Prag 25.1.94.
Smichow 586
L. F. Hier endlich die Prospekte. Ich sende Ihnen 12 Prospecte und 6 Einla[d]ungen; Sie bedenken damit die mir genannten Freunde Lunzer, Sittenberger, etc. und sagen mir gelegentlich, wenn Sie es geschickt haben, damit ich nicht auch sende. Desgleichen propagieren Sie gütigst den Prospect bei den genannten Zeitschriften. Weitere Formulare stehen Ihnen zur Verfügung. Für die Förderung meinen besten Dank. – Nun müssen Sie heute noch einmal die Wirren meines kritischen Theiles anhören. Ich habe den Versuch gemacht, die Zeitschriften & [A]ufsätze und Bücher sachlich zu ordnen; er führt aber ins Unabsehbare und ich habe ihn sogleich wieder aufgegeben. Nun mach ich es folgendermassen (versuchsweise.) Nach den Recensionen und Referaten schreib ich: ‚Neue Litteratur‘. Zurst folgen die Zeitschriften und zwar in der Reihenfolge: Jahrbücher, Monatsschriften, Wochenschriften, Tagesblätter. Ähnlich wie bei Grauert. Nur die Inhaltsangaben kürzer, auch nicht überall. ????? Mittheilungen, Briefe etc. genauer excerpirt als darstellendes. Dann Strich. Die neuen Bücher. Allgemeines, [1]5. Jh., 16. Jh. 17. Jh. 18 Jh. 19 Jh. innerhalb dieser Gruppen auch annähernd chronologisch. Die Gruppen ohne Überschriften nur durch Striche getrennt. Dann wieder Strich. Mittheilungen über geplante Bücher, Versammlungen (aber keine eigentlichen Personalien, die ich haße); zuletzt vielleicht Antiquariatskataloge. Unter den Büchern führe ich alles an, was ich aus Hinrichs und sonst erreiche. Was ich im gleichen Heft recensire fällt aus. Was in späteren Heften recensiert werden soll, verzeichne ich blos [ev. durch einen Strn hervorgehoben?]; was ich gar nicht recensieren will, thu ich à la Grauert gleich ab. Soweit wäre mir alles klar. Nur was ich mit wichtigeren Besprechungen thun soll, ist mir unklar. Excerpieren? Minors Recension des Rabanyschen Kotzebue ist ein ganzes Buch, u. fast wich[ti]ger als das recensierte Werk. Ich denke mir es genügt, wenn ich sage: ‚Grundlegende Recensionen mit zahlreichen wichtigen Nachträgen‘. Wo aber stelle ich die Recensionen hin? Lasse ich sie unter den Zeitschriften, so muß ich Jostes Recension der Xenien unter ‚Literaturblatt‘, Weilens Besprech. unter ‚Voss. Ztg.‘ bringen; die Xenien selbst stehen wahrscheinlich unter den [n]euen Büchern. Soll ich also in diesem Fall die Recensionen doch zu den Büchern stellen? Wäre das zu inconsequent? [NB. Ich erwähne nur solche Recensionen, die neues bringen; Centralblatt, Litt.ztg. etc. für gewöhnlich nicht.] Aber mein lieber Freund beschwöre ich Sie, helfen Sie mir diesmal den critischen Theil, Recensionen u. Notizen etwas füllen. Wenn mir nicht die nächsten Freunde helfen, muß ich alles allein machen. Ich habe Seemüller, Minor u. Schönbach g[e]beten. Mein Dr. Fürst recensiert mir Leitzmann Forster; Sicher Zimmermann; Widmann Haller. Möchten Sie nicht anonym einiges beisteuern. Möchten Sie mir nicht wenigstens Nachträge zu Goedeke V zu Jahresberichten II liefern mit deren Besprechung ich den kritischen Theil eröffne, wenn ich nicht Scherers Kl. Schriften aus Pietät voranstelle. Von Fremden bekomme ich erst Recensionen fürs 2. oder 3. Heft. Sie könnten selbst solche Bücher besprechen, über die [S]ie anderwärts referieren; nur Anzeigen ist ausgeschlossen; das hab ich Roethe versprochen. Hassencamp? – Hat keiner Ihrer jungen Leute was für Recensionen liegen. Über Zeidler hab ich heut ausführlich an Schönbach geschrieben. Lassen Sie sich den Brief zeigen. Treulichst
Ihr dankbarer AS. Auf separater Briefkarte: Noch etwas. Mit Zeidlers Habilitation steht es schlecht. [Co]rnu hat s. Arbeit genau gep[rüf]t (er hat mehrere Wochen dazu verwandt) und die unglaublichsten Schluderhaftigkeiten und Unrichtigkeiten gefunden. Das Gedicht, das er als Quelle Rudolfs auffasst, ist nachweislich später als Rudolfs Werk entstanden; bei einiger Mühe hätte er finden müssen, wie die echte Quelle aussah, von der sich Spuren noch in späteren französischen Gedichten erhalten haben. Die Auffassung von Rudolfs Arbeitsweise ist ganz falsch. Zeidler stellt es so dar, als ob er alle Schönheiten seiner Quelle ab- sichtlich weggelassen habe; während diese Schönhei[ten] in s. Quelle gar nicht [st]anden. Um die Geste Romanorum hat er Zeidler sich nicht gekümmert; altfranzösisch kann er so wenig , daß er Zeidler an wichtigen Stellen Wörter verwechselt hat, Nominativ & Accusativformen promiscue gebracht u. dgl. Ich habe Cornus Gutachten u. s. Exemplar, in dem er alle Fehler genau verzeichnete, noch nicht gesehen; aber es ist kaum eine Möglichkeit nach Cornus Mittheilungen noch vorhanden, daß wir ihn acceptieren. Hätte er sich doch noch ein Jahr Zeit gelassen. An Schönbach werd ich nach der Sitzung ausführlich darüber schrieben.
Prag 25.1.94.
Smichow 586
L. F. Hier endlich die Prospekte. Ich sende Ihnen 12 Prospecte und 6 Einla[d]ungen; Sie bedenken damit die mir genannten Freunde Lunzer, Sittenberger, etc. und sagen mir gelegentlich, wenn Sie es geschickt haben, damit ich nicht auch sende. Desgleichen propagieren Sie gütigst den Prospect bei den genannten Zeitschriften. Weitere Formulare stehen Ihnen zur Verfügung. Für die Förderung meinen besten Dank. – Nun müssen Sie heute noch einmal die Wirren meines kritischen Theiles anhören. Ich habe den Versuch gemacht, die Zeitschriften & [A]ufsätze und Bücher sachlich zu ordnen; er führt aber ins Unabsehbare und ich habe ihn sogleich wieder aufgegeben. Nun mach ich es folgendermassen (versuchsweise.) Nach den Recensionen und Referaten schreib ich: ‚Neue Litteratur‘. Zurst folgen die Zeitschriften und zwar in der Reihenfolge: Jahrbücher, Monatsschriften, Wochenschriften, Tagesblätter. Ähnlich wie bei Grauert. Nur die Inhaltsangaben kürzer, auch nicht überall. ????? Mittheilungen, Briefe etc. genauer excerpirt als darstellendes. Dann Strich. Die neuen Bücher. Allgemeines, [1]5. Jh., 16. Jh. 17. Jh. 18 Jh. 19 Jh. innerhalb dieser Gruppen auch annähernd chronologisch. Die Gruppen ohne Überschriften nur durch Striche getrennt. Dann wieder Strich. Mittheilungen über geplante Bücher, Versammlungen (aber keine eigentlichen Personalien, die ich haße); zuletzt vielleicht Antiquariatskataloge. Unter den Büchern führe ich alles an, was ich aus Hinrichs und sonst erreiche. Was ich im gleichen Heft recensire fällt aus. Was in späteren Heften recensiert werden soll, verzeichne ich blos [ev. durch einen Strn hervorgehoben?]; was ich gar nicht recensieren will, thu ich à la Grauert gleich ab. Soweit wäre mir alles klar. Nur was ich mit wichtigeren Besprechungen thun soll, ist mir unklar. Excerpieren? Minors Recension des Rabanyschen Kotzebue ist ein ganzes Buch, u. fast wich[ti]ger als das recensierte Werk. Ich denke mir es genügt, wenn ich sage: ‚Grundlegende Recensionen mit zahlreichen wichtigen Nachträgen‘. Wo aber stelle ich die Recensionen hin? Lasse ich sie unter den Zeitschriften, so muß ich Jostes Recension der Xenien unter ‚Literaturblatt‘, Weilens Besprech. unter ‚Voss. Ztg.‘ bringen; die Xenien selbst stehen wahrscheinlich unter den [n]euen Büchern. Soll ich also in diesem Fall die Recensionen doch zu den Büchern stellen? Wäre das zu inconsequent? [NB. Ich erwähne nur solche Recensionen, die neues bringen; Centralblatt, Litt.ztg. etc. für gewöhnlich nicht.] Aber mein lieber Freund beschwöre ich Sie, helfen Sie mir diesmal den critischen Theil, Recensionen u. Notizen etwas füllen. Wenn mir nicht die nächsten Freunde helfen, muß ich alles allein machen. Ich habe Seemüller, Minor u. Schönbach g[e]beten. Mein Dr. Fürst recensiert mir Leitzmann Forster; Sicher Zimmermann; Widmann Haller. Möchten Sie nicht anonym einiges beisteuern. Möchten Sie mir nicht wenigstens Nachträge zu Goedeke V zu Jahresberichten II liefern mit deren Besprechung ich den kritischen Theil eröffne, wenn ich nicht Scherers Kl. Schriften aus Pietät voranstelle. Von Fremden bekomme ich erst Recensionen fürs 2. oder 3. Heft. Sie könnten selbst solche Bücher besprechen, über die [S]ie anderwärts referieren; nur Anzeigen ist ausgeschlossen; das hab ich Roethe versprochen. Hassencamp? – Hat keiner Ihrer jungen Leute was für Recensionen liegen. Über Zeidler hab ich heut ausführlich an Schönbach geschrieben. Lassen Sie sich den Brief zeigen. Treulichst
Ihr dankbarer AS. Auf separater Briefkarte: Noch etwas. Mit Zeidlers Habilitation steht es schlecht. [Co]rnu hat s. Arbeit genau gep[rüf]t (er hat mehrere Wochen dazu verwandt) und die unglaublichsten Schluderhaftigkeiten und Unrichtigkeiten gefunden. Das Gedicht, das er als Quelle Rudolfs auffasst, ist nachweislich später als Rudolfs Werk entstanden; bei einiger Mühe hätte er finden müssen, wie die echte Quelle aussah, von der sich Spuren noch in späteren französischen Gedichten erhalten haben. Die Auffassung von Rudolfs Arbeitsweise ist ganz falsch. Zeidler stellt es so dar, als ob er alle Schönheiten seiner Quelle ab- sichtlich weggelassen habe; während diese Schönhei[ten] in s. Quelle gar nicht [st]anden. Um die Geste Romanorum hat er Zeidler sich nicht gekümmert; altfranzösisch kann er so wenig , daß er Zeidler an wichtigen Stellen Wörter verwechselt hat, Nominativ & Accusativformen promiscue gebracht u. dgl. Ich habe Cornus Gutachten u. s. Exemplar, in dem er alle Fehler genau verzeichnete, noch nicht gesehen; aber es ist kaum eine Möglichkeit nach Cornus Mittheilungen noch vorhanden, daß wir ihn acceptieren. Hätte er sich doch noch ein Jahr Zeit gelassen. An Schönbach werd ich nach der Sitzung ausführlich darüber schrieben.
Schreibort: Prag
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur:
Autogr. 422/1-243 u. zu 422/1-243
Umfang: 4 Seite(n)
Rohtranskription, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-8662. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8662/methods/sdef:TEI/get
LizenzhinweisDie Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.
LinksDas Bildmaterial dieser Webseite sind Reproduktionen aus den Sammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek und des Staatsarchivs Würzburg. Für jede weitere Verwendung wenden Sie sich bitte an die jeweilige Institution.