Selbstverständlich, lieber Freund, habe ich gerne Ihrem u. Brechts Vorschlag auf Preiskrönung des Fischart zugestimmt. Dass Brecht sich dabei ausdrücklich zur älteren Richtung bekannte, war mir besonders angenehm.
Die Faustkletzelei habe ich ungern gemacht, wollte mich aber nicht versagen; mir wars ganz entfremdet u. es kommt nichts textkritisch Wertvolles dabei heraus. Nur in diesem Falle mache ich noch immer mit Lust Textvergleichungen. Den reinen Bibliophilen bin ich nicht so gram wie Sie; aber die meisten sind Händlerseelen, u. nur für die Preistreiberei der Anitquariate arbeite ich widerwillig. Auf Ihre Stellungnahme gegen Korff u. Walzel bin ich gespannt; über jenen hab ich mich schon bei Ihnen geäussert: das Voltairebuch war mir belehrend. Von Gehalt u. Gestalt hab ich nur die 1. Lieferg angesehen u. war damit satt. Walzel hat gesagt, Dilthey hat gesagt, Walzel hat gesagt u. wieder Walzel hat gesagt..... usw. in infinitum. Aber das Buch bestätigt den Nachwuchs. Ich habe eben eine roman. Diss. von 670 eng beschriebenen Folioseiten lesen müssen: Ermatinger + Walzel + etwas Dibelius. Programmatische Syste- matik zum Erbarmen. Dieser Geist der Zeit ist mir öde. Ich hoffe nicht, dass man meinen Theaterroman damit infiziert findet u. weise zurück, dass der Romanist sich auch auf mich beruft. Ein Anglist hat ohnedies meine Dramenschemata durch starre Anwendung in einer gleichfalls langen Diss. fast ad absurdum geführt. Sie erleben auch, dass man durch Schüler an sich irre wird. Herzlich grüsst Ihr getreu ergebener
BSfft.

30.5.

Herrn
Hofrat Prof. Dr. A. Sauer
Prag XVI
Smichow 586.

Selbstverständlich, lieber Freund, habe ich gerne Ihrem u. Brechts Vorschlag auf Preiskrönung des Fischart zugestimmt. Dass Brecht sich dabei ausdrücklich zur älteren Richtung bekannte, war mir besonders angenehm.
Die Faustkletzelei habe ich ungern gemacht, wollte mich aber nicht versagen; mir wars ganz entfremdet u. es kommt nichts textkritisch Wertvolles dabei heraus. Nur in diesem Falle mache ich noch immer mit Lust Textvergleichungen. Den reinen Bibliophilen bin ich nicht so gram wie Sie; aber die meisten sind Händlerseelen, u. nur für die Preistreiberei der Anitquariate arbeite ich widerwillig. Auf Ihre Stellungnahme gegen Korff u. Walzel bin ich gespannt; über jenen hab ich mich schon bei Ihnen geäussert: das Voltairebuch war mir belehrend. Von Gehalt u. Gestalt hab ich nur die 1. Lieferg angesehen u. war damit satt. Walzel hat gesagt, Dilthey hat gesagt, Walzel hat gesagt u. wieder Walzel hat gesagt..... usw. in infinitum. Aber das Buch bestätigt den Nachwuchs. Ich habe eben eine roman. Diss. von 670 eng beschriebenen Folioseiten lesen müssen: Ermatinger + Walzel + etwas Dibelius. Programmatische Syste- matik zum Erbarmen. Dieser Geist der Zeit ist mir öde. Ich hoffe nicht, dass man meinen Theaterroman damit infiziert findet u. weise zurück, dass der Romanist sich auch auf mich beruft. Ein Anglist hat ohnedies meine Dramenschemata durch starre Anwendung in einer gleichfalls langen Diss. fast ad absurdum geführt. Sie erleben auch, dass man durch Schüler an sich irre wird. Herzlich grüsst Ihr getreu ergebener
BSfft.

30.5.

Herrn
Hofrat Prof. Dr. A. Sauer
Prag XVI
Smichow 586.

Briefdaten

Schreibort: Graz
Empfangsort: Prag
Archiv: Staatsarchiv Würzburg
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand
Umfang: Postkarte

Status

Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-9400 [Druckausgabe Nr. 290]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.9400/methods/sdef:TEI/get

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

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