Lfr. Dank für Ihre worte u. die besten wünsche, dass Sie sich rasch in dem neuen verhältnis, das Ihnen doch auch seelisch und später körperlich – weil Sie von Ihren allzu grossen arbeitsvergraben abgehalten werden – wohltätig sein wird. – Ich habe nie gedacht Ihr Phantom verschwinden zu lassen u. begreife nicht, wie Sie zu der annahme kamen. Auch den Bürger wollte ich immer aufnehmen, nur den brief kürzen dürfen. Doch darüber sind wir nun einig.
Die adresse des Hölderlinsammlers in Berlin haben Sie in der eile ausgelassen. Bitte tragen Sie dieselbe noch nach! – Wegen Ihrer anm. hab ich dem verleger geschrieben u. hoffe, dass er sich darauf einlässt. Ich weiss ja noch nicht, wie er mit dgl. verfährt. Über Ihren Grillparzer sollten Sie einen brief haben, aber ich komme mit dem besten willen nicht dazu. Litterarhistorisch scheint mir die einleitung in jedem betracht ausgezeichnet. Es steckt kolossal viel drinnen, man merkt oder ahnt, wie viel arbeit voraus liegt u. dass sie liebevoll geschah. Nach der seite der charakteristik – ich darf zu Ihnen doch ganz ehrlich reden – scheint sie mir nicht gleich gelungen, da vermisse ich stärkere striche. Ihre liebe empfindet man überall u. sieht doch, dass Sie zugleich gerechtes urteil sprechen und einschränken oder tadeln. Ein richtiger beurteiler des ganzen bin ich mit meiner geringen kenntnis Gr.s und mit meiner noch nicht besiegten abneigung gegen ihn nicht. Für einen leser wie ich bin setzen Sie zu viel kenntnis auch der fragmente voraus; da müsste ich nachstudieren, was ich jetzt nicht kann. U. nun, um mein herz ganz auszuschütten – aber Sie nehmen mirs ja nicht übel! bitte!! – noch eines: Sie lassen Ihren mann ein kap. zu früh sterben u. verderben sich den guten ausklang, da doch die eingangsakkorde sehr voll und sehr schön gegriffen sind. Gerne schriebe ich mehr, aber ich kann nicht. Treu Ihr
ehrlicher
BSfft. 27 II

Lfr. Dank für Ihre worte u. die besten wünsche, dass Sie sich rasch in dem neuen verhältnis, das Ihnen doch auch seelisch und später körperlich – weil Sie von Ihren allzu grossen arbeitsvergraben abgehalten werden – wohltätig sein wird. – Ich habe nie gedacht Ihr Phantom verschwinden zu lassen u. begreife nicht, wie Sie zu der annahme kamen. Auch den Bürger wollte ich immer aufnehmen, nur den brief kürzen dürfen. Doch darüber sind wir nun einig.
Die adresse des Hölderlinsammlers in Berlin haben Sie in der eile ausgelassen. Bitte tragen Sie dieselbe noch nach! – Wegen Ihrer anm. hab ich dem verleger geschrieben u. hoffe, dass er sich darauf einlässt. Ich weiss ja noch nicht, wie er mit dgl. verfährt. Über Ihren Grillparzer sollten Sie einen brief haben, aber ich komme mit dem besten willen nicht dazu. Litterarhistorisch scheint mir die einleitung in jedem betracht ausgezeichnet. Es steckt kolossal viel drinnen, man merkt oder ahnt, wie viel arbeit voraus liegt u. dass sie liebevoll geschah. Nach der seite der charakteristik – ich darf zu Ihnen doch ganz ehrlich reden – scheint sie mir nicht gleich gelungen, da vermisse ich stärkere striche. Ihre liebe empfindet man überall u. sieht doch, dass Sie zugleich gerechtes urteil sprechen und einschränken oder tadeln. Ein richtiger beurteiler des ganzen bin ich mit meiner geringen kenntnis Gr.s und mit meiner noch nicht besiegten abneigung gegen ihn nicht. Für einen leser wie ich bin setzen Sie zu viel kenntnis auch der fragmente voraus; da müsste ich nachstudieren, was ich jetzt nicht kann. U. nun, um mein herz ganz auszuschütten – aber Sie nehmen mirs ja nicht übel! bitte!! – noch eines: Sie lassen Ihren mann ein kap. zu früh sterben u. verderben sich den guten ausklang, da doch die eingangsakkorde sehr voll und sehr schön gegriffen sind. Gerne schriebe ich mehr, aber ich kann nicht. Treu Ihr
ehrlicher
BSfft. 27 II

Briefdaten

Schreibort: Graz
Empfangsort: Prag
Archiv: Staatsarchiv Würzburg
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand
Umfang: Postkarte

Status

Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-8413 [Druckausgabe Nr. 83]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8413/methods/sdef:TEI/get

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

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