Graz 6.XI 89.
Ich that also wie freund Sauer riet, schrieb nach Weimar, erhielt heute den Rugo, Weimars Erinnerungen 2. vermehrte auflage 1875, aber aber – darin steht A Amalias selbstbiographie nicht. Das sind lauter gedichte Rugos über Weimarer situationen usf. Auch in seinen quellen hat er ‚Meine gedanken‘ nicht citirt. Nun führen Sie diese allerdings aus der 1839er ausgabe an, aber sollte die 2. ‚vermehrte‘ auflage eine ‚verkürzte‘ sein? auch passt etwas fremdes gar nicht in dies büchlein. Können Sie nicht auf einem alten fetzen nachschauen, wie es um Ihre notiz bestellt ist? Ich wäre sehr dankbar. –
Ihr heiterer brief hat mich sehr gelabt. Er brachte etwas leben und luft in die stille Grazer klause. Die Minoranekdoten sind vortrefflich. Suphan ihm die tugendrose überreichend – ganz Suphan der düftelnde. Minor hat ganz recht sich zu beschweren, dass ich Heinzel u. nicht ihn aufsuche. Aber ich habe auch recht, so zu thun. Heinzel war vom 1. tag an, da ich österreichischen boden betrat entgegen-, ja zuvorkommend. Minor erwiderte den einzigen besuch nicht einmal den ich ihm machte. Heinzel kam trotz meiner ablehnung seines gegenbesuches, Minor schützte sich hinter der bekannten phrase der reisenden, sie seien doch nicht zu treffen. Heinzel schickt mir stets seine arbeiten, Minor nie. Wenn M. die VJS verlässt, so geht der, um dessen beiträge ich die meisten vorwürfe aushalten musste. Bei Zacher wird er sich in gesellschaft der herren finden, deren arbeiten ich zurückgewiesen habe. Aber er kriegt mehr honorar und das wiegt schon die schlechtere gesellschaft etwas auf. Wol bekomms! – Wenn Sie da wären, erzählte ich Ihnen allerlei zu dem kapitel. –
Fellner ist also glücklich in Tübingen promoviert worden! Conta ist an der Wiener univ.-bibl. u. lernt orientalische sprachen aus pflicht. Meine vorlesungen sind für hiesige verhältnisse gut besucht. Die arbeiten gehen matt. Ich habe meinen schwager verloren, an dem ich seit 25 jahren als schüler und freund hing. Das nimmt stimmung und kraft. Jetzt quäle ich mich mit Braitmaier für Bechtel. Es kommt nichts dabei heraus, nämlich bei meiner anzeige.
Schönbach war in Wien bei seinem vater u. kam heiter zurück. Walther umgibt ihn in jeder minute.
Zu Ihrem Grillparzer lauter gute stunden! ich bin recht neidisch, dass ich nicht auch ein darstellendes buch machen kann. Aber der dienst! Am 3. bd. der VJS wird gesetzt. Die Henninger schweigen; ich weiss nicht warum und werde heute noch einmal drängen. Auch Weilens heft stockt ganz. Ich will nicht hoffen, dass die firma kracht.
Haben Sie Zwiedinecks „bibliotheksgeschichte“ in Fleischers revue gelesen? ich wollte, er hätte sie bei sich behalten.
Wie machen Sies mit den Grillparzerfragmenten? die leute müssen doch exemplare in der hand haben. gibt der verleger bände einzeln ab? dann leg ich sie auch einmal übungen zu grunde.
Grüssen Sie, bitte, Hauffen. Wie schlägt er ein?
Von den 2 Polacken, die wir Werners gunst verdanken, kenn ich erst einen, Schreyer benamst! Sein cylinderhut ist recht hübsch. Sonst weiss ich nichts von dem mann. Ich möchte hier nicht den lector des Deutschen machen. Ob er mitkommt, werden wir ja bald sehen.
Götze schrieb auch mir, Sie hätten so viel gutes am Grdriss getan. Ich hab keine freude, dass ich mich einfangen liess. Die zeit fehlt zu etwas ordentlichem.
Leben Sie wol! Meine frau grüsst.
Ihr
BSfft.
Wollen wir im sommersemester ein coll. publ. ankündigen: der branntwein, sein einfluss auf die deutsche litteratur und ihre pflege?
Graz 6.XI 89.
Ich that also wie freund Sauer riet, schrieb nach Weimar, erhielt heute den Rugo, Weimars Erinnerungen 2. vermehrte auflage 1875, aber aber – darin steht A Amalias selbstbiographie nicht. Das sind lauter gedichte Rugos über Weimarer situationen usf. Auch in seinen quellen hat er ‚Meine gedanken‘ nicht citirt. Nun führen Sie diese allerdings aus der 1839er ausgabe an, aber sollte die 2. ‚vermehrte‘ auflage eine ‚verkürzte‘ sein? auch passt etwas fremdes gar nicht in dies büchlein. Können Sie nicht auf einem alten fetzen nachschauen, wie es um Ihre notiz bestellt ist? Ich wäre sehr dankbar. –
Ihr heiterer brief hat mich sehr gelabt. Er brachte etwas leben und luft in die stille Grazer klause. Die Minoranekdoten sind vortrefflich. Suphan ihm die tugendrose überreichend – ganz Suphan der düftelnde. Minor hat ganz recht sich zu beschweren, dass ich Heinzel u. nicht ihn aufsuche. Aber ich habe auch recht, so zu thun. Heinzel war vom 1. tag an, da ich österreichischen boden betrat entgegen-, ja zuvorkommend. Minor erwiderte den einzigen besuch nicht einmal den ich ihm machte. Heinzel kam trotz meiner ablehnung seines gegenbesuches, Minor schützte sich hinter der bekannten phrase der reisenden, sie seien doch nicht zu treffen. Heinzel schickt mir stets seine arbeiten, Minor nie. Wenn M. die VJS verlässt, so geht der, um dessen beiträge ich die meisten vorwürfe aushalten musste. Bei Zacher wird er sich in gesellschaft der herren finden, deren arbeiten ich zurückgewiesen habe. Aber er kriegt mehr honorar und das wiegt schon die schlechtere gesellschaft etwas auf. Wol bekomms! – Wenn Sie da wären, erzählte ich Ihnen allerlei zu dem kapitel. –
Fellner ist also glücklich in Tübingen promoviert worden! Conta ist an der Wiener univ.-bibl. u. lernt orientalische sprachen aus pflicht. Meine vorlesungen sind für hiesige verhältnisse gut besucht. Die arbeiten gehen matt. Ich habe meinen schwager verloren, an dem ich seit 25 jahren als schüler und freund hing. Das nimmt stimmung und kraft. Jetzt quäle ich mich mit Braitmaier für Bechtel. Es kommt nichts dabei heraus, nämlich bei meiner anzeige.
Schönbach war in Wien bei seinem vater u. kam heiter zurück. Walther umgibt ihn in jeder minute.
Zu Ihrem Grillparzer lauter gute stunden! ich bin recht neidisch, dass ich nicht auch ein darstellendes buch machen kann. Aber der dienst! Am 3. bd. der VJS wird gesetzt. Die Henninger schweigen; ich weiss nicht warum und werde heute noch einmal drängen. Auch Weilens heft stockt ganz. Ich will nicht hoffen, dass die firma kracht.
Haben Sie Zwiedinecks „bibliotheksgeschichte“ in Fleischers revue gelesen? ich wollte, er hätte sie bei sich behalten.
Wie machen Sies mit den Grillparzerfragmenten? die leute müssen doch exemplare in der hand haben. gibt der verleger bände einzeln ab? dann leg ich sie auch einmal übungen zu grunde.
Grüssen Sie, bitte, Hauffen. Wie schlägt er ein?
Von den 2 Polacken, die wir Werners gunst verdanken, kenn ich erst einen, Schreyer benamst! Sein cylinderhut ist recht hübsch. Sonst weiss ich nichts von dem mann. Ich möchte hier nicht den lector des Deutschen machen. Ob er mitkommt, werden wir ja bald sehen.
Götze schrieb auch mir, Sie hätten so viel gutes am Grdriss getan. Ich hab keine freude, dass ich mich einfangen liess. Die zeit fehlt zu etwas ordentlichem.
Leben Sie wol! Meine frau grüsst.
Ihr
BSfft.
Wollen wir im sommersemester ein coll. publ. ankündigen: der branntwein, sein einfluss auf die deutsche litteratur und ihre pflege?
Schreibort: Graz
Empfangsort: Prag
Archiv: Staatsarchiv Würzburg
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand
Umfang: 4 Seite(n)
Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-8514 [Druckausgabe Nr. 97]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8514/methods/sdef:TEI/get
LizenzhinweisDie Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.
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