Prag 9/10 99
Smichow 586
Lieber Freund! Ich antworte sogleich, [we]il mich in der nächsten Zeit gleichfalls die Vorarbeiten für Colleg (Romantik) und Seminar (Jean Paul) in Anspruch nehmen werden. Ihre Philologischen Betrachtungen im Anschluß an Goethes Werther werden mir sehr willkommen sein. Sollten Sie aber aus irgendwelchem Grund das Goethejahrb. vorziehen, so werd ich natürlich nicht gekränkt sein. Sollten Sie sie mir senden wollen, so bitte ich sogleich um Nachricht (mit Angabe des Umfangs), damit ich Ihnen im Jahrgang 1900 den nöthigen Raum aufhebe; denn meine Mappen schwellen an u. fast über. Über die Ergänzungshefte wird allgemein geklagt. Seemüller hat mir ganz von ihnen abgerathen u. die hiesige Calvesche Buchhandl. hat mir die Klagen ihrer Abonennten vermittelt. Und zwar ist es der Preis, der die Leute abschreckt. Auch ein franz. Prof. (Sénil), der mich vor kurzem besu[ch]te, klagte. Ich werde daher zunächst auf sie verzichten müssen, obgleich mir Werner einen schönen Hebbelschen Briefwechsel für ein Heft in Aussicht gestellt hat. Vielleicht läßt sich später einmal mit Glossys Reservefond 1 Heft herstellen, das wir billiger oder umsonst geben können. – Ihre Ratschläge für die DLD werde ich gewiß beachten. – Die Dramen zur Dramaturgie sollen nur nach ihrer Notwendigkeit für die Schule ausgewählt werden. Die Bequemlichkeit der Darbietung soll die Käufer anziehen, auch die Billigkeit; denn bei Kürschner u. in andren Sammlungen muß man für 1 Drama doch mehr bezahlen. Bewährt sich der vom Verleger mit großer Wärme aufgenommene Plan nicht, so brechen wir nach wenigen Nummern ab. In Bremen sprach ich mit [m]ehreren Schulmännern darüber, die ihn gleichfalls freudig begrüßten.
Eine chronologisch geordnete Reihe aller ersten Fassungen Goethischer Gedichte könnte wol nur in Weimar an der Hand der Manuskripte hergestellt werden. Ich wills im Aug behalten.
König galt mir nicht für so selten, wahrscheinlich weil ich einen Druck besitze. Glauben Sie, daß er notwendiger ist als Oest, den mir Bernays sehr ans Herz legte (mit Withofs/Withoff/Withoft/Withöft), so will ich ihn vorausschieben.
Den Blütenstaub hat mir Minor zu wiederholten Malen versprochen, zugleich eine Auswahl aus den Papieren des Nachlasses (Die Hymnen auf die Nacht in erster versificierter Gestalt etc.) Aber ich weiß momentan nicht, wie ich mit Minor stehe. Er hat mich u. den Euphorion nach seinen Duell mit Hermann schmälich ! im Stich gelassen, schreibt mir nicht, hat mir auf die Nachricht vom Tod meines Vaters eine kühle p. c. K[ar]te geschickt u. hat s. Ahnfrau-Aufsatz für Heinzel mit meinen Collationen gearbeitet ohne mich zu nennen u. ohne ihn mir zu senden etc. Es ist nichts zwischen uns vorgefallen, ich weiß nicht, wie ich dran bin; aber ich kann ihm unmöglich schreiben. Der Verleger wäre für Novalis sehr eingenommen.
Die Bremer Beiträge hat Scherer vor 20 Jahren schon als sehr dringend bezeichnet. Sie sollten doch in me[hrer] Händen sein, als das jetzt der Fall ist (Ich habe sie); aber wenn ich Dringenderes habe, so stelle ich auch dies zurück.
Detter war hier u. hat mir sehr gefallen. Ich hoffe mich mit ihm recht gut zu vertragen.
In treuer Freundschaft Ihr aufrichtig erg.
AS.
Prag 9/10 99
Smichow 586
Lieber Freund! Ich antworte sogleich, [we]il mich in der nächsten Zeit gleichfalls die Vorarbeiten für Colleg (Romantik) und Seminar (Jean Paul) in Anspruch nehmen werden. Ihre Philologischen Betrachtungen im Anschluß an Goethes Werther werden mir sehr willkommen sein. Sollten Sie aber aus irgendwelchem Grund das Goethejahrb. vorziehen, so werd ich natürlich nicht gekränkt sein. Sollten Sie sie mir senden wollen, so bitte ich sogleich um Nachricht (mit Angabe des Umfangs), damit ich Ihnen im Jahrgang 1900 den nöthigen Raum aufhebe; denn meine Mappen schwellen an u. fast über. Über die Ergänzungshefte wird allgemein geklagt. Seemüller hat mir ganz von ihnen abgerathen u. die hiesige Calvesche Buchhandl. hat mir die Klagen ihrer Abonennten vermittelt. Und zwar ist es der Preis, der die Leute abschreckt. Auch ein franz. Prof. (Sénil), der mich vor kurzem besu[ch]te, klagte. Ich werde daher zunächst auf sie verzichten müssen, obgleich mir Werner einen schönen Hebbelschen Briefwechsel für ein Heft in Aussicht gestellt hat. Vielleicht läßt sich später einmal mit Glossys Reservefond 1 Heft herstellen, das wir billiger oder umsonst geben können. – Ihre Ratschläge für die DLD werde ich gewiß beachten. – Die Dramen zur Dramaturgie sollen nur nach ihrer Notwendigkeit für die Schule ausgewählt werden. Die Bequemlichkeit der Darbietung soll die Käufer anziehen, auch die Billigkeit; denn bei Kürschner u. in andren Sammlungen muß man für 1 Drama doch mehr bezahlen. Bewährt sich der vom Verleger mit großer Wärme aufgenommene Plan nicht, so brechen wir nach wenigen Nummern ab. In Bremen sprach ich mit [m]ehreren Schulmännern darüber, die ihn gleichfalls freudig begrüßten.
Eine chronologisch geordnete Reihe aller ersten Fassungen Goethischer Gedichte könnte wol nur in Weimar an der Hand der Manuskripte hergestellt werden. Ich wills im Aug behalten.
König galt mir nicht für so selten, wahrscheinlich weil ich einen Druck besitze. Glauben Sie, daß er notwendiger ist als Oest, den mir Bernays sehr ans Herz legte (mit Withofs/Withoff/Withoft/Withöft), so will ich ihn vorausschieben.
Den Blütenstaub hat mir Minor zu wiederholten Malen versprochen, zugleich eine Auswahl aus den Papieren des Nachlasses (Die Hymnen auf die Nacht in erster versificierter Gestalt etc.) Aber ich weiß momentan nicht, wie ich mit Minor stehe. Er hat mich u. den Euphorion nach seinen Duell mit Hermann schmälich ! im Stich gelassen, schreibt mir nicht, hat mir auf die Nachricht vom Tod meines Vaters eine kühle p. c. K[ar]te geschickt u. hat s. Ahnfrau-Aufsatz für Heinzel mit meinen Collationen gearbeitet ohne mich zu nennen u. ohne ihn mir zu senden etc. Es ist nichts zwischen uns vorgefallen, ich weiß nicht, wie ich dran bin; aber ich kann ihm unmöglich schreiben. Der Verleger wäre für Novalis sehr eingenommen.
Die Bremer Beiträge hat Scherer vor 20 Jahren schon als sehr dringend bezeichnet. Sie sollten doch in me[hrer] Händen sein, als das jetzt der Fall ist (Ich habe sie); aber wenn ich Dringenderes habe, so stelle ich auch dies zurück.
Detter war hier u. hat mir sehr gefallen. Ich hoffe mich mit ihm recht gut zu vertragen.
In treuer Freundschaft Ihr aufrichtig erg.
AS.
Schreibort: Prag
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur:
Autogr. 422/1-382
Umfang: 4 Seite(n)
Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-8941 [Druckausgabe Nr. 187]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8941/methods/sdef:TEI/get
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