Graz 2 V 95
Lieber freund Da ist schwer sich eine meinung bilden. Schönbach, mit dem allein ich nach Ihrer erlaubnis sprach, hält diesen abhängigen verleger für dauernd unmöglich und nicht nur im verlagswechsel eine rettung. Er bedauert Sie sehr u. bedauert uns litterarhistoriker alle, weil wir nicht einmal eine zs. über wasser halten können. (das ist aber nicht so schlimm: 1) haben wir konkurrenz an aa. zss., 2) haben wir keinen verleger, der wie Weidmann auf die Zs. gelassen 30 jahre lang u. mehr drauflegt.)
So einen verleger sollten wir halt haben, meine ich. Einen jüngeren, der seinem übrigen verlag das opfer einer die firma hebenden zs. bringen will und kann. Hölder könnte es, wenn er litthistor. verlag anstrebte. Beck kann es auch, er ist aber, glaub ich, nur fürs biographische. Trübner, Niemeyer haben schon verlag in der richtung so viel sie wollen u. brauchen ihn nicht durch opfer zu poussieren: so fürchte ich; sie wären sonst sehr gut.
Übrigens wäre es viel besser, Koch könnte die sache behalten; ein firmawechsel ist schon ein halbes eingeständnis des wackelns. Leider fällt mir schwer Kochs brief zu interpretieren; ich weiss nicht wie er sonst schreibt, ob man jedes seiner worte für voll nehmen darf, ob er hinter dem zurückbleibt was er sagen soll, oder über das hinausgeht was er sagen will.
Sicher ist, dass er von der Vereinsbank abhängig ist, dass er mit dieser macht nicht ringen kann u. Sie auch nicht.
Es bleibt hier nur der haken: was die Vereinsbank für „eine besserung der verhältnisse“ hält? arbeit mit geringerem ver- lust oder arbeit mit gewinn. Ich fürchte das letztere.
Dies können Sie Koch nicht versprechen. Die 10 ex. der Berliner werden Sie ja wol sicher haben; 1000–160 (rabatt ungerechnet!) macht noch 840 M verlust. 20 ex. für Kleeman, bleiben immer noch 600 M. verlust, falls Kleemann sein wort einlösen kann. Das dürfen Sie Koch nicht versprechen, sonst müssen Sie mit Ihrem redactionshonorar dafür haften. Hat Koch in München nichts erreicht? er hoffte doch seines schulbücherverlags wegen darauf? Ausgiebige hilfe kommt von der seite nicht. Weimar halte ich für sehr unwahrschienlich. Einfluss hat nur Suphan; ob er will? Sie wissen ja, dass ich ihm anheimgestellt habe, die VJSchrift durch einen zuschuss halten zu lassen: das war dann doch ein Weimarer unternehmen, durch verlag und redaction (freilich wäre ich aus ihr ausgeschieden); Suphan lehnte dies ab: es müssten alle gelder für den archivbau zusammengehalten werden. Der nun soll ende dieses jahres fertig sein. Ob er dann lust hat? Ich kann dazu nichts tun. Ich bitte auch ausdrücklich, dass Sie Koch hievon keinerlei andeutung machen, das ist nur für Sie bestimmt.
Koch ringt offenbar mit sich selbst; erst sagt er, er habe weder den beruf noch den mut gegen die gläubiger zu kämpfen, deren standpunkt gerechtfertigt sei; dann er sehe kein mittel, deren widerstand zu besiegen; gleich darauf aber, es sei noch zeit, einen modus vivendi zu finden, und schliesslich gar wenn er nur halbwegs auf die kosten komme, wolle er den gläubigern trotzen. Das stimmt nicht zusammen. Halbwegs auf die kosten: d. h. also 500 M. mehr als bisher, oder wie er einmal sagt: 30–40 abonnenten. 30 würde ja die Berliner u. Kleemann hereinbringen.
Ich gestehe, dass ich jedes jahr verlängerter lebensdauer des Euph. im gleichen verlag, in unveränderter form für einen gewinn erachte; ich kann nicht leugnen, dass Sie Ihre person stark dabei engagiert haben u. der rückgang deshalb für Sie peinlicher sein muss als für mich, der eine ganz andere position hatte. Einen vorhalt dürfen Sie mir nicht verargen, er ist nicht neu: Sie müssten durch eine grössere eigene darstellende forschung den charakter Ihrer zs. stärker betonen; nur wenn der redacteur seine eigne fahne aufsteckt, bekommt ein blatt einheitlichen charakter, der, nehmen Sie mir die ehrlichkeit nicht übel, fehlt bisher einigermassen. U. der gedanke wäre mir an Ihrer stelle der unerträglichste, dass das organ eingehen sollte, ohne dass Sie, ausser in recensionen, ihm Ihre richtung deutlich aufgeprägt hätten. Dies würde ich selbst mit opfer alles honorars erkaufen.
Dass Sie an änderungen der einrichtung denken, ist wol nur durch Kochs bemerkung über die kosten der bibliographie veranlasst u. durch Ihre mühe mit dieser. Ich bin der meinung, dass der wegfall der bibliographie eine minderung der abonnentenzahl nach sich ziehen muss. Aber ich glaube auch heute wie früher, dass die bibliogr. beschränkt werden kann durch verzicht auf all das, was Sie aus den hilfswissenschaften der littgesch. (polit., kulturgesch u. dgl.) heranziehen. Wie Sie sich eine verbindung mit den Jahresberichten denken, weiss ich nicht. Meinen Sie ein äquivalent für die Bibl. classica, die neben den klass. Jahreberr. geht? Eines ist mir dabei eingefallen. Man könnte versuchen, was die abonnenten interessiert durch eine teilung: 1) Euphor. ganz wie bisher zu 16 M. 2) daneben der rec.-teil u. die bibliogr. mit eigner paginierung, selbstständig käuflich zu mindestens 8 M., vielleicht 9 od. 10 M. Das könnte ohne grosse kosten versucht werden u. gäbe eine klärung, ob der productive oder die andern teile mehr leser haben. Dieser bibliogr. teil könnte dann ev. mit Elias gemacht u. die kosten von beiden firmen getragen werden.
Wo möglich suchen Sie zeit zu gewinnen. Drängen Sie E Schmidt, lassen Sie sich von Koch ermächtigen, Kleemann das unhaltbare der lage darzustellen. Kleemann hatte auch mir versprochen, für diesen fall sicher die VJS zu unterstützen, ich habe seine unterstützung nicht mehr verlangt, da ich los kommen wollte.
Veranlassen Sie Koch, die kündigung zu verschieben, bis sicher ist, ob Klemann helfen will u. kann, bis Sie über Leipzig eine entscheidung haben, da Sie meinen, von dort aus leichter einen andern verleger zu gewinnen. All das muss ja bis juli geklärt sein. Können Sie nicht an Ungarn heran? Suchen Sie doch ausser durch durch Waldberg auch durch Kuno Fischer, der gewiss sehr geschmeichelt zu sein ursache hat, die Badener zu gewinnen. Kann E Schmidt im preuss. min. nichts erreichen? Er ist ja jetzt akademikus; vielleicht also von der akademie?
So hoch ich die last aus erfahrung einschätze, die Sie tragen, so wäre doch, fürchte ich, Ihre verstimmung über das misslingen zu gross; Sie würden an ihr schwerer tragen als an der last.
Rizy: es ist nicht der freiherr, wie mein unerfahrener schüler mich glauben machte u. selbst glaubte, sondern ein geologe aus Kärnthen, der auch belletristika schrieb; es handelt sich nicht um edition, sondern, was aus dem ausschreiben nicht ersichtlich gewesen sein soll, um verkauf des nachlasses, damit er in Kärnthen erhalten bleibe.
Hausball: ich habe 352,7 gute stehen lassen, weil es möglich ist, 356,18 nöthiger eingesetzt, weil es nötig ist.
Es wird Esse gedruckt, weil sonst auch Schröcken gedruckt werden müsste, was Sie korrigiert wissen wollten.
In die lesarten kommt nur 356,18. 357,26. 358,3. Ich gab das imprimatur.
Leben Sie wol u. erfreuen mich bald mit besseren nachrichten.
Ihr treuer
BSeuffert.
Graz 2 V 95
Lieber freund Da ist schwer sich eine meinung bilden. Schönbach, mit dem allein ich nach Ihrer erlaubnis sprach, hält diesen abhängigen verleger für dauernd unmöglich und nicht nur im verlagswechsel eine rettung. Er bedauert Sie sehr u. bedauert uns litterarhistoriker alle, weil wir nicht einmal eine zs. über wasser halten können. (das ist aber nicht so schlimm: 1) haben wir konkurrenz an aa. zss., 2) haben wir keinen verleger, der wie Weidmann auf die Zs. gelassen 30 jahre lang u. mehr drauflegt.)
So einen verleger sollten wir halt haben, meine ich. Einen jüngeren, der seinem übrigen verlag das opfer einer die firma hebenden zs. bringen will und kann. Hölder könnte es, wenn er litthistor. verlag anstrebte. Beck kann es auch, er ist aber, glaub ich, nur fürs biographische. Trübner, Niemeyer haben schon verlag in der richtung so viel sie wollen u. brauchen ihn nicht durch opfer zu poussieren: so fürchte ich; sie wären sonst sehr gut.
Übrigens wäre es viel besser, Koch könnte die sache behalten; ein firmawechsel ist schon ein halbes eingeständnis des wackelns. Leider fällt mir schwer Kochs brief zu interpretieren; ich weiss nicht wie er sonst schreibt, ob man jedes seiner worte für voll nehmen darf, ob er hinter dem zurückbleibt was er sagen soll, oder über das hinausgeht was er sagen will.
Sicher ist, dass er von der Vereinsbank abhängig ist, dass er mit dieser macht nicht ringen kann u. Sie auch nicht.
Es bleibt hier nur der haken: was die Vereinsbank für „eine besserung der verhältnisse“ hält? arbeit mit geringerem ver- lust oder arbeit mit gewinn. Ich fürchte das letztere.
Dies können Sie Koch nicht versprechen. Die 10 ex. der Berliner werden Sie ja wol sicher haben; 1000–160 (rabatt ungerechnet!) macht noch 840 M verlust. 20 ex. für Kleeman, bleiben immer noch 600 M. verlust, falls Kleemann sein wort einlösen kann. Das dürfen Sie Koch nicht versprechen, sonst müssen Sie mit Ihrem redactionshonorar dafür haften. Hat Koch in München nichts erreicht? er hoffte doch seines schulbücherverlags wegen darauf? Ausgiebige hilfe kommt von der seite nicht. Weimar halte ich für sehr unwahrschienlich. Einfluss hat nur Suphan; ob er will? Sie wissen ja, dass ich ihm anheimgestellt habe, die VJSchrift durch einen zuschuss halten zu lassen: das war dann doch ein Weimarer unternehmen, durch verlag und redaction (freilich wäre ich aus ihr ausgeschieden); Suphan lehnte dies ab: es müssten alle gelder für den archivbau zusammengehalten werden. Der nun soll ende dieses jahres fertig sein. Ob er dann lust hat? Ich kann dazu nichts tun. Ich bitte auch ausdrücklich, dass Sie Koch hievon keinerlei andeutung machen, das ist nur für Sie bestimmt.
Koch ringt offenbar mit sich selbst; erst sagt er, er habe weder den beruf noch den mut gegen die gläubiger zu kämpfen, deren standpunkt gerechtfertigt sei; dann er sehe kein mittel, deren widerstand zu besiegen; gleich darauf aber, es sei noch zeit, einen modus vivendi zu finden, und schliesslich gar wenn er nur halbwegs auf die kosten komme, wolle er den gläubigern trotzen. Das stimmt nicht zusammen. Halbwegs auf die kosten: d. h. also 500 M. mehr als bisher, oder wie er einmal sagt: 30–40 abonnenten. 30 würde ja die Berliner u. Kleemann hereinbringen.
Ich gestehe, dass ich jedes jahr verlängerter lebensdauer des Euph. im gleichen verlag, in unveränderter form für einen gewinn erachte; ich kann nicht leugnen, dass Sie Ihre person stark dabei engagiert haben u. der rückgang deshalb für Sie peinlicher sein muss als für mich, der eine ganz andere position hatte. Einen vorhalt dürfen Sie mir nicht verargen, er ist nicht neu: Sie müssten durch eine grössere eigene darstellende forschung den charakter Ihrer zs. stärker betonen; nur wenn der redacteur seine eigne fahne aufsteckt, bekommt ein blatt einheitlichen charakter, der, nehmen Sie mir die ehrlichkeit nicht übel, fehlt bisher einigermassen. U. der gedanke wäre mir an Ihrer stelle der unerträglichste, dass das organ eingehen sollte, ohne dass Sie, ausser in recensionen, ihm Ihre richtung deutlich aufgeprägt hätten. Dies würde ich selbst mit opfer alles honorars erkaufen.
Dass Sie an änderungen der einrichtung denken, ist wol nur durch Kochs bemerkung über die kosten der bibliographie veranlasst u. durch Ihre mühe mit dieser. Ich bin der meinung, dass der wegfall der bibliographie eine minderung der abonnentenzahl nach sich ziehen muss. Aber ich glaube auch heute wie früher, dass die bibliogr. beschränkt werden kann durch verzicht auf all das, was Sie aus den hilfswissenschaften der littgesch. (polit., kulturgesch u. dgl.) heranziehen. Wie Sie sich eine verbindung mit den Jahresberichten denken, weiss ich nicht. Meinen Sie ein äquivalent für die Bibl. classica, die neben den klass. Jahreberr. geht? Eines ist mir dabei eingefallen. Man könnte versuchen, was die abonnenten interessiert durch eine teilung: 1) Euphor. ganz wie bisher zu 16 M. 2) daneben der rec.-teil u. die bibliogr. mit eigner paginierung, selbstständig käuflich zu mindestens 8 M., vielleicht 9 od. 10 M. Das könnte ohne grosse kosten versucht werden u. gäbe eine klärung, ob der productive oder die andern teile mehr leser haben. Dieser bibliogr. teil könnte dann ev. mit Elias gemacht u. die kosten von beiden firmen getragen werden.
Wo möglich suchen Sie zeit zu gewinnen. Drängen Sie E Schmidt, lassen Sie sich von Koch ermächtigen, Kleemann das unhaltbare der lage darzustellen. Kleemann hatte auch mir versprochen, für diesen fall sicher die VJS zu unterstützen, ich habe seine unterstützung nicht mehr verlangt, da ich los kommen wollte.
Veranlassen Sie Koch, die kündigung zu verschieben, bis sicher ist, ob Klemann helfen will u. kann, bis Sie über Leipzig eine entscheidung haben, da Sie meinen, von dort aus leichter einen andern verleger zu gewinnen. All das muss ja bis juli geklärt sein. Können Sie nicht an Ungarn heran? Suchen Sie doch ausser durch durch Waldberg auch durch Kuno Fischer, der gewiss sehr geschmeichelt zu sein ursache hat, die Badener zu gewinnen. Kann E Schmidt im preuss. min. nichts erreichen? Er ist ja jetzt akademikus; vielleicht also von der akademie?
So hoch ich die last aus erfahrung einschätze, die Sie tragen, so wäre doch, fürchte ich, Ihre verstimmung über das misslingen zu gross; Sie würden an ihr schwerer tragen als an der last.
Rizy: es ist nicht der freiherr, wie mein unerfahrener schüler mich glauben machte u. selbst glaubte, sondern ein geologe aus Kärnthen, der auch belletristika schrieb; es handelt sich nicht um edition, sondern, was aus dem ausschreiben nicht ersichtlich gewesen sein soll, um verkauf des nachlasses, damit er in Kärnthen erhalten bleibe.
Hausball: ich habe 352,7 gute stehen lassen, weil es möglich ist, 356,18 nöthiger eingesetzt, weil es nötig ist.
Es wird Esse gedruckt, weil sonst auch Schröcken gedruckt werden müsste, was Sie korrigiert wissen wollten.
In die lesarten kommt nur 356,18. 357,26. 358,3. Ich gab das imprimatur.
Leben Sie wol u. erfreuen mich bald mit besseren nachrichten.
Ihr treuer
BSeuffert.
Ich gestehe, dass ich jedes jahr verlängerter lebensdauer des Euph. im gleichen verlag, in unveränderter form für einen gewinn erachte; ich kann nicht leugnen, dass Sie Ihre person stark dabei engagiert haben u. der rückgang deshalb für Sie peinlicher sein muss als für mich, der eine ganz andere position hatte.
Seuffert ging auf die Befürchtungen Sauers über ein mögliches Ende der Zeitschrift ein.
Schreibort: Graz
Empfangsort: Prag
Archiv: Staatsarchiv Würzburg
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand
Umfang: 5 Seite(n)
Rohtranskription, Text teilweise getaggt
ZitiervorschlagBrief ID-8759. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8759/methods/sdef:TEI/get
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