Prag Weinberge
Hawlitschekgasse 62.
5.9.88.

Lieber Freund! Ich fahre übermorgen auf circa 3 Wochen nach Wien (VIII. Schlößelg[ass]e, Hotel Hamarand) und wenn ich zurückkehre beginnt die Semesterarbeit; daher antworte ich auf Ihren letzten reichen Brief lieber gleich jetzt.
Uz sollen Sie im Januar, zu Schluß der Weihnachtsferien womöglich, haben; es wäre mir dann lieb, wenn er noch vor den Sommerferien im Druck fertig wäre.
Über alle Ihre Mittheilungen die Goetheausgabe betreffend kann ich nur mit dem wärmsten Dank hinweggehen. Ich habe Sie studirt u. [w]erde sie wenn ich wieder an die Arbeit gehe, von neuem studieren. Das starre und starke Festhalten an C ist zwar gegen meine Überzeugung; aber Unterordnung ist ja in solchen Fällen Pflicht. Nachdem ich Ihre und Burdachs Ansichten über Orthogr. kenne, fallen mir meine eigenen Beobachtungen leichter. Ich werde Ihren Mittelweg so viel als möglich einzuschlagen versuchen. Suphan suchte ich so viel als möglich curialiter wie Sie sagen zu behandeln: aber er schreibt immer ‚freundschaftlich‘ zurück was mir fatal ist. Andererseits will ich ihn nicht so vor den Kopf stoßen. Jetzt laße ichs darauf ankommen u. schicke ihm das fertige Ms., um seine Wohlmeinung darüber zu erfahren. Anders geht’s nicht. Für Ihre Rathschläge bes. in Betreff des ‚Collegiums‘ bin ich Ihnen sehr verbunden, u. sollte ich Ihr Fürwort brauchen, so werde ich mich nicht scheuen es in Anspruch zu nehmen. Den versprochenen Apparat zu Bd. 7 erwarte ich. Eine Auskunft können Sie mir vielleicht aber noch geben. In „Zu den Grundsätzen“ S. 5[ ] heißt es, es würde blos g oder α oder β, nicht Hg, Hα, Hβ im Apparat gesetzt. Was mache ich also, bei dem H, H1, H2 und in jeder dieser Handschriften g1, g2, g3 nebeneinander herlaufen: also nicht g1 H1; g1 H2 etc?
sondern g1 in H1; g3 in H? oder wie?
Burdachs Karten folgen dankend zurück.
Wegen Ehlermann habe ich Sie nicht ganz verstanden. Sie haben also die Arbeit abge[leh]nt, weil er das Honorar nicht praecisiren wollte?
Was die DLD anlangt, so haben Sie die Güte mit dem Prometheus noch ein klein wenig zu warten, weil vielleicht doch meine Wiener Sammlung wieder auflebt u. dort gehörte er hinein. Oder wollen Sie auf die Wiener so wenig Rücksicht nehmen wie auf die Berliner? Ist meine Sammlung nicht wieder ins Dasein zurückzurufen, so mache ich Ihnen den Prometheus gerne u. auch andere Viennensia; Schreyvogel? ‚Aesthetik in einer Nuß‘? wäre sehr wünschenswert; ich kann sie nie kriegen u. lechze darnach. Das Vorspiel halte ich eigentlich für überflüssig u. der Nöthige Vorrath müßte doch ganz neugemacht werden; ich glaube nicht, daß man dgl. neudrucken sollte. Wenn es geschieht, so wäre Creizenach dazu die richtige Persönlichkeit, mit dem werden Sie aber nichts zu thun haben wollen; oder Bolte? Fragen Sie doch einmal wegen Georg Jacobi bei Daniel Jacoby in Berlin an; er hat den betreff. Artikel in der ADB. gearbeitet u. wäre zu einer solchen Arbeit recht gut brauchbar. Etwas langsam u. langstielig allerdings; aber sehr zuverlässig u genau. Wollen Sie, so kann ich ihn sondiren; ich stehe sehr gut mit ihm.
Ich habe eine große Rec. über Munckers Lessing geschrieben: ich bin begierig ob Sie damit einverstanden sind. Es ist wieder eine halbe Arbeit.
Sollten Sie aus der Wiener Stadtbibliothek irgend etwas brauchen (ich erinnere mich, daß Sie wegen Riedel etc. bei mir anfragten) so theilen Sie mir Ihre Wünsche mit; ich nehme mehrere halbfertige Aufsätze mit, welchen ich abschließe für VJS weiß ich noch nicht. Über Enks Don Tiburzio, oder über Perinet. Vielleicht kann ich Ihnen auch Schreyvogelsa[c]hen von Glossy verschaffen. Das neue Heft habe ich nun zwar gesehen aber noch nicht ganz gelesen. Minors Beiträge sind recht interessant. Walzel & Meyer recht schwach. Über die Anordnung komme ich nicht hinweg. Eine rein chronol. Anordnung wäre mir lieber. Reich & vielfältig ist das Heft gewiß. Bitte grüßen Sie Bauer, Gurlitt und Zwiedineck bei Gelegenheit, auch Schönbach falls er schon zurück ist, vor allem aber Ihre liebe Frau.
Treulichst Ihr AS.

Prag Weinberge
Hawlitschekgasse 62.
5.9.88.

Lieber Freund! Ich fahre übermorgen auf circa 3 Wochen nach Wien (VIII. Schlößelg[ass]e, Hotel Hamarand) und wenn ich zurückkehre beginnt die Semesterarbeit; daher antworte ich auf Ihren letzten reichen Brief lieber gleich jetzt.
Uz sollen Sie im Januar, zu Schluß der Weihnachtsferien womöglich, haben; es wäre mir dann lieb, wenn er noch vor den Sommerferien im Druck fertig wäre.
Über alle Ihre Mittheilungen die Goetheausgabe betreffend kann ich nur mit dem wärmsten Dank hinweggehen. Ich habe Sie studirt u. [w]erde sie wenn ich wieder an die Arbeit gehe, von neuem studieren. Das starre und starke Festhalten an C ist zwar gegen meine Überzeugung; aber Unterordnung ist ja in solchen Fällen Pflicht. Nachdem ich Ihre und Burdachs Ansichten über Orthogr. kenne, fallen mir meine eigenen Beobachtungen leichter. Ich werde Ihren Mittelweg so viel als möglich einzuschlagen versuchen. Suphan suchte ich so viel als möglich curialiter wie Sie sagen zu behandeln: aber er schreibt immer ‚freundschaftlich‘ zurück was mir fatal ist. Andererseits will ich ihn nicht so vor den Kopf stoßen. Jetzt laße ichs darauf ankommen u. schicke ihm das fertige Ms., um seine Wohlmeinung darüber zu erfahren. Anders geht’s nicht. Für Ihre Rathschläge bes. in Betreff des ‚Collegiums‘ bin ich Ihnen sehr verbunden, u. sollte ich Ihr Fürwort brauchen, so werde ich mich nicht scheuen es in Anspruch zu nehmen. Den versprochenen Apparat zu Bd. 7 erwarte ich. Eine Auskunft können Sie mir vielleicht aber noch geben. In „Zu den Grundsätzen“ S. 5[ ] heißt es, es würde blos g oder α oder β, nicht Hg, Hα, Hβ im Apparat gesetzt. Was mache ich also, bei dem H, H1, H2 und in jeder dieser Handschriften g1, g2, g3 nebeneinander herlaufen: also nicht g1 H1; g1 H2 etc?
sondern g1 in H1; g3 in H? oder wie?
Burdachs Karten folgen dankend zurück.
Wegen Ehlermann habe ich Sie nicht ganz verstanden. Sie haben also die Arbeit abge[leh]nt, weil er das Honorar nicht praecisiren wollte?
Was die DLD anlangt, so haben Sie die Güte mit dem Prometheus noch ein klein wenig zu warten, weil vielleicht doch meine Wiener Sammlung wieder auflebt u. dort gehörte er hinein. Oder wollen Sie auf die Wiener so wenig Rücksicht nehmen wie auf die Berliner? Ist meine Sammlung nicht wieder ins Dasein zurückzurufen, so mache ich Ihnen den Prometheus gerne u. auch andere Viennensia; Schreyvogel? ‚Aesthetik in einer Nuß‘? wäre sehr wünschenswert; ich kann sie nie kriegen u. lechze darnach. Das Vorspiel halte ich eigentlich für überflüssig u. der Nöthige Vorrath müßte doch ganz neugemacht werden; ich glaube nicht, daß man dgl. neudrucken sollte. Wenn es geschieht, so wäre Creizenach dazu die richtige Persönlichkeit, mit dem werden Sie aber nichts zu thun haben wollen; oder Bolte? Fragen Sie doch einmal wegen Georg Jacobi bei Daniel Jacoby in Berlin an; er hat den betreff. Artikel in der ADB. gearbeitet u. wäre zu einer solchen Arbeit recht gut brauchbar. Etwas langsam u. langstielig allerdings; aber sehr zuverlässig u genau. Wollen Sie, so kann ich ihn sondiren; ich stehe sehr gut mit ihm.
Ich habe eine große Rec. über Munckers Lessing geschrieben: ich bin begierig ob Sie damit einverstanden sind. Es ist wieder eine halbe Arbeit.
Sollten Sie aus der Wiener Stadtbibliothek irgend etwas brauchen (ich erinnere mich, daß Sie wegen Riedel etc. bei mir anfragten) so theilen Sie mir Ihre Wünsche mit; ich nehme mehrere halbfertige Aufsätze mit, welchen ich abschließe für VJS weiß ich noch nicht. Über Enks Don Tiburzio, oder über Perinet. Vielleicht kann ich Ihnen auch Schreyvogelsa[c]hen von Glossy verschaffen. Das neue Heft habe ich nun zwar gesehen aber noch nicht ganz gelesen. Minors Beiträge sind recht interessant. Walzel & Meyer recht schwach. Über die Anordnung komme ich nicht hinweg. Eine rein chronol. Anordnung wäre mir lieber. Reich & vielfältig ist das Heft gewiß. Bitte grüßen Sie Bauer, Gurlitt und Zwiedineck bei Gelegenheit, auch Schönbach falls er schon zurück ist, vor allem aber Ihre liebe Frau.
Treulichst Ihr AS.

Briefdaten

Schreibort: Prag
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur: Autogr. 422/1-127
Umfang: 4 Seite(n)

Status

Rohtranskription, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-8438. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8438/methods/sdef:TEI/get

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