L. F. Ihre heutige Karte macht mir herzliche Freude. Es ist eine üble Gelehrtensitte, daß einem niemand ein Urteil schreibt, wenn man ihm das Buch oder den Aufsatz nicht sendet und auch dann oft nicht wenn mans thut. Das Grillparzerjahrbuch ist mit den Abzügen so sparsam wie der Euphorion u. ich mußte die Materialspender bedenken. Um so mehr freut mich Ihre Anerkennung. – Heute sende ich Ihnen das Ergänzungsheft; vielleicht gefällt Ihnen auch diese kleine Untersuchung. – Was Sie über den Mangel der Einheitlichkeit der Ztschrft sagen, ist gewiß wahr. Aber wie ich dem abhelfen soll, ohne in die Einseitigkeit der alten Vierteljahrsschrift zu verfallen, ist mir unklar. Ich will mein möglichstes thun. Zu größeren darstellenden Aufsätzen komme ich freilich sehr bald nicht. Aber andere haben mir solche versprochen u. mit jedem Jahrgang mehr kann ich strenger in der Aufnahme sein. –
Die Sache steht jetzt viel günstiger. Die 160 M. von Berlin aus sind b[eza]hlt u. die Sitmmung bei Koch in Folge dessen u. in Folge mehrerer neuer Abonnenten weit besser. Ich habe nun durch Kelle bei der hiesigen Förderungsgesellschaft eine Action einleiten lassen, die nicht leicht fehlschlagen dürfte, wonach vom heurigen Jahr ganze 30 Exemplare zum Ladenpreis abgenommen u. an deutschböhmische Anstalten vertheilt werden solle[n]. Das kann dann ev. im nächsten Jahr noch einmal geschehen. Ferner will Kelle Kleemann bitten, wenn er zur feierlichen Sitzung geht, daß er mir die Zusage pro 1896 schon jetzt schriftlich giebt. Dann wären wir ja schön draußen. – Koch denkt an einen Aufruf, den wir an alle Interessenten versenden würden, unterzeichnet von Schmidt, [I]hnen, Suphan etc., worin erklärt würde: die Ztschrft sei für die Wiss. nothwendig, könne aber nur durch das Zusammenwirken aller Factoren gehalten werden etc. Eventuell brauchte nicht der schlechte Absatz darin betont zu werden, sondern nur, daß die Ideale nicht erfüllt werden können, wenn nicht regere Theilnahme erzielt wird. Ich habe diesen Wunsch meines Verlegers zunächst Schmidt mitgetheilt u. willigt er ein, etwas ähnliches zu unterschreiben, dann erlasse ich zunächst ein Rundschreiben an Freunde und sonstige hervorragende Berufsgenossen u. fordere diese mit zur Unterschrift auf. – Endlich war Steig im preuß. Ministerium (nach Verabredung mit H. Grimm); ich weiß aber noch nicht, mit welchem Erfolg. – Nach New-York sind vor etlichen Wochen 50 oder 100 Freiexempl[are] des 1. Heftes gegangen, die an die Univer. u. Bibl. versendet werden sollen. Noch hat Koch 2000 Ex. des 1. Hefts, die er jetzt – warum nicht früher? – gern gratis hergäbe. Ich werde ihm rathen, er soll sie an die Gymnasien verschicken. Aber er wird wieder das Porto scheuen.
Was Sie über moderne Lit. sagten, ist richtig. Aber verschaffen Sie mir den Recensenten!! Wollen Sie selbst [Su]dermann recensieren, so machen Sie den Anfang; ich bin zu allem bereit. –
Gelingen die geplanten Actionen, so bleibt die Ztschrft wie sie ist: vielleicht schlag ich mir noch 2 Bogen mehr jährlich heraus, die ich brauche.
Herzlich grüßend & dankend
Ihr treu erg. AS.

Gehen Sie nach Weimar? Dann käme ich vielleicht auch!

L. F. Ihre heutige Karte macht mir herzliche Freude. Es ist eine üble Gelehrtensitte, daß einem niemand ein Urteil schreibt, wenn man ihm das Buch oder den Aufsatz nicht sendet und auch dann oft nicht wenn mans thut. Das Grillparzerjahrbuch ist mit den Abzügen so sparsam wie der Euphorion u. ich mußte die Materialspender bedenken. Um so mehr freut mich Ihre Anerkennung. – Heute sende ich Ihnen das Ergänzungsheft; vielleicht gefällt Ihnen auch diese kleine Untersuchung. – Was Sie über den Mangel der Einheitlichkeit der Ztschrft sagen, ist gewiß wahr. Aber wie ich dem abhelfen soll, ohne in die Einseitigkeit der alten Vierteljahrsschrift zu verfallen, ist mir unklar. Ich will mein möglichstes thun. Zu größeren darstellenden Aufsätzen komme ich freilich sehr bald nicht. Aber andere haben mir solche versprochen u. mit jedem Jahrgang mehr kann ich strenger in der Aufnahme sein. –
Die Sache steht jetzt viel günstiger. Die 160 M. von Berlin aus sind b[eza]hlt u. die Sitmmung bei Koch in Folge dessen u. in Folge mehrerer neuer Abonnenten weit besser. Ich habe nun durch Kelle bei der hiesigen Förderungsgesellschaft eine Action einleiten lassen, die nicht leicht fehlschlagen dürfte, wonach vom heurigen Jahr ganze 30 Exemplare zum Ladenpreis abgenommen u. an deutschböhmische Anstalten vertheilt werden solle[n]. Das kann dann ev. im nächsten Jahr noch einmal geschehen. Ferner will Kelle Kleemann bitten, wenn er zur feierlichen Sitzung geht, daß er mir die Zusage pro 1896 schon jetzt schriftlich giebt. Dann wären wir ja schön draußen. – Koch denkt an einen Aufruf, den wir an alle Interessenten versenden würden, unterzeichnet von Schmidt, [I]hnen, Suphan etc., worin erklärt würde: die Ztschrft sei für die Wiss. nothwendig, könne aber nur durch das Zusammenwirken aller Factoren gehalten werden etc. Eventuell brauchte nicht der schlechte Absatz darin betont zu werden, sondern nur, daß die Ideale nicht erfüllt werden können, wenn nicht regere Theilnahme erzielt wird. Ich habe diesen Wunsch meines Verlegers zunächst Schmidt mitgetheilt u. willigt er ein, etwas ähnliches zu unterschreiben, dann erlasse ich zunächst ein Rundschreiben an Freunde und sonstige hervorragende Berufsgenossen u. fordere diese mit zur Unterschrift auf. – Endlich war Steig im preuß. Ministerium (nach Verabredung mit H. Grimm); ich weiß aber noch nicht, mit welchem Erfolg. – Nach New-York sind vor etlichen Wochen 50 oder 100 Freiexempl[are] des 1. Heftes gegangen, die an die Univer. u. Bibl. versendet werden sollen. Noch hat Koch 2000 Ex. des 1. Hefts, die er jetzt – warum nicht früher? – gern gratis hergäbe. Ich werde ihm rathen, er soll sie an die Gymnasien verschicken. Aber er wird wieder das Porto scheuen.
Was Sie über moderne Lit. sagten, ist richtig. Aber verschaffen Sie mir den Recensenten!! Wollen Sie selbst [Su]dermann recensieren, so machen Sie den Anfang; ich bin zu allem bereit. –
Gelingen die geplanten Actionen, so bleibt die Ztschrft wie sie ist: vielleicht schlag ich mir noch 2 Bogen mehr jährlich heraus, die ich brauche.
Herzlich grüßend & dankend
Ihr treu erg. AS.

Gehen Sie nach Weimar? Dann käme ich vielleicht auch!

Briefdaten

Schreibort:
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur: Autogr. 422/1-296
Umfang: 4 Seite(n)

Status

Rohtranskription, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-8761. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8761/methods/sdef:TEI/get

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