Lieber Freund, Marianne Thalmann Wien hat Ihnen ihr neues Buch mit dem m. E. unschönen Titel zugeschickt u. bittet mich, bei Ihnen ein Wort einzulegen, dass die Arbeit im Euphor. besprochen werde. Ich denke, das würde auch so geschehen, da ein Blick darein lehrt, dass es solide Arbeit und eigen stilisiert ist; ich halte bes. die Auffassung ETA Hoffmanns für sehr gelungen. Sie war Schönbachs Liebling u. hat auch bei mir gearbeitet, wodurch ich selbst ihre Sachen nicht besprechen kann. Um eines möchte ich bitten – sie hat mit keiner Silbe daran gerührt – : geben Sie es nicht M. Pirker, der komisch eifersüchtig auf das Frl. ist, weil es sich auch mit ETA H u. s. Zeit beschäftigt; greifbarer als er kommt mir vor. – Bei mir wartet ein Artikel der Tagespost: Grillparzers Liebe, Rath. Altenburger von Baravalle (Lokalforscher) einer Gelegenheit beigelegt zu werden: allein lohnt er das Porto nicht. – Die neue Vjs. bringt einen echten Burdach. Das Programm berührt mich unangenehm; von Philol. über Phil. zu Soziologie: dazu bin ich zu altmodisch, antilamprechtisch; auch wunder ich mich, wie viel uns Alten selbstverständliche Sätze neueste Entdeckungen u. Prägungen sein sollen. Freilich die Finessen der Unterschiede von Psychologie u. Psychoanalyse versteh ich nicht. U. das ewige Geleier von Synthese wird mir unausstehlich: als ob jemals ein vernünf- tiger Mensch Analysen zu etwas anderem als zur sichernden Grundlage für Synthesen gemacht hätte. Schade um das viele Herum- und Danebendenken; lieber Beispiele arbeiten als methodologisieren! Herzlich alles gute! Ihr
BSfft.

2.4.23

Herrn Hofrat
Prof. Dr. August Sauer
Prag Smichow 586

Lieber Freund, Marianne Thalmann Wien hat Ihnen ihr neues Buch mit dem m. E. unschönen Titel zugeschickt u. bittet mich, bei Ihnen ein Wort einzulegen, dass die Arbeit im Euphor. besprochen werde. Ich denke, das würde auch so geschehen, da ein Blick darein lehrt, dass es solide Arbeit und eigen stilisiert ist; ich halte bes. die Auffassung ETA Hoffmanns für sehr gelungen. Sie war Schönbachs Liebling u. hat auch bei mir gearbeitet, wodurch ich selbst ihre Sachen nicht besprechen kann. Um eines möchte ich bitten – sie hat mit keiner Silbe daran gerührt – : geben Sie es nicht M. Pirker, der komisch eifersüchtig auf das Frl. ist, weil es sich auch mit ETA H u. s. Zeit beschäftigt; greifbarer als er kommt mir vor. – Bei mir wartet ein Artikel der Tagespost: Grillparzers Liebe, Rath. Altenburger von Baravalle (Lokalforscher) einer Gelegenheit beigelegt zu werden: allein lohnt er das Porto nicht. – Die neue Vjs. bringt einen echten Burdach. Das Programm berührt mich unangenehm; von Philol. über Phil. zu Soziologie: dazu bin ich zu altmodisch, antilamprechtisch; auch wunder ich mich, wie viel uns Alten selbstverständliche Sätze neueste Entdeckungen u. Prägungen sein sollen. Freilich die Finessen der Unterschiede von Psychologie u. Psychoanalyse versteh ich nicht. U. das ewige Geleier von Synthese wird mir unausstehlich: als ob jemals ein vernünf- tiger Mensch Analysen zu etwas anderem als zur sichernden Grundlage für Synthesen gemacht hätte. Schade um das viele Herum- und Danebendenken; lieber Beispiele arbeiten als methodologisieren! Herzlich alles gute! Ihr
BSfft.

2.4.23

Herrn Hofrat
Prof. Dr. August Sauer
Prag Smichow 586

Briefdaten

Schreibort: Graz
Empfangsort: Prag
Archiv: Staatsarchiv Würzburg
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand
Umfang: Postkarte

Status

Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-9392 [Druckausgabe Nr. 286]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.9392/methods/sdef:TEI/get

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

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