Donnerstag, 24. Juli, fuhr ich um dreiviertel sechs Uhr abends auf der Strassenbahn vom Büro nach Hause.

Wie gewöhnlich, sah ich bei jedem Zeitungstand der einzelnen Stationen nach den Zeitungstiteln, da ich die Nummer 10 der "Stimme der Mitte" suchte, jener Zeitung, die auf Hans Weigel schimpft.

Ein Mädchen fuhr in meinem Waggon, die sehr schlecht aussah. In ihrer Nähe aber sass eine jüngere Frau, die in den "Salzburger Nachrichten" las und die ein Gesicht mit ausge-glichenen Zügen hatte. Ich dachte mir, es ist schön, wenn eine Frau in diesen Jahren so aussieht. Ich verfloolgte weiter die Hypothese, ich sei ein Mann vom Film, der improvisierter Weise alles dreht, was ihn beeindruckt, und ich würde die Frau zu diesem Zweck ansprechen. Das würde sie möglicherweise übel nehmen. Nicht alle wollen gefilmt werden. Ich dachte: Ich kann sie ja äusserlich ein bisschen verändern, mit ein bisschen Maske und verändertem Mund und anderer Haartracht. Den vorangegangenen Gedanken hatte ich abgelehnt. Er hatte so gelautet: Ich kann sie schliesslich photographieren und nachträglich jemand anderen, der ihr ähnlich sieht, zu meinem Film heranziehen; jemand, der eher bereit ist zu drehen, als sie. Diesen Gedanken aber lehnte ich aus dem Grunde ab, wonach nicht die Aeusserlichkeit das Wichtigste an diesem Gefallen ist, sondern die Substanz, die sich im Aeusseren ausdrückt. Die würde im ersten Moment vielleicht, für mich, noch dasein, weil ich an die "Richtige" denken würde, dann aber zerflattern: der Ersatz würde den originalen Eindruck nicht länger bewahren können als meine Erinnerung das könnte. /Nachträgliche Variation: Meine Erinnerung wird ihn unter Umständen bewahren können, jetzt wenigstens, wo ich ihn ziemlich deutlich niedergeschrieben habe./

Sie würde sich also das Photographieren nicht gefallen lassen. Einige Verwandte würden sie, auch wenn sie von mir verändert werden würde, erkennen. Aber ich stelle mir vor, dass ich, gewandt, /als Filmmann, wie auf Karikaturen zu sehen/ sie überrede: "Sie dürfen wegen einiger Leute nicht DEM PUBLIKUM fehlen", oder "DER MENSCHHEIT", ich weiss nicht genau, wie ich sagen würde. Dann würde sie es vielleicht, etwas verwirrt über meine Exaltiertheit, zulassen.

Nicht aber ihr Mann: Der sass, wie ich jetzt erst bemerkte, neben ihr und las die Wochenausgabe der "Presse". Ich bemerkte, dass die beiden zusammengehörten, da sie ihm ihre Zeitung hinschob, was er aber abwies, worauf sie /sehr viel wissend .../ lächelte und weiterlas. Jetzt erst bemerkte ich Details wie ihre doch verbrauchte Gesichtshaut, mehrere Impfnarben auf ihrem Oberarm, Nagellack an den Fingern. Ich glaube, es liegt ganz an den Stimmungen oder der Gruppierung der Gegebenheiten, ob ein Gesicht, ob ein Mensch gefällt. Man müsste /sagt die Stimme in einem/ immer so leben, dass alles in der Umgebung schön ist.

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Donnerstag, 24. Juli, fuhr ich um dreiviertel sechs Uhr abends auf der Strassenbahn vom Büro nach Hause.

Wie gewöhnlich, sah ich bei jedem Zeitungstand der einzelnen Stationen nach den Zeitungstiteln, da ich die Nummer 10 der "Stimme der Mitte" suchte, jener Zeitung, die auf Hans Weigel schimpft.

Ein Mädchen fuhr in meinem Waggon, die sehr schlecht aussah. In ihrer Nähe aber sass eine jüngere Frau, die in den "Salzburger Nachrichten" las und die ein Gesicht mit ausgeglichenen Zügen hatte. Ich dachte mir, es ist schön, wenn eine Frau in diesen Jahren so aussieht. Ich verfolgte weiter die Hypothese, ich sei ein Mann vom Film, der improvisierter Weise alles dreht, was ihn beeindruckt, und ich würde die Frau zu diesem Zweck ansprechen. Das würde sie möglicherweise übel nehmen. Nicht alle wollen gefilmt werden. Ich dachte: Ich kann sie ja äusserlich ein bisschen verändern, mit ein bisschen Maske und verändertem Mund und anderer Haartracht. Den vorangegangenen Gedanken hatte ich abgelehnt. Er hatte so gelautet: Ich kann sie schliesslich photographieren und nachträglich jemand anderen, der ihr ähnlich sieht, zu meinem Film heranziehen; jemand, der eher bereit ist zu drehen, als sie. Diesen Gedanken aber lehnte ich aus dem Grunde ab, wonach nicht die Aeusserlichkeit das Wichtigste an diesem Gefallen ist, sondern die Substanz, die sich im Aeusseren ausdrückt. Die würde im ersten Moment vielleicht, für mich, noch dasein, weil ich an die "Richtige" denken würde, dann aber zerflattern: der Ersatz würde den originalen Eindruck nicht länger bewahren können als meine Erinnerung das könnte. /Nachträgliche Variation: Meine Erinnerung wird ihn unter Umständen bewahren können, jetzt wenigstens, wo ich ihn ziemlich deutlich niedergeschrieben habe./

Sie würde sich also das Photographieren nicht gefallen lassen. Einige Verwandte würden sie, auch wenn sie von mir verändert werden würde, erkennen. Aber ich stelle mir vor, dass ich, gewandt, /als Filmmann, wie auf Karikaturen zu sehen/ sie überrede: "Sie dürfen wegen einiger Leute nicht DEM PUBLIKUM fehlen", oder "DER MENSCHHEIT", ich weiss nicht genau, wie ich sagen würde. Dann würde sie es vielleicht, etwas verwirrt über meine Exaltiertheit, zulassen.

Nicht aber ihr Mann: Der sass, wie ich jetzt erst bemerkte, neben ihr und las die Wochenausgabe der "Presse". Ich bemerkte, dass die beiden zusammengehörten, da sie ihm ihre Zeitung hinschob, was er aber abwies, worauf sie /sehr viel wissend .../ lächelte und weiterlas. Jetzt erst bemerkte ich Details wie ihre doch verbrauchte Gesichtshaut, mehrere Impfnarben auf ihrem Oberarm, Nagellack an den Fingern. Ich glaube, es liegt ganz an den Stimmungen oder der Gruppierung der Gegebenheiten, ob ein Gesicht, ob ein Mensch gefällt. Man müsste /sagt die Stimme in einem/ immer so leben, dass alles in der Umgebung schön ist.

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Donnerstag, 24. Juli, fuhr ich um dreiviertel sechs Uhr
abends auf der Strassenbahn vom Büro nach Hause.

Wie gewöhnlich, sah ich bei jedem Zeitungstand der einzelnen
Stationen nach den Zeitungstiteln, da ich die Nummer 10
der "Stimme der Mitte" suchte, jener Zeitung, die auf Hans
Weigel
schimpft.

Ein Mädchen fuhr in meinem Waggon, die sehr schlecht aussah.
In ihrer Nähe aber sass eine jüngere Frau, die in den
"Salzburger Nachrichten" las und die ein Gesicht mit ausge-
glichenen Zügen hatte. Ich dachte mir, es ist schön, wenn
eine Frau in diesen Jahren so aussieht. Ich verfloolgte weiter
die Hypothese, ich sei ein Mann vom Film, der improvisierter
Weise alles dreht, was ihn beeindruckt, und ich würde die Frau
zu diesem Zweck ansprechen. Das würde sie möglicherweise
übel nehmen. Nicht alle wollen gefilmt werden. Ich dachte:
Ich kann sie ja äusserlich ein bisschen verändern, mit ein
bisschen Maske und verändertem Mund und anderer Haartracht.
Den vorangegangenen Gedanken hatte ich abgelehnt. Er hatte
so gelautet: Ich kann sie schliesslich photographieren und
nachträglich jemand anderen, der ihr ähnlich sieht, zu meinem
Film heranziehen; jemand, der eher bereit ist zu drehen, als
sie. Diesen Gedanken aber lehnte ich aus dem Grunde ab,
wonach nicht die Aeusserlichkeit das Wichtigste an diesem
Gefallen ist, sondern die Substanz, die sich im Aeusseren
ausdrückt. Die würde im ersten Moment vielleicht, für mich,
noch dasein, weil ich an die "Richtige" denken würde, dann
aber zerflattern: der      Ersatz würde den originalen Eindruck
nicht länger bewahren können als meine Erinnerung das könnte.
/Nachträgliche Variation: Meine Erinnerung wird ihn unter
Umständen bewahren können, jetzt wenigstens, wo ich ihn ziemlich
deutlich niedergeschrieben habe./

Sie würde sich also das Photographieren nicht gefallen lassen.
Einige Verwandte würden sie, auch wenn sie von mir verändert
werden würde, erkennen. Aber ich stelle mir vor, dass ich,
gewandt, /als Filmmann, wie auf Karikaturen zu sehen/ sie
überrede: "Sie dürfen wegen einiger Leute nicht DEM PUBLIKUM
fehlen", oder "DER MENSCHHEIT", ich weiss nicht genau, wie ich
sagen würde. Dann würde sie es vielleicht, etwas verwirrt über
meine Exaltiertheit, zulassen.

Nicht aber ihr Mann: Der sass, wie ich jetzt erst bemerkte,
neben ihr und las die Wochenausgabe der "Presse". Ich bemerkte,
dass die beiden zusammengehörten, da sie ihm ihre Zeitung
hinschob, was er aber abwies, worauf sie /sehr viel wissend .../
lächelte und weiterlas. Jetzt erst bemerkte ich Details wie ihre
doch verbrauchte Gesichtshaut, mehrere Impfnarben auf ihrem
Oberarm, Nagellack an den Fingern. Ich glaube, es liegt ganz
an den Stimmungen oder der Gruppierung der Gegebenheiten,
ob ein Gesicht, ob ein Mensch gefällt. Man müsste /sagt die
Stimme in einem/ immer so leben, dass alles in der Umgebung
schön ist.

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Legende
ABC: Streichung ABC: Hinzufügung;ABC: SperrsatzABC: Okopenko HandschriftABC: Okopenko MaschinenschriftABC: Text gedruckt[n]: Stellenkommentar

              

Donnerstag, 24. Juli, fuhr ich um dreiviertel sechs Uhr abends auf der Strassenbahn vom Büro nach Hause.

Wie gewöhnlich, sah ich bei jedem Zeitungstand der einzelnen Stationen nach den Zeitungstiteln, da ich die Nummer 10 der "Stimme der Mitte" suchte, jener Zeitung, die auf Hans Weigel schimpft.

Ein Mädchen fuhr in meinem Waggon, die sehr schlecht aussah. In ihrer Nähe aber sass eine jüngere Frau, die in den "Salzburger Nachrichten" las und die ein Gesicht mit ausge-glichenen Zügen hatte. Ich dachte mir, es ist schön, wenn eine Frau in diesen Jahren so aussieht. Ich verfloolgte weiter die Hypothese, ich sei ein Mann vom Film, der improvisierter Weise alles dreht, was ihn beeindruckt, und ich würde die Frau zu diesem Zweck ansprechen. Das würde sie möglicherweise übel nehmen. Nicht alle wollen gefilmt werden. Ich dachte: Ich kann sie ja äusserlich ein bisschen verändern, mit ein bisschen Maske und verändertem Mund und anderer Haartracht. Den vorangegangenen Gedanken hatte ich abgelehnt. Er hatte so gelautet: Ich kann sie schliesslich photographieren und nachträglich jemand anderen, der ihr ähnlich sieht, zu meinem Film heranziehen; jemand, der eher bereit ist zu drehen, als sie. Diesen Gedanken aber lehnte ich aus dem Grunde ab, wonach nicht die Aeusserlichkeit das Wichtigste an diesem Gefallen ist, sondern die Substanz, die sich im Aeusseren ausdrückt. Die würde im ersten Moment vielleicht, für mich, noch dasein, weil ich an die "Richtige" denken würde, dann aber zerflattern: der Ersatz würde den originalen Eindruck nicht länger bewahren können als meine Erinnerung das könnte. /Nachträgliche Variation: Meine Erinnerung wird ihn unter Umständen bewahren können, jetzt wenigstens, wo ich ihn ziemlich deutlich niedergeschrieben habe./

Sie würde sich also das Photographieren nicht gefallen lassen. Einige Verwandte würden sie, auch wenn sie von mir verändert werden würde, erkennen. Aber ich stelle mir vor, dass ich, gewandt, /als Filmmann, wie auf Karikaturen zu sehen/ sie überrede: "Sie dürfen wegen einiger Leute nicht DEM PUBLIKUM fehlen", oder "DER MENSCHHEIT", ich weiss nicht genau, wie ich sagen würde. Dann würde sie es vielleicht, etwas verwirrt über meine Exaltiertheit, zulassen.

Nicht aber ihr Mann: Der sass, wie ich jetzt erst bemerkte, neben ihr und las die Wochenausgabe der "Presse". Ich bemerkte, dass die beiden zusammengehörten, da sie ihm ihre Zeitung hinschob, was er aber abwies, worauf sie /sehr viel wissend .../ lächelte und weiterlas. Jetzt erst bemerkte ich Details wie ihre doch verbrauchte Gesichtshaut, mehrere Impfnarben auf ihrem Oberarm, Nagellack an den Fingern. Ich glaube, es liegt ganz an den Stimmungen oder der Gruppierung der Gegebenheiten, ob ein Gesicht, ob ein Mensch gefällt. Man müsste /sagt die Stimme in einem/ immer so leben, dass alles in der Umgebung schön ist.

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Donnerstag, 24. Juli, fuhr ich um dreiviertel sechs Uhr abends auf der Strassenbahn vom Büro nach Hause.

Wie gewöhnlich, sah ich bei jedem Zeitungstand der einzelnen Stationen nach den Zeitungstiteln, da ich die Nummer 10 der "Stimme der Mitte" suchte, jener Zeitung, die auf Hans Weigel schimpft.

Ein Mädchen fuhr in meinem Waggon, die sehr schlecht aussah. In ihrer Nähe aber sass eine jüngere Frau, die in den "Salzburger Nachrichten" las und die ein Gesicht mit ausgeglichenen Zügen hatte. Ich dachte mir, es ist schön, wenn eine Frau in diesen Jahren so aussieht. Ich verfolgte weiter die Hypothese, ich sei ein Mann vom Film, der improvisierter Weise alles dreht, was ihn beeindruckt, und ich würde die Frau zu diesem Zweck ansprechen. Das würde sie möglicherweise übel nehmen. Nicht alle wollen gefilmt werden. Ich dachte: Ich kann sie ja äusserlich ein bisschen verändern, mit ein bisschen Maske und verändertem Mund und anderer Haartracht. Den vorangegangenen Gedanken hatte ich abgelehnt. Er hatte so gelautet: Ich kann sie schliesslich photographieren und nachträglich jemand anderen, der ihr ähnlich sieht, zu meinem Film heranziehen; jemand, der eher bereit ist zu drehen, als sie. Diesen Gedanken aber lehnte ich aus dem Grunde ab, wonach nicht die Aeusserlichkeit das Wichtigste an diesem Gefallen ist, sondern die Substanz, die sich im Aeusseren ausdrückt. Die würde im ersten Moment vielleicht, für mich, noch dasein, weil ich an die "Richtige" denken würde, dann aber zerflattern: der Ersatz würde den originalen Eindruck nicht länger bewahren können als meine Erinnerung das könnte. /Nachträgliche Variation: Meine Erinnerung wird ihn unter Umständen bewahren können, jetzt wenigstens, wo ich ihn ziemlich deutlich niedergeschrieben habe./

Sie würde sich also das Photographieren nicht gefallen lassen. Einige Verwandte würden sie, auch wenn sie von mir verändert werden würde, erkennen. Aber ich stelle mir vor, dass ich, gewandt, /als Filmmann, wie auf Karikaturen zu sehen/ sie überrede: "Sie dürfen wegen einiger Leute nicht DEM PUBLIKUM fehlen", oder "DER MENSCHHEIT", ich weiss nicht genau, wie ich sagen würde. Dann würde sie es vielleicht, etwas verwirrt über meine Exaltiertheit, zulassen.

Nicht aber ihr Mann: Der sass, wie ich jetzt erst bemerkte, neben ihr und las die Wochenausgabe der "Presse". Ich bemerkte, dass die beiden zusammengehörten, da sie ihm ihre Zeitung hinschob, was er aber abwies, worauf sie /sehr viel wissend .../ lächelte und weiterlas. Jetzt erst bemerkte ich Details wie ihre doch verbrauchte Gesichtshaut, mehrere Impfnarben auf ihrem Oberarm, Nagellack an den Fingern. Ich glaube, es liegt ganz an den Stimmungen oder der Gruppierung der Gegebenheiten, ob ein Gesicht, ob ein Mensch gefällt. Man müsste /sagt die Stimme in einem/ immer so leben, dass alles in der Umgebung schön ist.

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Donnerstag, 24. Juli, fuhr ich um dreiviertel sechs Uhr
abends auf der Strassenbahn vom Büro nach Hause.

Wie gewöhnlich, sah ich bei jedem Zeitungstand der einzelnen
Stationen nach den Zeitungstiteln, da ich die Nummer 10
der "Stimme der Mitte" suchte, jener Zeitung, die auf Hans
Weigel
schimpft.

Ein Mädchen fuhr in meinem Waggon, die sehr schlecht aussah.
In ihrer Nähe aber sass eine jüngere Frau, die in den
"Salzburger Nachrichten" las und die ein Gesicht mit ausge-
glichenen Zügen hatte. Ich dachte mir, es ist schön, wenn
eine Frau in diesen Jahren so aussieht. Ich verfloolgte weiter
die Hypothese, ich sei ein Mann vom Film, der improvisierter
Weise alles dreht, was ihn beeindruckt, und ich würde die Frau
zu diesem Zweck ansprechen. Das würde sie möglicherweise
übel nehmen. Nicht alle wollen gefilmt werden. Ich dachte:
Ich kann sie ja äusserlich ein bisschen verändern, mit ein
bisschen Maske und verändertem Mund und anderer Haartracht.
Den vorangegangenen Gedanken hatte ich abgelehnt. Er hatte
so gelautet: Ich kann sie schliesslich photographieren und
nachträglich jemand anderen, der ihr ähnlich sieht, zu meinem
Film heranziehen; jemand, der eher bereit ist zu drehen, als
sie. Diesen Gedanken aber lehnte ich aus dem Grunde ab,
wonach nicht die Aeusserlichkeit das Wichtigste an diesem
Gefallen ist, sondern die Substanz, die sich im Aeusseren
ausdrückt. Die würde im ersten Moment vielleicht, für mich,
noch dasein, weil ich an die "Richtige" denken würde, dann
aber zerflattern: der      Ersatz würde den originalen Eindruck
nicht länger bewahren können als meine Erinnerung das könnte.
/Nachträgliche Variation: Meine Erinnerung wird ihn unter
Umständen bewahren können, jetzt wenigstens, wo ich ihn ziemlich
deutlich niedergeschrieben habe./

Sie würde sich also das Photographieren nicht gefallen lassen.
Einige Verwandte würden sie, auch wenn sie von mir verändert
werden würde, erkennen. Aber ich stelle mir vor, dass ich,
gewandt, /als Filmmann, wie auf Karikaturen zu sehen/ sie
überrede: "Sie dürfen wegen einiger Leute nicht DEM PUBLIKUM
fehlen", oder "DER MENSCHHEIT", ich weiss nicht genau, wie ich
sagen würde. Dann würde sie es vielleicht, etwas verwirrt über
meine Exaltiertheit, zulassen.

Nicht aber ihr Mann: Der sass, wie ich jetzt erst bemerkte,
neben ihr und las die Wochenausgabe der "Presse". Ich bemerkte,
dass die beiden zusammengehörten, da sie ihm ihre Zeitung
hinschob, was er aber abwies, worauf sie /sehr viel wissend .../
lächelte und weiterlas. Jetzt erst bemerkte ich Details wie ihre
doch verbrauchte Gesichtshaut, mehrere Impfnarben auf ihrem
Oberarm, Nagellack an den Fingern. Ich glaube, es liegt ganz
an den Stimmungen oder der Gruppierung der Gegebenheiten,
ob ein Gesicht, ob ein Mensch gefällt. Man müsste /sagt die
Stimme in einem/ immer so leben, dass alles in der Umgebung
schön ist.

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Legende
ABC: Streichung ABC: Hinzufügung;ABC: SperrsatzABC: Okopenko HandschriftABC: Okopenko MaschinenschriftABC: Text gedruckt[n]: Stellenkommentar
Zitiervorschlag

Okopenko, Andreas: Tagebuch 28.06.1952–03.08.1952. Digitale Edition, hrsg. von Roland Innerhofer, Bernhard Fetz, Christian Zolles, Laura Tezarek, Arno Herberth, Desiree Hebenstreit, Holger Englerth, Österreichische Nationalbibliothek und Universität Wien. Wien: Version 2.0, 21.11.2019. URL: https://edition.onb.ac.at/okopenko/o:oko.tb-19520628-19520803/methods/sdef:TEI/get?mode=p_71

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