Graz Harrachg. 1
7.9.21

Lieber Freund, Ich trage eine sehr alte Schuld an den Euphorion ab. Mindestens dreimal habe ich dazu angesetzt, Vorarbeiten gemacht, jedesmal kamen Hinderungen. Endlich das viertemal gelang die Beendigung, wenn mans denn Gelingen heissen kann. Wo man Verstand und Arbeit findet, lobt man gerne; aber I.s Art und Unart macht es verzweifelt schwer. Wenn Ihnen die Anz. zu lang ist, so streichen Sie etwa die Anm. zum 1. Gesg. heraus. Ich hätte ganz gerne den vorbereiteten kommentar zu allen 12 Gesgen gegeben, aber ich kann Ihnen nicht noch weitere (ungefähr 27) Blätter zumuten. Unproduktiv ist die kritik auch so nicht, meine ich.
Ich lege einen Zettel für die Bibliogr. des Euph. bei, zu etwaiger Berücksichtigung.
Nächstens wird Ihnen das 7. Hft der Prolego- mena ad Wielandum zugehen, unlesbar, aber allerlei philolog., mühselige Untersuchung, nicht nur Sammelei: Nehmen Sie es freundlich auf.
Eine ehemalige Zuhörerin Frl. Dr. Gretl Krinner wird sich an Sie wenden, ein sehr verständiges Frauenzimmer, dem ich riet, in Meran im Interesse der deutschen Schule auszuharren. Nun verlangt der ital. Inspektor den Druck der Diss., es ist also eine nationalpolitische Sache. Die Diss. hat mir s. Z. gefallen. Der Versuch die Kalendergeschichte Anzengrubers von den Dorfgängen zu scheiden, richtiger: die Scheidung zu erklären, schien mir gelungen. Sie weiss, dass sie stark kürzen muss, wenn Sie ihr den Euph. öffnen wollen.
Wie leben Sie und Ihre Frau? Ich grüsse Sie beide herzlich. Ich exisitiere; vergrämt, privat und politisch. Vielleicht fahr ich Ende nächster Woche auf 8 Tage zu meinen alten Schwestern nach Würzburg. Ich bin seit 1916 keinen Schritt aus dem Weichbildvon Graz gekommen.
In alten Treuen grüsst
Ihr ergebenster
BSfft.

Soeben kommt mir Ihr neuester Euph. zu Gesicht. Zu der von Ihnen trefflichst begonnenen Nachlese fügt sich ja im Abstand meine Sendung.

Graz Harrachg. 1
7.9.21

Lieber Freund, Ich trage eine sehr alte Schuld an den Euphorion ab. Mindestens dreimal habe ich dazu angesetzt, Vorarbeiten gemacht, jedesmal kamen Hinderungen. Endlich das viertemal gelang die Beendigung, wenn mans denn Gelingen heissen kann. Wo man Verstand und Arbeit findet, lobt man gerne; aber I.s Art und Unart macht es verzweifelt schwer. Wenn Ihnen die Anz. zu lang ist, so streichen Sie etwa die Anm. zum 1. Gesg. heraus. Ich hätte ganz gerne den vorbereiteten kommentar zu allen 12 Gesgen gegeben, aber ich kann Ihnen nicht noch weitere (ungefähr 27) Blätter zumuten. Unproduktiv ist die kritik auch so nicht, meine ich.
Ich lege einen Zettel für die Bibliogr. des Euph. bei, zu etwaiger Berücksichtigung.
Nächstens wird Ihnen das 7. Hft der Prolego- mena ad Wielandum zugehen, unlesbar, aber allerlei philolog., mühselige Untersuchung, nicht nur Sammelei: Nehmen Sie es freundlich auf.
Eine ehemalige Zuhörerin Frl. Dr. Gretl Krinner wird sich an Sie wenden, ein sehr verständiges Frauenzimmer, dem ich riet, in Meran im Interesse der deutschen Schule auszuharren. Nun verlangt der ital. Inspektor den Druck der Diss., es ist also eine nationalpolitische Sache. Die Diss. hat mir s. Z. gefallen. Der Versuch die Kalendergeschichte Anzengrubers von den Dorfgängen zu scheiden, richtiger: die Scheidung zu erklären, schien mir gelungen. Sie weiss, dass sie stark kürzen muss, wenn Sie ihr den Euph. öffnen wollen.
Wie leben Sie und Ihre Frau? Ich grüsse Sie beide herzlich. Ich exisitiere; vergrämt, privat und politisch. Vielleicht fahr ich Ende nächster Woche auf 8 Tage zu meinen alten Schwestern nach Würzburg. Ich bin seit 1916 keinen Schritt aus dem Weichbildvon Graz gekommen.
In alten Treuen grüsst
Ihr ergebenster
BSfft.

Soeben kommt mir Ihr neuester Euph. zu Gesicht. Zu der von Ihnen trefflichst begonnenen Nachlese fügt sich ja im Abstand meine Sendung.

Briefdaten

Schreibort: Graz
Empfangsort: Prag
Archiv: Staatsarchiv Würzburg
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand
Umfang: 3 Seite(n)

Status

Rohtranskription, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-9384. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.9384/methods/sdef:TEI/get

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

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