Graz 17 IX 94

Lieber freund Empfangen Sie meinen dank für Ihren reichhaltigen brief. Wir, nemlich meine frau, die die ihrige ! und Sie grüsst, und ich, freuen uns Ihres wolverbrachten sommers und wünschen Ihnen beiden für die freude- und sorgenreiche zeit alles gute.
Ich freue mich ausserdem besonders Ihres gefühles, dass Sie zu sich selbst zurückkehren können, nachdem jetzt die doppelte redactionsarbeit in gang sei. Und da ich jahre hindurch mich nicht selbst fand, so könnte ich Sie um Ihre glückliche art beneiden, so rasch die maschinen in dauernden gang gebracht zu haben. Ich könnte Sie beneiden, wenn ichs Ihnen nicht so sehr gönnte.
Auf den schluss der alten und den anfang der neuen DLD freue ich mich: Göschen hat mir nichts geschickt und so nehme ich dankbar Ihre verheissung an. In Ihrem reichen programm sind namen von verfassern und herausgebern, die ich nicht kenne. Die werke werden zu dem guten gehören, was das programm verspricht. Wenn Sie Fresenius loseisen, ists ein segen, mir ists 10 jahre lang nicht gelungen. Und auf das meiste übrige freue ich mich sehr.
Wie steht es denn mit Ihrer übersetzerbibliothek? Es verlautet gar nichts davon.
Auch dem Euphorion wünsche ich gutes gedeihen. Das 2. heft hat mich, darf ich es offen sagen? nicht sehr befriedigt; Hebler schrieb keinen aufsatz, sondern beiträge zu einer recension, die gewiss sehr gut sind aber doch nicht recht an diese stelle taugen. Werner hätte ich lieber unter dem striche eines politischen tagblattes gelesen. Ganz ausnehmend dagegen haben mir Ihre und nur Ihrer Bürgerbriefe gefallen, sie sind köstlich. Dass Sie gleich eine fehde haben, halte ich persönlich für unangenehm, zumal die würdige replik Stracks in aller augen über die anmassung seines partners triumphiert. Und ich würde mich an Ihrer stelle schönstens bedanken, dass Minor seine weisheit über akademische vorbereitung gleich zweimal versilbert: bei Ihnen und in den GGA. Es schadet der zeitschrift, wenn sie sich ins unrecht setzt. Verzeihen Sie, dass ich unaufgefordert dies schreibe; wäre es nur meine ansicht, so hätte ich sie als unmassgeblich unterdrückt; so lief aber erst heute wieder ein brief bei mir ein, dessen schreiber Ihnen so autorität ist wie mir, mit einem „misfällt allgemein“.
Meine Wieland-La Roche-anz. hoffe ich für 1895 liefern zu können.
Gezahlt hat Koch weder Schönbach noch mich. Darf ich Ihnen einen wink geben, so bestellen Sie sich eine recht lobende anzeige über Kögels Altd. littgesch. Nur dadurch können Sie die Seemüllersche anz. über Kelle ausmerzen. Oder verbietet Ihnen Ihre persönliche stellung zu Kelle sich auf die seite wissenschaftlicher forschung gegen – na, das will ich unterdrücken, da ich doch nicht fachmann hiefür bin, allerdings sehr zuverlässige gewährsmänner habe; so setze ich nur noch das nötige verbum bei: zu stellen.
Haben Sie noch eine revision des 2. teiles meines Wielandartikels in händen, so erweisen Sie mir die grosse gefälligkeit, folgendes übersehene zu bessern: s. 12 in dem absatz: Fragen wir gegen ende (z. 14 v. o. der korrektur) lies am zuverlässigsten statt am verlässlichsten.
s. 13 z. 2 v. o. als Mittel zu benützen, um eben dies (um fehlt in der korr.)
s. 16 z. 8. v. u. (Absatz: durch diese verwischende) glaubt man nicht, daß er wirklich statt daß Entschuldigen Sie die bemühung!
Nochmals danke ich für Ihren brief und bitte Sie inständig, meinen freimut freundschaftlich aufzunehmen.
Ihr aufrichtig ergebener
BSeuffert.

Graz 17 IX 94

Lieber freund Empfangen Sie meinen dank für Ihren reichhaltigen brief. Wir, nemlich meine frau, die die ihrige ! und Sie grüsst, und ich, freuen uns Ihres wolverbrachten sommers und wünschen Ihnen beiden für die freude- und sorgenreiche zeit alles gute.
Ich freue mich ausserdem besonders Ihres gefühles, dass Sie zu sich selbst zurückkehren können, nachdem jetzt die doppelte redactionsarbeit in gang sei. Und da ich jahre hindurch mich nicht selbst fand, so könnte ich Sie um Ihre glückliche art beneiden, so rasch die maschinen in dauernden gang gebracht zu haben. Ich könnte Sie beneiden, wenn ichs Ihnen nicht so sehr gönnte.
Auf den schluss der alten und den anfang der neuen DLD freue ich mich: Göschen hat mir nichts geschickt und so nehme ich dankbar Ihre verheissung an. In Ihrem reichen programm sind namen von verfassern und herausgebern, die ich nicht kenne. Die werke werden zu dem guten gehören, was das programm verspricht. Wenn Sie Fresenius loseisen, ists ein segen, mir ists 10 jahre lang nicht gelungen. Und auf das meiste übrige freue ich mich sehr.
Wie steht es denn mit Ihrer übersetzerbibliothek? Es verlautet gar nichts davon.
Auch dem Euphorion wünsche ich gutes gedeihen. Das 2. heft hat mich, darf ich es offen sagen? nicht sehr befriedigt; Hebler schrieb keinen aufsatz, sondern beiträge zu einer recension, die gewiss sehr gut sind aber doch nicht recht an diese stelle taugen. Werner hätte ich lieber unter dem striche eines politischen tagblattes gelesen. Ganz ausnehmend dagegen haben mir Ihre und nur Ihrer Bürgerbriefe gefallen, sie sind köstlich. Dass Sie gleich eine fehde haben, halte ich persönlich für unangenehm, zumal die würdige replik Stracks in aller augen über die anmassung seines partners triumphiert. Und ich würde mich an Ihrer stelle schönstens bedanken, dass Minor seine weisheit über akademische vorbereitung gleich zweimal versilbert: bei Ihnen und in den GGA. Es schadet der zeitschrift, wenn sie sich ins unrecht setzt. Verzeihen Sie, dass ich unaufgefordert dies schreibe; wäre es nur meine ansicht, so hätte ich sie als unmassgeblich unterdrückt; so lief aber erst heute wieder ein brief bei mir ein, dessen schreiber Ihnen so autorität ist wie mir, mit einem „misfällt allgemein“.
Meine Wieland-La Roche-anz. hoffe ich für 1895 liefern zu können.
Gezahlt hat Koch weder Schönbach noch mich. Darf ich Ihnen einen wink geben, so bestellen Sie sich eine recht lobende anzeige über Kögels Altd. littgesch. Nur dadurch können Sie die Seemüllersche anz. über Kelle ausmerzen. Oder verbietet Ihnen Ihre persönliche stellung zu Kelle sich auf die seite wissenschaftlicher forschung gegen – na, das will ich unterdrücken, da ich doch nicht fachmann hiefür bin, allerdings sehr zuverlässige gewährsmänner habe; so setze ich nur noch das nötige verbum bei: zu stellen.
Haben Sie noch eine revision des 2. teiles meines Wielandartikels in händen, so erweisen Sie mir die grosse gefälligkeit, folgendes übersehene zu bessern: s. 12 in dem absatz: Fragen wir gegen ende (z. 14 v. o. der korrektur) lies am zuverlässigsten statt am verlässlichsten.
s. 13 z. 2 v. o. als Mittel zu benützen, um eben dies (um fehlt in der korr.)
s. 16 z. 8. v. u. (Absatz: durch diese verwischende) glaubt man nicht, daß er wirklich statt daß Entschuldigen Sie die bemühung!
Nochmals danke ich für Ihren brief und bitte Sie inständig, meinen freimut freundschaftlich aufzunehmen.
Ihr aufrichtig ergebener
BSeuffert.

Briefdaten

Schreibort: Graz
Empfangsort: Prag
Archiv: Staatsarchiv Würzburg
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand
Umfang: 4 Seite(n)

Status

Rohtranskription, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-8713. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8713/methods/sdef:TEI/get

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

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