16/2 97.
Smichow 586.
L. F. Ihr liebenswürdiger Brief trägt viel zu meiner Aufrichtung bei. Verlassen Sie mich auch in Zukunft nicht. – Ich weiß nicht, ob Sie aus meinem Brief den Eindruck bekommen haben, daß ich am erbittertsten unter allen gegen Minor bin. Ich habe mich zwar gehütet mich mit ihm zu zertragen; aber ich habe ihm endlich auf s. unaufhörlichen Sch?declamationen nur mehr geschäftliche Antworten gegeben. Und meine Erbitterung gegen ihn wächst in der Folge Ihres Briefes. Weil ich ihm von seinem ‚Amor & Tod‘ keine Fahnencorrectur schicken lassen konnte, bekam er den ganzen Bogen 22 in d. Hand & machte mich auf die Unterlassungssünde in W.s Schrift aufmerksam & verlangte die Redactionsnote. Er schrieb mir dazu einen 4 S[ei]ten langen Brief & fasste dieses Verschweigen s. Namens als einen jener Fälle auf, wie er sie am Schluß seines Artikels gebrandmarkt hat. Auf diesem Wege folgte ich ihm allerdings nicht; aber die Anmerkung selbst meinte ich ihm nicht abschlagen zu können. Nun hat er mich abermals in die Tinte geritten! Ich habe sogleich an Fromme telegra[ph]iert, falls Bogen 22 noch nicht reingedruckt wäre, die Anmerkung wegzulassen. Aber ich fürchte, daß es bereits zu spät ist, weil ich schon gestern Bogen 19 rein bekommen habe. Ist es zu spät, so helfe ich mir durch eine Berichtigung. Am liebsten wäre mir, wenn ich sagen dürfte:
zu S. .... Wukadinović macht mich nachträglich [da]rauf aufmerksam, daß er Minors Aufsatz S. ... in der Anmerkung kurz citirt habe. Eine längere Aueinandersetzung mit diesem Artikel wurde absichtlich vermieden, weil sich der Vf. Minors Resultate nicht aneignen konnte.
Die eigentliche Redaction dieser Berichtigung überlasse ich Ihnen & W. Es wäre mir aber lieb; wenn ich nicht so nackt und kahl die Thatsache eingestehen müßte, daß ich mich geirrt habe & Minor bekäme nachträglich einen kleinen Hieb, den er verdient. Ich habe auch nichts dagegen, wenn W. die Gelegenheit benutzt, um s. Polemik nachträglich an den Mann zu bringen und ich wäre ihm dankbar für die Rettung aus Redactionsnöten. Bitte aber eine rasche Antwort.*
Wegen Frischlin meine ich folgendes. Obwohl ich den Aufsatz gern im Ergänzu[ng]sheft hätte, schon weil das 16. Jh. darin nicht vertreten ist, so ist es doch besser, wir warten so lange bis Loserth definitiv mit den Akten zu Ende ist. Wenn auch möglich ist, daß dann anderes, Älteres, noch Platz hätte. Ich würde Ihnen also in diesem Falle, das Man. noch einmal zurücksenden; verspreche Ihnen aber zugleich, es, wenn ich es wieder bekomme, so zu behandeln, als ob es noch das alte Datum trüge, also sogleich einzureihen. Da ich ohne Briefmittheil. doch auch in Zukunft nicht ganz auskomme u. da alle Ihre Mittheil. zugleich das Material verarbeiten, so [steh]t diesem Ausweg nichts im Wege. Ins Ergänzungsheft käme also blos Ihr großer Wielandartikel & der Brief mit Ihrem Commentar. Die Quellenuntersuchung über die Hymnen, die Sie mir nicht vorenthalten dürfen, und um die ich sehr dringend bitte, kommt in eines der nächsten regulären Hefte. Zum Schluß: Hubers Aufs. über Schlegels Gedicht ist auf dem Wege vom Verleger an mich leider verloren gegangen. Gäbe es keinen Ersatz dafür? Herzlichst Ihr AS.
*[Eventuell, wenn es Ihnen passender erscheint, könnte die Notiz bis zum nächsten Heft warten: ich berichtige lieber später mit W.s, als jetzt ohne ihn.]
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Smichow 586.
L. F. Ihr liebenswürdiger Brief trägt viel zu meiner Aufrichtung bei. Verlassen Sie mich auch in Zukunft nicht. – Ich weiß nicht, ob Sie aus meinem Brief den Eindruck bekommen haben, daß ich am erbittertsten unter allen gegen Minor bin. Ich habe mich zwar gehütet mich mit ihm zu zertragen; aber ich habe ihm endlich auf s. unaufhörlichen Sch?declamationen nur mehr geschäftliche Antworten gegeben. Und meine Erbitterung gegen ihn wächst in der Folge Ihres Briefes. Weil ich ihm von seinem ‚Amor & Tod‘ keine Fahnencorrectur schicken lassen konnte, bekam er den ganzen Bogen 22 in d. Hand & machte mich auf die Unterlassungssünde in W.s Schrift aufmerksam & verlangte die Redactionsnote. Er schrieb mir dazu einen 4 S[ei]ten langen Brief & fasste dieses Verschweigen s. Namens als einen jener Fälle auf, wie er sie am Schluß seines Artikels gebrandmarkt hat. Auf diesem Wege folgte ich ihm allerdings nicht; aber die Anmerkung selbst meinte ich ihm nicht abschlagen zu können. Nun hat er mich abermals in die Tinte geritten! Ich habe sogleich an Fromme telegra[ph]iert, falls Bogen 22 noch nicht reingedruckt wäre, die Anmerkung wegzulassen. Aber ich fürchte, daß es bereits zu spät ist, weil ich schon gestern Bogen 19 rein bekommen habe. Ist es zu spät, so helfe ich mir durch eine Berichtigung. Am liebsten wäre mir, wenn ich sagen dürfte:
zu S. .... Wukadinović macht mich nachträglich [da]rauf aufmerksam, daß er Minors Aufsatz S. ... in der Anmerkung kurz citirt habe. Eine längere Aueinandersetzung mit diesem Artikel wurde absichtlich vermieden, weil sich der Vf. Minors Resultate nicht aneignen konnte.
Die eigentliche Redaction dieser Berichtigung überlasse ich Ihnen & W. Es wäre mir aber lieb; wenn ich nicht so nackt und kahl die Thatsache eingestehen müßte, daß ich mich geirrt habe & Minor bekäme nachträglich einen kleinen Hieb, den er verdient. Ich habe auch nichts dagegen, wenn W. die Gelegenheit benutzt, um s. Polemik nachträglich an den Mann zu bringen und ich wäre ihm dankbar für die Rettung aus Redactionsnöten. Bitte aber eine rasche Antwort.*
Wegen Frischlin meine ich folgendes. Obwohl ich den Aufsatz gern im Ergänzu[ng]sheft hätte, schon weil das 16. Jh. darin nicht vertreten ist, so ist es doch besser, wir warten so lange bis Loserth definitiv mit den Akten zu Ende ist. Wenn auch möglich ist, daß dann anderes, Älteres, noch Platz hätte. Ich würde Ihnen also in diesem Falle, das Man. noch einmal zurücksenden; verspreche Ihnen aber zugleich, es, wenn ich es wieder bekomme, so zu behandeln, als ob es noch das alte Datum trüge, also sogleich einzureihen. Da ich ohne Briefmittheil. doch auch in Zukunft nicht ganz auskomme u. da alle Ihre Mittheil. zugleich das Material verarbeiten, so [steh]t diesem Ausweg nichts im Wege. Ins Ergänzungsheft käme also blos Ihr großer Wielandartikel & der Brief mit Ihrem Commentar. Die Quellenuntersuchung über die Hymnen, die Sie mir nicht vorenthalten dürfen, und um die ich sehr dringend bitte, kommt in eines der nächsten regulären Hefte. Zum Schluß: Hubers Aufs. über Schlegels Gedicht ist auf dem Wege vom Verleger an mich leider verloren gegangen. Gäbe es keinen Ersatz dafür? Herzlichst Ihr AS.
*[Eventuell, wenn es Ihnen passender erscheint, könnte die Notiz bis zum nächsten Heft warten: ich berichtige lieber später mit W.s, als jetzt ohne ihn.]
Schreibort: Prag
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur:
Autogr. 422/1-330
Umfang: 4 Seite(n)
Rohtranskription, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-8832. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8832/methods/sdef:TEI/get
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