Projektinformation

Joint project

Die digitale Edition Peter Handke: Notizbücher (HNB-DE) ist ein vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) als Lead Agency und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördertes internationales Joint Project. Es wird vom Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek Wien (LIT/ÖNB) und vom Deutschen Literaturarchiv Marbach (DLA) in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Forschung und Datenservices der Österreichischen Nationalbibliothek (FD/ÖNB) von einem Team aus Projektmitarbeiter*innen und Projektbeteiligten erarbeitet (siehe Projektteam). Die Kooperation vereint die Notizbuch-Bestände beider Archive, das in Vorarbeiten gesammelte Wissen zu den Materialien, das technische Know-how und die institutionelle Sicherung und Betreuung der Edition. Für beide Forschungsstätten hat das Projekt aufgrund ihrer großen Vorlass-Bestände des Literaturnobelpreisträgers, aber auch wegen des forcierten Auf- und Ausbaus digitaler Forschungs- und Editionsplattformen hohe Relevanz. Die Edition wird an beiden Archiven erarbeitet und in der nachhaltigen Infrastruktur für digitale Editionen an der ÖNB umgesetzt.

Editionsplan

Die Notizbücher sind Peter Handkes wichtigstes Arbeitsmittel, um Werke vorzubereiten, seine Poetik zu entwickeln, Lektüren zu kommentieren oder Reisen zu vermerken. Handkes konsequent betriebene Mitschrift von "Bewusstseins-Ereignissen" aller Art geht aber weit über den privaten Arbeitsgebrauch der Notate hinaus und entwickelte sich zu einem eigenen Schreibprojekt mit dem Ziel einer teilweisen Veröffentlichung in Journalen. Aus Sicht der Handke-Forschung gelten die Notizbücher als Schlüssel zur Werkinterpretation; sie sind die Grundlage für zukünftige textkritische Werkausgaben.

Derzeit sind 75 Notizbücher (ca. 11.000 Seiten) des österreichischen Literaturnobelpreisträgers Peter Handke aus dem Zeitraum von 1971 bis Juli 1990 in öffentlichen Archiven in Deutschland, Österreich und der Schweiz zugänglich. Der Hauptbestand der Notizbücher befindet sich am DLA in Marbach. Die nach Juli 1990 entstandenen Notizbücher befinden sich ebenfalls bereits im DLA, sind aber nur mit der Einwilligung Handkes einsehbar. Das Projekt konzentriert sich auf die Edition der 75 Notizbücher. Der Umfang des Notizbuchkorpus macht in Anbetracht der auf drei Jahre beschränkten Förderung von Einzelprojekten eine Bearbeitung in drei Projektphasen notwendig, die jeweils einen schreibbiografisch konsistenten Bereich abdecken.

Projektphase 1 (Laufzeit 15.2.2021 bis 14.6.2024)

Zusammen mit der Entwicklung der Editionskonzepte und Codierregeln (inkl. TEI-Schema) und dem Aufbau der Editionsplattform mit synoptischer Ansicht und Registern wurde die Publikation von 22 Notizbüchern aus dem Zeitraum von März 1976 bis November 1979 umgesetzt. Im März 1976 ändert Handke seine Art zu notieren von einem projektorientierten Sammeln von Material hin zu einer täglichen, vorerst "zweckfreien" Mitschrift verschiedener "Bewusstseins-Ereignisse", unter die sich aber auch Werknotizen mischen. Die 22 Notizbücher dokumentieren die Einübung in dieses neue Notieren. Sie begleiten darüber hinaus die Entstehung seiner Erzählung und der Verfilmung von Die linkshändige Frau und der Tetralogie Langsame Heimkehr. Zwei dieser Notizbücher befinden sich in der Sammlung Peter Handke / Leihgabe Widrich (SPH/LW) am LIT/ÖNB, 19 am DLA (Bestandsarchiv A:Handke, Peter). Ein Notizbuch, das sich im Original ursprünglich im Privatarchiv von Handkes Verleger Siegfried Unseld befand und an das DLA übermittelt werden sollte, gilt derzeit als verschollen.

Projektphase 2 und 3 (geplant)

Ein zweites Projekt (derzeit in Beantragung) soll sich laut Editionsplan den chronologisch folgenden 26 Notizbüchern bis 1987 (3.967 Seiten) widmen; diese begleiten die Entstehung von weiteren zehn Werken, drei Filmen sowie den Beginn von Handkes Tätigkeit als Übersetzer aus dem Amerikanischen, Slowenischen, Französischen und Altgriechischen. Ein drittes Projekt umfasst laut Editionsplan die frühen Notizbücher bis 1976, in denen Handke noch eine andere Technik des Notierens anwandte, sowie die Notizbücher aus den Jahren 1987 bis 1990, die der Autor auf seiner beinahe dreijährigen Weltreise bei sich hatte.

Ziele der HNB-DE

Schaffung einer Textbasis

Hauptziel dieser digitalen Edition ist die Erstveröffentlichung der Notizbücher Peter Handkes auf Basis einer editions- und literaturwissenschaftlichen Erschließung und Aufbereitung der Texte als langzeitarchivfähige XML-Dokumente entsprechend den Guidelines der Text Encoding Initiative (TEI ), dem derzeitigen Codierungsstandard. Die Archive möchten damit einer breiten Öffentlichkeit einen orts- und zeitunabhängigen freien Zugang zu den bislang wenig bekannten Texten bieten (open access) und die Voraussetzung für ihre Rezeption und effektive wissenschaftliche Auswertung schaffen. Das Projekt erarbeitet philologisch gesicherte, einfach les- und zitierbare Texte, die sich zugleich am Original (Faksimile) überprüfen lassen. Faksimile, diplomatische Transkription, edierte Lesefassung und der in TEI-XML codierte Text lassen sich in einer synoptischen (parallelen) Ansicht vergleichend lesen. Bildliche Elemente (Zeichnungen, eingeklebtes Material) oder Beilagen werden erstmals systematisch erfasst, beschrieben und durch Siglen für die Forschung eindeutig identifizier- und referenzierbar gemacht.

Bereitstellung von Hilfsmitteln

Die Erarbeitung unterschiedlicher Itinerare soll bei der Erschließung des enormen Textumfangs unterstützen und neue Möglichkeiten der Lektüre und wissenschaftlichen Nutzung schaffen. Dazu zählen die umfassenden Notizbuchbeschreibungen, die einen Überblick über deren materielle Beschaffenheit und den Inhalt geben, eine rasche (werk)geschichtliche Einordnung erlauben und über verlinkte Listen (aller Zeichnungen, eingeklebten Materialien und Beilagen, aller Daten, Personen, Orte und Werke) thematische Einstiege in die Notizbücher anbieten. Die Stellenkommentierung der Notizbücher informiert über Unsicherheiten in der editorischen Bewertung von Textbefunden, schlüsselt Unklarheiten auf, vermittelt Kontextwissen, bietet Übersetzungen von fremdsprachigen Stellen an und weist vor allem Handkes zahlreiche Lektürezitate nach, verortet aber auch seine Studiennotizen zu Gemälden, Fotos, Bauwerken, Filmen, Theater oder Musik. Indizes erschließen die Notizen thematisch und notizbuchübergreifend.

Generieren eines Datenkorpus

Mit der Bereitstellung des umfassenden Datenkorpus der TEI-XML-Dokumente ist es möglich, Handkes Werke mit den Methoden der Digital Humanities zu beforschen. Auch in diesem Bereich liefert das Projekt mithilfe eigener DH-Forschungen einen Beitrag zur Weiterentwicklung technischer und grafischer Lösungen und heuristischer Hilfsmittel; die Ergebnisse stehen als generische Komponenten der Editionsplattform zur Nachnutzung zur Verfügung.

Geplante Erweiterungen (Projektphasen 2 und 3)

Neben der sukzessiven Erschließung aller 75 Notizbücher ist das Projekt bestrebt, die Benützbarkeit und Vermittlung fortlaufend zu verbessern und weiterzuentwickeln, entweder durch die Aufbereitung neuer Inhalte oder die Modifikation und Erweiterung von Kontextualisierungen, Vernetzungen, Visualisierungen und Funktionen. Geplant sind etwa: eine schreibbiografische Kontextualisierung durch eine Art "Chronologie", die Ergänzung der Orts-, Personen und Werkregistereinträge durch Kommentare zum jeweiligen Handke-Bezug, die visuelle Darstellung von Orten und Reisen auf einer Karte oder die Erweiterung um neue Register. Prioritäres Ziel ist die Einrichtung einer Volltext- und einer facettier- und kombinierbaren Suche mit Suchmasken und Ergebnisanzeigen. Im Herbst 2024 erfolgt hierfür innerhalb der Editionsinfrastruktur der ÖNB-DE die notwendige Vorbereitung.

Vorarbeiten

Ein digitales Editionsprojekt wie die HNB-DE erfordert breites Vorwissen – das heißt detaillierte Kenntnis des Projektgegenstands, der werkbiographischen Kontexte und der relevanten Forschung – der Handke- und Notizbuch-Forschung, der Editionsphilologie sowie der digitalen Editorik.

Handkeonline

Das Projekt fußt auf den Forschungsergebnissen der wesentlich von Katharina Pektor konzipierten Forschungsplattform Handkeonline des LIT/ÖNB (https://handkeonline.onb.ac.at ), das sämtliche Werkmaterialien Handkes in öffentlichen Archiven verzeichnet, formal und inhaltlich beschreibt und in textgenetischer Relation darstellt. Das digitale Archiv erfasst außerdem die Notizbücher in verschiedenen Archiven bis Juli 1990 mit tabellarischen Beschreibungsdaten und dokumentiert sie in ihren Werkbezügen. Die Arbeiten dienen der HNB-DE als Orientierung für die Kommentierung der transkribierten und edierten Notizbücher.

Notizbuch-Forschung

Die Notizbuch-Forschung betreffend hat Ulrich von Bülow mit seinem 2009 erschienenem Aufsatz Die Tage, die Bücher, die Stifte Pionierarbeit geleistet, in dem er den Notizbuchbestand des DLA umfassend beschrieben hat. 2018 erschien unter dem Titel Das stehende Jetzt sein Gespräch mit Peter Handke über das Notieren und die Verwendung der Notizbücher im Arbeitsprozess. Katharina Pektor hat zusammen mit Christoph Kepplinger-Prinz 2013 für die französische Zeitschrift Genesis erstmals Handkes Zeichnungen in den Notizbüchern systematisch analysiert und damit die Grundlage für ihre Erfassung und Beschreibung gelegt. Einen ersten Einblick in Handkes Projekt des täglichen Notierens im Vergleich zu den frühen Werknotizen und in das Verhältnis von Notizbüchern und Journalen geben die von Pektor veröffentlichten Aufsätze: "Wartet nur – ich bin jemand, der sich organisiert!" (2017) und Leuchtende Fragmente (2019).

Digitale Editionen ONB-DE

Eine ebenso wichtige Grundlage sind die Forschungen der ÖNB im digitalen Bereich und die Entwicklung der Nachhaltigen Infrastruktur für digitale Editionen an der ÖNB (ÖNB-DE ). Sie stellt Projekten eine Veröffentlichungsplattform und ein modulares Design zum Aufbau der Editionswebsites zur Verfügung. (Mehr dazu siehe: Technische Dokumentation.) Der Prototyp der Editionsplattform wurde mit dem von Bernhard Fetz und Roland Innerhofer geleiteten, digitalen Editionsprojekt "Andreas Okopenko: Tagebücher" entwickelt.

Arbeitsweise (Methoden)

Bei der Realisierung der Ziele geht es generell darum, den Anforderungen an eine digitale Notizbuch-Edition gerecht zu werden – d.h. gleichbleibende, möglichst hohe Bild-, Transkriptions-, Editions- und Beschreibungsstandards für das gesamte Korpus zu gewährleisten. Das Projekt orientiert sich an den von der Arbeitsgemeinschaft für germanistische Edition (AgE ) und dem Insititut für Dokumentologie und Editorik (IDE ) empfohlenen Qualitätsstandards digitaler Editionen.

Methodik

Die editorische Arbeit mischt klassische und moderne digitale Editionsmethoden. Die Umsetzung erfolgt mithilfe einer kollaborativen und agilen Arbeitsweise. Das heißt, das gesamte Projektteam ist in Entwicklungen und Entscheidungen eingebunden. Die Erarbeitung und Umsetzung von Editionskonzepten werden vom Editions- und Entwicklungsteam in kleinen Schritten entwickelt, in kontinuierlichen kurzen Feedbackschleifen getestet, nachgebessert und im Zuge der Releases laufend veröffentlicht. Die Projektkoordination und Arbeitsabwicklung läuft über die Plattform GitLab; sie dient der kollaborativen Bearbeitung von Dokumenten und versionierten Datenspeicherung, der Dokumentation (Protokolle, Editions- und Codierrichtlinien etc.) und der internen Kommunikation des Teams. Die Online-Meetings des Marbacher und Wiener Teams werden über MS-Teams abgehalten; MS-Teams dient außerdem der Dokumentverwaltung und internen Kommunikation (Chats).

Teamsitzungen sind für die Entwicklung und Evaluation wesentlich; dafür hat sich die Staffelung in drei Formationen mit unterschiedlichen Intervallen bewährt: im kleinen Team (Editor*innen) mind. ein Mal pro Woche, im mittleren Team (Editor*innen und Entwickler*innen) mind. zwei Mal pro Monat, und im großen Team (alle inkl. Projektleitung und Projektbeteiligten) mind. alle drei Monate. Sie werden mit Agenda und Protokoll dokumentiert. Die Umsetzung erfolgt zudem im Erfahrungsaustausch mit vergleichbaren Projekten und unter Einbeziehung eines wissenschaftlichen Editionsbeirats und besteht aus Basisarbeiten und parallellaufenden und ineinandergreifenden Arbeitspaketen, die im Folgenden kurz dargestellt werden.

Basisarbeiten

Editionskoordination: Sie umfasst die Planung und Protokollierung von Teamsitzungen, die Organisation des Arbeits- und Editionsplans, die Entwicklung von Editions- und Visualisierungskonzepten, das Management von Aufgaben (Issues) und Ergebniszielen (Milestones), die Planung von Workshops, Tagungen, Veranstaltungen und von Werbung sowie die Administration (Jahresberichte, Folgeantrag, Endbericht).

Evaluation: Neben den laufenden kleinen, mittleren und großen Teamsitzungen zählen Workshops mit dem Editionsbeirat zum fixen Bestandteil der internen Evaluation. Sie dienen der Reflexion der neuen Ziele und der Überprüfung neuer Inhalte, Editionskonzepte, Visualisierungen, Tools und Features bis hin zur detaillierten Generalrevision. Die unterschiedlichen Perspektiven der Beiratsmitglieder auf die Edition (Handke-Forschung, Editionsphilologie, Digital Humanities) garantieren ein breitgefächertes Feedback Als effiziente Evaluation haben sich die mit Fragenkatalogen durchgeführten Funktionstests mit Student*innen erwiesen.

Dokumentation: Eine möglichst detaillierte und schlüssige Dokumentation aller Editionskonzepte, Codierungen und Umsetzungen ist die Basis aller Arbeiten und Voraussetzung für die Nachnutzung der Daten. Sie läuft parallel zur Entwicklung und Validierung und erfolgt für den raschen Gebrauch intern in GitLab und MS-Teams sowie gegen Ende der Projektphasen für die Ansicht im Userinterface in den Editions- und Codierrichtlinien, im TEI-Schema und der Technische Dokumentation.

Betrieb und Wartung der Editionsinfrastruktur: Laufende Recherchen für neue Softwarekomponenten, das Ausrollen neuer Versionen von Softwarepaketen, das Einspielen der TEI-XML-Daten in die Infrastruktur, die Bereitstellung der Bilddaten, die Wartung der IIIF-Infrastruktur sowie das Speichermanagement sind notwendig, um die Funktionalität der Edition zu gewährleisten. Die Arbeiten werden von der Abteilung FD/ÖNB übernommen in Kooperation mit dem IT-Referat des DLA, unterstützt durch die DH-Mitarbeiterin des Projekts. Es wurden eigene Überprüfungsroutinen entwickelt, um fehlerhafte Anzeigen rasch beheben zu können. Die Speicherkosten sind Eigenleistung der ÖNB, die Bilddaten werden vom DLA gespeichert. Betrieb und Wartung laufen auch nach Ende des Projekts weiter (Langzeitarchivierung).

Arbeitspakete

Digitalisierung der Notizbücher: Die in dieser Edition enthaltenen Notizbücher befinden sich physisch am LIT/ÖNB in Wien und im DLA Marbach. Dort werden sie auch digitalisiert und auf den jeweils lokalen Bildservern gespeichert, von wo sie mittels IIIF-Schnittstelle in die digitale Edition eingebunden werden.

Materialautopsie: Die originalen Notizbücher werden für die Erfassung der formalen Beschreibungsdaten und die Erstellung der Transkriptions-, Editions- und Codierrichtlinien genau gesichtet.

Ausarbeitung eines Datenmanagementplans: Er dient der Regelung, Dokumentation und Offenlegung der Kriterien von Datenerstellung und -speicherung. Es wurde dafür das DMP-Template des FWF verwendet.

Einrichtung von IIIF-Schnittstellen: Sie erfolgt durch die Archive und dient der Einbindung der Notizbuch-Faksimiles, die auf den Servern der Archive bleiben, in die digitale Edition.

Transkription in Transkribus (inkl. Basiscodierung der Texte): Die Digitalisate werden in die Software Transkribus  eingespeist, wo der Transkriptionsprozess stattfindet. Transkribus ist eine Software für Handwritten Text Recognition (HTR). Sie wurde in der ersten Projektphase als Arbeitsumgebung für die manuelle Transkription verwendet. Die mittels manueller Transkription geschaffenen hochqualitativen Trainingsdaten können in der zweiten Projektphase verwendet werden, um ein Transkribus-Modell zu trainieren und in der Folge weitere Notizbücher automatisch zu transkribieren. Transkribus wird zur automatischen Layout-Erkennung eingesetzt, um Textregionen und Zeilen mit Koordinaten im Text zu verorten; eine manuelle Nachbesserung ist allerdings notwendig. Zeichnungen werden manuell markiert. Weil die Software eine synoptische Ansicht von Faksimile und Transkription bietet, wird das Angebot für die Basiscodierung der Texte (Unterstreichung, Durchstreichung, Ergänzung, Löschung, Hoch- und Tiefstellung) genutzt.

Aufbau der Editionswebsite: Die Entwicklung eines Prototyps mithilfe des modularen Designs der ÖNB-DE erfolgte im ersten Projektjahr. Er wird durch Ausbau und Präzisierung der Editions- und Visualisierungskonzepte laufend modifiziert und erweitert bis zur endgültigen Version. Die Arbeiten werden in der Release History und in der technischen Dokumentation offengelegt.

Entwicklung von Editions- und Visualisierungskonzepten mit entsprechenden Codierungen: Möglichst präzise formulierte Transkriptions-, Editions-, Visualisierungs- und Codierungsrichtlinien und ihre Umsetzung auf der Editionswebsite sind die Hauptarbeit des digitalen Edierens. Zur Umsetzung zählt auch die Implementierung von Tools und Features (Datenabfragen). Das Vorgehen der Entwicklung und Realisierung läuft jeweils schematisch in sechs Schritten ab:

  • Erhebung der projektspezifischen Anforderungen im gesamten Projektteam
  • Sichtung von Best-Practice-Beispielen in anderen Editionsprojekten (Infrastrukturen, Datenmodelle, Software, grafische Lösungen)
  • Entwicklung und erste Umsetzung des Konzepts
  • internes und ggf. externes Feedback
  • Nachadjustieren von Konzept und Umsetzung (Validierung)
  • Dokumentation.

Die Spezifika des Notizbuchmaterials und die Anforderungen an ein adäquates Benutzerinterface verlangen zahlreiche „agile“ Schleifen (Schritt 3 und 4) – iterative Anpassungen und Korrekturen von Konzepten, Datenmodellen, Codierungen und Datenabfragen. Die Validierung (das Erkennen, Identifizieren und Beheben von Funktions- und Anzeigefehlern) beansprucht dabei einen nicht zu vernachlässigenden Teil der täglichen Arbeitsroutine des gesamten Teams. Die Dokumentation erfolgt in den Editionsrichtlinien . Die Codierungen werden darüber hinaus auch im TEI-Schema, einem TEI-XML-Dokument im ODD-Format (One Document Does it All) dokumentiert. Das Schema wird der Codierung der Notizbuchtexte im Oxygen-Editor hinterlegt und dient der Validierung der Codierungen.

Strukturelle und semantische Textannotation in TEI-XML im Oxygen-Editor: Die fertig transkribierten und basiscodierten Texte werden aus Transkribus in das Format XML (TEI P5) exportiert und mithilfe des XML-Editors Oxygen weiterbearbeitet. Dabei erfolgt die komplette strukturelle und semantische Annotation für die Transkriptions- und Lesefassung bei gleichzeitiger Datenvalidierung gemäß dem TEI-Schema. Orts-, Personen- und Werkentitäten werden in gesonderten Register-XML-Dateien angelegt, mit Normdaten angereichert und untereinander vernetzt. Es wird hier ein Mix aus den Normdatenservices GND (Gemeinsame Normdatei) für Personen- und Werkbezüge und GeoNames im geographischen Kontext verwendet und mithilfe des Vokabulars aus dem  Getty Art and Architecture Thesaurus (AAT)  ergänzt. Außerdem werden die Registereinträge mit den jeweiligen Einträgen auf Wikidata  verlinkt. Über diese Verlinkung ist eine Assoziation mit anderen Normdatenbanken möglich und es kann auf die in Wikidata hinterlegten Informationen zurückgegriffen werden, was z.B. bei der Erfassung von Landschaftsphänomenen (Gebirge, Flüsse, etc.) ein umfassenderes Bild ergibt als der auf GeoNames vorhandene Datensatz. Ein weiterer Standard, der eingesetzt wird, ist der ISO 639 Language Code (two-letter code set 639-1) . Die XML-Daten der Notizbücher werden nach dem Export aus Transkribus für das Editionsteam im GitLab der ONBLabs verwaltet. Durch die Versionierung mit git ist eine kollaborative Verarbeitung sowohl durch wissenschaftliche als auch technische Mitarbeiter*innen möglich. Einzelne Versionsschritte der edierten Dateien in TEI-XML werden durch die Versionsverwaltung ebenfalls dokumentiert.

Kollationierung: Das Gegenlesen (Kollationieren) ist eine unerlässliche Kontrolle von Transkription und Auszeichnung. Es erfolgt in 2er-Teams parallel zur Transkription und Codierung.

Edition, Kommentierung und andere redaktionelle Texte: Fertig transkribierte und kollationierte Notizbücher werden von den Editorinnen ediert, diese Arbeit umfasst: die Interpretation und Kommentierung von Textbefunden, das Nachbessern von Codierungen, das Beschreiben von Zeichnungen, eingeklebtem Material und Beilagen, den Nachweis von Entitäten und Lektürezitaten (Bücher, Bilder, Songs, Filme), die Aufschlüsselung von Unklarheiten, fachspezifischen oder dialektalen Begriffen, sowie die Übersetzung fremdsprachiger Textstellen. Als Quellen für die Kommentierung wird neben der Sekundärliteratur auf diverse digitale Lexika und Ressourcen zurückgegriffen. Zu den wichtigsten gehören etwa das Lexikalische Informationssystem Österreich (LIÖ ), das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS ) und der Duden online . In einem eigenen Arbeitsschritt werden die einführenden Kommentare der Notizbuchbeschreibung verfasst, um ihre Einheitlichkeit zu gewährleisten.

DH-Forschung: Das Projekt setzt im Bereich der digitalen Editorik auf etablierte Standards und erprobte Lösungen, versucht aber auch im Austausch mit anderen Projekten die DH-Forschung in bestimmten Bereichen weiterzutreiben. Der im ersten Projektjahr erarbeitete prototypische Entwurf eines generischen Datenmodells soll in Folge zu einem tragfähigen Modell zur Abbildung von Werkgenesen ausgebaut werden. Die Herausforderung besteht darin, das Modell stabil und zugleich flexibel zu gestalten, damit es sowohl die Heterogenität der Werkmaterialien als auch ihre werkgenetischen Verbindungen repräsentieren kann. Zur DH-Forschung zählt auch die für das zweite Projekt geplante Darstellung von Orten und Reisen auf einer Karte. Hier liegen die Herausforderungen in der Differenzierung der Orte nach literaturwissenschaftlich bzw. biographisch relevanten Kategorien und in der Konzeption von leicht lesbaren und verständlichen thematischen Karten (Problem der Generalisierung).

Dissemination: An der Vorbereitung, Umsetzung und Nachbereitung von Disseminations- und Evaluationsstrategien ist das gesamte Team beteiligt – an der Dokumentation in diversen Projektdatenbanken oder an der Präsentation der Edition, ihrer Inhalte und Funktionen bei Workshops und Fachtagungen. Dazu kommt die Publikation von Forschungsergebnissen in fachwissenschaftlichen Organen (siehe die Publikationsliste in Zotero). Für die Publikumsveranstaltungen im Literaturmuseum der ÖNB und im DLA sind kleinere konzeptionelle und organisatorische Vorarbeiten notwendig. Eine gewichtigere Aufgabe dieses Pakets ist die Erstellung der Druckvorlage einer Auswahledition von Handkes Notizen für die Publikation im Suhrkamp Verlag auf Datenbasis der Lesefassung inkl. Fahnenkorrektur und Verfassen eines Nachwortes. Die jeweilige Bewerbung mittels Presse, Social Media oder in den Publikationen der ÖNB und des DLA erfolgt durch die Institutionen.

Tabelle 1: Projektdaten
KategorieInhalt
Projektlaufzeit:15.02.2021-14.06.2024
Förderer ATFonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Fördernummer ATI 4708 Internationale Projekte
Projektleitung ATBernhard Fetz
Bewilligungssumme AT470.479,80 €
Förderer DEDeutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Fördernummer DE435049492
Projektleitung DEUlrich von Bülow
Bewilligungssumme DE350.130,00 €
Digitale EditionDigitale Edition auf ÖNB-DE

Tabelle 1: Projektdaten
KategorieInhalt
Projektlaufzeit:15.02.2021-14.06.2024
Förderer ATFonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)
Fördernummer ATI 4708 Internationale Projekte
Projektleitung ATBernhard Fetz
Bewilligungssumme AT470.479,80 €
Förderer DEDeutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Fördernummer DE435049492
Projektleitung DEUlrich von Bülow
Bewilligungssumme DE350.130,00 €
Digitale EditionDigitale Edition auf ÖNB-DE