Graz, 45 Sparbersbachgasse 12.4.86. Dienstag
Lieber Freund!
Ich antworte rasch, weil wol bald eine größere Pause in meiner Correspondenz eintreten wird. Gestern war Abschiedskneipe der Studenten; jetzt jeden Tag Einladungen; am Montag Abschiedsabend d. Professoren; Dienstag noch ein Vortrag bei der Trauerfeier für Scheffel; dann [da]s Packen und Ostersonntag hoffe ich in Wien zu sein. Der Abschied fällt mir recht, recht schwer.
Inzwischen haben Sie nun Schönbachs Brief erhalten, der Sie über die Situation ganz aufgeklärt hat. Im Vertrauen: es ist ihm wirklich ernst darum, Sie herz[u]bekommen. Aber verlieren will er dabei nichts. Wenn er z. B. sich entschließen könnte, die 600 fl, die er fürs Seminar bezieht, mit dem Extraordinarius zu theilen; dann könnte dieser vielleicht auch mit 1000 fl oder 1200 hergehen, falls sich das Ministerium zu den ganzen 1620 fl. nicht herbeiließe. Ich kann Ihnen nur sagen, daß man hier sehr billig und angenehm lebt, daß Sie – zumal Sie ja doch mit fertigen Collegienheften herkommen werden – sehr viel Zeit zur eigenen Arbeit haben werden und daß die Selbständigkeit und Unabhängigkeit auch eines Extraordinarius hier nichts zu wünschen übrig läßt. Schönbach hat viele Eigenheiten; aber wer hat die nicht! Und seine Aufrichtigkeit läßt einen über manches hinwegsehen.
Heinzel will Ihnen sehr wohl, Scherer desgleichen; Schmidt hat zwar nicht mehr vielen, aber doch einigen Einfluß. Wenn diese drei sich beim Ministerium f[est] ansetzen; dann erreichen sie es auch. Für mich haben sie es nicht gethan. Wäre es schon entschieden!
Wenn ich in Prag in Ordnung bin und die Situation überblicken kann, will ich wegen Uz einen Termin bestimmen. Bis dahin üben Sie Nach[si]cht.
Vielen Dank für Ihren Brief und herzliche Grüße
Ihr
Sauer.
Graz, 45 Sparbersbachgasse 12.4.86. Dienstag
Lieber Freund!
Ich antworte rasch, weil wol bald eine größere Pause in meiner Correspondenz eintreten wird. Gestern war Abschiedskneipe der Studenten; jetzt jeden Tag Einladungen; am Montag Abschiedsabend d. Professoren; Dienstag noch ein Vortrag bei der Trauerfeier für Scheffel; dann [da]s Packen und Ostersonntag hoffe ich in Wien zu sein. Der Abschied fällt mir recht, recht schwer.
Inzwischen haben Sie nun Schönbachs Brief erhalten, der Sie über die Situation ganz aufgeklärt hat. Im Vertrauen: es ist ihm wirklich ernst darum, Sie herz[u]bekommen. Aber verlieren will er dabei nichts. Wenn er z. B. sich entschließen könnte, die 600 fl, die er fürs Seminar bezieht, mit dem Extraordinarius zu theilen; dann könnte dieser vielleicht auch mit 1000 fl oder 1200 hergehen, falls sich das Ministerium zu den ganzen 1620 fl. nicht herbeiließe. Ich kann Ihnen nur sagen, daß man hier sehr billig und angenehm lebt, daß Sie – zumal Sie ja doch mit fertigen Collegienheften herkommen werden – sehr viel Zeit zur eigenen Arbeit haben werden und daß die Selbständigkeit und Unabhängigkeit auch eines Extraordinarius hier nichts zu wünschen übrig läßt. Schönbach hat viele Eigenheiten; aber wer hat die nicht! Und seine Aufrichtigkeit läßt einen über manches hinwegsehen.
Heinzel will Ihnen sehr wohl, Scherer desgleichen; Schmidt hat zwar nicht mehr vielen, aber doch einigen Einfluß. Wenn diese drei sich beim Ministerium f[est] ansetzen; dann erreichen sie es auch. Für mich haben sie es nicht gethan. Wäre es schon entschieden!
Wenn ich in Prag in Ordnung bin und die Situation überblicken kann, will ich wegen Uz einen Termin bestimmen. Bis dahin üben Sie Nach[si]cht.
Vielen Dank für Ihren Brief und herzliche Grüße
Ihr
Sauer.
Heinzel will Ihnen sehr wohl, Scherer desgleichen; Schmidt hat zwar nicht mehr vielen, aber doch einigen Einfluß. Wenn diese drei sich beim Ministerium f[est] ansetzen; dann erreichen sie es auch. Für mich haben sie es nicht gethan. Wäre es schon entschieden!
August Sauer bekam 1886 ein Extraordinariat für Neuere deutsche Literaturgeschichte an der Universität Prag. Er vermutete, dass sich Scherer für Seuffert einsetzen würde, der an der Nachbesetzung der frei werdenden Stelle an der Universität Graz interessiert war.
Schreibort: Graz
Empfangsort: Würzburg
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur:
Autogr. 422/1-83
Umfang: 4 Seite(n)
Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-8352 [Druckausgabe Nr. 61]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8352/methods/sdef:TEI/get
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