Lieber Freund, indem ich Ihnen beifolgend die gewünschten Blätter übersende (nur dies habe ich bewahrt; es wird aber alles von Ihnen bemerkte sein), kann ich es nicht thun, ohne ein paar Worte d. Antwort hinzuzufügen. Da sich schweres häusliches Leid hinzugesellt, mein lieber Freund, ist freilich Ihr Loos das trübere; was ich leide, leide ich ferner allein und Sie müßen noch den Antheil, den Mutter [un]d Braut daran nehmen, miterleiden. – Ganz vertraulich will ich Ihnen nun mittheilen, daß mir Schönbach bereits ganz sicher versprochen hat, falls ich wegkäme, Sie und zwar allein (wie sichs gebührt) vorzu- schlagen. Meine Ansicht ist, daß sich losgelöst von meiner Person, die seit Lemberg im Ministerium schlecht angeschrieben war, eine Professur hier wird durchsetzen lassen. Heinzel hat mir im November so warm von Ihnen gesprochen, daß er sich wol für Sie einsetzen wird. Schmidt und Scherer haben vielleicht, wenn sie wollen, auch noch Einfluß. In meiner Angelegenheit hat allen diesen Herren der gute Wille gefehlt.
Mir würde durch diese Aussicht der Abschied von Graz erleichtert werden; denn ich gehe ungern weg u. am unliebsten nach Prag.
Nur so viel für heute nebst herzlichen Grüßen von
Ihrem
Treulich ergebenen
Sauer.

16/1 86.

Lieber Freund, indem ich Ihnen beifolgend die gewünschten Blätter übersende (nur dies habe ich bewahrt; es wird aber alles von Ihnen bemerkte sein), kann ich es nicht thun, ohne ein paar Worte d. Antwort hinzuzufügen. Da sich schweres häusliches Leid hinzugesellt, mein lieber Freund, ist freilich Ihr Loos das trübere; was ich leide, leide ich ferner allein und Sie müßen noch den Antheil, den Mutter [un]d Braut daran nehmen, miterleiden. – Ganz vertraulich will ich Ihnen nun mittheilen, daß mir Schönbach bereits ganz sicher versprochen hat, falls ich wegkäme, Sie und zwar allein (wie sichs gebührt) vorzu- schlagen. Meine Ansicht ist, daß sich losgelöst von meiner Person, die seit Lemberg im Ministerium schlecht angeschrieben war, eine Professur hier wird durchsetzen lassen. Heinzel hat mir im November so warm von Ihnen gesprochen, daß er sich wol für Sie einsetzen wird. Schmidt und Scherer haben vielleicht, wenn sie wollen, auch noch Einfluß. In meiner Angelegenheit hat allen diesen Herren der gute Wille gefehlt.
Mir würde durch diese Aussicht der Abschied von Graz erleichtert werden; denn ich gehe ungern weg u. am unliebsten nach Prag.
Nur so viel für heute nebst herzlichen Grüßen von
Ihrem
Treulich ergebenen
Sauer.

16/1 86.

Ganz vertraulich will ich Ihnen nun mittheilen, daß mir Schönbach bereits ganz sicher versprochen hat, falls ich wegkäme, Sie und zwar allein (wie sichs gebührt) vorzuschlagen. […] Schmidt und Scherer haben vielleicht, wenn sie wollen, auch noch Einfluß. [...] Mir würde durch diese Aussicht der Abschied von Graz erleichtert werden; denn ich gehe ungern weg u. am unliebsten nach Prag.

August Sauer wurde für die Stelle in Prag vorgeschlagen, die Besetzung wurde jedoch erst im April 1886 abgeschlossen. Die Unsicherheiten über den Ruf nach Prag waren bis dahin Gegenstand der Korrespondenz zwischen Sauer und Seuffert. Die langwierigen Verzögerungen resultierten hauptsächlich aus der Blockadehaltung des Wiener Ministeriums, das entgegen den Wünschen der Prager Fakultät lange auf einer gemeinsamen Vertretung der Fächer Germanistik und Anglistik beharrte. Trotz der geäußerten Vorbehalte gegenüber Prag blieb Sauer nach Antritt der Stelle bis zu seinem Lebensende dort. Seine frei werdende Stelle in Graz machte er hingegen Seuffert schmackhaft.

Briefdaten

Schreibort:
Empfangsort: Würzburg
Archiv: Österreichische Nationalbibliothek
Zustand: archivarisch einwandfreier Zustand, allerdings kleinräumige Textverluste durch nachträgliche Lochung
Signatur: Autogr. 422/1-79
Umfang: 2 Seite(n)

Status

Transkription mehrfach geprüft, Text teilweise getaggt

Zitiervorschlag

Brief ID-8344 [Druckausgabe Nr. 57]. In: Der Briefwechsel zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert 1880 bis 1926. Digitale Edition. Hrsg. von Bernhard Fetz, Hans-Harald Müller, Marcel Illetschko, Mirko Nottscheid und Desiree Hebenstreit. Wien: Österreichische Nationalbibliothek, Version 2.0, 2.7.2020. URL: https://edition.onb.ac.at/sauer-seuffert/o:bss.8344/methods/sdef:TEI/get

Lizenzhinweis

Die Transkriptionen der Tagebücher sind unter CC BY-SA 4.0 verfügbar. Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

LinksInformation

Das Bildmaterial dieser Webseite sind Reproduktionen aus den Sammlungen der Österreichischen Nationalbibliothek und des Staatsarchivs Würzburg. Für jede weitere Verwendung wenden Sie sich bitte an die jeweilige Institution.