20/10 1904.
L. F. Samstag Nachmittag. Erste Collegwoche vorbei. Schnaufe etwas aus und will nun Ihren lieben letzten Brief be[an]tworten. Inzwischen haben Sie Heft 3 bekommen u. heut Früh hab ich Ihnen Heft 4 (bis auf die Bibliographie, von der ich nichts entbehren konnte) in Correcturbogen gesendet. Wenn Sie gestatten schick ich Ihnen nächstens auch Proben vom neuen Jahrgang, an dem bereits gedruckt wird. Der alte Jahrgang liegt bereits weit hinter mir. Ich sehe die Misgriffe deutlich, ich weiß aber auch, daß nicht ich allein daran die Schuld trage. Auch für den 2. Jahrg. [li]egt noch einiges da, was ich längst acceptiert habe (u. daher bringen muß! oder giebt es da einen Ausweg?) und was mich geniert. Aber im Ganzen wird dieser Band u. speciell das 1. Heft weit besser. Brunner, Literaturgeschichte und Literaturkunde in der Schule. – Hauffen
über das Volkslied von den 2 Gespielen. – Szamatólski, Faust in Erfurt. – Rubensohn, der junge Opitz. – Veit Valentin, Walpurgisnacht in Goethes Faust. – ESchmidt, Schwäbisches; Schubart, Franziska v. Hohenheim, Schiller, Uhland. Reizende Briefe. Recensionen: Spitzer, Alt Vom Charakteristisch Schö[n]en; Hauffen, Sagensammlungen, Müller = Fraureuth: Fürst Meißner; Guglia, Forsters ausgewählte Schriften; Ich: Literaturgeschichten (Hettner, Wackernagel, Koch etc.) – Das 2. Heft wird abfallen dagegen. Aber anders kann ich mir nicht helfen. Doch kommen gewiß auch ein paar gute Sachen hinein. Etwas reich gesegnet bin ich mit Miscellen (R. M. Meyer, der schreckliche Distel, auch Fränkel liefert nichts a[n]dres); aber seitdem ich sie petit drucken lasse, liegt nur wenigen daran. Von dem petit-Satz mach ich im neuen Jahrgang auch sonst gelegentlich Gebrauch. Ich kann mir nicht anders helfen. Die Abonnenten sind auf 240 gestiegen. Vielleicht bringt das neue Jahr doch Hoffnung. Pünktlich werd ich sein. Zu Weihnachten ist das (starke) Heft fertig. – Bei meinen beiden Sammlungen hängt nun alles vom Absatz der ersten Hefte ab. Gehen diese gut, dann darf ich ein rascheres Tempo einschlagen, wenn nicht, dann muß ich retardieren. Zuerst werd ich bei beiden Sammlungen diejenigen Nummern finden müßen, für die Herausgeber bereits in den Prospecten verzeichnet sind. Ich kann daher momentan nichts sicher vergeben u. vor allen andern kann ich jüngere Leute nicht auf die Bearbeitung von Sachen hetzen, die ich vielleicht erst in 10 jahren drucken lassen kann. Ich habe mir Ihre Vorschläge notiert u. werde [m]ich, wenn diese Dinge an die Reihe kommen, an Ihre Leute halten. Für Caniz sammle ich seit langem Texte; hab mich mich auch um die Handschriften bemüht (bis jetzt vergeblich). Für die Gottschedische Dichtkunst hat mir Minor einen seiner Schüler empfohlen; ich mußte ihm dieselbe Antwort geben wie Ihnen. Grade zu einem so dicken Wälzer bring ich Göschen erst langsam; jedenfalls nicht vor Abschluß des Wernicke. Wegen des Bodmerschen Miltons haben Sie alle[rd]ings recht. Ein vollständiger kritischer Apparat wäre wol ein Unding?? Aber wenn sich die Studien noch weiter so specialisieren wie jetzt (Weißenfels etc.), dann bleibt doch nichts andres übrig, als den Nachlesern und Stoppelsammlern nichts mehr übrig zu lassen. Darf ich für 1896 auf einen Beitrag von Ihnen rechnen? Ich muß auf weithinaus denken. Jedenfalls melden Sie ihn rechtzeitig an, sobald er in Sicht ist. Haben Sie nicht wieder einmal zu kleineren Recensionen Lust wie sie im 1. Heft waren. Oder zu ein paar knappen Anzeigen in der Bibliographie? Ihnen einzelnes anzutragen getraue ich mich nicht. Alles Schöne und Gute. Ich bin erträglich frisch u. recht fleißig. Treulichst Ihr AS.
20/10 1904.
L. F. Samstag Nachmittag. Erste Collegwoche vorbei. Schnaufe etwas aus und will nun Ihren lieben letzten Brief be[an]tworten. Inzwischen haben Sie Heft 3 bekommen u. heut Früh hab ich Ihnen Heft 4 (bis auf die Bibliographie, von der ich nichts entbehren konnte) in Correcturbogen gesendet. Wenn Sie gestatten schick ich Ihnen nächstens auch Proben vom neuen Jahrgang, an dem bereits gedruckt wird. Der alte Jahrgang liegt bereits weit hinter mir. Ich sehe die Misgriffe deutlich, ich weiß aber auch, daß nicht ich allein daran die Schuld trage. Auch für den 2. Jahrg. [li]egt noch einiges da, was ich längst acceptiert habe (u. daher bringen muß! oder giebt es da einen Ausweg?) und was mich geniert. Aber im Ganzen wird dieser Band u. speciell das 1. Heft weit besser. Brunner, Literaturgeschichte und Literaturkunde in der Schule. – Hauffen
über das Volkslied von den 2 Gespielen. – Szamatólski, Faust in Erfurt. – Rubensohn, der junge Opitz. – Veit Valentin, Walpurgisnacht in Goethes Faust. – ESchmidt, Schwäbisches; Schubart, Franziska v. Hohenheim, Schiller, Uhland. Reizende Briefe. Recensionen: Spitzer, Alt Vom Charakteristisch Schö[n]en; Hauffen, Sagensammlungen, Müller = Fraureuth: Fürst Meißner; Guglia, Forsters ausgewählte Schriften; Ich: Literaturgeschichten (Hettner, Wackernagel, Koch etc.) – Das 2. Heft wird abfallen dagegen. Aber anders kann ich mir nicht helfen. Doch kommen gewiß auch ein paar gute Sachen hinein. Etwas reich gesegnet bin ich mit Miscellen (R. M. Meyer, der schreckliche Distel, auch Fränkel liefert nichts a[n]dres); aber seitdem ich sie petit drucken lasse, liegt nur wenigen daran. Von dem petit-Satz mach ich im neuen Jahrgang auch sonst gelegentlich Gebrauch. Ich kann mir nicht anders helfen. Die Abonnenten sind auf 240 gestiegen. Vielleicht bringt das neue Jahr doch Hoffnung. Pünktlich werd ich sein. Zu Weihnachten ist das (starke) Heft fertig. – Bei meinen beiden Sammlungen hängt nun alles vom Absatz der ersten Hefte ab. Gehen diese gut, dann darf ich ein rascheres Tempo einschlagen, wenn nicht, dann muß ich retardieren. Zuerst werd ich bei beiden Sammlungen diejenigen Nummern finden müßen, für die Herausgeber bereits in den Prospecten verzeichnet sind. Ich kann daher momentan nichts sicher vergeben u. vor allen andern kann ich jüngere Leute nicht auf die Bearbeitung von Sachen hetzen, die ich vielleicht erst in 10 jahren drucken lassen kann. Ich habe mir Ihre Vorschläge notiert u. werde [m]ich, wenn diese Dinge an die Reihe kommen, an Ihre Leute halten. Für Caniz sammle ich seit langem Texte; hab mich mich auch um die Handschriften bemüht (bis jetzt vergeblich). Für die Gottschedische Dichtkunst hat mir Minor einen seiner Schüler empfohlen; ich mußte ihm dieselbe Antwort geben wie Ihnen. Grade zu einem so dicken Wälzer bring ich Göschen erst langsam; jedenfalls nicht vor Abschluß des Wernicke. Wegen des Bodmerschen Miltons haben Sie alle[rd]ings recht. Ein vollständiger kritischer Apparat wäre wol ein Unding?? Aber wenn sich die Studien noch weiter so specialisieren wie jetzt (Weißenfels etc.), dann bleibt doch nichts andres übrig, als den Nachlesern und Stoppelsammlern nichts mehr übrig zu lassen. Darf ich für 1896 auf einen Beitrag von Ihnen rechnen? Ich muß auf weithinaus denken. Jedenfalls melden Sie ihn rechtzeitig an, sobald er in Sicht ist. Haben Sie nicht wieder einmal zu kleineren Recensionen Lust wie sie im 1. Heft waren. Oder zu ein paar knappen Anzeigen in der Bibliographie? Ihnen einzelnes anzutragen getraue ich mich nicht. Alles Schöne und Gute. Ich bin erträglich frisch u. recht fleißig. Treulichst Ihr AS.
Schreibort:
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur:
Autogr. 422/1-270
Umfang: 4 Seite(n)
Rohtranskription, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-8718. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8718/methods/sdef:TEI/get
LizenzhinweisDie Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.
LinksDas Bildmaterial dieser Webseite sind Reproduktionen aus den Sammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek und des Staatsarchivs Würzburg. Für jede weitere Verwendung wenden Sie sich bitte an die jeweilige Institution.