Prag 4.3.89.
Lieber Freund! Es würde Ihnen ebenso gehen wie Suphan, wenn Sie das Manuskript sehen könnten. Es ist ganz genau eingerichtet wie Band 14 mit d[em] Urfaust; aber was dort einpaarScenen sind sind hier zwei mächtige 5aktige Stücke mit zahlreichen Correcturen. Nicht von einer Theaterumarbeitung ist die Rede; sondern von 20 Aufführungen (Th1 – Th20) seit 1804, von denen einige allerdings nur dem Titel nach andere mit Titel und Personenverzeichnis einzuschlachten waren. Suphan schreckt vor den mindestens 13 Bogen Lesarten zurück. Die Theaterbearbeitungen gar wie Sie meinen doppelt zu verwerten, einmal in den Werken, das zweitemal selbständig geht doch nicht an, weil eben die Differenzen zu groß sind. Ich bin nicht Ihrer Ansicht, daß allzu große Gleichmäßigkeit der Ausgabe zum Heil gereicht. Die Theaterbearb. blos mit der 89 Ausgabe zu vgl. wäre deshalb unmöglich, weil merkwürdiger Weise die 74er zu Grunde gelegt wurde. Es ist meiner Meinung nur zweierlei möglich; man bleibt pedantisch auf dem Standpunkt des ersten Redactionscom[it]es, also meines fertigen Manuscripts oder man acceptirt Suphans Vorschlag.
Nun erlauben Sie mir auch die andere Sache noch einmal zu erwähnen, weil ich nicht haben will, daß Sie schlecht oder falsch von mir denken. Ich habe allerdings die Arbeit nicht übernommen, um dabei ein Geschäft zu machen u. hätte die Großherzogin mich zur Mitarbeiterschaft aufgefordert ohne mir ein Honorar in [A]ussicht zu stellen, so hätte ich mich gewiß nicht geweigert, die Arbeit zu übernehmen; habe ich doch schon genug im Leben ganz umsonst (wie die Wiener Neudrucke) oder fast umsonst wie den Raimund etc. gemacht. Ich hätte mir es dann eintheilen können; denn ich muß jährlich durch litterarische Arbeiten eine bestimmte und nicht geringe Summe verdienen; [ich] habe keinen Kreuzer Vermögen; ich habe Jahre lang mit einem verschwindend kleinen Gehalt leben müßen; ich habe zum Unterhalt meiner Eltern beitragen müßen u. habe jetzt Haus und Wirtschaft, wie ein Verheirateter; oder vielleicht kostspieliger weil eine Frau doch immer die Verhältnisse in Betracht zieht, was eine fremde Person nicht thut. Ich habe das Bücherkaufen ganz einstellen müssen z. b. Auch stehe ich da mit Schönbach auf [d]em englisch-amerikanischen Standpunkt, daß die geistige Arbeit nicht umsonst gemacht werden soll. Aber immerhin: ich hätte mirs eintheilen können. Aber eine mehr oder weniger bestellte, genau umschriebene und umgrenzte Arbeit einfach doppelt machen: das scheint mir ein ganz unbilliges Verlangen. Überdies habe ich gar eine bestimmten Forderungen gestellt, habe auch Suphan gegenüber diesen Standpunkt nicht so scharf hervorgekehrt wie es vielleicht im Briefe an Sie geschehen ist und we[rd]e mich billigen Vorschlägen gegenüber auch fernerhin aufopferungsvoll verhalten; nur einfach zurückgeben zur Umarbeitun wie einem Schulknaben laße ich mir die Arbeit nicht! –
Verzeihen Sie, daß ich Sie überhaupt in die unerquickliche Angelegenheit hereingezogen habe; ich mußte mir an jenem Tage des Ärgers Luft machen und hatte niemanden als Sie, dem gegenüber ich es hätte thun können und w[ol]len. Vielen Dank für Ihre übrigen Mittheilungen und die herzlichen Glückwünsche zum Vorschlag. Möge es rascher bei Ihnen gehen als bei mir Pechvogel. Über Weinhold u. was damit zusammenhängt schreiben Sie nichts? Ich bin auf die weiteren Verschiebungen sehr begierig. Mit freundlichen Grüßen auch an Ihre liebe Frau Herzlichst Ihr AS.
Prag 4.3.89.
Lieber Freund! Es würde Ihnen ebenso gehen wie Suphan, wenn Sie das Manuskript sehen könnten. Es ist ganz genau eingerichtet wie Band 14 mit d[em] Urfaust; aber was dort einpaarScenen sind sind hier zwei mächtige 5aktige Stücke mit zahlreichen Correcturen. Nicht von einer Theaterumarbeitung ist die Rede; sondern von 20 Aufführungen (Th1 – Th20) seit 1804, von denen einige allerdings nur dem Titel nach andere mit Titel und Personenverzeichnis einzuschlachten waren. Suphan schreckt vor den mindestens 13 Bogen Lesarten zurück. Die Theaterbearbeitungen gar wie Sie meinen doppelt zu verwerten, einmal in den Werken, das zweitemal selbständig geht doch nicht an, weil eben die Differenzen zu groß sind. Ich bin nicht Ihrer Ansicht, daß allzu große Gleichmäßigkeit der Ausgabe zum Heil gereicht. Die Theaterbearb. blos mit der 89 Ausgabe zu vgl. wäre deshalb unmöglich, weil merkwürdiger Weise die 74er zu Grunde gelegt wurde. Es ist meiner Meinung nur zweierlei möglich; man bleibt pedantisch auf dem Standpunkt des ersten Redactionscom[it]es, also meines fertigen Manuscripts oder man acceptirt Suphans Vorschlag.
Nun erlauben Sie mir auch die andere Sache noch einmal zu erwähnen, weil ich nicht haben will, daß Sie schlecht oder falsch von mir denken. Ich habe allerdings die Arbeit nicht übernommen, um dabei ein Geschäft zu machen u. hätte die Großherzogin mich zur Mitarbeiterschaft aufgefordert ohne mir ein Honorar in [A]ussicht zu stellen, so hätte ich mich gewiß nicht geweigert, die Arbeit zu übernehmen; habe ich doch schon genug im Leben ganz umsonst (wie die Wiener Neudrucke) oder fast umsonst wie den Raimund etc. gemacht. Ich hätte mir es dann eintheilen können; denn ich muß jährlich durch litterarische Arbeiten eine bestimmte und nicht geringe Summe verdienen; [ich] habe keinen Kreuzer Vermögen; ich habe Jahre lang mit einem verschwindend kleinen Gehalt leben müßen; ich habe zum Unterhalt meiner Eltern beitragen müßen u. habe jetzt Haus und Wirtschaft, wie ein Verheirateter; oder vielleicht kostspieliger weil eine Frau doch immer die Verhältnisse in Betracht zieht, was eine fremde Person nicht thut. Ich habe das Bücherkaufen ganz einstellen müssen z. b. Auch stehe ich da mit Schönbach auf [d]em englisch-amerikanischen Standpunkt, daß die geistige Arbeit nicht umsonst gemacht werden soll. Aber immerhin: ich hätte mirs eintheilen können. Aber eine mehr oder weniger bestellte, genau umschriebene und umgrenzte Arbeit einfach doppelt machen: das scheint mir ein ganz unbilliges Verlangen. Überdies habe ich gar eine bestimmten Forderungen gestellt, habe auch Suphan gegenüber diesen Standpunkt nicht so scharf hervorgekehrt wie es vielleicht im Briefe an Sie geschehen ist und we[rd]e mich billigen Vorschlägen gegenüber auch fernerhin aufopferungsvoll verhalten; nur einfach zurückgeben zur Umarbeitun wie einem Schulknaben laße ich mir die Arbeit nicht! –
Verzeihen Sie, daß ich Sie überhaupt in die unerquickliche Angelegenheit hereingezogen habe; ich mußte mir an jenem Tage des Ärgers Luft machen und hatte niemanden als Sie, dem gegenüber ich es hätte thun können und w[ol]len. Vielen Dank für Ihre übrigen Mittheilungen und die herzlichen Glückwünsche zum Vorschlag. Möge es rascher bei Ihnen gehen als bei mir Pechvogel. Über Weinhold u. was damit zusammenhängt schreiben Sie nichts? Ich bin auf die weiteren Verschiebungen sehr begierig. Mit freundlichen Grüßen auch an Ihre liebe Frau Herzlichst Ihr AS.
Schreibort: Prag
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur:
Autogr. 422/1-145
Umfang: 4 Seite(n)
Rohtranskription, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-8470. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8470/methods/sdef:TEI/get
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