Graz 20 X 98
Lieber freund, Da ich katarrharrest habe, darf ich Ihren gütigen brief gleich beantworten.
Ihre schilderung des Goethearchivs entspricht nur allzu genau meiner vorstellung. Und da wirds auch nicht mehr besser werden.
Sittenberger zeigen Sie ja an. Es ist für einen anfänger besser getadelt als verschwiegen zu werden. Ich verstehe das thema nicht entfernt so genau wie Sie. Wissenschaftliche absichten hat er gewiss nicht gehabt. Ich habe auch die auswahl nicht als eine historisch geschlossene betrachtet; er nimmt; was ihm positiv oder negativ liegt, worüber er meint, etwas sagen zu können. Auch dies ist unwissenschaftlich und bewusst so. Mit dem massstab will er nicht gemessen sein.
An der Sandbergerei interessiert mich jetzt: wo ist etwas unlauter? Hartls brief an Wöllflin widerspricht seinen worten gegen Adler. Wer löscht, wer wird gelöscht? ich weiss nicht wem von den dreien Adl., Hartl, Wölffl. zu mistrauen ist. Wenn Sie den namen ruhiger hinter der kehle liessen, ist selbstverständlich, ich hätte es auch so gemacht. Ich bin Ihnen schon dankbar, dass Sie Adler gegenüber ihn nannten.
Zum 200. geburtstag Bodmers wurde in Zürich am 19. Juli 1898 eine ausstellung eröffnet; Handschriften, Drucke, Bilder von Bodmer und seinen freunden. Vetter hielt die eröffnungsrede. Der lesezirkel ???ottingen u. die Stadtbibliothek besorgten die geschäfte. Die ausstellung sollte nur 5 wochen dauern, ich erhielt aber bis heute dahin geliehene drucke nicht zurück. Dr. Hermann Bodmer gehörte zu den führern. Frey liess man bei seite. Es ist auch eine festschrift angekündigt.
Für die fortsetzung des ????? wb. danke ich bestens u. im voraus für das verheissene Euphorionheft.
Vorgestern war Zwierzina da u. amüsierte mich sehr, weil seine Wiener freunde offenbar durch ihn etwas über Ihre absichten betr. Kelles nachfolge erhaschen wollten. Gottvoll fand ich die schlussfolgerung: weil Sie Niejahr mit einem guten epitheton entlassen haben, werden Sie Burdach vorschlagen. Das nenn ich diplomatischen feingeschmack! Ich bitte Sie, mir ja nichts zu schreiben, bevor die sache perfekt ist; ich möchte Zw. – der übrigens nur als ????? der andern ganz harmlos sich benützen lässt - ????? sagen können: ich weiss gar nichts. Was ich Ihnen s.z. über Schönb. schrieb, haben
Sie nicht vergessen.
Mit den besten grüssen
Ihr
treu ergebener
BSeuffert

Graz 20 X 98
Lieber freund, Da ich katarrharrest habe, darf ich Ihren gütigen brief gleich beantworten.
Ihre schilderung des Goethearchivs entspricht nur allzu genau meiner vorstellung. Und da wirds auch nicht mehr besser werden.
Sittenberger zeigen Sie ja an. Es ist für einen anfänger besser getadelt als verschwiegen zu werden. Ich verstehe das thema nicht entfernt so genau wie Sie. Wissenschaftliche absichten hat er gewiss nicht gehabt. Ich habe auch die auswahl nicht als eine historisch geschlossene betrachtet; er nimmt; was ihm positiv oder negativ liegt, worüber er meint, etwas sagen zu können. Auch dies ist unwissenschaftlich und bewusst so. Mit dem massstab will er nicht gemessen sein.
An der Sandbergerei interessiert mich jetzt: wo ist etwas unlauter? Hartls brief an Wöllflin widerspricht seinen worten gegen Adler. Wer löscht, wer wird gelöscht? ich weiss nicht wem von den dreien Adl., Hartl, Wölffl. zu mistrauen ist. Wenn Sie den namen ruhiger hinter der kehle liessen, ist selbstverständlich, ich hätte es auch so gemacht. Ich bin Ihnen schon dankbar, dass Sie Adler gegenüber ihn nannten.
Zum 200. geburtstag Bodmers wurde in Zürich am 19. Juli 1898 eine ausstellung eröffnet; Handschriften, Drucke, Bilder von Bodmer und seinen freunden. Vetter hielt die eröffnungsrede. Der lesezirkel ???ottingen u. die Stadtbibliothek besorgten die geschäfte. Die ausstellung sollte nur 5 wochen dauern, ich erhielt aber bis heute dahin geliehene drucke nicht zurück. Dr. Hermann Bodmer gehörte zu den führern. Frey liess man bei seite. Es ist auch eine festschrift angekündigt.
Für die fortsetzung des ????? wb. danke ich bestens u. im voraus für das verheissene Euphorionheft.
Vorgestern war Zwierzina da u. amüsierte mich sehr, weil seine Wiener freunde offenbar durch ihn etwas über Ihre absichten betr. Kelles nachfolge erhaschen wollten. Gottvoll fand ich die schlussfolgerung: weil Sie Niejahr mit einem guten epitheton entlassen haben, werden Sie Burdach vorschlagen. Das nenn ich diplomatischen feingeschmack! Ich bitte Sie, mir ja nichts zu schreiben, bevor die sache perfekt ist; ich möchte Zw. – der übrigens nur als ????? der andern ganz harmlos sich benützen lässt - ????? sagen können: ich weiss gar nichts. Was ich Ihnen s.z. über Schönb. schrieb, haben
Sie nicht vergessen.
Mit den besten grüssen
Ihr
treu ergebener
BSeuffert

Briefdaten

Schreibort: Graz
Empfangsort: Prag
Archiv: Staatsarchiv Würzburg
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand
Umfang: 4 Seite(n)

Status

Rohtranskription, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-8900. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8900/methods/sdef:TEI/get

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

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