Herrn Professor Dr. Bernhard Seuffert
Graz.
Harrachgasse 1.
29.2.88.
L. F. Geheimrat Prof. Litzmann wohnt Berlin W. Landgrafenstrasse 2. Was Ihr Urtheil über Gr. betrifft, so gestatten Sie mir folg. zur Antwort. Sie verfallen in den selben Fehler wie leider einige andre Leser des Heftes (so daß mich der SA. d. Einleitung schon reut), die Arbeit als etwas selbstän[dig]es anzusehen, während sie nichts sein wi[ll] u. kann als eine Orientirung für den Leser der Werke, vor oder eigentlich nach diesen zu studieren. Daraus erklärt sich auch der frühe Tod meines Helden, der sonst nicht zu rechtfertigen wäre. Hier war ein andrer Schluß geboten. Zweitens aber, das werden Sie mir – Ihre Person ausgenommen, wol selbst zugeben, daß in einer Einleitung zu einer 16bändigen Gesammtausgabe, welche in circa 10,000 Ex. verbreitet werden soll, auf welche Tausende warten, welche neue Leserkreise erobern soll, nicht auf Leute berechnet sein kann, welche dem Dichter Abneigung entgegenbringen. Hier ist zwar nicht Schönfärben, aber Liebe, Liebe und dreimal Liebe am Platze. Gerade meine Charakteri[stik] Grs. ist von allen intimen Kennern des Dichters so weit ich bis jetzt Urtheile habe, übermäßig gelobt worden; Sie stehen offenbar unter dem Banne der Schererischen Litteraturgesch., welche ich in jedemWorte bekämpfe. Aber das ganze ist ja nur eine bescheidene Skizze, ein Entwurf, möge die Ausführung Sie einst besser belehren. Herzlichst Ihr treu Erg. AS.
Herrn Professor Dr. Bernhard Seuffert
Graz.
Harrachgasse 1.
29.2.88.
L. F. Geheimrat Prof. Litzmann wohnt Berlin W. Landgrafenstrasse 2. Was Ihr Urtheil über Gr. betrifft, so gestatten Sie mir folg. zur Antwort. Sie verfallen in den selben Fehler wie leider einige andre Leser des Heftes (so daß mich der SA. d. Einleitung schon reut), die Arbeit als etwas selbstän[dig]es anzusehen, während sie nichts sein wi[ll] u. kann als eine Orientirung für den Leser der Werke, vor oder eigentlich nach diesen zu studieren. Daraus erklärt sich auch der frühe Tod meines Helden, der sonst nicht zu rechtfertigen wäre. Hier war ein andrer Schluß geboten. Zweitens aber, das werden Sie mir – Ihre Person ausgenommen, wol selbst zugeben, daß in einer Einleitung zu einer 16bändigen Gesammtausgabe, welche in circa 10,000 Ex. verbreitet werden soll, auf welche Tausende warten, welche neue Leserkreise erobern soll, nicht auf Leute berechnet sein kann, welche dem Dichter Abneigung entgegenbringen. Hier ist zwar nicht Schönfärben, aber Liebe, Liebe und dreimal Liebe am Platze. Gerade meine Charakteri[stik] Grs. ist von allen intimen Kennern des Dichters so weit ich bis jetzt Urtheile habe, übermäßig gelobt worden; Sie stehen offenbar unter dem Banne der Schererischen Litteraturgesch., welche ich in jedemWorte bekämpfe. Aber das ganze ist ja nur eine bescheidene Skizze, ein Entwurf, möge die Ausführung Sie einst besser belehren. Herzlichst Ihr treu Erg. AS.
Schreibort: Prag
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur:
Autogr. 422/1-115
Umfang: Postkarte
Rohtranskription, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-8414. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8414/methods/sdef:TEI/get
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