie ! bekomme; ich glaube: die Pyraschen Gedichte [i]n einem Anhange zu bringen, wäre das Beste. Nun besten Dank dafür daß Sie mir die Trennungszeichen ge[op]fert haben. Ich habe auch die Punkte nach (Dr) gestrichen. Da ich mir deswegen vom 1. Bog noch eine Revision ausgebeten habe, so bitte ich Sie mir über folg. 2 Stellen ihre ! Ansicht zu schreiben:
Wie fassen Sie 9,15 ‚die sie ohnedem ein gerechtes Verlangen bezeiget haben‘ [a]uf? Relativisch! oder: soll ich ‚da sie‘ schreiben
10,10 ‚meinen ... auf ihre verfertigte Traurliedern‘
kann kaum stehen bleiben?! Hoffentlich ist Ihre Mutter nicht gefährlich krank! Aber wie es immer sei, ist es viel verlangt von Ihnen, einen so langen Brief zu lesen.
Also beste Grüße von
Ihrem
treulichst Ergebenen
Aug. Sauer.

Ich habe jetzt die Widmungsode an Meier als 1 mitgezählt. das ist doch viel vernünftiger.

Graz 15.4.85.

Mit Uz, lieber Freund, ist es eine v[er]zwickte Sache geworden. Ich habe alle Drucke beisammen, von fast der Hälfte der Gedichte die Manuscripte, weiß aus dem Briefw. zw. Gleim & Uz alles wissenswerte über s. Dichtungen u. möchte am liebsten eine Gesamt-Ausgabe bringen nach Art meines ‚Kleist‘. Erste oder letzte Fassungen mit allen Varianten; chronol. Reihenfolge; hübsche Gruppierung [n]ach Entwicklungsstufen; vor jeder Gruppe kurze Einleitungen, die übrigens auch vorn zusammengefaßt werden können u. eine bio- graphische Skizze. Das soll zwar alles knapp u. möglichst gedrängt gegeben werden; aber es wird doch zie[mli]ch viel. Sie können es sich nach einer beliebigen Ausgabe ausrechnen. Ob Sie nun vom redactionellen Standpunkt aus einem Dichter von der Bedeutung Uzens so viel Raum widmen können, müßen Sie allein entscheiden. Gehen Sie auf eine solche kritische Ausgabe ein, so muß ich, bevo[r] ich sie abschließen kann, an einigen Bibliotheken Deutschlands u. speciell in Anspach gewesen sein und wenn mir diese Reise im Herbste gelingt, kann ich zu Neujahr Manu[scr]ipt versprechen.
Eine andere Möglichkeit sich mit Uz abzufinden wäre, die Ausgabe von 1768 abdrucken zu lassen mit den Varianten aller früheren (die von 1772 & 1804 könnten separat zusammengestellt werden); weil dies die eigentliche Ausgabe letzter Hand ist; ein Anhang könnte die paar späteren Gedichte anreihen. – Dies würde bei[lä]ufig ebensoviel Raum einnehmen als die früher skizzirte Ausgabe.
In diesen beiden Fällen würde Uz in s. Gesammtthätigkeit vorgeführt werden. Da er als Lyriker nun ungleich bedeutender ist denn als Ep[ik]er & Satiriker, so wäre eine dritte Mögichkeit nur die lyrischen Gedichte zu reproduciren; also etwa den ersten Band der Ausgabe 1768 mit den Varianten. (Man könnte dann später den zweiten wenn es verlangt wird, nachfolgen lassen.) – [Die Ausgabe von 1768 ist überdies wie mir scheint, nicht so schrecklich selten]
In allen diesen Fällen wür[d]en die Lesarten der Manuscripte mit herangezogen werden; wollen Sie sich auf einen bloßen Neudruck der ersten Ausgabe, von 1749 die ungemein selten ist, beschränken, so würde diese gar wenig Raum einnehmen. (Ich habe sie abgeschrieben u. könnte eine Vorbemerkung dazu aus dem Vollen bald liefern.) Bei den folgenden Ausgaben von 1755, 1756, 1765, 1767 [s]ind zu den „lyrischen“ Gedichten überall schon die „anderen“ gekommen. Eine Reproduction einer dieser Ausgaben hätte keinen Sinn. Ich bemerke noch, daß ich, wenn ich meine bisherigen Vorarbeiten für Ihre Sammlung nicht gan[z v]erwenden kann, dann wahrscheinlich eine kleine Monographie über Uz machen werde; sie giengen mir also nicht verloren. Aber eine kritische Gesammtausgabe wäre mir natürlich das liebste.
Über die Unterhaltungen werde ich berichten, so bald ich Sie ! bekomme; ich glaube: die Pyraschen Gedichte [i]n einem Anhange zu bringen, wäre das Beste. Nun besten Dank dafür daß Sie mir die Trennungszeichen ge[op]fert haben. Ich habe auch die Punkte nach (Dr) gestrichen. Da ich mir deswegen vom 1. Bog noch eine Revision ausgebeten habe, so bitte ich Sie mir über folg. 2 Stellen ihre ! Ansicht zu schreiben:
Wie fassen Sie 9,15 ‚die sie ohnedem ein gerechtes Verlangen bezeiget haben‘ [a]uf? Relativisch! oder: soll ich ‚da sie‘ schreiben
10,10 ‚meinen ... auf ihre verfertigte Traurliedern‘
kann kaum stehen bleiben?! Hoffentlich ist Ihre Mutter nicht gefährlich krank! Aber wie es immer sei, ist es viel verlangt von Ihnen, einen so langen Brief zu lesen.
Also beste Grüße von
Ihrem
treulichst Ergebenen
Aug. Sauer.

Ich habe jetzt die Widmungsode an Meier als 1 mitgezählt. das ist doch viel vernünftiger.

Briefdaten

Schreibort: Graz
Empfangsort: Würzburg
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur: Autogr. 422/1-55
Umfang: 8 Seite(n)

Status

Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-8304 [Druckausgabe Nr. 47]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8304/methods/sdef:TEI/get

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