Lieber Freund! Von Bremen (über Berlin) zurückgekehrt, will ich sie zunächst von dem Schicksal des Euphorion unterrichten, die ! sich [die]ser Tage entschieden hat. Ich erhielt in Bremen ein Telegramm von Glossy, daß der Fortbestand gesichert wäre u. finde nun einen Brief vor, des Inhalts, daß Fromme sich gegen einen Zuschuß von 800 fl., den Glossy aufgetrieben hat, zur Weiterführung bereit erklärt habe. Es ist mir das Liebste, weil besonders ein neuer Drucker mir neue Schwierigkeiten gemacht hätte. Glossy setzt seine Samm[l]ung noch fort, um einen kleinen Reservefond zu bilden. Einzelheiten weiß ich noch nicht. Aber ich kann wenigstens für einige Jahre ruhig sein. Inzwischen will ich trachten neue Abonenten zu gewinnen u. will auch Waetzold und Pilgers Einfluß in der Preuß. Schulbehörde benutzen, um mehr Gymnasialbibliotheken zu erobern. Ich wiederhole meine Bitte an Sie, daß Sie meinen Recensionstheil i[m] Aug behalten; denn an großen wichtigen Recensionen hab ich entschiedenen Mangel u. je seltener ich solche bekomme, desto größer ist die Gefahr, daß diese Abtheilung der Zs. ganz abfalle.
– In Berlin habe ich mit dem Verleger der DLD; einem jungen energischen Menschen verhandelt. Es hat sich zwar herausgestellt, daß auch die erweiterte Bogenzahl (mindestens 30 Bogen) [z]u den großen kritischen Schriften nicht ausreicht. Aber immerhin wagen wir uns dran. 1900 erscheint die Insel Felsenburg I; Jerusalem Aufsätze ed. Lessing (von Burdach mir empfohlen) u. Platens ungedr. dramatischer Nachlaß ed. Petzet (von Laubmann angeregt); ferner beginnen wir eine Art Commentar zur Dramaturgie durch Veröffentlichg. der wichtigsten darin besprochenen Stücke; beginnen wahrscheinlich mit Weißes Richard III (Jacoby wird Ein[le]itg. dazu schreiben; die Texte werde ich selbst besorgen).
1901 Brentanos Kritiken aus dem Dram. Beob.
Moritz, Reisen eines Engländers
Hamburgisches Repertoire II
Lichtenbergs Aphorismen nach dem
Manuscript ed. Leitzmann. I.
1902 Breitinger Dichtkunst I.
Antixenien I
Dramaturgie III.
1903. Oests Werke
Lichtenberg II
Dramaturgie IV.
Soden Faust.
1904. Breitinger II
Brentano Godwi I
Repertoire V.
1905 Bremer Beiträge I
Lichtenberg III
Goethes Gedichte 1789 etc.

Eine Verschiebung träte nur ein, wenn Elias wie er versprochen s. Wernicke fertig machen sollte. Doch ist für kleineres noch daneben Raum. – Ob kein Krach eintreten wird? Bis 1/1 1904 habe ich sicheren Contract.
Über Detters rechtzeitige Ernennung bin ich ebenso froh wie über die Erreichg [de]s Adelsstands f. Kelle. Ich hoffe, daß mit Detters Wirksamkeit eine neue Aera für mich beginnt.
In Bremen wars flau; in der germanistischen Section war gar nichts los; Heym ein Präsident zum Kinderspott. Litterarhistorisches außer Geigers interessanten aber breiten Vortrag für mich gar nichts. Wertvoll war mir Sievers Bekanntschaft, der mir meinen misglückten Leipziger Vorschlag erzählte. Gesellschaftlich wars sehr nett u. unsre Frauen unterhielten sich königlich. – Meyer hat ei[n]e 800 S. dicke Lit. Gesch. des 19. Jhs. fertig, die dieser Tage erscheint (Schlenthers Samml. bei Bondi). Für methodisches litterarhist. Arbeiten hat fast Niemand einen Sinn.
Ihnen wünsche ich zum Semesteranfang alles Gute u. erbitte mir, da ich schon an die Teufelsinsel gekettet bleibe, Ihre stete Teilnahme.
Herzlichst Ihr treulich ergebener AS.

Lieber Freund! Von Bremen (über Berlin) zurückgekehrt, will ich sie zunächst von dem Schicksal des Euphorion unterrichten, die ! sich [die]ser Tage entschieden hat. Ich erhielt in Bremen ein Telegramm von Glossy, daß der Fortbestand gesichert wäre u. finde nun einen Brief vor, des Inhalts, daß Fromme sich gegen einen Zuschuß von 800 fl., den Glossy aufgetrieben hat, zur Weiterführung bereit erklärt habe. Es ist mir das Liebste, weil besonders ein neuer Drucker mir neue Schwierigkeiten gemacht hätte. Glossy setzt seine Samm[l]ung noch fort, um einen kleinen Reservefond zu bilden. Einzelheiten weiß ich noch nicht. Aber ich kann wenigstens für einige Jahre ruhig sein. Inzwischen will ich trachten neue Abonenten zu gewinnen u. will auch Waetzold und Pilgers Einfluß in der Preuß. Schulbehörde benutzen, um mehr Gymnasialbibliotheken zu erobern. Ich wiederhole meine Bitte an Sie, daß Sie meinen Recensionstheil i[m] Aug behalten; denn an großen wichtigen Recensionen hab ich entschiedenen Mangel u. je seltener ich solche bekomme, desto größer ist die Gefahr, daß diese Abtheilung der Zs. ganz abfalle.
– In Berlin habe ich mit dem Verleger der DLD; einem jungen energischen Menschen verhandelt. Es hat sich zwar herausgestellt, daß auch die erweiterte Bogenzahl (mindestens 30 Bogen) [z]u den großen kritischen Schriften nicht ausreicht. Aber immerhin wagen wir uns dran. 1900 erscheint die Insel Felsenburg I; Jerusalem Aufsätze ed. Lessing (von Burdach mir empfohlen) u. Platens ungedr. dramatischer Nachlaß ed. Petzet (von Laubmann angeregt); ferner beginnen wir eine Art Commentar zur Dramaturgie durch Veröffentlichg. der wichtigsten darin besprochenen Stücke; beginnen wahrscheinlich mit Weißes Richard III (Jacoby wird Ein[le]itg. dazu schreiben; die Texte werde ich selbst besorgen).
1901 Brentanos Kritiken aus dem Dram. Beob.
Moritz, Reisen eines Engländers
Hamburgisches Repertoire II
Lichtenbergs Aphorismen nach dem
Manuscript ed. Leitzmann. I.
1902 Breitinger Dichtkunst I.
Antixenien I
Dramaturgie III.
1903. Oests Werke
Lichtenberg II
Dramaturgie IV.
Soden Faust.
1904. Breitinger II
Brentano Godwi I
Repertoire V.
1905 Bremer Beiträge I
Lichtenberg III
Goethes Gedichte 1789 etc.

Eine Verschiebung träte nur ein, wenn Elias wie er versprochen s. Wernicke fertig machen sollte. Doch ist für kleineres noch daneben Raum. – Ob kein Krach eintreten wird? Bis 1/1 1904 habe ich sicheren Contract.
Über Detters rechtzeitige Ernennung bin ich ebenso froh wie über die Erreichg [de]s Adelsstands f. Kelle. Ich hoffe, daß mit Detters Wirksamkeit eine neue Aera für mich beginnt.
In Bremen wars flau; in der germanistischen Section war gar nichts los; Heym ein Präsident zum Kinderspott. Litterarhistorisches außer Geigers interessanten aber breiten Vortrag für mich gar nichts. Wertvoll war mir Sievers Bekanntschaft, der mir meinen misglückten Leipziger Vorschlag erzählte. Gesellschaftlich wars sehr nett u. unsre Frauen unterhielten sich königlich. – Meyer hat ei[n]e 800 S. dicke Lit. Gesch. des 19. Jhs. fertig, die dieser Tage erscheint (Schlenthers Samml. bei Bondi). Für methodisches litterarhist. Arbeiten hat fast Niemand einen Sinn.
Ihnen wünsche ich zum Semesteranfang alles Gute u. erbitte mir, da ich schon an die Teufelsinsel gekettet bleibe, Ihre stete Teilnahme.
Herzlichst Ihr treulich ergebener AS.

Briefdaten

Schreibort: Prag
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur: Autogr. 422/1-381
Umfang: 4 Seite(n)

Status

Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-8939 [Druckausgabe Nr. 185]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8939/methods/sdef:TEI/get

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