Prag 16. Mai 1889
Johanni.
Lieber Freund! Unser nationaler Heiliger gewährt mir Muße, den Uz zu expedieren. Da die Theilung durchgeführt ist, so brauchen Sie meiner Meinung nach das Manuscript jetzt nur für das erste Heft: ich behalte den Rest daher zu meiner Bequemlichkeit zurück. Sollte ich mich irren und wollen Sie auch die andere Hälfte, so können Sie sie augenblicklich haben. Was sachlich zu bemerken ist, steht auf eigenen Blättern; bitte, zürnen Sie [n]icht über die neuerlichen Fragen u. schicken Sie mir die Tabelle gelegentlich mit Ihrer Wolmeinung zurück. Die ersten Zeilen des Manuscripts werden dem Setzer einige Schwierigkeit machen, später wirds leichter gehen. Neu abzuschreiben ist mir unmöglich; da hätten Sie bis zum Herbst auf die Übersendung warten müßen. Es wäre zu überlegen, ob auf dem Umschlage von Heft 1 nicht eine kurze Erklärung der Siglen anzubringen wäre, wie z. B. Braune beim 1. Heft des Gargantua etwas ähnliches veranlaßte. Wir brauchen dann nur diejenigen aufzuführen, die in Heft 1 vorkommen.
Ich glaube nicht, daß ich etwas wichtiges übersehen habe. Kleine Ungleichheiten werden ja beim Druck aufstoßen, das ist wol unvermeidlich. Ich darf wol hoffen, daß Sie mich wie bei früheren Heften durch Ihre Be[m]erkungen unterstützen, wie Sie wollen. Sie haben zweifellos einen noch schärferen Blick für solche Dinge als ich. Zum Dank dafür verspreche ich Ihnen ein hübsches (das letzte von mir vorläufig besorgte) Heft DLD: Goeckingks ‚Lieder zweyer Liebender‘ nach der ersten Ausgabe (ohne Lesarten!). Dann muß ich 10 Jahre mich von solchen Arbeiten emancipiren; inzwischen wächst ja auch hülfbereite Jugend [her]an; vielleicht betrauen Sie meinen Dr. Hauffen einmal mit einem Hefte! –
Ich kann Ihnen in der Affaire Ehlermann nur Recht geben. Ich habe das unglückliche Temperament, so schwer Nein sagen zu können. In letzter Zeit habe ich auch dies gelernt und geübt, habe z. B. Elster für das bibl. Institut Platen und Schiller (Kurz2) abgeschlagen. Ich darf mein Leben nicht auf diese weise verzetteln; ich muß endlich das machen, wozu ich tauge. 1. Grillparzer 2. Iambus 3. Geschichte der deutschen Litteratur in Oesterreich. Sind diese 3 Dinge fertig; dann wird’s ja auch mit mir alle sein. – Conrads thörichtes Gefasel habe ich nicht ohne Ärger gelesen; es ist traurig daß die Preußischen Jahrbücher sich mit solchem Quark füllen; mir auch unverständlich, da Treitschke in der Gesch. d. 19. Jh. für Grillparzer u. Raimund schöne u. rühmende Worte gefunden hat.
Sagen Sie Herrn Dr. Conta wenn er fertig ist doch gelegentlich, ich fände es nicht [sch]ön von ihm, daß er seit 3 Jahren kein Wort habe von sich hören lassen. Mir thut es leid, daß er so wenig entspricht; daß er unendlich schwer zu behandeln sei, das habe ich erfahren.
Graz wird also – wie Gurlitt einst scherzte – auch im Sommer eine große Kinderstube sein; ich werde den collegialen Nachwuchs kennen lernen; für einen so fabelhaften Kinderfreund wie ich bin, eine Lockung mehr.
Sie haben das Wichtigste vergessen; wann Manuscript für Heft 3 oder 4 noch zurecht käme. Bitte bald ein Wort darüber zu sagen.
Mit freundlichen Grüßen an Ihre liebe Frau und Sie selbst Ihr
aufrichtig Ergeb.
Sauer.
Prag 16. Mai 1889
Johanni.
Lieber Freund! Unser nationaler Heiliger gewährt mir Muße, den Uz zu expedieren. Da die Theilung durchgeführt ist, so brauchen Sie meiner Meinung nach das Manuscript jetzt nur für das erste Heft: ich behalte den Rest daher zu meiner Bequemlichkeit zurück. Sollte ich mich irren und wollen Sie auch die andere Hälfte, so können Sie sie augenblicklich haben. Was sachlich zu bemerken ist, steht auf eigenen Blättern; bitte, zürnen Sie [n]icht über die neuerlichen Fragen u. schicken Sie mir die Tabelle gelegentlich mit Ihrer Wolmeinung zurück. Die ersten Zeilen des Manuscripts werden dem Setzer einige Schwierigkeit machen, später wirds leichter gehen. Neu abzuschreiben ist mir unmöglich; da hätten Sie bis zum Herbst auf die Übersendung warten müßen. Es wäre zu überlegen, ob auf dem Umschlage von Heft 1 nicht eine kurze Erklärung der Siglen anzubringen wäre, wie z. B. Braune beim 1. Heft des Gargantua etwas ähnliches veranlaßte. Wir brauchen dann nur diejenigen aufzuführen, die in Heft 1 vorkommen.
Ich glaube nicht, daß ich etwas wichtiges übersehen habe. Kleine Ungleichheiten werden ja beim Druck aufstoßen, das ist wol unvermeidlich. Ich darf wol hoffen, daß Sie mich wie bei früheren Heften durch Ihre Be[m]erkungen unterstützen, wie Sie wollen. Sie haben zweifellos einen noch schärferen Blick für solche Dinge als ich. Zum Dank dafür verspreche ich Ihnen ein hübsches (das letzte von mir vorläufig besorgte) Heft DLD: Goeckingks ‚Lieder zweyer Liebender‘ nach der ersten Ausgabe (ohne Lesarten!). Dann muß ich 10 Jahre mich von solchen Arbeiten emancipiren; inzwischen wächst ja auch hülfbereite Jugend [her]an; vielleicht betrauen Sie meinen Dr. Hauffen einmal mit einem Hefte! –
Ich kann Ihnen in der Affaire Ehlermann nur Recht geben. Ich habe das unglückliche Temperament, so schwer Nein sagen zu können. In letzter Zeit habe ich auch dies gelernt und geübt, habe z. B. Elster für das bibl. Institut Platen und Schiller (Kurz2) abgeschlagen. Ich darf mein Leben nicht auf diese weise verzetteln; ich muß endlich das machen, wozu ich tauge. 1. Grillparzer 2. Iambus 3. Geschichte der deutschen Litteratur in Oesterreich. Sind diese 3 Dinge fertig; dann wird’s ja auch mit mir alle sein. – Conrads thörichtes Gefasel habe ich nicht ohne Ärger gelesen; es ist traurig daß die Preußischen Jahrbücher sich mit solchem Quark füllen; mir auch unverständlich, da Treitschke in der Gesch. d. 19. Jh. für Grillparzer u. Raimund schöne u. rühmende Worte gefunden hat.
Sagen Sie Herrn Dr. Conta wenn er fertig ist doch gelegentlich, ich fände es nicht [sch]ön von ihm, daß er seit 3 Jahren kein Wort habe von sich hören lassen. Mir thut es leid, daß er so wenig entspricht; daß er unendlich schwer zu behandeln sei, das habe ich erfahren.
Graz wird also – wie Gurlitt einst scherzte – auch im Sommer eine große Kinderstube sein; ich werde den collegialen Nachwuchs kennen lernen; für einen so fabelhaften Kinderfreund wie ich bin, eine Lockung mehr.
Sie haben das Wichtigste vergessen; wann Manuscript für Heft 3 oder 4 noch zurecht käme. Bitte bald ein Wort darüber zu sagen.
Mit freundlichen Grüßen an Ihre liebe Frau und Sie selbst Ihr
aufrichtig Ergeb.
Sauer.
Ich darf mein Leben nicht auf diese weise verzetteln; ich muß endlich das machen, wozu ich tauge. 1. Grillparzer 2. Iambus 3. Geschichte der deutschen Litteratur in Oesterreich. Sind diese 3 Dinge fertig; dann wird’s ja auch mit mir alle sein.
Sauer legte einen Schwerpunkt seiner Forschung auf Franz Grillparzer und die österreichische Literatur.
Ich darf mein Leben nicht auf diese weise verzetteln; ich muß endlich das machen, wozu ich tauge. 1. Grillparzer 2. Iambus 3. Geschichte der deutschen Litteratur in Oesterreich. Sind diese 3 Dinge fertig; dann wird’s ja auch mit mir alle sein.
Sauer legte einen Schwerpunkt seiner Forschung auf Franz Grillparzer und die österreichische Literatur.
Schreibort: Prag
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur:
Autogr. 422/1-155
Umfang: 4 Seite(n)
Rohtranskription, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-8487. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8487/methods/sdef:TEI/get
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