Prag 18.1.94
Smichow 586.
Ihr ausführliches Schreiben, lieber Freund, hat mich doch sehr gefördert [u]nd meine Ansichten geklärt. Ich warte jetzt noch ab, was Sie auf meine letzte Karte sagen (wegen des Historischen Jahrbuches) und entscheide mich dann definitiv. Ich neige aber schon jetzt dazu, alles zu verzeichnen, was ich sehe oder wovon ich höre zur Orientierung. Aufs einzelne gehe ich heute nicht ein. Aber das eine noch. Die Namen der einzelnen Verfasser würden Sie doch bei der Erwähnung eines solchen Buches, wie der Aufsätze für Bernays angeben? Darf ich Ihre Skizze bei diesem Buch gleich verwenden? Ohne Namen? Oder mit Chiffer!?
Ich finde daß alles was Sie rathen ausgezeichnet ist. Die Idee, daß Sie das, was Sie mir rathen, selbst nicht befolgt haben, ist mir allerdin[gs] auch schon gekommen. Aber in anderm Sinn als Schönbach es meint. In dem Sinn wie Sie es andeuten, als reife Frucht Ihrer langen Erfahrung. Ich danke Ihnen vielmals und herzlich dafür, daß Sie so selbstlos und aufopfernd mir alles mittheilen, was man eben vorher, ohne Redacteur gewesen zu sein, unmöglich wissen kann. Ich werde ja auch so noch Lehrgeld genug bezahlen müssen.
Der Prospect ist bereits imprimirt. Er muß jeden Tag kommen. Ich sende Ihnen sogleich eine Anzahl und schreibe Ihnen dazu für wen. Für eine Intervention bei mehreren Ztschrften bin ich Ihnen besonders d[a]nkbar. Vorderhand konnte ich noch nichts thun; denn es war doch der Titel noch nicht ganz fix. Jetzt warte ich schon noch die kurze Zeit, bis ich die Prospecte versenden kann.
Schmidt stimmte zuerst dem Titel bei; jetzt – wie es scheint durch Burdach haranguirt – ist er dagegen. Aber jetzt ists zu spät. Auch im Prospect wird ihm manches nicht recht sein. Da tröstet mich Ihr Zuspruch, daß die [S]ubjectivität des Prospects nichts schadet. – Leider drängt sich die Mittelmäßigkeit schon stark vor. Pawel sandte seinen Rabenerbrief; Hirzel einen belanglosen Schillerbrief. R. M. W. hat alles zur Hand – was ich nicht brauche. Erfreulich ist ein Lessing- brief, den Michels spendet (ich kenn ihn noch nicht!) An Kleinigkeiten fehlts also nicht. Aber das große, bedeutende!?!
Den Brief Böhlaus an Buchner hab ich gelesen. Er war rein sachlich[,] aber stark deprimierend. Mit Illusionen geht der Verleger nicht an die Sache heran. Aber an Energie wird ers und werd auch ich es nicht fehlen lassen.
Komisch ist was mir Werner mittheilt: Minister Gautsch habe die VJS im Gespräch für zu journalistisch erklärt. Da würde ihm wohl der Euphorion wie ein Beiblatt der Fliegenden Blätter vorkommen. – Ich werds mit seinem Nachfolger probieren un[d] werde gleich nach dem Erscheinen des Prospects um die Subvention der Germania einkommen. Es ist Kelles Rath, der mir auch versprochen hat, sich dafür zu verwenden.
Herzlich grüßend
Ihr AS.
Prag 18.1.94
Smichow 586.
Ihr ausführliches Schreiben, lieber Freund, hat mich doch sehr gefördert [u]nd meine Ansichten geklärt. Ich warte jetzt noch ab, was Sie auf meine letzte Karte sagen (wegen des Historischen Jahrbuches) und entscheide mich dann definitiv. Ich neige aber schon jetzt dazu, alles zu verzeichnen, was ich sehe oder wovon ich höre zur Orientierung. Aufs einzelne gehe ich heute nicht ein. Aber das eine noch. Die Namen der einzelnen Verfasser würden Sie doch bei der Erwähnung eines solchen Buches, wie der Aufsätze für Bernays angeben? Darf ich Ihre Skizze bei diesem Buch gleich verwenden? Ohne Namen? Oder mit Chiffer!?
Ich finde daß alles was Sie rathen ausgezeichnet ist. Die Idee, daß Sie das, was Sie mir rathen, selbst nicht befolgt haben, ist mir allerdin[gs] auch schon gekommen. Aber in anderm Sinn als Schönbach es meint. In dem Sinn wie Sie es andeuten, als reife Frucht Ihrer langen Erfahrung. Ich danke Ihnen vielmals und herzlich dafür, daß Sie so selbstlos und aufopfernd mir alles mittheilen, was man eben vorher, ohne Redacteur gewesen zu sein, unmöglich wissen kann. Ich werde ja auch so noch Lehrgeld genug bezahlen müssen.
Der Prospect ist bereits imprimirt. Er muß jeden Tag kommen. Ich sende Ihnen sogleich eine Anzahl und schreibe Ihnen dazu für wen. Für eine Intervention bei mehreren Ztschrften bin ich Ihnen besonders d[a]nkbar. Vorderhand konnte ich noch nichts thun; denn es war doch der Titel noch nicht ganz fix. Jetzt warte ich schon noch die kurze Zeit, bis ich die Prospecte versenden kann.
Schmidt stimmte zuerst dem Titel bei; jetzt – wie es scheint durch Burdach haranguirt – ist er dagegen. Aber jetzt ists zu spät. Auch im Prospect wird ihm manches nicht recht sein. Da tröstet mich Ihr Zuspruch, daß die [S]ubjectivität des Prospects nichts schadet. – Leider drängt sich die Mittelmäßigkeit schon stark vor. Pawel sandte seinen Rabenerbrief; Hirzel einen belanglosen Schillerbrief. R. M. W. hat alles zur Hand – was ich nicht brauche. Erfreulich ist ein Lessing- brief, den Michels spendet (ich kenn ihn noch nicht!) An Kleinigkeiten fehlts also nicht. Aber das große, bedeutende!?!
Den Brief Böhlaus an Buchner hab ich gelesen. Er war rein sachlich[,] aber stark deprimierend. Mit Illusionen geht der Verleger nicht an die Sache heran. Aber an Energie wird ers und werd auch ich es nicht fehlen lassen.
Komisch ist was mir Werner mittheilt: Minister Gautsch habe die VJS im Gespräch für zu journalistisch erklärt. Da würde ihm wohl der Euphorion wie ein Beiblatt der Fliegenden Blätter vorkommen. – Ich werds mit seinem Nachfolger probieren un[d] werde gleich nach dem Erscheinen des Prospects um die Subvention der Germania einkommen. Es ist Kelles Rath, der mir auch versprochen hat, sich dafür zu verwenden.
Herzlich grüßend
Ihr AS.
Schreibort: Prag
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur:
Autogr. 422/1-241
Umfang: 4 Seite(n)
Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-8659 [Druckausgabe Nr. 137]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8659/methods/sdef:TEI/get
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