Prag 6/1 02 Fehldatierung Sauers
Smichow 586
Lieber Freund! Das ist ein schö[n]er Schluss meiner Ferien: Ihr Brief mit dem wunderbaren Aufsatz, den ich soeben verschlungen habe. Wie weit sie gekommen, wie tief Sie eingedrungen sind, wie fein Sie analysiert haben! Ich gebe ihn unter keinen Umständen her. Er kommt in Jahrgang X. Ist dieser der letzte, so heb ich ihn mir fürs letzte Heft auf, um in Schönheit zu sterben. Vielen Dank dafür. Obwohl Glossys Meldung, dass 700 fl. in Wien erliegen, nach Frommes heutigem Brief wieder nicht richtig war, so fürchte ich doch, dass man mir den Euphorion zu erhalten trachten wird und mut[hw]illig opfere ich ihn ja gewiss nicht. Betrachten Sie daher meine Mittheilung als streng vertraulich und geben Sie den Anzengruber-Aufsatz nicht aus der Hand, bevor Sie die Todesnachricht nicht schwarz auf weiss erhalten.
Nun muss ich Sie um Verzeihg. bitten. Ich kann mein Wort nicht halten u. Ihnen Fahnen oder Bogen meiner Einleitg in den nächsten Tagen nicht senden. Bei der etwas ruckweisen u. tumultuarischen Art der Entstehg. waren die Fahnen vielfach unfertig u. ich möchte nicht, dass Sie die Einleitg in dieser Form lesen. Die Bogen, soweit sie vorliegen, brauche ich aber zum Citieren. – Ich habe heute Ihren Aufsatz wieder gelesen; wir berühren uns fast gar nicht ausser in der Charakterisitk der Titine, die bei Ihnen reicher ist als bei mir u. der des Fürsten Ligne, die bei mir ausgiebiger ist. Man könnte ja von einem Aufsatz auf den anderen verweisen, aber ich lasse es lieber sein. Habe ich Sie recht verstanden, dass sie das Impr. für ihren Aufsatz bereits gegeben haben, so bitte ich sie jet[zt] ausdrücklich, darauf zu verzichten, dass ihnen die Bogen noch einmal gesandt werden. Man drängt in Weimar auf den Abschluß.
Alfred – könnte zur Noth der Fürst Alfred Windischgätz sein, der die Leonore Schwarzenberg zur Frau hatte; aber sicher ist es nicht; darum unterbleibt d[er] Hinweis besser.
Gurlitt thut mir in die Seele weh. Dass einem dgl. bevorsteht! Sollte ich nächster Tage in der Bibl. über Wukad. etwas erfahren, so schreibe ich Ihnen. Nochmals innigen Dank. Ihr herzlich erg. AS.
Prag 6/1 02 Fehldatierung Sauers
Smichow 586
Lieber Freund! Das ist ein schö[n]er Schluss meiner Ferien: Ihr Brief mit dem wunderbaren Aufsatz, den ich soeben verschlungen habe. Wie weit sie gekommen, wie tief Sie eingedrungen sind, wie fein Sie analysiert haben! Ich gebe ihn unter keinen Umständen her. Er kommt in Jahrgang X. Ist dieser der letzte, so heb ich ihn mir fürs letzte Heft auf, um in Schönheit zu sterben. Vielen Dank dafür. Obwohl Glossys Meldung, dass 700 fl. in Wien erliegen, nach Frommes heutigem Brief wieder nicht richtig war, so fürchte ich doch, dass man mir den Euphorion zu erhalten trachten wird und mut[hw]illig opfere ich ihn ja gewiss nicht. Betrachten Sie daher meine Mittheilung als streng vertraulich und geben Sie den Anzengruber-Aufsatz nicht aus der Hand, bevor Sie die Todesnachricht nicht schwarz auf weiss erhalten.
Nun muss ich Sie um Verzeihg. bitten. Ich kann mein Wort nicht halten u. Ihnen Fahnen oder Bogen meiner Einleitg in den nächsten Tagen nicht senden. Bei der etwas ruckweisen u. tumultuarischen Art der Entstehg. waren die Fahnen vielfach unfertig u. ich möchte nicht, dass Sie die Einleitg in dieser Form lesen. Die Bogen, soweit sie vorliegen, brauche ich aber zum Citieren. – Ich habe heute Ihren Aufsatz wieder gelesen; wir berühren uns fast gar nicht ausser in der Charakterisitk der Titine, die bei Ihnen reicher ist als bei mir u. der des Fürsten Ligne, die bei mir ausgiebiger ist. Man könnte ja von einem Aufsatz auf den anderen verweisen, aber ich lasse es lieber sein. Habe ich Sie recht verstanden, dass sie das Impr. für ihren Aufsatz bereits gegeben haben, so bitte ich sie jet[zt] ausdrücklich, darauf zu verzichten, dass ihnen die Bogen noch einmal gesandt werden. Man drängt in Weimar auf den Abschluß.
Alfred – könnte zur Noth der Fürst Alfred Windischgätz sein, der die Leonore Schwarzenberg zur Frau hatte; aber sicher ist es nicht; darum unterbleibt d[er] Hinweis besser.
Gurlitt thut mir in die Seele weh. Dass einem dgl. bevorsteht! Sollte ich nächster Tage in der Bibl. über Wukad. etwas erfahren, so schreibe ich Ihnen. Nochmals innigen Dank. Ihr herzlich erg. AS.
Schreibort: Prag
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur:
Autogr. 423/1-421
Umfang: 4 Seite(n)
Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-9058 [Druckausgabe Nr. 209]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.9058/methods/sdef:TEI/get
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