Lieber freund, Hoffentlich haben Sie sich in Johannisbad gut erholt. Dank für Ihre Bemühungen um Stadionschen Besitz. Ich habe jüngst das Biberacher Wieland-Museum veranlasst an die grfl. Güterverwaltung in Kauth zu schreiben; ihre Antwort behauptet, es seien keine Wielandiana vorhanden. Ich bitte sich also nicht weiter zu bemühen. Das Verschwinden bleibt freilich unaufgeklärt.
Im Nachlass der Schönbächin fand ich beiliegendes Bild, das ich Ihrer Gattin mit meinen Empfehlungen zurückerstatte. Ihr Bild erlaubte ich mir auf Ersuchen des Bibliotheksleiters der Sammlung Grazer Dozenten in der Universitätsbibliothek einzuverleiben. Ich wünsche Ihnen ein leichteres Semester als das vorige für Sie war. Ich habe mich nur ein paar Wochen den kriegsteilnehmern geopfert u. erfahren, dass die hiesigen von dem gewünschten Eintrichtern nichts hatten. Im letzten Semester begannen sie schon wieder Studenten zu werden u. selbst zu lernen. Der Besuch ist heuer stark, aber nur in Chemie übermässig.
Ich bleibe die Ferien über hier; arbeitete erst altes auf, dann im September scharf u. doch ohne Abschluss für ein neues Heft Wielandprolegomena. Vom 1. Oktober an spannte mich der Dekan bei Organisationsfragen tüchtig ein; besonders der Amtsentwurf zu einer neuen Privatdozentenordnung kostete viel Zeit u. Überlegung.
Nun holte ich mit in den ungeheizten Säälen eine leichte Grippe, von der mir die Müdigkeit noch in den Gliedern liegt. Die Wielandausgabe such ich wieder zu beleben. Todesfälle u. Ausspringen von Mitarbeitern erschweren; nun hab ich Texte, aber keine Lesarten. Ich lasse keine Texte mehr in Druck, eh ich Mscpt fürs Ganze habe, Dazu soll ich, wegen der hohen kosten, sparen!
Wie steht es mit Ihrem Grillparzer u. Euphorion?
Wir gehen dem Hungern und Frieren entgegen, versichern uns unsere Behörden. Auch gut; es ist so keine Freude zu leben.
Herzlich in Treuen Ihr
BSfft.

Lieber freund, Hoffentlich haben Sie sich in Johannisbad gut erholt. Dank für Ihre Bemühungen um Stadionschen Besitz. Ich habe jüngst das Biberacher Wieland-Museum veranlasst an die grfl. Güterverwaltung in Kauth zu schreiben; ihre Antwort behauptet, es seien keine Wielandiana vorhanden. Ich bitte sich also nicht weiter zu bemühen. Das Verschwinden bleibt freilich unaufgeklärt.
Im Nachlass der Schönbächin fand ich beiliegendes Bild, das ich Ihrer Gattin mit meinen Empfehlungen zurückerstatte. Ihr Bild erlaubte ich mir auf Ersuchen des Bibliotheksleiters der Sammlung Grazer Dozenten in der Universitätsbibliothek einzuverleiben. Ich wünsche Ihnen ein leichteres Semester als das vorige für Sie war. Ich habe mich nur ein paar Wochen den kriegsteilnehmern geopfert u. erfahren, dass die hiesigen von dem gewünschten Eintrichtern nichts hatten. Im letzten Semester begannen sie schon wieder Studenten zu werden u. selbst zu lernen. Der Besuch ist heuer stark, aber nur in Chemie übermässig.
Ich bleibe die Ferien über hier; arbeitete erst altes auf, dann im September scharf u. doch ohne Abschluss für ein neues Heft Wielandprolegomena. Vom 1. Oktober an spannte mich der Dekan bei Organisationsfragen tüchtig ein; besonders der Amtsentwurf zu einer neuen Privatdozentenordnung kostete viel Zeit u. Überlegung.
Nun holte ich mit in den ungeheizten Säälen eine leichte Grippe, von der mir die Müdigkeit noch in den Gliedern liegt. Die Wielandausgabe such ich wieder zu beleben. Todesfälle u. Ausspringen von Mitarbeitern erschweren; nun hab ich Texte, aber keine Lesarten. Ich lasse keine Texte mehr in Druck, eh ich Mscpt fürs Ganze habe, Dazu soll ich, wegen der hohen kosten, sparen!
Wie steht es mit Ihrem Grillparzer u. Euphorion?
Wir gehen dem Hungern und Frieren entgegen, versichern uns unsere Behörden. Auch gut; es ist so keine Freude zu leben.
Herzlich in Treuen Ihr
BSfft.

Briefdaten

Schreibort: Graz
Empfangsort: Prag
Archiv: Staatsarchiv Würzburg
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand
Umfang: 2 Seite(n)

Status

Rohtranskription, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-9379. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.9379/methods/sdef:TEI/get

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

LinksInformation

Das Bildmaterial dieser Webseite sind Reproduktionen aus den Sammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek und des Staatsarchivs Würzburg. Für jede weitere Verwendung wenden Sie sich bitte an die jeweilige Institution.