63
Objektive Hauptdaten
26.6. Weltpolitische Spannung entlädt sich im Korea -Krieg, aus dem
man besondere Grausamkeiten hört und der zeitweise zum Dritten Weltkrieg
zu werden droht.
KG
15.6. Lehne Couplet-Aktualisierung ab. (Niki schlug Seitenhiebe gegen
Kommunismus und gegen moderne Kunst vor, ich bekenne mich gegen solches Sticheln
und gegen das Aktualisieren überhaupt.)
Sonst kein Kontakt.
Religion
Gehe noch zur Kirche, unlustvoll, unkatholisch, aber an den Sinn des
Kirchgangs glaubend. Freigeistige Gedanken gegen Predig t-Äußerungen und
Zeremoniell. Die christlichen Kräfte in der Politik feinde ich an.
Polakovics , der - im Gegensatz zu mir - in der Bildwelt des naiven
Katholizismus befangen ist und gegen die Ordnungen ebendieser Welt
in Luzifergefühl rebelliert, setze ich in der ersten Zeit oppositions-
lustig meine Kirchentreue entgegen.
Studium
Nach minimalem Lernen endlich am 19.1. die Abschlußprüfung des
Quantitativen Labors bestanden; am 24.1. mühelos die Aufnahmeprüfung
ins Organische, am 1.3. leidlich gut das gefürchtete Kolloquimu m aus
Physikalischer Chemie.
1.3.-11.5. Beginn Oo rganischen Praktikums: in Kabinett mit wenigen
Kollegen Sonderpraktikum über Halbmikroanalyse. Ruhiger Chef, reibungs-
loser Verlauf der Übungen und Prüfungen.
17.5. Beginn Oo rganischen Hauptpraktikums. Freundlicher Anfang.
Das Studiumproblem ist wegen des klaglosen und interessanteren Arbeitens
verblichen. Aber ich vernachlässige das Lernen und sogar das Praktikum
zugunsten des literarischen Betriebs.
Den ganzen Feber , die erste Aprilhälfte und die Wochen ab 29.6. :
Ferien.
Politik
Mein neuer Freundeskreis ist "fortschrittlich" gesinnt: pazifistisch,
demokratisch, individualistisch, skeptisch gegen alles Erwachsene und
alles was regiert, provokationsbereit, spießer- und phrasenhassend.
(Am wenigsten engagiert in seinen Dci chtungen ist Artmann .) Literari sches
Revoluzzertum wird gern
von uns in politisches umempfunden, besonders
wenn rechtsgerichtete Kreise uns angreifen.
In diese Atmosphäre passe ich gut. Besonders Kriegsangst und -haß
bringen mich zu leidenschaftlichen Gedichten.
Der Kommunismus ist uns etwas entlegen. Eisenreich hat seine linkeste
Zeit hinter sich, Polakovics hat sie vor sich; den anderen ists noch mehr
egal. Ich gebärde mich als der Meistkommunistische von allen: etwa spreche
ich, wenn ich schnell ausschreitend mit Freunden gehe, gern den "Linken
Marsch" von Majakowski . In den allgemeinen Spießer- und Volksparteihaß
lasse ich meinen besonderen Proletarismus einschießen.
Zugleich aber grüble ich über die Fehler des Kommunismus: Terror,
metaphysische Doktrin, Einmischung in alle Sphären; uns junge Autoren
stoßen die Kommunisten (erstmals im Mai?) wegen "Unverständlichkeit" und
"Pessimismus" zurück. Mein Grübeln umfasst die Gefahren der Politik
überhaupt und hla t in den letzten Tagen des Zeitraumes den quälenden
Charakter, den dieser Tagedamals alle Grübeleien für mich haben.
26.6. Weltpolitische Spannung entlädt sich im Korea-Krieg, aus dem man besondere Grausamkeiten hört und der zeitweise zum Dritten Weltkrieg zu werden droht.
KG15.6. Lehne Couplet-Aktualisierung ab. (Niki schlug Seitenhiebe gegen Kommunismus und gegen moderne Kunst vor, ich bekenne mich gegen solches Sticheln und gegen das Aktualisieren überhaupt.)
Sonst kein Kontakt.
ReligionGehe noch zur Kirche, unlustvoll, unkatholisch, aber an den Sinn des Kirchgangs glaubend. Freigeistige Gedanken gegen Predigt-Äußerungen und Zeremoniell. Die christlichen Kräfte in der Politik feinde ich an. Polakovics, der - im Gegensatz zu mir - in der Bildwelt des naiven Katholizismus befangen ist und gegen die Ordnungen ebendieser Welt in Luzifergefühl rebelliert, setze ich in der ersten Zeit oppositionslustig meine Kirchentreue entgegen.
StudiumNach minimalem Lernen endlich am 19.1. die Abschlußprüfung des Quantitativen Labors bestanden; am 24.1. mühelos die Aufnahmeprüfung ins Organische, am 1.3. leidlich gut das gefürchtete Kolloquium aus Physikalischer Chemie.
1.3.-11.5. Beginn organischen Praktikums: in Kabinett mit wenigen Kollegen Sonderpraktikum über Halbmikroanalyse. Ruhiger Chef, reibungsloser Verlauf der Übungen und Prüfungen.
17.5. Beginn organischen Hauptpraktikums. Freundlich.
Das Studiumproblem ist wegen des klaglosen und interessanteren Arbeitens verblichen. Aber ich vernachlässige das Lernen und sogar das Praktikum zugunsten des literarischen Betriebs.
Den ganzen Feber, die erste Aprilhälfte und die Wochen ab 29.6.: Ferien.
PolitikMein neuer Freundeskreis ist "fortschrittlich" gesinnt: pazifistisch, demokratisch, individualistisch, skeptisch gegen alles Erwachsene und alles was regiert, provokationsbereit, spießer- und phrasenhassend. (Am wenigsten engagiert in seinen Dichtungen ist Artmann.) Literarisches Revoluzzertum wird gern von uns in politisches umempfunden, besonders wenn rechtsgerichtete Kreise uns angreifen.
In diese Atmosphäre passe ich gut. Besonders Kriegsangst und -haß bringen mich zu leidenschaftlichen Gedichten.
Der Kommunismus ist uns etwas entlegen. Eisenreich hat seine linkeste Zeit hinter sich, Polakovics hat sie vor sich; den anderen ists noch mehr egal. Ich gebärde mich als der Meistkommunistische von allen: etwa spreche ich, wenn ich schnell ausschreitend mit Freunden gehe, gern den "Linken Marsch" von Majakowski. In den allgemeinen Spießer- und Volksparteihaß lasse ich meinen besonderen Proletarismus einschießen.
Zugleich aber grüble ich über die Fehler des Kommunismus: Terror, metaphysische Doktrin, Einmischung in alle Sphären; uns junge Autoren stoßen die Kommunisten (erstmals im Mai?) wegen "Unverständlichkeit" und "Pessimismus" zurück. Mein Grübeln umfasst die Gefahren der Politik überhaupt und hat in den letzten Tagen des Zeitraumes den quälenden Charakter, den damals alle Grübeleien für mich haben.
26.6. Weltpolitische Spannung entlädt sich im Korea-Krieg, aus dem
man besondere Grausamkeiten hört und der zeitweise zum Dritten Weltkrieg
zu werden droht.
15.6. Lehne Couplet-Aktualisierung ab. (Niki schlug Seitenhiebe gegen
Kommunismus und gegen moderne Kunst vor, ich bekenne mich gegen solches Sticheln
und gegen das Aktualisieren überhaupt.)
Sonst kein Kontakt.
ReligionGehe noch zur Kirche, unlustvoll, unkatholisch, aber an den Sinn des
Kirchgangs glaubend. Freigeistige Gedanken gegen Predigt-Äußerungen und
Zeremoniell. Die christlichen Kräfte in der Politik feinde ich an.
Polakovics, der - im Gegensatz zu mir - in der Bildwelt des naiven
Katholizismus befangen ist und gegen die Ordnungen ebendieser Welt
in Luzifergefühl rebelliert, setze ich in der ersten Zeit oppositions-
lustig meine Kirchentreue entgegen.
Nach minimalem Lernen endlich am 19.1. die Abschlußprüfung des
Quantitativen Labors bestanden; am 24.1. mühelos die Aufnahmeprüfung
ins Organische, am 1.3. leidlich gut das gefürchtete Kolloquimum aus
Physikalischer Chemie.
1.3.-11.5. Beginn Oorganischen Praktikums: in Kabinett mit wenigen
Kollegen Sonderpraktikum über Halbmikroanalyse. Ruhiger Chef, reibungs-
loser Verlauf der Übungen und Prüfungen.
17.5. Beginn Oorganischen Hauptpraktikums. Freundlicher Anfang.
Das Studiumproblem ist wegen des klaglosen und interessanteren Arbeitens
verblichen. Aber ich vernachlässige das Lernen und sogar das Praktikum
zugunsten des literarischen Betriebs.
Den ganzen Feber, die erste Aprilhälfte und die Wochen ab 29.6.:
Ferien.
Mein neuer Freundeskreis ist "fortschrittlich" gesinnt: pazifistisch,
demokratisch, individualistisch, skeptisch gegen alles Erwachsene und
alles was regiert, provokationsbereit, spießer- und phrasenhassend.
(Am wenigsten engagiert in seinen Dcichtungen ist Artmann.) Literarisches
Revoluzzertum wird gern
von uns in politisches umempfunden, besonders
wenn rechtsgerichtete Kreise uns angreifen.
In diese Atmosphäre passe ich gut. Besonders Kriegsangst und -haß
bringen mich zu leidenschaftlichen Gedichten.
Der Kommunismus ist uns etwas entlegen. Eisenreich hat seine linkeste
Zeit hinter sich, Polakovics hat sie vor sich; den anderen ists noch mehr
egal. Ich gebärde mich als der Meistkommunistische von allen: etwa spreche
ich, wenn ich schnell ausschreitend mit Freunden gehe, gern den "Linken
Marsch" von Majakowski. In den allgemeinen Spießer- und Volksparteihaß
lasse ich meinen besonderen Proletarismus einschießen.
Zugleich aber grüble ich über die Fehler des Kommunismus: Terror,
metaphysische Doktrin, Einmischung in alle Sphären; uns junge Autoren
stoßen die Kommunisten (erstmals im Mai?) wegen "Unverständlichkeit" und
"Pessimismus" zurück. Mein Grübeln umfasst die Gefahren der Politik
überhaupt und hlat in den letzten Tagen des Zeitraumes den quälenden
Charakter, den dieser Tagedamals alle Grübeleien für mich haben.
63
Objektive Hauptdaten
26.6. Weltpolitische Spannung entlädt sich im Korea -Krieg, aus dem
man besondere Grausamkeiten hört und der zeitweise zum Dritten Weltkrieg
zu werden droht.
KG
15.6. Lehne Couplet-Aktualisierung ab. (Niki schlug Seitenhiebe gegen
Kommunismus und gegen moderne Kunst vor, ich bekenne mich gegen solches Sticheln
und gegen das Aktualisieren überhaupt.)
Sonst kein Kontakt.
Religion
Gehe noch zur Kirche, unlustvoll, unkatholisch, aber an den Sinn des
Kirchgangs glaubend. Freigeistige Gedanken gegen Predig t-Äußerungen und
Zeremoniell. Die christlichen Kräfte in der Politik feinde ich an.
Polakovics , der - im Gegensatz zu mir - in der Bildwelt des naiven
Katholizismus befangen ist und gegen die Ordnungen ebendieser Welt
in Luzifergefühl rebelliert, setze ich in der ersten Zeit oppositions-
lustig meine Kirchentreue entgegen.
Studium
Nach minimalem Lernen endlich am 19.1. die Abschlußprüfung des
Quantitativen Labors bestanden; am 24.1. mühelos die Aufnahmeprüfung
ins Organische, am 1.3. leidlich gut das gefürchtete Kolloquimu m aus
Physikalischer Chemie.
1.3.-11.5. Beginn Oo rganischen Praktikums: in Kabinett mit wenigen
Kollegen Sonderpraktikum über Halbmikroanalyse. Ruhiger Chef, reibungs-
loser Verlauf der Übungen und Prüfungen.
17.5. Beginn Oo rganischen Hauptpraktikums. Freundlicher Anfang.
Das Studiumproblem ist wegen des klaglosen und interessanteren Arbeitens
verblichen. Aber ich vernachlässige das Lernen und sogar das Praktikum
zugunsten des literarischen Betriebs.
Den ganzen Feber , die erste Aprilhälfte und die Wochen ab 29.6. :
Ferien.
Politik
Mein neuer Freundeskreis ist "fortschrittlich" gesinnt: pazifistisch,
demokratisch, individualistisch, skeptisch gegen alles Erwachsene und
alles was regiert, provokationsbereit, spießer- und phrasenhassend.
(Am wenigsten engagiert in seinen Dci chtungen ist Artmann .) Literari sches
Revoluzzertum wird gern
von uns in politisches umempfunden, besonders
wenn rechtsgerichtete Kreise uns angreifen.
In diese Atmosphäre passe ich gut. Besonders Kriegsangst und -haß
bringen mich zu leidenschaftlichen Gedichten.
Der Kommunismus ist uns etwas entlegen. Eisenreich hat seine linkeste
Zeit hinter sich, Polakovics hat sie vor sich; den anderen ists noch mehr
egal. Ich gebärde mich als der Meistkommunistische von allen: etwa spreche
ich, wenn ich schnell ausschreitend mit Freunden gehe, gern den "Linken
Marsch" von Majakowski . In den allgemeinen Spießer- und Volksparteihaß
lasse ich meinen besonderen Proletarismus einschießen.
Zugleich aber grüble ich über die Fehler des Kommunismus: Terror,
metaphysische Doktrin, Einmischung in alle Sphären; uns junge Autoren
stoßen die Kommunisten (erstmals im Mai?) wegen "Unverständlichkeit" und
"Pessimismus" zurück. Mein Grübeln umfasst die Gefahren der Politik
überhaupt und hla t in den letzten Tagen des Zeitraumes den quälenden
Charakter, den dieser Tagedamals alle Grübeleien für mich haben.
26.6. Weltpolitische Spannung entlädt sich im Korea-Krieg, aus dem man besondere Grausamkeiten hört und der zeitweise zum Dritten Weltkrieg zu werden droht.
KG15.6. Lehne Couplet-Aktualisierung ab. (Niki schlug Seitenhiebe gegen Kommunismus und gegen moderne Kunst vor, ich bekenne mich gegen solches Sticheln und gegen das Aktualisieren überhaupt.)
Sonst kein Kontakt.
ReligionGehe noch zur Kirche, unlustvoll, unkatholisch, aber an den Sinn des Kirchgangs glaubend. Freigeistige Gedanken gegen Predigt-Äußerungen und Zeremoniell. Die christlichen Kräfte in der Politik feinde ich an. Polakovics, der - im Gegensatz zu mir - in der Bildwelt des naiven Katholizismus befangen ist und gegen die Ordnungen ebendieser Welt in Luzifergefühl rebelliert, setze ich in der ersten Zeit oppositionslustig meine Kirchentreue entgegen.
StudiumNach minimalem Lernen endlich am 19.1. die Abschlußprüfung des Quantitativen Labors bestanden; am 24.1. mühelos die Aufnahmeprüfung ins Organische, am 1.3. leidlich gut das gefürchtete Kolloquium aus Physikalischer Chemie.
1.3.-11.5. Beginn organischen Praktikums: in Kabinett mit wenigen Kollegen Sonderpraktikum über Halbmikroanalyse. Ruhiger Chef, reibungsloser Verlauf der Übungen und Prüfungen.
17.5. Beginn organischen Hauptpraktikums. Freundlich.
Das Studiumproblem ist wegen des klaglosen und interessanteren Arbeitens verblichen. Aber ich vernachlässige das Lernen und sogar das Praktikum zugunsten des literarischen Betriebs.
Den ganzen Feber, die erste Aprilhälfte und die Wochen ab 29.6.: Ferien.
PolitikMein neuer Freundeskreis ist "fortschrittlich" gesinnt: pazifistisch, demokratisch, individualistisch, skeptisch gegen alles Erwachsene und alles was regiert, provokationsbereit, spießer- und phrasenhassend. (Am wenigsten engagiert in seinen Dichtungen ist Artmann.) Literarisches Revoluzzertum wird gern von uns in politisches umempfunden, besonders wenn rechtsgerichtete Kreise uns angreifen.
In diese Atmosphäre passe ich gut. Besonders Kriegsangst und -haß bringen mich zu leidenschaftlichen Gedichten.
Der Kommunismus ist uns etwas entlegen. Eisenreich hat seine linkeste Zeit hinter sich, Polakovics hat sie vor sich; den anderen ists noch mehr egal. Ich gebärde mich als der Meistkommunistische von allen: etwa spreche ich, wenn ich schnell ausschreitend mit Freunden gehe, gern den "Linken Marsch" von Majakowski. In den allgemeinen Spießer- und Volksparteihaß lasse ich meinen besonderen Proletarismus einschießen.
Zugleich aber grüble ich über die Fehler des Kommunismus: Terror, metaphysische Doktrin, Einmischung in alle Sphären; uns junge Autoren stoßen die Kommunisten (erstmals im Mai?) wegen "Unverständlichkeit" und "Pessimismus" zurück. Mein Grübeln umfasst die Gefahren der Politik überhaupt und hat in den letzten Tagen des Zeitraumes den quälenden Charakter, den damals alle Grübeleien für mich haben.
26.6. Weltpolitische Spannung entlädt sich im Korea-Krieg, aus dem
man besondere Grausamkeiten hört und der zeitweise zum Dritten Weltkrieg
zu werden droht.
15.6. Lehne Couplet-Aktualisierung ab. (Niki schlug Seitenhiebe gegen
Kommunismus und gegen moderne Kunst vor, ich bekenne mich gegen solches Sticheln
und gegen das Aktualisieren überhaupt.)
Sonst kein Kontakt.
ReligionGehe noch zur Kirche, unlustvoll, unkatholisch, aber an den Sinn des
Kirchgangs glaubend. Freigeistige Gedanken gegen Predigt-Äußerungen und
Zeremoniell. Die christlichen Kräfte in der Politik feinde ich an.
Polakovics, der - im Gegensatz zu mir - in der Bildwelt des naiven
Katholizismus befangen ist und gegen die Ordnungen ebendieser Welt
in Luzifergefühl rebelliert, setze ich in der ersten Zeit oppositions-
lustig meine Kirchentreue entgegen.
Nach minimalem Lernen endlich am 19.1. die Abschlußprüfung des
Quantitativen Labors bestanden; am 24.1. mühelos die Aufnahmeprüfung
ins Organische, am 1.3. leidlich gut das gefürchtete Kolloquimum aus
Physikalischer Chemie.
1.3.-11.5. Beginn Oorganischen Praktikums: in Kabinett mit wenigen
Kollegen Sonderpraktikum über Halbmikroanalyse. Ruhiger Chef, reibungs-
loser Verlauf der Übungen und Prüfungen.
17.5. Beginn Oorganischen Hauptpraktikums. Freundlicher Anfang.
Das Studiumproblem ist wegen des klaglosen und interessanteren Arbeitens
verblichen. Aber ich vernachlässige das Lernen und sogar das Praktikum
zugunsten des literarischen Betriebs.
Den ganzen Feber, die erste Aprilhälfte und die Wochen ab 29.6.:
Ferien.
Mein neuer Freundeskreis ist "fortschrittlich" gesinnt: pazifistisch,
demokratisch, individualistisch, skeptisch gegen alles Erwachsene und
alles was regiert, provokationsbereit, spießer- und phrasenhassend.
(Am wenigsten engagiert in seinen Dcichtungen ist Artmann.) Literarisches
Revoluzzertum wird gern
von uns in politisches umempfunden, besonders
wenn rechtsgerichtete Kreise uns angreifen.
In diese Atmosphäre passe ich gut. Besonders Kriegsangst und -haß
bringen mich zu leidenschaftlichen Gedichten.
Der Kommunismus ist uns etwas entlegen. Eisenreich hat seine linkeste
Zeit hinter sich, Polakovics hat sie vor sich; den anderen ists noch mehr
egal. Ich gebärde mich als der Meistkommunistische von allen: etwa spreche
ich, wenn ich schnell ausschreitend mit Freunden gehe, gern den "Linken
Marsch" von Majakowski. In den allgemeinen Spießer- und Volksparteihaß
lasse ich meinen besonderen Proletarismus einschießen.
Zugleich aber grüble ich über die Fehler des Kommunismus: Terror,
metaphysische Doktrin, Einmischung in alle Sphären; uns junge Autoren
stoßen die Kommunisten (erstmals im Mai?) wegen "Unverständlichkeit" und
"Pessimismus" zurück. Mein Grübeln umfasst die Gefahren der Politik
überhaupt und hlat in den letzten Tagen des Zeitraumes den quälenden
Charakter, den dieser Tagedamals alle Grübeleien für mich haben.
Okopenko, Andreas:
Autobiografische Fragmente.
Digitale Edition, hrsg. von Roland
Innerhofer, Bernhard Fetz, Christian Zolles, Laura Tezarek, Arno
Herberth, Desiree Hebenstreit, Holger Englerth, Österreichische
Nationalbibliothek und Universität Wien. Wien: Version 2.0,
21.11.2019. URL:
https://edition.onb.ac.at/
Ältere Versionen: siehe Archiv
Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.
LinksJegliche Nutzung der Digitalisate muss mit dem Rechtsnachfolger von Andreas Okopenko, August Bisinger, individuell abgeklärt werden.