Graz 22 II 94

Lieber freund Ich bitte um aufnahme für die drei beiliegenden recensionen, falls sie Ihnen tauglich erscheinen. Verzeihen Sie, dass viel darin korrigirt ist, ich schreibe gar so ungern ab. Ich würde für mich nicht scheuen, meinen namen darunter zu setzen. Aber für Sie ist es unmöglich, so viele Seufferte im 1. heft zu haben. Nicht nur weils der fatale Schulmeister Seuffert ist, sondern weil Sie überhaupt von vielen bedient zu sein scheinen müssen. Darum nahm ich auch verschiedene chiffern zur unterschrift; lauter anonymes würde wieder den verdacht einer kleinen mitarbeiterzahl erwecken.
Nun werd ich in einigen tagen noch die ...sche Schiller diss. ansehen, ob eine anzeige sich lohnt. Dann aber meine ich, wärs für jetzt von mir genug. Ich hätte ja nicht gewagt, Ihnen so viel anzubieten, wenn Sie mich nicht dazu herausgefordert hätten. Keine der recensionen hätte ich ohne diese einladung geschrieben. Biedermanns Jahreshefte-kommentar will ich aufsparen: referiert ein anderer, desto besser. Über die letzte Serie der Weimarer werke aber will ich nicht schreiben; ich bitte mich meines anerbietens zu entbinden; ohne kritik kann ich nicht und kritisch darf ich redactor nicht werden. Ich dachte nicht an recensionen darüber à la Düntzer; aber es soll gesagt werden, welches neue material verwendet ist und ob die herausgeber über den wert des materials rechenschaft geben.
Auch über „poetisch, künstlerisch, prosaisch“ schreibe ich lieber nicht. Es ist ein seit jahren durchdachtes und fürs Kolleg in verschiedenen ansätzen und ausführungen zurecht gelegtes thema. Dass ich es nicht unerzeichnen möchte, hat seinen grund darin, dass ich es zwar nicht für eitel torheit halte – dann hätte ichs Ihnen nicht angeboten –, dass ich aber doch das gefühl habe es sei nicht ganz ausgereift, vor allem es sei nicht an aller neuen ästhetik und poetik abgewogen. Ich bot den artikel an, weil ich aus Ihren briefen immer wider sorge um die füllung des allgemeinen teiles des 1. heftes hörte und annahm, Sie möchten darin nicht selbst reden (so wie auch ich mich 2 hefte lang zurückhielt), um nicht zu programmmässig reden zu müssen. Nun sind Sie ja aber durch Schönbach und Ihre antwort versorgt. Ich bin übrigens sehr entschieden der meinung, dass Sie nicht nur recensionen ohne unterschrift aufnehmen sollten; ich habe das auch auch für die VJS. vorgesehen und wiederholt beklagt, dass niemand von der anonymität gebrauch machte. Darum habe ich wol in den briefen an Sie das nicht eigens hervorgehoben. Sie können ja ins programm einen derartigen passus aufnehmen. Mir scheint, da Sie Schönbachs brief gegen dasselbe einrücken, ist es ohnedies nötig, dass der prospekt – mit ausnahme des buchhändlerischen und vielleicht mit einiger überarbeitung, die natürlich die von Schönbach aufgegriffene stelle nicht treffen dürfte, die aber z. b. über die bibliographie mehr sagte, da nur Ihr prospekt hinter Ihrem vorsatz in dieser richtung zurückzubleiben scheint – es ist nötig, meine ich, dass der prospekt in die zs. selbst aufgenommen wird; als beilage oder auf dem umschlag verliert sich der prospekt und Schönbachs brief die unterlage, so wie der band gebunden ist.
Wie hat Bernays seine absage motiviert? Geschrieben hätte er aber auch bei zusage nichts.
Ich habe das drückende gefühl, dass meine mitarbeit zudringlich wird. Fassen Sie es nicht so: ich wollte wirklich ernsthaft im hintergrunde bleiben, aber ich konnte Ihrer aufforderung nicht widerstehn und gebe nun mehr und schlechteres als Sie brauchen können.
Grüssend Ihr
BSfft.

Gebhard habe ich nur nach einem ex. erledigt, das ich vom sortimenter zur ansicht hatte, ich mochte das Geld zum kaufe nicht aufwenden.

Graz 22 II 94

Lieber freund Ich bitte um aufnahme für die drei beiliegenden recensionen, falls sie Ihnen tauglich erscheinen. Verzeihen Sie, dass viel darin korrigirt ist, ich schreibe gar so ungern ab. Ich würde für mich nicht scheuen, meinen namen darunter zu setzen. Aber für Sie ist es unmöglich, so viele Seufferte im 1. heft zu haben. Nicht nur weils der fatale Schulmeister Seuffert ist, sondern weil Sie überhaupt von vielen bedient zu sein scheinen müssen. Darum nahm ich auch verschiedene chiffern zur unterschrift; lauter anonymes würde wieder den verdacht einer kleinen mitarbeiterzahl erwecken.
Nun werd ich in einigen tagen noch die ...sche Schiller diss. ansehen, ob eine anzeige sich lohnt. Dann aber meine ich, wärs für jetzt von mir genug. Ich hätte ja nicht gewagt, Ihnen so viel anzubieten, wenn Sie mich nicht dazu herausgefordert hätten. Keine der recensionen hätte ich ohne diese einladung geschrieben. Biedermanns Jahreshefte-kommentar will ich aufsparen: referiert ein anderer, desto besser. Über die letzte Serie der Weimarer werke aber will ich nicht schreiben; ich bitte mich meines anerbietens zu entbinden; ohne kritik kann ich nicht und kritisch darf ich redactor nicht werden. Ich dachte nicht an recensionen darüber à la Düntzer; aber es soll gesagt werden, welches neue material verwendet ist und ob die herausgeber über den wert des materials rechenschaft geben.
Auch über „poetisch, künstlerisch, prosaisch“ schreibe ich lieber nicht. Es ist ein seit jahren durchdachtes und fürs Kolleg in verschiedenen ansätzen und ausführungen zurecht gelegtes thema. Dass ich es nicht unerzeichnen möchte, hat seinen grund darin, dass ich es zwar nicht für eitel torheit halte – dann hätte ichs Ihnen nicht angeboten –, dass ich aber doch das gefühl habe es sei nicht ganz ausgereift, vor allem es sei nicht an aller neuen ästhetik und poetik abgewogen. Ich bot den artikel an, weil ich aus Ihren briefen immer wider sorge um die füllung des allgemeinen teiles des 1. heftes hörte und annahm, Sie möchten darin nicht selbst reden (so wie auch ich mich 2 hefte lang zurückhielt), um nicht zu programmmässig reden zu müssen. Nun sind Sie ja aber durch Schönbach und Ihre antwort versorgt. Ich bin übrigens sehr entschieden der meinung, dass Sie nicht nur recensionen ohne unterschrift aufnehmen sollten; ich habe das auch auch für die VJS. vorgesehen und wiederholt beklagt, dass niemand von der anonymität gebrauch machte. Darum habe ich wol in den briefen an Sie das nicht eigens hervorgehoben. Sie können ja ins programm einen derartigen passus aufnehmen. Mir scheint, da Sie Schönbachs brief gegen dasselbe einrücken, ist es ohnedies nötig, dass der prospekt – mit ausnahme des buchhändlerischen und vielleicht mit einiger überarbeitung, die natürlich die von Schönbach aufgegriffene stelle nicht treffen dürfte, die aber z. b. über die bibliographie mehr sagte, da nur Ihr prospekt hinter Ihrem vorsatz in dieser richtung zurückzubleiben scheint – es ist nötig, meine ich, dass der prospekt in die zs. selbst aufgenommen wird; als beilage oder auf dem umschlag verliert sich der prospekt und Schönbachs brief die unterlage, so wie der band gebunden ist.
Wie hat Bernays seine absage motiviert? Geschrieben hätte er aber auch bei zusage nichts.
Ich habe das drückende gefühl, dass meine mitarbeit zudringlich wird. Fassen Sie es nicht so: ich wollte wirklich ernsthaft im hintergrunde bleiben, aber ich konnte Ihrer aufforderung nicht widerstehn und gebe nun mehr und schlechteres als Sie brauchen können.
Grüssend Ihr
BSfft.

Gebhard habe ich nur nach einem ex. erledigt, das ich vom sortimenter zur ansicht hatte, ich mochte das Geld zum kaufe nicht aufwenden.

Briefdaten

Schreibort: Graz
Empfangsort: Prag
Archiv: Staatsarchiv Würzburg
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand
Umfang: 4 Seite(n)

Status

Rohtranskription, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-8670. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8670/methods/sdef:TEI/get

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

LinksInformation

Das Bildmaterial dieser Webseite sind Reproduktionen aus den Sammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek und des Staatsarchivs Würzburg. Für jede weitere Verwendung wenden Sie sich bitte an die jeweilige Institution.