Prag 23. Oct. Abends

Lieber Freund! Als Ihre erste Karte ka[m], aus der ich ersah, daß Sie mit dem dritten Hefte auf meinen Beitrag nicht gewartet hatten, da glaubte ich Zeit zu haben, inzwischen einiges andere erledigen zu können. Ich mußte daher erst gestern und heute die Reinschrift vollenden. Verzeihen Sie also, wenn ich Sie warten laßen mußte.
Was ich Ihnen sende, sind Ergänzungen zu Bd. 10 und 11 meiner Ausgabe; wenn Sie diese nicht kennen, werden Sie auch mit meinem Aufsatz wenig anzufangen wissen. Werner, der über Grillparzer liest, wird mir dankbar sein. Lassen Sie sich also durch die Verse an die Sammlung entschädigen, die ich lange gehütet habe u. immer für etwas besonderes [a]ufsparte. Die Einkleidung ist Ihnen hoffentlich nicht zuwider. Für die Correctur – der Sicilischen Scenen wenigstens – (Wissen Sie etwas über den Stoff?) müßen Sie mir ein paar Tage mehr Zeit lassen, weil ich sie ins Archiv nach Wien zu einer Revision schicken muß. Den Plan des Julius Caesar müßen Sie so halbbrüchig oder viertelbrüchig setzen lassen wie [er] geschrieben ist.
Ob Sie die nachträge zum Faustaufsatz einschieben wollen, überlasse ich Ihrer Wohlmeinung.
Gebler habe ich dankend erhalten.
In Ihren Lesarten habe ich mich ganz gut zurecht gefunden. Bei mir geht es langsam. Ich kann niemals lange bei der Stange bleiben.
Über Wien habe ich Ihnen geschrieben. Ich bin mit dem schwersten Herzen nach Prag zurückgefahren und erst langsam habe ich es wieder gelernt mich ins Joch zu schwingen. Nun bin aber mit den Collegien sehr zufrieden (16. Jh. 28, Faust 42; Seminar 18) und so wird es wieder weiter gehen!
Haben Sie Brahm gelassen !. Ich finde ihn sehr dünn und mager; ich begreife nicht wie sich Schmidt für ihn so ins Zeug legen kann.
Schicken Sie mir doch von einem oder dem andern Aufsatz Ihres Doppelheftes einmal eine Correctur, die Sie n[icht] mehr brauchen. Es ist doch ein angenehmes Gefühl den andern um ein paar Pferdelängen voraus zu sein. Daß ich keinen Misbrauch damit treibe, dessen werden Sie überzeugt sein.
Sie wollen meinen Bart! Der existirt lange nicht mehr. Es war damals nur ein Badeanhängsel, das ich eine Zeitlang duldete, weil meine Mutter Freude dran hatte. Gleich nach ihrem Tode ließ ich ih[n] mir abnehmen u. mir war als ob ich eine fa[l]sche Umhüllung abgelegt hätte. Ich sehe also jetzt dem Bilde das Sie haben wieder erträglich ähnlich u. meine älteren Freunde sind wieder mit mir zufrieden. Hoffentlich kann ich mich Ihnen bald so vorstellen.
Mit herzlichen Grüßen sehr müde Ihr
AS.

Prag 23. Oct. Abends

Lieber Freund! Als Ihre erste Karte ka[m], aus der ich ersah, daß Sie mit dem dritten Hefte auf meinen Beitrag nicht gewartet hatten, da glaubte ich Zeit zu haben, inzwischen einiges andere erledigen zu können. Ich mußte daher erst gestern und heute die Reinschrift vollenden. Verzeihen Sie also, wenn ich Sie warten laßen mußte.
Was ich Ihnen sende, sind Ergänzungen zu Bd. 10 und 11 meiner Ausgabe; wenn Sie diese nicht kennen, werden Sie auch mit meinem Aufsatz wenig anzufangen wissen. Werner, der über Grillparzer liest, wird mir dankbar sein. Lassen Sie sich also durch die Verse an die Sammlung entschädigen, die ich lange gehütet habe u. immer für etwas besonderes [a]ufsparte. Die Einkleidung ist Ihnen hoffentlich nicht zuwider. Für die Correctur – der Sicilischen Scenen wenigstens – (Wissen Sie etwas über den Stoff?) müßen Sie mir ein paar Tage mehr Zeit lassen, weil ich sie ins Archiv nach Wien zu einer Revision schicken muß. Den Plan des Julius Caesar müßen Sie so halbbrüchig oder viertelbrüchig setzen lassen wie [er] geschrieben ist.
Ob Sie die nachträge zum Faustaufsatz einschieben wollen, überlasse ich Ihrer Wohlmeinung.
Gebler habe ich dankend erhalten.
In Ihren Lesarten habe ich mich ganz gut zurecht gefunden. Bei mir geht es langsam. Ich kann niemals lange bei der Stange bleiben.
Über Wien habe ich Ihnen geschrieben. Ich bin mit dem schwersten Herzen nach Prag zurückgefahren und erst langsam habe ich es wieder gelernt mich ins Joch zu schwingen. Nun bin aber mit den Collegien sehr zufrieden (16. Jh. 28, Faust 42; Seminar 18) und so wird es wieder weiter gehen!
Haben Sie Brahm gelassen !. Ich finde ihn sehr dünn und mager; ich begreife nicht wie sich Schmidt für ihn so ins Zeug legen kann.
Schicken Sie mir doch von einem oder dem andern Aufsatz Ihres Doppelheftes einmal eine Correctur, die Sie n[icht] mehr brauchen. Es ist doch ein angenehmes Gefühl den andern um ein paar Pferdelängen voraus zu sein. Daß ich keinen Misbrauch damit treibe, dessen werden Sie überzeugt sein.
Sie wollen meinen Bart! Der existirt lange nicht mehr. Es war damals nur ein Badeanhängsel, das ich eine Zeitlang duldete, weil meine Mutter Freude dran hatte. Gleich nach ihrem Tode ließ ich ih[n] mir abnehmen u. mir war als ob ich eine fa[l]sche Umhüllung abgelegt hätte. Ich sehe also jetzt dem Bilde das Sie haben wieder erträglich ähnlich u. meine älteren Freunde sind wieder mit mir zufrieden. Hoffentlich kann ich mich Ihnen bald so vorstellen.
Mit herzlichen Grüßen sehr müde Ihr
AS.

Briefdaten

Schreibort: Prag
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur: Autogr. 422/1-130
Umfang: 4 Seite(n)

Status

Rohtranskription, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-8445. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8445/methods/sdef:TEI/get

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

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