Fr, 6 10 590 :

Immer schon Handfrost. Früh Nebel. Ins Institut gefahren. Butylacetester angepackt. Umgerührt, fadisiert, mit Fiedler viel geredet. Dozent Pailer: "Herr Okopenko, die Katastrophe ist unausbleiblich!"

Ich möchte schon einen Beruf haben. Das Chemielernen bringt mich auf den Hund. Ich bin Schriftsteller. Ein Tag wie im bösen Traum. Partielles Unglücklichsein. Weiter Acetester gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt ...

Heimgefahren. Auf dem Hund.

Sa, 7 10 50:

Spät aufgestanden. Radio. Auf dem Hund. Eintragungen.

Ich bin gegenwärtig auf dem Hund, die verhaßte Chemie frißt mich auf, ich müßte Bücher über Bücher lernen, dabei interessiert mich keine Zeile, ich seh nur die Buchstaben vor mir, und täglich wird mich der Dozent prüfen, sagt er. Nun steht mir die seit Jahren erwartete Katastrophe, von der ich nie sprach, bevor.

Schnell und unbemerkt ist der Oktober gekommen.

In Tagebüchern 1945/46 gelesen.

Tante kam. Ich ruhte von allen Gedanken ans kommende Unheil aus.

CHhemie. Dann in guter Stimmung. Ich gab Tante Gedichte von Polakovics zum Lesen mit. "Sturm". Gemütlich. Ich bin sehr im Wunsch nach einem Mädchen. Nach langer Zeit des Grübelns und einer Gleichgültigkeit, die dem Grübeln gefolgt ist, wieder in angeregter Stimmung.

So, 8 10 50:

Kirche, Ordnungen. Zu Artmann gefahren, der nicht daheim. Polakovics besucht. Der ist schon am Gesundwerden. Er hatte die Beiträge, die den "Neuen Wegen" verbleiben, in einen Ordner geheftet. Alles andere war zurückgegangen. Wir stellten meinen Bericht vom Verband demokr. Schriftsteller für die NW zurecht, wo er wahrscheinlich im Dezember veröffentlicht wird. Ich erzählte ihm von meiner jetzigen Krise. In den Ferien und vorher die Monate bin ich immer am besten beisammen.

Polakovics fand, daß mein letztes Gedicht (Kommende Jahreszeit) etwas Bedrückendes hat; wie er sagt, ist es die Ouverture zu meiner Laboratoriumspraxis. Ich sagte ihm, ich werde nun länger nichts schreiben, denn seit dem Gassen-Gang habe ich nichts mehr wirklich Gutes geschrieben, keine solchen Bekenntnisgedichte mehr, sondern nur (wenn auch vielleicht ganz gute) Beschreibungen. Es ist eine ultraviolette, gespenstische Lyrik. Und allerletztlich will ich jetzt nicht auch noch meine privaten Sorgen - und das letzte Gedicht wäre der Ansatz dazu gewesen - in egoistischer Weise verwewigen.

Der Tante gefiel dieses Gedicht nachmittag übrigens ausgezeichnet. Nach der Aussprache vor Polakovics in besserer Laune. Ich möchte nur etwas anderes sein als Chemiker!

Länderspiel 7:2 gegen Jugoslawien. Maulkorb. Herrliche Abendstimmung mit Oktobernebel und grünem Gaslicht (Westermayer).

Nach der Auffrischung bei Polakovics bin ich überzeugt davon, daß es nun bald eine Schwenkung von der Chemie weg daheim energischer anzudeuten gilt. Der erste Schritt heute nachmittag in einem längeren Gespräch mit Mama. Ich gab verschiedenes zu bedenken. Freilich sprach ich noch nichts von einem Ausspringen aus dem Studium. Aber die Gesamtstimmung änderte ich, und ich werde vom neuen Kurs nicht mehr lassen. - Tantes Besuch begünstigte die Dinge ebenfalls sehr:

Fr, 6 10 50 :

Immer schon Handfrost. Früh Nebel. Ins Institut gefahren. Butylacetester angepackt. Umgerührt, fadisiert, mit Fiedler viel geredet. Dozent Pailer: "Herr Okopenko, die Katastrophe ist unausbleiblich!"

Ich möchte schon einen Beruf haben. Das Chemielernen bringt mich auf den Hund. Ich bin Schriftsteller. Ein Tag wie im bösen Traum. Partielles Unglücklichsein. Weiter Acetester gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt ...

Heimgefahren. Auf dem Hund.

Sa, 7 10 50:

Spät aufgestanden. Radio. Auf dem Hund. Eintragungen.

Ich bin gegenwärtig auf dem Hund, die verhaßte Chemie frißt mich auf, ich müßte Bücher über Bücher lernen, dabei interessiert mich keine Zeile, ich seh nur die Buchstaben vor mir, und täglich wird mich der Dozent prüfen, sagt er. Nun steht mir die seit Jahren erwartete Katastrophe, von der ich nie sprach, bevor.

Schnell und unbemerkt ist der Oktober gekommen.

In Tagebüchern 1945/46 gelesen.

Tante kam. Ich ruhte von allen Gedanken ans kommende Unheil aus.

Chemie. Dann in guter Stimmung. Ich gab Tante Gedichte von Polakovics zum Lesen mit. "Sturm". Gemütlich. Ich bin sehr im Wunsch nach einem Mädchen. Nach langer Zeit des Grübelns und einer Gleichgültigkeit, die dem Grübeln gefolgt ist, wieder in angeregter Stimmung.

So, 8 10 50:

Kirche, Ordnungen. Zu Artmann gefahren, der nicht daheim. Polakovics besucht. Der ist schon am Gesundwerden. Er hatte die Beiträge, die den "Neuen Wegen" verbleiben, in einen Ordner geheftet. Alles andere war zurückgegangen. Wir stellten meinen Bericht vom Verband demokr. Schriftsteller für die NW zurecht, wo er wahrscheinlich im Dezember veröffentlicht wird. Ich erzählte ihm von meiner jetzigen Krise. In den Ferien und vorher die Monate bin ich immer am besten beisammen.

Polakovics fand, daß mein letztes Gedicht (Kommende Jahreszeit) etwas Bedrückendes hat; wie er sagt, ist es die Ouverture zu meiner Laboratoriumspraxis. Ich sagte ihm, ich werde nun länger nichts schreiben, denn seit dem Gassen-Gang habe ich nichts mehr wirklich Gutes geschrieben, keine solchen Bekenntnisgedichte mehr, sondern nur (wenn auch vielleicht ganz gute) Beschreibungen. Es ist eine ultraviolette, gespenstische Lyrik. Und allerletztlich will ich jetzt nicht auch noch meine privaten Sorgen - und das letzte Gedicht wäre der Ansatz dazu gewesen - in egoistischer Weise verewigen.

Der Tante gefiel dieses Gedicht nachmittag übrigens ausgezeichnet. Nach der Aussprache vor Polakovics in besserer Laune. Ich möchte nur etwas anderes sein als Chemiker!

Länderspiel 7:2 gegen Jugoslawien. Maulkorb. Herrliche Abendstimmung mit Oktobernebel und grünem Gaslicht (Westermayer).

Nach der Auffrischung bei Polakovics bin ich überzeugt davon, daß es nun bald eine Schwenkung von der Chemie weg daheim energischer anzudeuten gilt. Der erste Schritt heute nachmittag in einem längeren Gespräch mit Mama. Ich gab verschiedenes zu bedenken. Freilich sprach ich noch nichts von einem Ausspringen aus dem Studium. Aber die Gesamtstimmung änderte ich, und ich werde vom neuen Kurs nicht mehr lassen. - Tantes Besuch begünstigte die Dinge ebenfalls sehr:

Fr, 6 10 590 :

Immer schon Handfrost. Früh Nebel. Ins Institut gefahren.
Butylacetester angepackt. Umgerührt, fadisiert, mit Fiedler viel geredet.
Dozent Pailer: "Herr Okopenko, die Katastrophe ist unausbleiblich!"

Ich möchte schon einen Beruf haben. Das Chemielernen bringt mich auf den
Hund. Ich bin Schriftsteller. Ein Tag wie im bösen Traum. Partielles
Unglücklichsein. Weiter Acetester gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt,
weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt ...

Heimgefahren. Auf dem Hund.

Sa, 7 10 50:

Spät aufgestanden. Radio. Auf dem Hund. Eintragungen.

Ich bin gegenwärtig auf dem Hund, die verhaßte Chemie frißt mich
auf, ich müßte Bücher über Bücher lernen, dabei interessiert mich
keine Zeile, ich seh nur die Buchstaben vor mir, und täglich wird
mich der Dozent prüfen, sagt er. Nun steht mir die seit Jahren
erwartete Katastrophe, von der ich nie sprach, bevor.

Schnell und unbemerkt ist der Oktober gekommen.

In Tagebüchern 1945/46 gelesen.

Tante kam. Ich ruhte von allen Gedanken ans kommende Unheil aus.

CHhemie. Dann in guter Stimmung. Ich gab Tante Gedichte von Polakovics
zum Lesen mit. "Sturm". Gemütlich. Ich bin sehr im Wunsch nach einem
Mädchen. Nach langer Zeit des Grübelns und einer Gleichgültigkeit, die
dem Grübeln gefolgt ist, wieder in angeregter Stimmung.

So, 8 10 50:

Kirche, Ordnungen. Zu Artmann gefahren, der nicht daheim.
Polakovics besucht. Der ist schon am Gesundwerden. Er hatte die
Beiträge, die den "Neuen Wegen" verbleiben, in einen Ordner geheftet.
Alles andere war zurückgegangen. Wir stellten meinen Bericht vom Verband
demokr. Schriftsteller
für die NW zurecht, wo er wahrscheinlich im
Dezember veröffentlicht wird. Ich erzählte ihm von meiner jetzigen
Krise. In den Ferien und vorher die Monate bin ich immer am besten
beisammen.

Polakovics fand, daß mein letztes Gedicht (Kommende Jahreszeit)
etwas Bedrückendes hat; wie er sagt, ist es die Ouverture zu meiner
Laboratoriumspraxis. Ich sagte ihm, ich werde nun länger nichts
schreiben, denn seit dem Gassen-Gang habe ich nichts mehr wirklich
Gutes geschrieben, keine solchen Bekenntnisgedichte mehr, sondern
nur (wenn auch vielleicht ganz gute) Beschreibungen. Es ist eine
ultraviolette, gespenstische Lyrik. Und allerletztlich will ich
jetzt nicht auch noch meine privaten Sorgen - und das letzte Gedicht
wäre der Ansatz dazu gewesen - in egoistischer Weise verwewigen.

Der Tante gefiel dieses Gedicht nachmittag übrigens ausgezeichnet.
Nach der Aussprache vor Polakovics in besserer Laune. Ich möchte nur
etwas anderes sein als Chemiker!

Länderspiel 7:2 gegen Jugoslawien. Maulkorb. Herrliche Abendstimmung
mit Oktobernebel und grünem Gaslicht (Westermayer).

Nach der Auffrischung bei Polakovics bin ich überzeugt davon, daß
es nun bald eine Schwenkung von der Chemie weg daheim energischer
anzudeuten gilt. Der erste Schritt heute nachmittag in einem längeren
Gespräch mit Mama. Ich gab verschiedenes zu bedenken. Freilich sprach
ich noch nichts von einem Ausspringen aus dem Studium. Aber die
Gesamtstimmung änderte ich, und ich werde vom neuen Kurs nicht mehr
lassen. - Tantes Besuch begünstigte die Dinge ebenfalls sehr:

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ABC: Streichung ABC: Hinzufügung;ABC: SperrsatzABC: Okopenko HandschriftABC: Okopenko MaschinenschriftABC: Text gedruckt[n]: Stellenkommentar

              
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Immer schon Handfrost. Früh Nebel. Ins Institut gefahren. Butylacetester angepackt. Umgerührt, fadisiert, mit Fiedler viel geredet. Dozent Pailer: "Herr Okopenko, die Katastrophe ist unausbleiblich!"

Ich möchte schon einen Beruf haben. Das Chemielernen bringt mich auf den Hund. Ich bin Schriftsteller. Ein Tag wie im bösen Traum. Partielles Unglücklichsein. Weiter Acetester gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt ...

Heimgefahren. Auf dem Hund.

Sa, 7 10 50:

Spät aufgestanden. Radio. Auf dem Hund. Eintragungen.

Ich bin gegenwärtig auf dem Hund, die verhaßte Chemie frißt mich auf, ich müßte Bücher über Bücher lernen, dabei interessiert mich keine Zeile, ich seh nur die Buchstaben vor mir, und täglich wird mich der Dozent prüfen, sagt er. Nun steht mir die seit Jahren erwartete Katastrophe, von der ich nie sprach, bevor.

Schnell und unbemerkt ist der Oktober gekommen.

In Tagebüchern 1945/46 gelesen.

Tante kam. Ich ruhte von allen Gedanken ans kommende Unheil aus.

CHhemie. Dann in guter Stimmung. Ich gab Tante Gedichte von Polakovics zum Lesen mit. "Sturm". Gemütlich. Ich bin sehr im Wunsch nach einem Mädchen. Nach langer Zeit des Grübelns und einer Gleichgültigkeit, die dem Grübeln gefolgt ist, wieder in angeregter Stimmung.

So, 8 10 50:

Kirche, Ordnungen. Zu Artmann gefahren, der nicht daheim. Polakovics besucht. Der ist schon am Gesundwerden. Er hatte die Beiträge, die den "Neuen Wegen" verbleiben, in einen Ordner geheftet. Alles andere war zurückgegangen. Wir stellten meinen Bericht vom Verband demokr. Schriftsteller für die NW zurecht, wo er wahrscheinlich im Dezember veröffentlicht wird. Ich erzählte ihm von meiner jetzigen Krise. In den Ferien und vorher die Monate bin ich immer am besten beisammen.

Polakovics fand, daß mein letztes Gedicht (Kommende Jahreszeit) etwas Bedrückendes hat; wie er sagt, ist es die Ouverture zu meiner Laboratoriumspraxis. Ich sagte ihm, ich werde nun länger nichts schreiben, denn seit dem Gassen-Gang habe ich nichts mehr wirklich Gutes geschrieben, keine solchen Bekenntnisgedichte mehr, sondern nur (wenn auch vielleicht ganz gute) Beschreibungen. Es ist eine ultraviolette, gespenstische Lyrik. Und allerletztlich will ich jetzt nicht auch noch meine privaten Sorgen - und das letzte Gedicht wäre der Ansatz dazu gewesen - in egoistischer Weise verwewigen.

Der Tante gefiel dieses Gedicht nachmittag übrigens ausgezeichnet. Nach der Aussprache vor Polakovics in besserer Laune. Ich möchte nur etwas anderes sein als Chemiker!

Länderspiel 7:2 gegen Jugoslawien. Maulkorb. Herrliche Abendstimmung mit Oktobernebel und grünem Gaslicht (Westermayer).

Nach der Auffrischung bei Polakovics bin ich überzeugt davon, daß es nun bald eine Schwenkung von der Chemie weg daheim energischer anzudeuten gilt. Der erste Schritt heute nachmittag in einem längeren Gespräch mit Mama. Ich gab verschiedenes zu bedenken. Freilich sprach ich noch nichts von einem Ausspringen aus dem Studium. Aber die Gesamtstimmung änderte ich, und ich werde vom neuen Kurs nicht mehr lassen. - Tantes Besuch begünstigte die Dinge ebenfalls sehr:

Fr, 6 10 50 :

Immer schon Handfrost. Früh Nebel. Ins Institut gefahren. Butylacetester angepackt. Umgerührt, fadisiert, mit Fiedler viel geredet. Dozent Pailer: "Herr Okopenko, die Katastrophe ist unausbleiblich!"

Ich möchte schon einen Beruf haben. Das Chemielernen bringt mich auf den Hund. Ich bin Schriftsteller. Ein Tag wie im bösen Traum. Partielles Unglücklichsein. Weiter Acetester gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt ...

Heimgefahren. Auf dem Hund.

Sa, 7 10 50:

Spät aufgestanden. Radio. Auf dem Hund. Eintragungen.

Ich bin gegenwärtig auf dem Hund, die verhaßte Chemie frißt mich auf, ich müßte Bücher über Bücher lernen, dabei interessiert mich keine Zeile, ich seh nur die Buchstaben vor mir, und täglich wird mich der Dozent prüfen, sagt er. Nun steht mir die seit Jahren erwartete Katastrophe, von der ich nie sprach, bevor.

Schnell und unbemerkt ist der Oktober gekommen.

In Tagebüchern 1945/46 gelesen.

Tante kam. Ich ruhte von allen Gedanken ans kommende Unheil aus.

Chemie. Dann in guter Stimmung. Ich gab Tante Gedichte von Polakovics zum Lesen mit. "Sturm". Gemütlich. Ich bin sehr im Wunsch nach einem Mädchen. Nach langer Zeit des Grübelns und einer Gleichgültigkeit, die dem Grübeln gefolgt ist, wieder in angeregter Stimmung.

So, 8 10 50:

Kirche, Ordnungen. Zu Artmann gefahren, der nicht daheim. Polakovics besucht. Der ist schon am Gesundwerden. Er hatte die Beiträge, die den "Neuen Wegen" verbleiben, in einen Ordner geheftet. Alles andere war zurückgegangen. Wir stellten meinen Bericht vom Verband demokr. Schriftsteller für die NW zurecht, wo er wahrscheinlich im Dezember veröffentlicht wird. Ich erzählte ihm von meiner jetzigen Krise. In den Ferien und vorher die Monate bin ich immer am besten beisammen.

Polakovics fand, daß mein letztes Gedicht (Kommende Jahreszeit) etwas Bedrückendes hat; wie er sagt, ist es die Ouverture zu meiner Laboratoriumspraxis. Ich sagte ihm, ich werde nun länger nichts schreiben, denn seit dem Gassen-Gang habe ich nichts mehr wirklich Gutes geschrieben, keine solchen Bekenntnisgedichte mehr, sondern nur (wenn auch vielleicht ganz gute) Beschreibungen. Es ist eine ultraviolette, gespenstische Lyrik. Und allerletztlich will ich jetzt nicht auch noch meine privaten Sorgen - und das letzte Gedicht wäre der Ansatz dazu gewesen - in egoistischer Weise verewigen.

Der Tante gefiel dieses Gedicht nachmittag übrigens ausgezeichnet. Nach der Aussprache vor Polakovics in besserer Laune. Ich möchte nur etwas anderes sein als Chemiker!

Länderspiel 7:2 gegen Jugoslawien. Maulkorb. Herrliche Abendstimmung mit Oktobernebel und grünem Gaslicht (Westermayer).

Nach der Auffrischung bei Polakovics bin ich überzeugt davon, daß es nun bald eine Schwenkung von der Chemie weg daheim energischer anzudeuten gilt. Der erste Schritt heute nachmittag in einem längeren Gespräch mit Mama. Ich gab verschiedenes zu bedenken. Freilich sprach ich noch nichts von einem Ausspringen aus dem Studium. Aber die Gesamtstimmung änderte ich, und ich werde vom neuen Kurs nicht mehr lassen. - Tantes Besuch begünstigte die Dinge ebenfalls sehr:

Fr, 6 10 590 :

Immer schon Handfrost. Früh Nebel. Ins Institut gefahren.
Butylacetester angepackt. Umgerührt, fadisiert, mit Fiedler viel geredet.
Dozent Pailer: "Herr Okopenko, die Katastrophe ist unausbleiblich!"

Ich möchte schon einen Beruf haben. Das Chemielernen bringt mich auf den
Hund. Ich bin Schriftsteller. Ein Tag wie im bösen Traum. Partielles
Unglücklichsein. Weiter Acetester gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt,
weiter gerührt, weiter gerührt, weiter gerührt ...

Heimgefahren. Auf dem Hund.

Sa, 7 10 50:

Spät aufgestanden. Radio. Auf dem Hund. Eintragungen.

Ich bin gegenwärtig auf dem Hund, die verhaßte Chemie frißt mich
auf, ich müßte Bücher über Bücher lernen, dabei interessiert mich
keine Zeile, ich seh nur die Buchstaben vor mir, und täglich wird
mich der Dozent prüfen, sagt er. Nun steht mir die seit Jahren
erwartete Katastrophe, von der ich nie sprach, bevor.

Schnell und unbemerkt ist der Oktober gekommen.

In Tagebüchern 1945/46 gelesen.

Tante kam. Ich ruhte von allen Gedanken ans kommende Unheil aus.

CHhemie. Dann in guter Stimmung. Ich gab Tante Gedichte von Polakovics
zum Lesen mit. "Sturm". Gemütlich. Ich bin sehr im Wunsch nach einem
Mädchen. Nach langer Zeit des Grübelns und einer Gleichgültigkeit, die
dem Grübeln gefolgt ist, wieder in angeregter Stimmung.

So, 8 10 50:

Kirche, Ordnungen. Zu Artmann gefahren, der nicht daheim.
Polakovics besucht. Der ist schon am Gesundwerden. Er hatte die
Beiträge, die den "Neuen Wegen" verbleiben, in einen Ordner geheftet.
Alles andere war zurückgegangen. Wir stellten meinen Bericht vom Verband
demokr. Schriftsteller
für die NW zurecht, wo er wahrscheinlich im
Dezember veröffentlicht wird. Ich erzählte ihm von meiner jetzigen
Krise. In den Ferien und vorher die Monate bin ich immer am besten
beisammen.

Polakovics fand, daß mein letztes Gedicht (Kommende Jahreszeit)
etwas Bedrückendes hat; wie er sagt, ist es die Ouverture zu meiner
Laboratoriumspraxis. Ich sagte ihm, ich werde nun länger nichts
schreiben, denn seit dem Gassen-Gang habe ich nichts mehr wirklich
Gutes geschrieben, keine solchen Bekenntnisgedichte mehr, sondern
nur (wenn auch vielleicht ganz gute) Beschreibungen. Es ist eine
ultraviolette, gespenstische Lyrik. Und allerletztlich will ich
jetzt nicht auch noch meine privaten Sorgen - und das letzte Gedicht
wäre der Ansatz dazu gewesen - in egoistischer Weise verwewigen.

Der Tante gefiel dieses Gedicht nachmittag übrigens ausgezeichnet.
Nach der Aussprache vor Polakovics in besserer Laune. Ich möchte nur
etwas anderes sein als Chemiker!

Länderspiel 7:2 gegen Jugoslawien. Maulkorb. Herrliche Abendstimmung
mit Oktobernebel und grünem Gaslicht (Westermayer).

Nach der Auffrischung bei Polakovics bin ich überzeugt davon, daß
es nun bald eine Schwenkung von der Chemie weg daheim energischer
anzudeuten gilt. Der erste Schritt heute nachmittag in einem längeren
Gespräch mit Mama. Ich gab verschiedenes zu bedenken. Freilich sprach
ich noch nichts von einem Ausspringen aus dem Studium. Aber die
Gesamtstimmung änderte ich, und ich werde vom neuen Kurs nicht mehr
lassen. - Tantes Besuch begünstigte die Dinge ebenfalls sehr:

Legende
ABC: Streichung ABC: Hinzufügung;ABC: SperrsatzABC: Okopenko HandschriftABC: Okopenko MaschinenschriftABC: Text gedruckt[n]: Stellenkommentar
Zitiervorschlag

Okopenko, Andreas: Tagebuch 01.10.1950–31.12.1950. Digitale Edition, hrsg. von Roland Innerhofer, Bernhard Fetz, Christian Zolles, Laura Tezarek, Arno Herberth, Desiree Hebenstreit, Holger Englerth, Österreichische Nationalbibliothek und Universität Wien. Wien: Version 2.0, 21.11.2019. URL: https://edition.onb.ac.at/okopenko/o:oko.tb-19501001-19501231/methods/sdef:TEI/get?mode=p_3

Ältere Versionen: siehe Archiv

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