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Text: U. Ulrich
begann zu scherzen. Ich wette, daß dich dieser Schm. Schmeißer
heimlich liebt – behauptete er – u. von Ld. Lindner
ist es ja kein Geheimnis. Beide sind Für-Männer. Und auch Mg. Meingast
ist ein Für-Mann. Am Ende eroberst du ihn auch.

Unterlage 20-21/I

Nun wollte Ag. Agathe
natürlich doch wissen, was Für-Männer seien., u U. Ulrich
führte ihr diesen bei guter Gelegenheit/? auf gut Glück/ erfundenen Begriff aus.
Ld. Lindner
ist ein guter Mensch, nicht wahr? – fragte U Ulrich
. Ag. Agathe
bejahte es, obwohl es ihr längst nicht mehr so sicher vorkam sie diese Überzeugung längst nicht mehr so begeisterte wie zu Anfang. – Aber du er lebt mehr für die Religion als im religiösen Zustand? Das bestritt nun Ag. Agathe
gewißwohl überhaupt.. vollends nicht mehr nicht mehr. – DarumEben das ist er ein Für-Mann – erläuterte U Ulrich
. – Die ausgebreitete Tätigkeit, die er seinem Glauben angedeihen läßt, ist vielleicht derdas wichtigste FallBeispiel, aber eben doch nur eines der Technik, die immer angewendet wird, um Ideale für den Alltagsgebrauch verwendbar u. haltbar zu machen. – So erklärte er ihr ausführlich seinen aus dem Stegreif erfundenen Begriff des Für und In etwas Lebens. Das menschliche Leben ist anscheinend gerade so lang, daß man darin, wenn man für etwas lebt, die Laufbahn vom Neuling zum Nestor, Patriarchen oder Pionierev eventuell : .. vom Nachläufer zum Vorgänger zurücklegen kann. EsDoch, und es dabeikommt dabeies für die menschliche Zufriedenheit weniger darauf an, wofür man lebt, als daß man überhaupt für etwas zu leben hat/ Kommt es aber auch nicht darauf an, wofür man lebt? Gerade darin sehen die Menschen den Unterschied. Verneint man es, so muß man aber vermeiden, daß es auf die "liberale" Leugnung der Entschlossenheit u.ä. hinauskommt /: ein Nestor des heimischen Tuchhandels der deutschen Weinbranderzeugung und der Pionier einer neuen Weltanschauung genießen außer ähnlichen Ehren auch noch den gleichen Vorteil, der darin besteht, daß sie zeit ihres Lebens das Leben introtz seinem fürchterlichen Reichtum keine einzige Frage enthält, die nicht einfacher würde, wenn man sie bloß einer mit der Weinbranderzeugungeiner Weltanschauung,oder einer ebenso nützlichen Weltanschauungebenso mit der Weinbranderzeugungaber auch ebenso, wenn man sie mit der Weinbrerz ... in Verbindung bringt. Ein solcher Vorteil ist genau das, was man mit einem neueren Wort Rationalisierung nennt, nur werden dabei nicht Handgriffe rationalisiert, sondern das schwierige Gebiet des GefühlsIdeen, und wer vermöchte nicht schon heute zu ermessen, was das bedeutet, wiewohl.Ein solches Leben "Für etwas" ist noch im geringsten Fall mitNoch im geringsten Fall ist dieses Leben "Für etwas" mit1-10 dem Besitz eines Notizbuches zu vergleichen, worin alles eingetragen wird und Erledigtes ordentlich durchstrichen wird. Wer das nicht tut, lebt unordentlich, wird mit den Dingen nicht fertig, und wird von ihrem Kommen u Gehen geplagt; wer dagegen ein Notizbuch hat, gleicht dem ökonomischen Hausvater, der jeden Nagel, jedes Stück Gummi, jeden Fetzen Stoff aufhebt, weil er weiß, daß ihm solcher Fund eines Tags in der Wirtschaft dienen wird. Ein solches bürgerliches "Für etwas", wie es als Zusammenfassung würdigen Schaffens, oft auch als Steckenpferd , Besonderheit oder heimliches Pünktchen, das einer beständig im Auge hat, von der Väterzeit überliefert worden, warstellte aber damals eigentlich schon etwas Veraltetes dar, denn eine Neigung ins Große, ein Hang zur Entwicklung des Für etwas Lebens in mächtigen Verbänden! hatte sich damals schonbereits an seine Stelle gesetzt.

Nachtrag: Eigentlich lebt der Mensch nur in Revolutionen In. Darum zT. macht er sie auch.
(Setzt auch "Pkte Punkt(e) " fort. I 219ff)

Dadurch gewann das, was von U. Ulrich
im Scherz begonnen hattewar, unter dem Sprechen ernstere Bedeutung. Die Unterscheidung, die er getroffen hatte, verlockte ihn vor unerschöpfliche Aussichten, und vielleicht war sie wirklich eine... und wurde für ihn in diesem Augenblick zu einer... von jenen, an denen die Welt wie ein durchschnittener Apfel am Messer auseinanderfällt u. ihr Inneres darbietet. Agathe wandte ihm ein, daß man doch oft auch sagte: "er geht ganz darin auf", oder: "er lebt und webt darin"/..., einer gehe .. in etwas .. lebe u webe .../,

So könnte Gf L. Graf Leinsdorf
das aus Amt herleiten.
obgleich es sicher sei, daß nach Us. Ulrich
Namengebung solche eifrige Leber u. Weber es für ihre Sache täten. Aber die Sprache; und U Ulrich
. gab zu, daß man wohl richtiger tätegenauer verführe etwa zwischen den Begriffen "Im ZustandSich im Zustand seines Ideals? .. in einem als Ideal bezeichneten Zustand ..zu befinden" und "Sich im Zustand des Wirkens für sein Ideal zu befinden" zu unterscheiden, wobei aber das zweite In ebenentweder ein uneigentliches sei, und in Wahrheit eben ein Für sei, oder das gemeinte Verhältnis zum Wirken ein ungewöhnliches und ekstatisches sein müßte. Im übrigen habet die Sprache ihre guten Gründe nicht so genau nicht zu unterscheidenverfahren,

Legende
ABC: Streichung ABC: HinzufügungABC: Textvariante : Abkürzung, BegriffserklärungABC: Autorenkommentar
Datierung
Datierungsabschnitt 7-2: Mitte 1933 - März 1934
Schmierblätter: Schm b Tge, Schm Aufb, F+L+H+VB, Schm M-K, Schm Ü, Schm ÜP [Umfang: 415 Seiten]
Übergeordnete Einheit: Datierungsabschnitt 7: Zwischenfortsetzung Band II, Teil 1
Datierungsmethode: Datierungsabschnitt
Objektbeschreibung
Angaben zum Blatt: Kanzleidoppelblatt cremefarben
Maße: 211x342mm
Typ des Blatts
Entwurfsfragment
Tinte schwarz
Entwurfsfragmente sind für die spätere Produktionsphase des "Mann ohne Eigenschaften" typisch (1933-1942). Es handelt sich um Zeugnisse der Umschreibprozeduren, in der Regel in Form unvollständiger Kapitelentwürfe, die keinen fixen Kapiteltitel und keine fixe Kapitelnummer haben; sie sind stark korrigiert und mit Notizen versehen.
Bezug
Der Mann ohne Eigenschaften
Fortsetzung 1933-1936 | Parallelaktion | Warum die Menschen nicht gut, schön und wahrhaftig sind, sondern es lieber sein wollen | Stufe 10
Siglen
SchmMK2_Warum_3
Sigle »Schm M-K«: Schm M-K II Warum … sind … wollen
identisch mit N Bl III 13, N Bl III 14, N Bl III 15, N Bl III 16; N Bl III 17, N Bl III 18 ; Notizen und Entwurfsansätze zum Kapitelprojekt »Warum die Menschen nicht gut, schön und wahrhaftig sind, sondern es lieber sein wollen«; I/4/13, I/4/14, I/4/15, I/4/16, I/4/17, I/4/18
NBl3_15
Sigle »N Bl III«: N Bl III 15
identisch mit Schm M-K II Warum … sind … wollen; Entwurf zum Kapitelprojekt »Warum die Menschen nicht gut, schön oder wahrhaftig sind, sondern es lieber sein wollen«; I/4/15
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begann zu scherzen. Ich wette, daß dich dieser Schm. Schmeißer
heimlich liebt – behauptete er – u. von Ld. Lindner
ist es ja kein Geheimnis. Beide sind Für-Männer. Und auch Mg. Meingast
ist ein Für-Mann. Am Ende eroberst du ihn auch.

Unterlage 20-21/I

Nun wollte Ag. Agathe
natürlich doch wissen, was Für-Männer seien., u U. Ulrich
führte ihr diesen bei guter Gelegenheit/? auf gut Glück/ erfundenen Begriff aus.
Ld. Lindner
ist ein guter Mensch, nicht wahr? – fragte U Ulrich
. Ag. Agathe
bejahte es, obwohl es ihr längst nicht mehr so sicher vorkam sie diese Überzeugung längst nicht mehr so begeisterte wie zu Anfang. – Aber du er lebt mehr für die Religion als im religiösen Zustand? Das bestritt nun Ag. Agathe
gewißwohl überhaupt.. vollends nicht mehr nicht mehr. – DarumEben das ist er ein Für-Mann – erläuterte U Ulrich
. – Die ausgebreitete Tätigkeit, die er seinem Glauben angedeihen läßt, ist vielleicht derdas wichtigste FallBeispiel, aber eben doch nur eines der Technik, die immer angewendet wird, um Ideale für den Alltagsgebrauch verwendbar u. haltbar zu machen. – So erklärte er ihr ausführlich seinen aus dem Stegreif erfundenen Begriff des Für und In etwas Lebens. Das menschliche Leben ist anscheinend gerade so lang, daß man darin, wenn man für etwas lebt, die Laufbahn vom Neuling zum Nestor, Patriarchen oder Pionierev eventuell : .. vom Nachläufer zum Vorgänger zurücklegen kann. EsDoch, und es dabeikommt dabeies für die menschliche Zufriedenheit weniger darauf an, wofür man lebt, als daß man überhaupt für etwas zu leben hat/ Kommt es aber auch nicht darauf an, wofür man lebt? Gerade darin sehen die Menschen den Unterschied. Verneint man es, so muß man aber vermeiden, daß es auf die "liberale" Leugnung der Entschlossenheit u.ä. hinauskommt /: ein Nestor des heimischen Tuchhandels der deutschen Weinbranderzeugung und der Pionier einer neuen Weltanschauung genießen außer ähnlichen Ehren auch noch den gleichen Vorteil, der darin besteht, daß sie zeit ihres Lebens das Leben introtz seinem fürchterlichen Reichtum keine einzige Frage enthält, die nicht einfacher würde, wenn man sie bloß einer mit der Weinbranderzeugungeiner Weltanschauung,oder einer ebenso nützlichen Weltanschauungebenso mit der Weinbranderzeugungaber auch ebenso, wenn man sie mit der Weinbrerz ... in Verbindung bringt. Ein solcher Vorteil ist genau das, was man mit einem neueren Wort Rationalisierung nennt, nur werden dabei nicht Handgriffe rationalisiert, sondern das schwierige Gebiet des GefühlsIdeen, und wer vermöchte nicht schon heute zu ermessen, was das bedeutet, wiewohl.Ein solches Leben "Für etwas" ist noch im geringsten Fall mitNoch im geringsten Fall ist dieses Leben "Für etwas" mit1-10 dem Besitz eines Notizbuches zu vergleichen, worin alles eingetragen wird und Erledigtes ordentlich durchstrichen wird. Wer das nicht tut, lebt unordentlich, wird mit den Dingen nicht fertig, und wird von ihrem Kommen u Gehen geplagt; wer dagegen ein Notizbuch hat, gleicht dem ökonomischen Hausvater, der jeden Nagel, jedes Stück Gummi, jeden Fetzen Stoff aufhebt, weil er weiß, daß ihm solcher Fund eines Tags in der Wirtschaft dienen wird. Ein solches bürgerliches "Für etwas", wie es als Zusammenfassung würdigen Schaffens, oft auch als Steckenpferd , Besonderheit oder heimliches Pünktchen, das einer beständig im Auge hat, von der Väterzeit überliefert worden, warstellte aber damals eigentlich schon etwas Veraltetes dar, denn eine Neigung ins Große, ein Hang zur Entwicklung des Für etwas Lebens in mächtigen Verbänden! hatte sich damals schonbereits an seine Stelle gesetzt.

Nachtrag: Eigentlich lebt der Mensch nur in Revolutionen In. Darum zT. macht er sie auch.
(Setzt auch "Pkte Punkt(e) " fort. I 219ff)

Dadurch gewann das, was von U. Ulrich
im Scherz begonnen hattewar, unter dem Sprechen ernstere Bedeutung. Die Unterscheidung, die er getroffen hatte, verlockte ihn vor unerschöpfliche Aussichten, und vielleicht war sie wirklich eine... und wurde für ihn in diesem Augenblick zu einer... von jenen, an denen die Welt wie ein durchschnittener Apfel am Messer auseinanderfällt u. ihr Inneres darbietet. Agathe wandte ihm ein, daß man doch oft auch sagte: "er geht ganz darin auf", oder: "er lebt und webt darin"/..., einer gehe .. in etwas .. lebe u webe .../,

So könnte Gf L. Graf Leinsdorf
das aus Amt herleiten.
obgleich es sicher sei, daß nach Us. Ulrich
Namengebung solche eifrige Leber u. Weber es für ihre Sache täten. Aber die Sprache; und U Ulrich
. gab zu, daß man wohl richtiger tätegenauer verführe etwa zwischen den Begriffen "Im ZustandSich im Zustand seines Ideals? .. in einem als Ideal bezeichneten Zustand ..zu befinden" und "Sich im Zustand des Wirkens für sein Ideal zu befinden" zu unterscheiden, wobei aber das zweite In ebenentweder ein uneigentliches sei, und in Wahrheit eben ein Für sei, oder das gemeinte Verhältnis zum Wirken ein ungewöhnliches und ekstatisches sein müßte. Im übrigen habet die Sprache ihre guten Gründe nicht so genau nicht zu unterscheidenverfahren,

Legende
ABC: Streichung ABC: HinzufügungABC: Textvariante : Abkürzung, BegriffserklärungABC: Autorenkommentar
Datierung
Datierungsabschnitt 7-2: Mitte 1933 - März 1934
Schmierblätter: Schm b Tge, Schm Aufb, F+L+H+VB, Schm M-K, Schm Ü, Schm ÜP [Umfang: 415 Seiten]
Übergeordnete Einheit: Datierungsabschnitt 7: Zwischenfortsetzung Band II, Teil 1
Datierungsmethode: Datierungsabschnitt
Objektbeschreibung
Angaben zum Blatt: Kanzleidoppelblatt cremefarben
Maße: 211x342mm
Typ des Blatts
Entwurfsfragment
Tinte schwarz
Entwurfsfragmente sind für die spätere Produktionsphase des "Mann ohne Eigenschaften" typisch (1933-1942). Es handelt sich um Zeugnisse der Umschreibprozeduren, in der Regel in Form unvollständiger Kapitelentwürfe, die keinen fixen Kapiteltitel und keine fixe Kapitelnummer haben; sie sind stark korrigiert und mit Notizen versehen.
Bezug
Der Mann ohne Eigenschaften
Fortsetzung 1933-1936 | Parallelaktion | Warum die Menschen nicht gut, schön und wahrhaftig sind, sondern es lieber sein wollen | Stufe 10
Siglen
SchmMK2_Warum_3
Sigle »Schm M-K«: Schm M-K II Warum … sind … wollen
identisch mit N Bl III 13, N Bl III 14, N Bl III 15, N Bl III 16; N Bl III 17, N Bl III 18 ; Notizen und Entwurfsansätze zum Kapitelprojekt »Warum die Menschen nicht gut, schön und wahrhaftig sind, sondern es lieber sein wollen«; I/4/13, I/4/14, I/4/15, I/4/16, I/4/17, I/4/18
NBl3_15
Sigle »N Bl III«: N Bl III 15
identisch mit Schm M-K II Warum … sind … wollen; Entwurf zum Kapitelprojekt »Warum die Menschen nicht gut, schön oder wahrhaftig sind, sondern es lieber sein wollen«; I/4/15

Signatur: Cod. Ser. n. 15064

11 Blatt, 23 Seiten, 2 Konvolute

Die Mappenbezeichnung bezieht sich auf Pläne zur Fortsetzung des Romans, wie sie sich bis Anfang 1934 herauskristallisieren. Es finden sich Festlegungen von Anfang 1934 zur Verknüpfung des an Band 2/1 anschließenden Ulrich-Agathe-Komplexes mit den anderen Erzählsträngen sowie Studienblätter für einzelne Kapitelprojekte. Den Schwerpunkt bildet ein Kapitelentwurf mit dem Arbeitstitel „Warum ... sind ... wollen“ auf der Basis des Entwurfs „Für-In“ von 1928.

Zitiervorschlag

Robert Musil, Schlussblock : Mappe I/4, ediert von Walter Fanta, in: Musil Online, hrsg. v. RMI/KLA und ÖNB, Klagenfurt und Wien 2021, Version 0.1, März 2022. URL: https://edition.onb.ac.at/musil/o:mus.sn15064-01-04/methods/sdef:TEI/get?mode=p_16

Lizenzhinweis

Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

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