denn Für etwas leben ist der Zustand des weltlichen Daseins, In dagegen ist immer das, wofür man esdiesesjenes zu leben vorgibt u. vermeint, u. das Verhältnis dieser beiden Zustände zueinander ist äußerstso gleich empfindlich gegen jede Berührung wie Licht. ein äußerst verstocktes. Weiß der Mensch doch im geheimen von der wunderbaren Tatsache, daß alles, "wofür es sich zu leben lohnt", etwas Unwirkliches, wenn nicht gar Absurdes darstelltwäre, sobald man ganz darin eingehen wollte, ohne daß er esman das es natürlich zugeben dürfte. Die Liebe stünde nimmermehr von ihrem Lager auf, in der Politik müßte der geringste Beweis von Aufrichtigkeit schon auf einen Totschlagdie tödliche Vernichtung des Gegners / hinauskommen, der Künstler müßtedürfte jeden Verkehr mit unvollkommeneren Wesen als Kunstwerken verschmähen, und die Moral müßte nicht aus perforierten Vorschriften bestehn, sondern in jenen kindlischchen Zustand der Liebe zum Guten u. des Abscheus vor dem Bösen zurückkeführen, der alles wörtlich nimmt. Denn wer das Verbrechen/.. die Idee seines Gegners ../ wirklich haßtverabscheut, dem istwäre die Anstellung ausgebildeter Berufsteufel nicht zu wenig, die Gefangenen wie auf alten Bildern des Höllenfeuers zu martern, und wer die Tugend restlos liebte, der dürfte von nichts als vom Guten essen, bis ihm der Magen in die Kehle stiege. Das Bemerkenswerte ist, daß es ja wirklich zuweilen dahin kommt, daß aber solche Zeiten der Inquisition oder ihres Gegenteils, der menschenvertraulichen Schwärmerei, in schlechtem Ansehen/Erinnerung/ stehn. /Gedenken bleiben./
Darum ist es das Lebenerhaltende schlechthin, an die Stelle dessen, "wofür es sich wirklich zu leben lohnt", das "Dafür"leben zu setzen; noch merkwürdiger in seiner Bedeutung, wenn man es so sagt, daß an die Stelle des Lebens das Streben tritt, als etwas, das mit allen Kräften ebensowohl dahindases ist ein Davor=Leben ist, denn an die Stelle des Lebens tritt das Streben, und denn anstatt eigentlich zu leben, strebt man nun, als ein Wesen, das mit allen Kräften ebensowohl zur Erfüllung hindrängt als des Anlangens enthoben istwill wie um keinen Preis wirklich dort anlangen will. Für etwas leben bedeutetsonacheignet sich dadurch den Dauerersatz von In etwas leben, und alle Wünsche ..In dem Augenblick, wo sich dieser Ersatzdasdieser Tausch vollziehtAber in dem Augenblick, wo Tausch von In u Für, steht ein System (unendlicherder Mittel am Platze des eindeutigen) Amzielseins.
Darum ist es das Leben-erhaltende schlechthin gewesen, an die Stellewas an daß es der Menschheit gelungen ist,anstatt dessen "wofür es sich wirklich zu leben lohnt", das "Dafür"leben zu setzen.erfindenoder mit andern Worten, an die Stelle ihres Idealzustands den ihres Idealismus zu setzen. Es ist ein Davor=Leben; anstatt zu leben "strebt" man nun, und ist seither ein Wesen, das mit allen Kräften ebensowohl zur Erfüllung hindrängt, als es auch des Anlangens enthoben ist. "Für etwas leben" eignet sich gerade dadurch zumist der Dauerersatz des "In". Das Gesetz, daß Alle Wünsche, und nicht nur die der Liebe, sind ja nach der Erfüllung traurig sind; aberistwird dadurch auf eine sinnreiche Weise aufgehoben, denn in dem Augenblick, wo sich der Tausch des WunschesWünschens mit demder Tätigkeit Für den Wunsch Tätigsein vollzogen hat, isttritteinistwird das auf eine sinnreiche Weise aufgehoben, denn nun tritt ein das grenzenlose unerschöpfliche System der Mittel und Hindernisse an die Stelle des Ziels getretengetreten, und dieses ist in seinem Tätigkeitsprinzip unerschöpflich.u selbst werSo lebt selbst wer es bis zur Monomanie für etwas lebttut, lebt.Selbst wer ein Monomane ist, lebt da nicht eintönig, sondern hat beständig etwas Neues zu tun,u. zu denken,Es ist bloß und wer fürnach etwas lebt, das sich von dem sich gar nicht odergar wer in seinem Lebensinhalt garüberhaupt nicht leben könnte – ein Fall, der heute sehr häufiger ist, etwa, als man denkt,so ein Professor einerder Landwirtschaftlichens-Hochschule, der einevon demwelcher/dessen Bedeutung in .. liegt/ der Pflege des Stallmistes u. der Jauche neue Wege gewiesen hatwerden, lebt für diesen Inhalt undoder tut das, was sich damit gar nicht vereinen läßt, wieohne Beschwerden u. genießt das Anhören von Musik oder ähnliche Erlebnisse, doch gewissermaßenwenn er ein tüchtiger Mann ist, immer gleichsam zu Ehren der Stallwirtschaft. Dieses "zu Ehren von etwas" etwas anderes , ja alles tun, ist übrigens von dem Etwas noch ein wenig weiter entfernt als das Füroft nur noch ein beruhigendes Summen, u stellt darinaber undaber stellt sogardarum die am meisten angewandte Methode dar, weil sozusagen billigste Methode dar Erfahrung des Lebens dar., im Namen eines Ideals alles das zu tun, was sich mit ihm nicht vereinbaren läßt. Denn der HauptvVorteil alles Für u. Zu Ehren von besteht nicht zum mindestenzuletzt darin, daß durch den Dienst am Ideal alles wieder ins Leben hineinkommt, was durch das Ideal selbst ausgeschlossen
denn Für etwas leben ist der Zustand des weltlichen Daseins, In dagegen ist immer das, wofür man esdiesesjenes zu leben vorgibt u. vermeint, u. das Verhältnis dieser beiden Zustände zueinander ist äußerstso gleich empfindlich gegen jede Berührung wie Licht. ein äußerst verstocktes. Weiß der Mensch doch im geheimen von der wunderbaren Tatsache, daß alles, "wofür es sich zu leben lohnt", etwas Unwirkliches, wenn nicht gar Absurdes darstelltwäre, sobald man ganz darin eingehen wollte, ohne daß er esman das es natürlich zugeben dürfte. Die Liebe stünde nimmermehr von ihrem Lager auf, in der Politik müßte der geringste Beweis von Aufrichtigkeit schon auf einen Totschlagdie tödliche Vernichtung des Gegners / hinauskommen, der Künstler müßtedürfte jeden Verkehr mit unvollkommeneren Wesen als Kunstwerken verschmähen, und die Moral müßte nicht aus perforierten Vorschriften bestehn, sondern in jenen kindlischchen Zustand der Liebe zum Guten u. des Abscheus vor dem Bösen zurückkeführen, der alles wörtlich nimmt. Denn wer das Verbrechen/.. die Idee seines Gegners ../ wirklich haßtverabscheut, dem istwäre die Anstellung ausgebildeter Berufsteufel nicht zu wenig, die Gefangenen wie auf alten Bildern des Höllenfeuers zu martern, und wer die Tugend restlos liebte, der dürfte von nichts als vom Guten essen, bis ihm der Magen in die Kehle stiege. Das Bemerkenswerte ist, daß es ja wirklich zuweilen dahin kommt, daß aber solche Zeiten der Inquisition oder ihres Gegenteils, der menschenvertraulichen Schwärmerei, in schlechtem Ansehen/Erinnerung/ stehn. /Gedenken bleiben./
Darum ist es das Lebenerhaltende schlechthin, an die Stelle dessen, "wofür es sich wirklich zu leben lohnt", das "Dafür"leben zu setzen; noch merkwürdiger in seiner Bedeutung, wenn man es so sagt, daß an die Stelle des Lebens das Streben tritt, als etwas, das mit allen Kräften ebensowohl dahindases ist ein Davor=Leben ist, denn an die Stelle des Lebens tritt das Streben, und denn anstatt eigentlich zu leben, strebt man nun, als ein Wesen, das mit allen Kräften ebensowohl zur Erfüllung hindrängt als des Anlangens enthoben istwill wie um keinen Preis wirklich dort anlangen will. Für etwas leben bedeutetsonacheignet sich dadurch den Dauerersatz von In etwas leben, und alle Wünsche ..In dem Augenblick, wo sich dieser Ersatzdasdieser Tausch vollziehtAber in dem Augenblick, wo Tausch von In u Für, steht ein System (unendlicherder Mittel am Platze des eindeutigen) Amzielseins.
Darum ist es das Leben-erhaltende schlechthin gewesen, an die Stellewas an daß es der Menschheit gelungen ist,anstatt dessen "wofür es sich wirklich zu leben lohnt", das "Dafür"leben zu setzen.erfindenoder mit andern Worten, an die Stelle ihres Idealzustands den ihres Idealismus zu setzen. Es ist ein Davor=Leben; anstatt zu leben "strebt" man nun, und ist seither ein Wesen, das mit allen Kräften ebensowohl zur Erfüllung hindrängt, als es auch des Anlangens enthoben ist. "Für etwas leben" eignet sich gerade dadurch zumist der Dauerersatz des "In". Das Gesetz, daß Alle Wünsche, und nicht nur die der Liebe, sind ja nach der Erfüllung traurig sind; aberistwird dadurch auf eine sinnreiche Weise aufgehoben, denn in dem Augenblick, wo sich der Tausch des WunschesWünschens mit demder Tätigkeit Für den Wunsch Tätigsein vollzogen hat, isttritteinistwird das auf eine sinnreiche Weise aufgehoben, denn nun tritt ein das grenzenlose unerschöpfliche System der Mittel und Hindernisse an die Stelle des Ziels getretengetreten, und dieses ist in seinem Tätigkeitsprinzip unerschöpflich.u selbst werSo lebt selbst wer es bis zur Monomanie für etwas lebttut, lebt.Selbst wer ein Monomane ist, lebt da nicht eintönig, sondern hat beständig etwas Neues zu tun,u. zu denken,Es ist bloß und wer fürnach etwas lebt, das sich von dem sich gar nicht odergar wer in seinem Lebensinhalt garüberhaupt nicht leben könnte – ein Fall, der heute sehr häufiger ist, etwa, als man denkt,so ein Professor einerder Landwirtschaftlichens-Hochschule, der einevon demwelcher/dessen Bedeutung in .. liegt/ der Pflege des Stallmistes u. der Jauche neue Wege gewiesen hatwerden, lebt für diesen Inhalt undoder tut das, was sich damit gar nicht vereinen läßt, wieohne Beschwerden u. genießt das Anhören von Musik oder ähnliche Erlebnisse, doch gewissermaßenwenn er ein tüchtiger Mann ist, immer gleichsam zu Ehren der Stallwirtschaft. Dieses "zu Ehren von etwas" etwas anderes , ja alles tun, ist übrigens von dem Etwas noch ein wenig weiter entfernt als das Füroft nur noch ein beruhigendes Summen, u stellt darinaber undaber stellt sogardarum die am meisten angewandte Methode dar, weil sozusagen billigste Methode dar Erfahrung des Lebens dar., im Namen eines Ideals alles das zu tun, was sich mit ihm nicht vereinbaren läßt. Denn der HauptvVorteil alles Für u. Zu Ehren von besteht nicht zum mindestenzuletzt darin, daß durch den Dienst am Ideal alles wieder ins Leben hineinkommt, was durch das Ideal selbst ausgeschlossen
Signatur: Cod. Ser. n. 15064
11 Blatt, 23 Seiten, 2 Konvolute
Die Mappenbezeichnung bezieht sich auf Pläne zur Fortsetzung des Romans, wie sie sich bis Anfang 1934 herauskristallisieren. Es finden sich Festlegungen von Anfang 1934 zur Verknüpfung des an Band 2/1 anschließenden Ulrich-Agathe-Komplexes mit den anderen Erzählsträngen sowie Studienblätter für einzelne Kapitelprojekte. Den Schwerpunkt bildet ein Kapitelentwurf mit dem Arbeitstitel „Warum ... sind ... wollen“ auf der Basis des Entwurfs „Für-In“ von 1928.
Robert Musil, Schlussblock : Mappe I/4, ediert von Walter Fanta, in: Musil Online, hrsg. v. RMI/KLA und ÖNB, Klagenfurt und Wien 2021, Version 0.1, März 2022. URL: https://edition.onb.ac.at/musil/o:mus.sn15064-01-04/methods/sdef:TEI/get?mode=p_17
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