Warum übertreibe ich so in meinen Träumen?

Der Weg zu Brigitte K. war zwar auch in Wirklichkeit ziemlich langwierig, denn das in Luftlinie kurze Weg-Stückchen musste kreuz und quer durch Gartengässchen gegangen werden, aber in meinen Träumen, die sich immer wieder einstellen, wird der Weg zu ihr immer hoffnungloser.

Zuerst habe ich geträumt, dass sie etwa am anderen Ende des Bezirkes wohnt und ich musste mich zu ihr durchmarschieren und durchfragen.

Später sind Wiesen zwischen ihr und mir gelegen, die plötzlich in einen Abhang enden, über den ich nicht hinunterspringen kann. Ein anderes Mal habe ich geträumt, dass ich schon in ihrer Gasse gehe, mit Wohnhäusern und Geschäften, aber um zu ihr zu kommen, muss ich zwischen zwei endlosen grauen Häuserreihen hindurch, die arkadenartig durchbrochen sind. In allen diesen Träumen fühle ich, dass ich nicht ankommen werde oder dass ich die rechte Zeit versäumen werde.

Heute habe ich genauer gesehen, welches Industrieviertel ich durchqueren muss, um zu ihr zu gelangen: es war das Eisengebiet des Bezirkes /das es in Wirklichkeit nicht gibt/. Ich verfing mich gleich zum Beginn in das Netz von Röhren und Hochöfen und musste an den Hochöfen, umgeben von wilden Feuern, arbeiten. Einen Hochofen /sie waren am Schluss des Traums nur 2 1/2-3 Meter hoch/ musste ich stützen, damit er beim Brennen die Mauer nicht beschädige.

Eigentümlich ist, dass sich diese Träume nicht etwa dann einstellen , wenn ich abends an Brigitte K. gedacht habe, sondern dass sie anscheinend ohne Veranlassung kommen. Gestern am Abend habe ich an Friederike Mayröcker gedacht /nächsten Tags kam übrigens ein Brief von ihr/, aber geträumt habe ich vom Weg zu Brigitte K.

Abends, Do 14 1 54, Wels.
Do 14 1 54:

Gestern abends genossen, x) Rohscheiben und Salami, die ich von zuhause bekommen hatte, im Bett gegessen, dazu "geträumt". dann unruhige Nacht.

Ich lege mich in der letzten Zeit sehr zeitig nieder. Ich schlafe in Portionen, wache auf, schaue auf die Uhr, trinke einen Schluck Zitronenwasser und schlafe im Augenblick danach wieder ein. Um halb sechs erwache ich endgültig und warte auf den Wekccker. Mein Schlaf ist gut, meine Träume sind etwas wirr; dieser Eindruck entsteht aber sicher durch die "Portionierung" der Nächte, da mehr Fragmente als in der normal durchschlafenen Nacht im Bewusstsein zurückbleiben.

Tags die "zweite Inventur" fertiggeschrieben. Post von zu Haus und von Friederike Mayröcker. Vormittags etwas krank. Mittags gute Laune ins Büro gebracht. Wir sprachen von meiner Heimfahrt und vom Papiersaal. Abends in der Packerei gesessen und die Packbretter , die im Dezember verbracuucht worden sind, erfasst. Nebenan hörte ich die Mädchen arbeiten und sah eine, die ihr Garderobekästchen offenstehen hatte und sich zum Nachhausegehen anzog.

Freue mich schon auf die Heimfahrt nach Wien.

Fr 15 1 54:

Letzter langer Tag. Es taute. Ich erzählte am Nachmittag viel von mir und vom jungen Wwiener kultu-rellen Leben. Mir zum Abschied spie abends die Kokerei knapp neben meinem Weg.

Sa 16 1 54:

Die letzten Arbeiten getan. Früh erreichte mich hier noch

Warum übertreibe ich so in meinen Träumen?

Der Weg zu Brigitte K. [1] war zwar auch in Wirklichkeit ziemlich langwierig, denn das in Luftlinie kurze Weg-Stückchen musste kreuz und quer durch Gartengässchen gegangen werden, aber in meinen Träumen, die sich immer wieder einstellen, wird der Weg zu ihr immer hoffnungloser.

Zuerst habe ich geträumt, dass sie etwa am anderen Ende des Bezirkes wohnt und ich musste mich zu ihr durchmarschieren und durchfragen.

Später sind Wiesen zwischen ihr und mir gelegen, die plötzlich in einen Abhang enden, über den ich nicht springen kann. Ein anderes Mal habe ich geträumt, dass ich schon in ihrer Gasse gehe, mit Wohnhäusern und Geschäften, aber um zu ihr zu kommen, muss ich zwischen zwei endlosen grauen Häuserreihen hindurch, die arkadenartig durchbrochen sind. In allen diesen Träumen fühle ich, dass ich nicht ankommen werde oder dass ich die rechte Zeit versäumen werde.

Heute habe ich genauer gesehen, welches Industrieviertel ich durchqueren muss, um zu ihr zu gelangen: es war das Eisengebiet des Bezirkes /das es in Wirklichkeit nicht gibt/. Ich verfing mich gleich zum Beginn in das Netz von Röhren und Hochöfen und musste an den Hochöfen, umgeben von wilden Feuern, arbeiten. Einen Hochofen /sie waren am Schluss des Traums nur 2 1/2-3 Meter hoch/ musste ich stützen, damit er beim Brennen die Mauer nicht beschädige.

Eigentümlich ist, dass sich diese Träume nicht etwa dann einstellen , wenn ich abends an Brigitte K. gedacht habe, sondern dass sie anscheinend ohne Veranlassung kommen. Gestern am Abend habe ich an Friederike Mayröcker gedacht /nächsten Tags kam übrigens ein Brief von ihr/, aber geträumt habe ich vom Weg zu Brigitte K.

Abends, Do 14 1 54, Wels.
Do 14 1 54:

Gestern abends genossen, x) Rohscheiben [2] und Salami, die ich von zuhause bekommen hatte, im Bett gegessen, dazu "geträumt". dann unruhige Nacht.

Ich lege mich in der letzten Zeit sehr zeitig nieder. Ich schlafe in Portionen, wache auf, schaue auf die Uhr, trinke einen Schluck Zitronenwasser und schlafe im Augenblick danach wieder ein. Um halb sechs erwache ich endgültig und warte auf den Wecker. Mein Schlaf ist gut, meine Träume sind etwas wirr; dieser Eindruck entsteht aber sicher durch die "Portionierung" der Nächte, da mehr Fragmente als in der normal durchschlafenen Nacht im Bewusstsein zurückbleiben.

Tags die "zweite Inventur" fertiggeschrieben. Post von zu Haus und von Friederike Mayröcker. Vormittags etwas krank. Mittags gute Laune ins Büro gebracht. Wir sprachen von meiner Heimfahrt und vom Papiersaal. Abends in der Packerei gesessen und die Packbretter , die im Dezember verbraucht worden sind, erfasst. Nebenan hörte ich die Mädchen arbeiten und sah eine, die ihr Garderobekästchen offenstehen hatte und sich zum Nachhausegehen anzog.

Freue mich schon auf die Heimfahrt nach Wien.

Fr 15 1 54:

Letzter langer Tag. Es taute. Ich erzählte am Nachmittag viel von mir und vom jungen wiener kulturellen Leben. Mir zum Abschied spie abends die Kokerei knapp neben meinem Weg.

Sa 16 1 54:

Die letzten Arbeiten getan. Früh erreichte mich hier noch

Warum übertreibe ich so in meinen Träumen?

Der Weg zu Brigitte K. [1] war zwar auch in Wirklichkeit
ziemlich langwierig, denn das in Luftlinie kurze Weg-Stückchen
musste kreuz und quer durch Gartengässchen gegangen werden,
aber in meinen Träumen, die sich immer wieder einstellen,
wird der Weg zu ihr immer hoffnungloser.

Zuerst habe ich geträumt, dass sie etwa am anderen Ende
des Bezirkes wohnt und ich musste mich zu ihr durchmarschieren
und durchfragen.

Später sind Wiesen zwischen ihr und mir gelegen, die plötzlich
in einen Abhang enden, über den ich nicht hinunterspringen kann.
Ein anderes Mal habe ich geträumt, dass ich schon in ihrer Gasse
gehe, mit Wohnhäusern und Geschäften, aber um zu ihr zu kommen,
muss ich zwischen zwei endlosen grauen Häuserreihen hindurch,
die arkadenartig durchbrochen sind. In allen diesen Träumen
fühle ich, dass ich nicht ankommen werde oder dass ich die
rechte Zeit versäumen werde.

Heute habe ich genauer gesehen, welches Industrieviertel ich
durchqueren muss, um zu ihr zu gelangen: es war das Eisengebiet
des Bezirkes /das es in Wirklichkeit nicht gibt/. Ich verfing mich
gleich zum Beginn in das Netz von Röhren und Hochöfen und musste
an den Hochöfen, umgeben von wilden Feuern, arbeiten. Einen Hochofen
/sie waren am Schluss des Traums nur 2 1/2-3 Meter hoch/
musste ich stützen, damit er beim Brennen die Mauer nicht
beschädige.

Eigentümlich ist, dass sich diese Träume nicht etwa dann einstellen ,
wenn ich abends an Brigitte K. gedacht habe, sondern dass sie
anscheinend ohne Veranlassung kommen. Gestern am Abend habe ich
an Friederike Mayröcker gedacht /nächsten Tags kam übrigens ein
Brief von ihr/, aber geträumt habe ich vom Weg zu Brigitte K.

Abends, Do 14 1 54, Wels.
Do 14 1 54:

Gestern abends genossen, x) Rohscheiben [2] und Salami, die ich von zuhause bekommen hatte, im Bett
gegessen, dazu "geträumt".
dann unruhige Nacht.

Ich lege mich in der letzten Zeit sehr zeitig nieder.
Ich schlafe in Portionen, wache auf, schaue auf die Uhr,
trinke einen Schluck Zitronenwasser und schlafe im
Augenblick danach wieder ein. Um halb sechs erwache ich endgültig
und warte auf den Wekccker. Mein Schlaf ist gut, meine Träume sind
etwas wirr; dieser Eindruck entsteht aber sicher durch die
"Portionierung" der Nächte, da mehr Fragmente als in der normal
durchschlafenen Nacht im Bewusstsein zurückbleiben.

Tags die "zweite Inventur" fertiggeschrieben. Post von zu Haus und
von Friederike Mayröcker. Vormittags etwas krank. Mittags gute
Laune ins Büro gebracht. Wir sprachen von meiner Heimfahrt und
vom Papiersaal. Abends in der Packerei gesessen und die Packbretter ,
die im Dezember verbracuucht worden sind, erfasst. Nebenan hörte ich
die Mädchen arbeiten und sah eine, die ihr Garderobekästchen
offenstehen hatte und sich zum Nachhausegehen anzog.

Freue mich schon auf die Heimfahrt nach Wien.

Fr 15 1 54:

Letzter langer Tag. Es taute. Ich erzählte am
Nachmittag viel von mir und vom jungen Wwiener kultu-
rellen Leben. Mir zum Abschied spie abends die Kokerei
knapp neben meinem Weg.

Sa 16 1 54:

Die letzten Arbeiten getan. Früh erreichte mich hier
noch

Legende
ABC: Streichung ABC: Hinzufügung;ABC: SperrsatzABC: Okopenko HandschriftABC: Okopenko MaschinenschriftABC: Text gedruckt[n]: Stellenkommentar

            
              

Warum übertreibe ich so in meinen Träumen?

Der Weg zu Brigitte K. war zwar auch in Wirklichkeit ziemlich langwierig, denn das in Luftlinie kurze Weg-Stückchen musste kreuz und quer durch Gartengässchen gegangen werden, aber in meinen Träumen, die sich immer wieder einstellen, wird der Weg zu ihr immer hoffnungloser.

Zuerst habe ich geträumt, dass sie etwa am anderen Ende des Bezirkes wohnt und ich musste mich zu ihr durchmarschieren und durchfragen.

Später sind Wiesen zwischen ihr und mir gelegen, die plötzlich in einen Abhang enden, über den ich nicht hinunterspringen kann. Ein anderes Mal habe ich geträumt, dass ich schon in ihrer Gasse gehe, mit Wohnhäusern und Geschäften, aber um zu ihr zu kommen, muss ich zwischen zwei endlosen grauen Häuserreihen hindurch, die arkadenartig durchbrochen sind. In allen diesen Träumen fühle ich, dass ich nicht ankommen werde oder dass ich die rechte Zeit versäumen werde.

Heute habe ich genauer gesehen, welches Industrieviertel ich durchqueren muss, um zu ihr zu gelangen: es war das Eisengebiet des Bezirkes /das es in Wirklichkeit nicht gibt/. Ich verfing mich gleich zum Beginn in das Netz von Röhren und Hochöfen und musste an den Hochöfen, umgeben von wilden Feuern, arbeiten. Einen Hochofen /sie waren am Schluss des Traums nur 2 1/2-3 Meter hoch/ musste ich stützen, damit er beim Brennen die Mauer nicht beschädige.

Eigentümlich ist, dass sich diese Träume nicht etwa dann einstellen , wenn ich abends an Brigitte K. gedacht habe, sondern dass sie anscheinend ohne Veranlassung kommen. Gestern am Abend habe ich an Friederike Mayröcker gedacht /nächsten Tags kam übrigens ein Brief von ihr/, aber geträumt habe ich vom Weg zu Brigitte K.

Abends, Do 14 1 54, Wels.
Do 14 1 54:

Gestern abends genossen, x) Rohscheiben und Salami, die ich von zuhause bekommen hatte, im Bett gegessen, dazu "geträumt". dann unruhige Nacht.

Ich lege mich in der letzten Zeit sehr zeitig nieder. Ich schlafe in Portionen, wache auf, schaue auf die Uhr, trinke einen Schluck Zitronenwasser und schlafe im Augenblick danach wieder ein. Um halb sechs erwache ich endgültig und warte auf den Wekccker. Mein Schlaf ist gut, meine Träume sind etwas wirr; dieser Eindruck entsteht aber sicher durch die "Portionierung" der Nächte, da mehr Fragmente als in der normal durchschlafenen Nacht im Bewusstsein zurückbleiben.

Tags die "zweite Inventur" fertiggeschrieben. Post von zu Haus und von Friederike Mayröcker. Vormittags etwas krank. Mittags gute Laune ins Büro gebracht. Wir sprachen von meiner Heimfahrt und vom Papiersaal. Abends in der Packerei gesessen und die Packbretter , die im Dezember verbracuucht worden sind, erfasst. Nebenan hörte ich die Mädchen arbeiten und sah eine, die ihr Garderobekästchen offenstehen hatte und sich zum Nachhausegehen anzog.

Freue mich schon auf die Heimfahrt nach Wien.

Fr 15 1 54:

Letzter langer Tag. Es taute. Ich erzählte am Nachmittag viel von mir und vom jungen Wwiener kultu-rellen Leben. Mir zum Abschied spie abends die Kokerei knapp neben meinem Weg.

Sa 16 1 54:

Die letzten Arbeiten getan. Früh erreichte mich hier noch

Warum übertreibe ich so in meinen Träumen?

Der Weg zu Brigitte K. [1] war zwar auch in Wirklichkeit ziemlich langwierig, denn das in Luftlinie kurze Weg-Stückchen musste kreuz und quer durch Gartengässchen gegangen werden, aber in meinen Träumen, die sich immer wieder einstellen, wird der Weg zu ihr immer hoffnungloser.

Zuerst habe ich geträumt, dass sie etwa am anderen Ende des Bezirkes wohnt und ich musste mich zu ihr durchmarschieren und durchfragen.

Später sind Wiesen zwischen ihr und mir gelegen, die plötzlich in einen Abhang enden, über den ich nicht springen kann. Ein anderes Mal habe ich geträumt, dass ich schon in ihrer Gasse gehe, mit Wohnhäusern und Geschäften, aber um zu ihr zu kommen, muss ich zwischen zwei endlosen grauen Häuserreihen hindurch, die arkadenartig durchbrochen sind. In allen diesen Träumen fühle ich, dass ich nicht ankommen werde oder dass ich die rechte Zeit versäumen werde.

Heute habe ich genauer gesehen, welches Industrieviertel ich durchqueren muss, um zu ihr zu gelangen: es war das Eisengebiet des Bezirkes /das es in Wirklichkeit nicht gibt/. Ich verfing mich gleich zum Beginn in das Netz von Röhren und Hochöfen und musste an den Hochöfen, umgeben von wilden Feuern, arbeiten. Einen Hochofen /sie waren am Schluss des Traums nur 2 1/2-3 Meter hoch/ musste ich stützen, damit er beim Brennen die Mauer nicht beschädige.

Eigentümlich ist, dass sich diese Träume nicht etwa dann einstellen , wenn ich abends an Brigitte K. gedacht habe, sondern dass sie anscheinend ohne Veranlassung kommen. Gestern am Abend habe ich an Friederike Mayröcker gedacht /nächsten Tags kam übrigens ein Brief von ihr/, aber geträumt habe ich vom Weg zu Brigitte K.

Abends, Do 14 1 54, Wels.
Do 14 1 54:

Gestern abends genossen, x) Rohscheiben [2] und Salami, die ich von zuhause bekommen hatte, im Bett gegessen, dazu "geträumt". dann unruhige Nacht.

Ich lege mich in der letzten Zeit sehr zeitig nieder. Ich schlafe in Portionen, wache auf, schaue auf die Uhr, trinke einen Schluck Zitronenwasser und schlafe im Augenblick danach wieder ein. Um halb sechs erwache ich endgültig und warte auf den Wecker. Mein Schlaf ist gut, meine Träume sind etwas wirr; dieser Eindruck entsteht aber sicher durch die "Portionierung" der Nächte, da mehr Fragmente als in der normal durchschlafenen Nacht im Bewusstsein zurückbleiben.

Tags die "zweite Inventur" fertiggeschrieben. Post von zu Haus und von Friederike Mayröcker. Vormittags etwas krank. Mittags gute Laune ins Büro gebracht. Wir sprachen von meiner Heimfahrt und vom Papiersaal. Abends in der Packerei gesessen und die Packbretter , die im Dezember verbraucht worden sind, erfasst. Nebenan hörte ich die Mädchen arbeiten und sah eine, die ihr Garderobekästchen offenstehen hatte und sich zum Nachhausegehen anzog.

Freue mich schon auf die Heimfahrt nach Wien.

Fr 15 1 54:

Letzter langer Tag. Es taute. Ich erzählte am Nachmittag viel von mir und vom jungen wiener kulturellen Leben. Mir zum Abschied spie abends die Kokerei knapp neben meinem Weg.

Sa 16 1 54:

Die letzten Arbeiten getan. Früh erreichte mich hier noch

Warum übertreibe ich so in meinen Träumen?

Der Weg zu Brigitte K. [1] war zwar auch in Wirklichkeit
ziemlich langwierig, denn das in Luftlinie kurze Weg-Stückchen
musste kreuz und quer durch Gartengässchen gegangen werden,
aber in meinen Träumen, die sich immer wieder einstellen,
wird der Weg zu ihr immer hoffnungloser.

Zuerst habe ich geträumt, dass sie etwa am anderen Ende
des Bezirkes wohnt und ich musste mich zu ihr durchmarschieren
und durchfragen.

Später sind Wiesen zwischen ihr und mir gelegen, die plötzlich
in einen Abhang enden, über den ich nicht hinunterspringen kann.
Ein anderes Mal habe ich geträumt, dass ich schon in ihrer Gasse
gehe, mit Wohnhäusern und Geschäften, aber um zu ihr zu kommen,
muss ich zwischen zwei endlosen grauen Häuserreihen hindurch,
die arkadenartig durchbrochen sind. In allen diesen Träumen
fühle ich, dass ich nicht ankommen werde oder dass ich die
rechte Zeit versäumen werde.

Heute habe ich genauer gesehen, welches Industrieviertel ich
durchqueren muss, um zu ihr zu gelangen: es war das Eisengebiet
des Bezirkes /das es in Wirklichkeit nicht gibt/. Ich verfing mich
gleich zum Beginn in das Netz von Röhren und Hochöfen und musste
an den Hochöfen, umgeben von wilden Feuern, arbeiten. Einen Hochofen
/sie waren am Schluss des Traums nur 2 1/2-3 Meter hoch/
musste ich stützen, damit er beim Brennen die Mauer nicht
beschädige.

Eigentümlich ist, dass sich diese Träume nicht etwa dann einstellen ,
wenn ich abends an Brigitte K. gedacht habe, sondern dass sie
anscheinend ohne Veranlassung kommen. Gestern am Abend habe ich
an Friederike Mayröcker gedacht /nächsten Tags kam übrigens ein
Brief von ihr/, aber geträumt habe ich vom Weg zu Brigitte K.

Abends, Do 14 1 54, Wels.
Do 14 1 54:

Gestern abends genossen, x) Rohscheiben [2] und Salami, die ich von zuhause bekommen hatte, im Bett
gegessen, dazu "geträumt".
dann unruhige Nacht.

Ich lege mich in der letzten Zeit sehr zeitig nieder.
Ich schlafe in Portionen, wache auf, schaue auf die Uhr,
trinke einen Schluck Zitronenwasser und schlafe im
Augenblick danach wieder ein. Um halb sechs erwache ich endgültig
und warte auf den Wekccker. Mein Schlaf ist gut, meine Träume sind
etwas wirr; dieser Eindruck entsteht aber sicher durch die
"Portionierung" der Nächte, da mehr Fragmente als in der normal
durchschlafenen Nacht im Bewusstsein zurückbleiben.

Tags die "zweite Inventur" fertiggeschrieben. Post von zu Haus und
von Friederike Mayröcker. Vormittags etwas krank. Mittags gute
Laune ins Büro gebracht. Wir sprachen von meiner Heimfahrt und
vom Papiersaal. Abends in der Packerei gesessen und die Packbretter ,
die im Dezember verbracuucht worden sind, erfasst. Nebenan hörte ich
die Mädchen arbeiten und sah eine, die ihr Garderobekästchen
offenstehen hatte und sich zum Nachhausegehen anzog.

Freue mich schon auf die Heimfahrt nach Wien.

Fr 15 1 54:

Letzter langer Tag. Es taute. Ich erzählte am
Nachmittag viel von mir und vom jungen Wwiener kultu-
rellen Leben. Mir zum Abschied spie abends die Kokerei
knapp neben meinem Weg.

Sa 16 1 54:

Die letzten Arbeiten getan. Früh erreichte mich hier
noch

Legende
ABC: Streichung ABC: Hinzufügung;ABC: SperrsatzABC: Okopenko HandschriftABC: Okopenko MaschinenschriftABC: Text gedruckt[n]: Stellenkommentar
1.  Okopenko stand mit Brigitte Kahr ab Juli 1951 in engerem Kontakt, der ab Herbst 1952 weniger wurde, nachdem sich auch private Hoffnungen Okopenkos zerschlagen hatten. Offenbar beschäftigte ihn Kahr aber noch, so dass er von ihr träumte.
2.  Rohscheiben war das damals in Österreich verwendete Wort für Kartoffelchips.
Zitiervorschlag

Okopenko, Andreas: Tagebuch 14.01.1954–26.02.1954. Digitale Edition, hrsg. von Roland Innerhofer, Bernhard Fetz, Christian Zolles, Laura Tezarek, Arno Herberth, Desiree Hebenstreit, Holger Englerth, Österreichische Nationalbibliothek und Universität Wien. Wien: Version 2.0, 21.11.2019. URL: https://edition.onb.ac.at/okopenko/o:oko.tb-19540114-19540226/methods/sdef:TEI/get?mode=p_1

Ältere Versionen: siehe Archiv

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

LinksInformation

Jegliche Nutzung der Digitalisate muss mit dem Rechtsnachfolger von Andreas Okopenko, August Bisinger, individuell abgeklärt werden.