Prag 6/2 03
Smichow 586
Lieber Freund! Verzeihen Sie die etwas tumultuarische Art, in der ich Sie in [d]en letzten Tagen mit meinen Briefen bombadiert habe. Ich bin jetzt schon ruhiger, nicht zum Wenigsten unter dem Eindruck Ihres freundlichen Briefes. Ohne Schuld bin ich ja nicht. Wenn man mir aber im Nov./Dec. gesagt hätte, dass die Einbanddeckel fertig sind, so hätte ich gewiss einen Ausweg aus der schwierigen Situation gefunden.
– Ich habe nun wie Sie das Gefühl, dass Ihr Aufsatz nicht ein Jahr lang liegen bleiben darf. Aus den von Ihnen angegeben Gründen und aus Anderen. Es giebt – glaube ich – 2 Wege um das Ziel zu erreich: 1) den von Ihnen vorgeschlagenen einer Sonderausgabe bei Böhlau. Sie hätten in diesem Fall wohl die Güte ein Blatt Vorwort vorauszusetzten, worin Sie den Sachverhalt darlegen und mein Einverständnis zu dem Sonderdruck ausdrücklich hervorheben. Kosten kann das Ganze nicht viel. Ich glaube, da die Goethe-Gesellschaft einen Ersatz der Unkosten durch mich nicht annimmt, so wäre es nur recht und billig, wenn Sie mir die Kosten dieses Sonderdrucks überließen. Oder wenn Sie gegen diese Art des Arrangements Bedenken tragen, so gestatten Sie mir, dass ich Ihnen die beiden Bogen nach dem Honorarsatz der Schriften der Goethe-Gesellschaft (den ich freilich noch immer nicht kenne) honoriere auch wenn der Aufsatz n[ic]ht in meinen Bänden erscheint. Ich denke, das wird auch Ihre Kosten ungefähr decken. Sie haben ja dann noch immer Verlust. Darum eben bitte ich um diese Erlaubnis.
Der 2. Weg wäre der: Sie überliessen den Aufsatz dem Band 18 der Schriften; verlangen aber, dass Ihnen die Sonderabzüge schon jetzt ausgefolgt werden; (vielleicht in grösserer Anzahl, als ursprünglich geplant war) dadurch käme der Aufsatz den Interessenten und eventuellen Concurrenten jetzt zur Kenntnis; Ihre Priorität wäre gesichert; man könnte auch für die Besprech- ung des Aufsatzes in der Presse sorgen; (für eine ausführliche Besprechung in der Deutschen Arbeit u. Verbreitung dieser Besprechg. sorgte ich selbst); die Mitglieder der Goethe-Gesellschaft be[kä]men ihn officiell erst im 18. Bande zugemittelt. In demletzteren Fall hätten Sie wenigstens keinen materiellen Verlust. Die Erlaubnis der Goethe-Gesellschaft müsste (und könnte) Ihnen Schmidt leicht erwirken.
In Ihrer Aufklärung bemerke [ich] noch: es bleibt in der That aus dem bereits gedruckten Band nichts weg als Ihr Aufsatz. Am Schluss meiner Einleitung würde eine Note der Redactoren eingefügt, ungefähr des Inhalts: Der bereits gesetzte und imprimierte Aufsatz von Seuffert .... musste um die Versendbarkeit des Bandes zu erleichtern, für den voraussichtlich im Spätherbst 1903 erscheinenden 2. Band dieses Werkes zurückgestellt werden.
Den Wortlaut habe ich nicht genau in Erinnerung. Es muss aber wol jetzt bald der Reindruck kommen. Bis dieser eintrifft, könnten Sie vielleicht mit Ihrem Entschluss noch warten, und einstweilen blos bei Böhlau anfragen, wie hoch die selbstständige Ausgabe des Heftchens sich stellen würde.
Auf mich u. den Umfang des 2. Bandes meines Werkes nehmen Sie bei Ihrem Entschluss keine weitere Rücksicht. Es blieben [mir] trotzdem noch 25 Bogen (mit Register); reicht das nicht aus, opfere ich zunächst das Register. Dann kann auch die Abhandlg. über Goethes ältere Bezhg. zu Österreich leicht wegbleiben [u.] als selbstständiger Aufsatz im Euph. ????? erscheinen. Da man überhaupt die ausführlichen Abhandlungen des ersten Bandes in Weimar so perhorresziert, so will ich sie beim 2. überhaupt vermeiden. Vielleicht entschliesse ich mich zu einem selbstständigen darstellenden Buch: Goethe u. Österreich, in das ich die Abhandlungen des ersten Bandes in gründlicher Umarbeitung aufnehme. Mein Verhalten hängt von Schmidts Antwortbrief ab, der sich leider stakr verzögert.
Es thut mir herzlich leid, dass Sie alle diese Dinge lesen und erwägen müssen. Verzeihen Sie es mir, soweit ich die Schuld daran trage.
Herzlich grüssend
Ihr
sehr erg.
AS.
Prag 6/2 03
Smichow 586
Lieber Freund! Verzeihen Sie die etwas tumultuarische Art, in der ich Sie in [d]en letzten Tagen mit meinen Briefen bombadiert habe. Ich bin jetzt schon ruhiger, nicht zum Wenigsten unter dem Eindruck Ihres freundlichen Briefes. Ohne Schuld bin ich ja nicht. Wenn man mir aber im Nov./Dec. gesagt hätte, dass die Einbanddeckel fertig sind, so hätte ich gewiss einen Ausweg aus der schwierigen Situation gefunden.
– Ich habe nun wie Sie das Gefühl, dass Ihr Aufsatz nicht ein Jahr lang liegen bleiben darf. Aus den von Ihnen angegeben Gründen und aus Anderen. Es giebt – glaube ich – 2 Wege um das Ziel zu erreich: 1) den von Ihnen vorgeschlagenen einer Sonderausgabe bei Böhlau. Sie hätten in diesem Fall wohl die Güte ein Blatt Vorwort vorauszusetzten, worin Sie den Sachverhalt darlegen und mein Einverständnis zu dem Sonderdruck ausdrücklich hervorheben. Kosten kann das Ganze nicht viel. Ich glaube, da die Goethe-Gesellschaft einen Ersatz der Unkosten durch mich nicht annimmt, so wäre es nur recht und billig, wenn Sie mir die Kosten dieses Sonderdrucks überließen. Oder wenn Sie gegen diese Art des Arrangements Bedenken tragen, so gestatten Sie mir, dass ich Ihnen die beiden Bogen nach dem Honorarsatz der Schriften der Goethe-Gesellschaft (den ich freilich noch immer nicht kenne) honoriere auch wenn der Aufsatz n[ic]ht in meinen Bänden erscheint. Ich denke, das wird auch Ihre Kosten ungefähr decken. Sie haben ja dann noch immer Verlust. Darum eben bitte ich um diese Erlaubnis.
Der 2. Weg wäre der: Sie überliessen den Aufsatz dem Band 18 der Schriften; verlangen aber, dass Ihnen die Sonderabzüge schon jetzt ausgefolgt werden; (vielleicht in grösserer Anzahl, als ursprünglich geplant war) dadurch käme der Aufsatz den Interessenten und eventuellen Concurrenten jetzt zur Kenntnis; Ihre Priorität wäre gesichert; man könnte auch für die Besprech- ung des Aufsatzes in der Presse sorgen; (für eine ausführliche Besprechung in der Deutschen Arbeit u. Verbreitung dieser Besprechg. sorgte ich selbst); die Mitglieder der Goethe-Gesellschaft be[kä]men ihn officiell erst im 18. Bande zugemittelt. In demletzteren Fall hätten Sie wenigstens keinen materiellen Verlust. Die Erlaubnis der Goethe-Gesellschaft müsste (und könnte) Ihnen Schmidt leicht erwirken.
In Ihrer Aufklärung bemerke [ich] noch: es bleibt in der That aus dem bereits gedruckten Band nichts weg als Ihr Aufsatz. Am Schluss meiner Einleitung würde eine Note der Redactoren eingefügt, ungefähr des Inhalts: Der bereits gesetzte und imprimierte Aufsatz von Seuffert .... musste um die Versendbarkeit des Bandes zu erleichtern, für den voraussichtlich im Spätherbst 1903 erscheinenden 2. Band dieses Werkes zurückgestellt werden.
Den Wortlaut habe ich nicht genau in Erinnerung. Es muss aber wol jetzt bald der Reindruck kommen. Bis dieser eintrifft, könnten Sie vielleicht mit Ihrem Entschluss noch warten, und einstweilen blos bei Böhlau anfragen, wie hoch die selbstständige Ausgabe des Heftchens sich stellen würde.
Auf mich u. den Umfang des 2. Bandes meines Werkes nehmen Sie bei Ihrem Entschluss keine weitere Rücksicht. Es blieben [mir] trotzdem noch 25 Bogen (mit Register); reicht das nicht aus, opfere ich zunächst das Register. Dann kann auch die Abhandlg. über Goethes ältere Bezhg. zu Österreich leicht wegbleiben [u.] als selbstständiger Aufsatz im Euph. ????? erscheinen. Da man überhaupt die ausführlichen Abhandlungen des ersten Bandes in Weimar so perhorresziert, so will ich sie beim 2. überhaupt vermeiden. Vielleicht entschliesse ich mich zu einem selbstständigen darstellenden Buch: Goethe u. Österreich, in das ich die Abhandlungen des ersten Bandes in gründlicher Umarbeitung aufnehme. Mein Verhalten hängt von Schmidts Antwortbrief ab, der sich leider stakr verzögert.
Es thut mir herzlich leid, dass Sie alle diese Dinge lesen und erwägen müssen. Verzeihen Sie es mir, soweit ich die Schuld daran trage.
Herzlich grüssend
Ihr
sehr erg.
AS.
Schreibort: Prag
Empfangsort: Graz
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur:
Autogr. 423/1-450
Umfang: 8 Seite(n)
Rohtranskription, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-9065. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.9065/methods/sdef:TEI/get
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