L. F. Ich bin durch Sie so verwöhnt worden, daß ich ohne Ihre Mithilfe bei der Zs. gar nichts entscheide. Daher sende ich Ihnen beiliegenden Brief, den ich mir wieder zurück erbitte [u.] bemerke dazu folgendes.
1) Als ich den Contract abschloß, wußte ich wol, daß Koch die Firma unter ungünstigen Umständen unternommen ! habe, daß er noch auf 10 Jahre hinaus Schulden zu bezahlen habe, ich wußte aber nicht, daß er nicht allein über das Schicksal s. Verlagsartikel zu entscheiden habe, wie sich jetzt herausstellt. Das Geschäft geht sehr gut. Es werden jährlich 40,000 M. u. mehr Schulden bezahlt. Auf diese [W]eise gehört es in circa 10 Jahren Koch allein.
2) Was Erich Schmidt, d. h. die Berliner Gesellschaft betrifft, so sind diese 160 M. sicher. Es fanden nur 2 Monate keine Ausschußsitzungen statt. Zu Beginn des Sommersemesters wird die Sache flott.
3) Kleemann hat sicher zugesagt; aber erst nach Bewilligung des Budgets, die heuer erst in den Juni fällt. Vor Juli erfahre ich etwas ganz bestimmtes darüber nicht.
4.) In Weimar läßt sich meiner Meinun[g n]ach nichts erreichen. Für Baden hat Waldberg durch Wendt eine kleine Action einzuleiten versucht. Ob sie gelingt, ist noch unsicher.
5) Herabminderung der Kosten läßt sich nur dadurch erreichen, daß ich die Bibliographie aufgebe. Persönlich wäre ich damit sehr einverstanden; denn sie frißt meine ganze Zeit u. bringt mir weder materiell noch geis[tig] was ein. Ich muß mir sogar eine Reihe Ztschrften für dies. Zweck halten, die ich sonst nirgends sehe. Aber ob dann nicht wieder Abonnenten abspringen? Soll ich dann auf die ursprünglichen 10 Bogen p. Heft zurückgehen? oder die 13 Bogen (u d. Preis!) beibehalten; die Recensionen brauchen viel Platz; die Einläufe müßten doch verzeichnet werden. – Diese Demüthigung ertrüge ich leichter als den so raschen Tod der Zeitschrift.
6) Bleibt endlich ein andrer Verleger, der mehr Mitteln ! zur Verfügung hat, mehr Verbindungen, u. unabhängig ist. Ich will an Trübner herangehen. Auch Niemeyer wäre zu erwägen. Beck war vor 2 Jahren nicht abgeneigt, aber ob jetzt?? Sogar ein öst. Verleger wie Hölder wäre zu erwägen, wo dann das Min. leichter zu haben wäre. Freilich muß ich wohl warten, bis die [K]ündigung perfect ist. Käme ich nach Lpzg., so fänd ich gute Verleger genug.
7) Eine Idee hätt ich noch. Eine Art Verschmelzung mit den Jahresberichten. So daß z. b. die Arbeit, die dort gemacht wird, zugleich der Bibliographie des Euphorion (in geringerem Maße) zu gute käme u. das eine Unternehmen das andre stützte; denn auch die Jahresberichte stehen schlecht. Göschen lehnte allerdings vor 2 Jahren die Ztschrft, die ich ihm bei meiner Verbindung mit ihm pro [f]orma wenigstens antragen mußte, ab.
L. F. für mich, meine Ruhe, meine Gesundheit, meine Arbeiten, meine Zukunft wärs tausendmal besser, ich ließe die Ztschrft eingehen. Aber kann ich das darf ich das ehrenhalber? Hab ich nicht zu laut & siegessicher in d. Posaune geblasen, als daß ein so rascher Rückzug eine zu starke Blamage wäre?
Behandeln Sie die Sache vertraulich; wenn Sie aber mit Schönbach drüber reden wollen, so hab ich nichts dagegen. Das Ergänzungsheft mach ich nun im ganzen Umfang raschestens fertig.
In großer Aufregung Ihr treulich Erg.
AS
L. F. Ich bin durch Sie so verwöhnt worden, daß ich ohne Ihre Mithilfe bei der Zs. gar nichts entscheide. Daher sende ich Ihnen beiliegenden Brief, den ich mir wieder zurück erbitte [u.] bemerke dazu folgendes.
1) Als ich den Contract abschloß, wußte ich wol, daß Koch die Firma unter ungünstigen Umständen unternommen ! habe, daß er noch auf 10 Jahre hinaus Schulden zu bezahlen habe, ich wußte aber nicht, daß er nicht allein über das Schicksal s. Verlagsartikel zu entscheiden habe, wie sich jetzt herausstellt. Das Geschäft geht sehr gut. Es werden jährlich 40,000 M. u. mehr Schulden bezahlt. Auf diese [W]eise gehört es in circa 10 Jahren Koch allein.
2) Was Erich Schmidt, d. h. die Berliner Gesellschaft betrifft, so sind diese 160 M. sicher. Es fanden nur 2 Monate keine Ausschußsitzungen statt. Zu Beginn des Sommersemesters wird die Sache flott.
3) Kleemann hat sicher zugesagt; aber erst nach Bewilligung des Budgets, die heuer erst in den Juni fällt. Vor Juli erfahre ich etwas ganz bestimmtes darüber nicht.
4.) In Weimar läßt sich meiner Meinun[g n]ach nichts erreichen. Für Baden hat Waldberg durch Wendt eine kleine Action einzuleiten versucht. Ob sie gelingt, ist noch unsicher.
5) Herabminderung der Kosten läßt sich nur dadurch erreichen, daß ich die Bibliographie aufgebe. Persönlich wäre ich damit sehr einverstanden; denn sie frißt meine ganze Zeit u. bringt mir weder materiell noch geis[tig] was ein. Ich muß mir sogar eine Reihe Ztschrften für dies. Zweck halten, die ich sonst nirgends sehe. Aber ob dann nicht wieder Abonnenten abspringen? Soll ich dann auf die ursprünglichen 10 Bogen p. Heft zurückgehen? oder die 13 Bogen (u d. Preis!) beibehalten; die Recensionen brauchen viel Platz; die Einläufe müßten doch verzeichnet werden. – Diese Demüthigung ertrüge ich leichter als den so raschen Tod der Zeitschrift.
6) Bleibt endlich ein andrer Verleger, der mehr Mitteln ! zur Verfügung hat, mehr Verbindungen, u. unabhängig ist. Ich will an Trübner herangehen. Auch Niemeyer wäre zu erwägen. Beck war vor 2 Jahren nicht abgeneigt, aber ob jetzt?? Sogar ein öst. Verleger wie Hölder wäre zu erwägen, wo dann das Min. leichter zu haben wäre. Freilich muß ich wohl warten, bis die [K]ündigung perfect ist. Käme ich nach Lpzg., so fänd ich gute Verleger genug.
7) Eine Idee hätt ich noch. Eine Art Verschmelzung mit den Jahresberichten. So daß z. b. die Arbeit, die dort gemacht wird, zugleich der Bibliographie des Euphorion (in geringerem Maße) zu gute käme u. das eine Unternehmen das andre stützte; denn auch die Jahresberichte stehen schlecht. Göschen lehnte allerdings vor 2 Jahren die Ztschrft, die ich ihm bei meiner Verbindung mit ihm pro [f]orma wenigstens antragen mußte, ab.
L. F. für mich, meine Ruhe, meine Gesundheit, meine Arbeiten, meine Zukunft wärs tausendmal besser, ich ließe die Ztschrft eingehen. Aber kann ich das darf ich das ehrenhalber? Hab ich nicht zu laut & siegessicher in d. Posaune geblasen, als daß ein so rascher Rückzug eine zu starke Blamage wäre?
Behandeln Sie die Sache vertraulich; wenn Sie aber mit Schönbach drüber reden wollen, so hab ich nichts dagegen. Das Ergänzungsheft mach ich nun im ganzen Umfang raschestens fertig.
In großer Aufregung Ihr treulich Erg.
AS
Schreibort:
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur:
Autogr. 422/1-295
Umfang: 4 Seite(n)
Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-8757 [Druckausgabe Nr. 150]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8757/methods/sdef:TEI/get
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