L. 13/6 82

Lieber Herr College!

Für die freundliche Übersendung Ihrer Collation der Genovefa meinen besten Dank! Die Papiere folgen in einiger Zeit unversehrt zurück.
Dass Speemannsche Sammlungen Ihrem Unternehmen nicht schaden, ist auch meine Überzeugung. Ich habe selbst keinen genauen Einblick in das ganze Unternehmen, weil etwas geheimnisvoll umgegangen wird. Es scheinen Goethe, Schiller, Lessing, Wieland-Ausgaben etc. geplant zu sein. Ob auch diese nur in Auswahl weiss ich nicht. Ich habe übernommen 2 Bde Stürmer & Dränger mit Einleitungen und Anmerkungen zu versehen, in denen Klingers Zwillinge, Sturm & Drang, Faust; Lenzens Hofmeister, Soldaten & Gedichte, Müllers Faust Genovefa & Gedichte, Wagners Kindermörderin & e[ine] Auswahl aus Schubart enthalten sein soll. Desgl. Göttinger 2 Bde: überall nur Auswahl. Ich werde die Luise in erster Fassung abdrucken lassen, dann Gedichte von Voss, Hölty, Miller, Stolberg, (Hahn?) Claudius Randbemerkung: [Es kommen auf jeden etwa 4 ½ Bogen] und Leisewitzens Julius von Tarent. Bürger bekommt einen eigenen Band mit einer Auslese der Gedichte. Ich habe nur die Texte anzuordnen übernommen, habe keine Correcturen zu besorgen, mir aber eigens[inni]ge Änderungen von Seiten des Correctors strengstens verbeten. Ich habe ziemlich gebundene Marschroute und werde wissenschaftlich nicht viel dabei leisten können. Die Ausgaben dürften nicht den Brockhausischen auf eine Stufe [zu] stellen sein. Wenn der Ton meines letzten Briefes mehr entschuldigend als blos mitteilend war, so wollte ich auch den Schein vermeiden oder beseitigen, als ob ich Ihnen ins Handwerk pfuschen möchte. – Überdies wollte sich Speemann wegen der Wieland-Ausgabe sogar an Sie selbst mit einer Anfrage wenden.
Wegen der öst. Neudrucksammlung ist noch nichts beschlossen. Ich konnte mich mit dem Verleger nicht einigen; in etwa 14 Tagen dürfte die Sache entschieden sein; ich theile Ihnen das Re[su]ltat dann mit und sende Ihnen auch ein Verzeichnis der proj. Stücke ein; wahrscheinlich beginne ich mit Abraham a Sancta Clara Mercks Wien.
Schliesslich hoffe ich trotzdem aus dem Kreise Ihrer Mitarbeiter nicht ganz ausgestrichen zu sein; es wäre vielmehr sehr schön, wenn Sie mir jetzt, wo sie solche ‚werben‘ wollen, etwas übertragen m[öc]hten. Zwar für das heurige Jahr könnte ich nichts übernehmen, aber Sie machen ja Programm auf lange hinaus; da ich mich in die Gött. einarbeiten muss, ohne sie irgendwie erschöpfen zu können, so wäre ich vielleicht gerade für eine Aufgabe aus dieser Gruppe tauglich. Noch lieber übernähme ich Götzens Gedichte eines Wormsers oder Uzens erste Sammlung. Auch wenn Sie für Hagedorn niemanden haben, bin ich bereit. – Warum fehlt Wielands Oberon noch immer in Ihrer Liste und die ganze Serie der kritischen Schriften ebenfalls?
Einen Streit wie den über die [P]riorität des Faustfragmentes wird es a[l]so in keiner Bzhg zwischen uns geben.

Bestens grüssend und dankend

Ihr
Sauer.

L. 13/6 82

Lieber Herr College!

Für die freundliche Übersendung Ihrer Collation der Genovefa meinen besten Dank! Die Papiere folgen in einiger Zeit unversehrt zurück.
Dass Speemannsche Sammlungen Ihrem Unternehmen nicht schaden, ist auch meine Überzeugung. Ich habe selbst keinen genauen Einblick in das ganze Unternehmen, weil etwas geheimnisvoll umgegangen wird. Es scheinen Goethe, Schiller, Lessing, Wieland-Ausgaben etc. geplant zu sein. Ob auch diese nur in Auswahl weiss ich nicht. Ich habe übernommen 2 Bde Stürmer & Dränger mit Einleitungen und Anmerkungen zu versehen, in denen Klingers Zwillinge, Sturm & Drang, Faust; Lenzens Hofmeister, Soldaten & Gedichte, Müllers Faust Genovefa & Gedichte, Wagners Kindermörderin & e[ine] Auswahl aus Schubart enthalten sein soll. Desgl. Göttinger 2 Bde: überall nur Auswahl. Ich werde die Luise in erster Fassung abdrucken lassen, dann Gedichte von Voss, Hölty, Miller, Stolberg, (Hahn?) Claudius Randbemerkung: [Es kommen auf jeden etwa 4 ½ Bogen] und Leisewitzens Julius von Tarent. Bürger bekommt einen eigenen Band mit einer Auslese der Gedichte. Ich habe nur die Texte anzuordnen übernommen, habe keine Correcturen zu besorgen, mir aber eigens[inni]ge Änderungen von Seiten des Correctors strengstens verbeten. Ich habe ziemlich gebundene Marschroute und werde wissenschaftlich nicht viel dabei leisten können. Die Ausgaben dürften nicht den Brockhausischen auf eine Stufe [zu] stellen sein. Wenn der Ton meines letzten Briefes mehr entschuldigend als blos mitteilend war, so wollte ich auch den Schein vermeiden oder beseitigen, als ob ich Ihnen ins Handwerk pfuschen möchte. – Überdies wollte sich Speemann wegen der Wieland-Ausgabe sogar an Sie selbst mit einer Anfrage wenden.
Wegen der öst. Neudrucksammlung ist noch nichts beschlossen. Ich konnte mich mit dem Verleger nicht einigen; in etwa 14 Tagen dürfte die Sache entschieden sein; ich theile Ihnen das Re[su]ltat dann mit und sende Ihnen auch ein Verzeichnis der proj. Stücke ein; wahrscheinlich beginne ich mit Abraham a Sancta Clara Mercks Wien.
Schliesslich hoffe ich trotzdem aus dem Kreise Ihrer Mitarbeiter nicht ganz ausgestrichen zu sein; es wäre vielmehr sehr schön, wenn Sie mir jetzt, wo sie solche ‚werben‘ wollen, etwas übertragen m[öc]hten. Zwar für das heurige Jahr könnte ich nichts übernehmen, aber Sie machen ja Programm auf lange hinaus; da ich mich in die Gött. einarbeiten muss, ohne sie irgendwie erschöpfen zu können, so wäre ich vielleicht gerade für eine Aufgabe aus dieser Gruppe tauglich. Noch lieber übernähme ich Götzens Gedichte eines Wormsers oder Uzens erste Sammlung. Auch wenn Sie für Hagedorn niemanden haben, bin ich bereit. – Warum fehlt Wielands Oberon noch immer in Ihrer Liste und die ganze Serie der kritischen Schriften ebenfalls?
Einen Streit wie den über die [P]riorität des Faustfragmentes wird es a[l]so in keiner Bzhg zwischen uns geben.

Bestens grüssend und dankend

Ihr
Sauer.

Dass Speemannsche Sammlungen Ihrem Unternehmen nicht schaden, ist auch meine Überzeugung. […] Wenn der Ton meines letzten Briefes mehr entschuldigend als blos mitteilend war, so wollte ich auch den Schein vermeiden oder beseitigen, als ob ich Ihnen ins Handwerk pfuschen möchte.

Auch Sauer sah keine Konkurrenz zwischen den beiden Projekten.

Briefdaten

Schreibort: Lemberg
Empfangsort: Würzburg
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur: Autogr. 422/1-20
Umfang: 4 Seite(n)

Status

Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-8232 [Druckausgabe Nr. 21]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8232/methods/sdef:TEI/get

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

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