48.Warum scheint die SonneDie Sonne scheint auf Gerechte und Ungerechte?. Gewiß,hatte weder Ulrich noch irgendeine Person seines damaligen Umgangs hatte die Absicht zu philosophieren, vielleicht den General vielleicht ausgenommen, der sich für ähnliches manchesmal Zeit hattenahm. Trotzdem wurdekonnte Ulrich die Frage, wiewarum die Sonne auf Gerechte und Ungerechte scheinen dürfe, nicht so leicht loswerden;.eEs wurde ihm klar, daß siediese sinnlose Frage den Sinn aller jener Fragen enthalten müsse, die er beim Anblick jenereiner freundlichen Menschenanhäufung in einem öffentlichen Garten nicht richtig hatte richtig aussprechen können. Es wäre ihm Dieser Sinn hatte etwas mit Gleichzeitigkeit und Nebeneinander zu tun.Wie durfte die Sonne auf Gerechte und Ungerechte gleichzeitig scheinen!? Es wäre ihm aus irgendeinem Grund begreiflicher vorgekommen, wenn die Sonne es nicht gleichzeitig, sondernsie es nacheinander getan hättegetan hätte, also zuerst auf die Gerechten und dann auf die Ungerechten, oder umgekehrt,.getangeschienen hätte. Denn nNacheinander ist der Mensch ja auch lebendig und tot, Kind und Erwachsener, gut und böse, zornig und sanft, er straft und verzeiht nacheinander; und wechselt zwischen Krieg und Frieden. Die Fähigkeit, Widersprechendes nacheinander gut tun zu können, ließe sich geradezu verwenden, um den Menschen als Persönlichkeit zu definieren zu können zu können,Diese Fähigkeit, Widersprechendes nacheinander zu tun zu können, ist ihm so vertraut, und ließedaß sie sich geradezu verwenden , um sein Wesen als Persönlichkeitläßt, um den Unterschied sein Wesen als Persönlichkeit zu definieren; denn wennobwohl es dem Menschen auch nicht immerstets unmöglich ist, sich gleichzeitig in zwei Zuständenin einer widerspruchsvollen Verfassung zu befinden, die einander widersprechenobwohl es auch dem einzelnen Menschen nicht immer unmöglich ist, sich gleichzeitig in zwei Zuständen zu befinden, die einander widersprechen, so zeigt dies doch immer reinerstets einen bedenklichen Zustand an. Und schon darum ist die Menschheit oder ein Volk oder eine Dorfbewohnerschaft ein höheres Wesen als der Einzelne, denn ihre Widersprüche breiten sich nicht nur nacheinander, sondern auch nebeneinander und durcheinander aus.so daß sich diese FähigkeitEinschränkung, Widersprechendes bloß nacheinander tun zu können, ist ihm so vertraut, daß sie sich geradezu verwenden läßt, um den Unterschied zwischen dem Menschen in seiner minderen Erscheinungsform als Person und dem Mensch als Mitglied höherer Gattungendas Wesen des Persönlichen zu definieren;, denn obwohl es auch dem einzelnen Menschen nicht immer unmöglich ist, sich zu gleicher Zeit in zwei Zuständen zu befinden, die einander widersprechen, zeigt dies doch stets einen bedenklichen Zustand an, wogegenüberpersönliche Wesen wie die Menschheit oder ein Volk oder eine Dorfbewohnerschaft als höhere Wesen imstande sindvermögen, ihre Widersprüche nicht nur nacheinander auszubreitenzu begehn, sondern auch nebeneinander und durcheinander. Was Ulrich in solcher Art zuweilen dachte, war freilich nicht ernst zu nehmen.[ Wahrscheinlich nahm es Ulrich nicht gerade ernst, was er auf diese Weise dachte, denn es gibt viele Fragen, die keinen Sinn haben, und sie stehen immer im Verdacht, wichtig zu sein; aber er beschäftigte sich doch damit. Es gibt Fragen von der Art: warum habe ich eine linke Hand, wenn ich ohnehin schon eine rechte habe? Oder: warum sind alle Geschöpfe symmetrisch? Fragen, die geradewegs aus dem Irrenhaus kommen, aber später auch manchmal auch auf für Gesunde gelehrt werden. Es stecken immer Leidenschaften in diesen solchen Fragen. Warum stirbt, zum Beispiel, der Mensch? Schon in den
48.Warum scheint die SonneDie Sonne scheint auf Gerechte und Ungerechte?. Gewiß,hatte weder Ulrich noch irgendeine Person seines damaligen Umgangs hatte die Absicht zu philosophieren, vielleicht den General vielleicht ausgenommen, der sich für ähnliches manchesmal Zeit hattenahm. Trotzdem wurdekonnte Ulrich die Frage, wiewarum die Sonne auf Gerechte und Ungerechte scheinen dürfe, nicht so leicht loswerden;.eEs wurde ihm klar, daß siediese sinnlose Frage den Sinn aller jener Fragen enthalten müsse, die er beim Anblick jenereiner freundlichen Menschenanhäufung in einem öffentlichen Garten nicht richtig hatte richtig aussprechen können. Es wäre ihm Dieser Sinn hatte etwas mit Gleichzeitigkeit und Nebeneinander zu tun.Wie durfte die Sonne auf Gerechte und Ungerechte gleichzeitig scheinen!? Es wäre ihm aus irgendeinem Grund begreiflicher vorgekommen, wenn die Sonne es nicht gleichzeitig, sondernsie es nacheinander getan hättegetan hätte, also zuerst auf die Gerechten und dann auf die Ungerechten, oder umgekehrt,.getangeschienen hätte. Denn nNacheinander ist der Mensch ja auch lebendig und tot, Kind und Erwachsener, gut und böse, zornig und sanft, er straft und verzeiht nacheinander; und wechselt zwischen Krieg und Frieden. Die Fähigkeit, Widersprechendes nacheinander gut tun zu können, ließe sich geradezu verwenden, um den Menschen als Persönlichkeit zu definieren zu können zu können,Diese Fähigkeit, Widersprechendes nacheinander zu tun zu können, ist ihm so vertraut, und ließedaß sie sich geradezu verwenden , um sein Wesen als Persönlichkeitläßt, um den Unterschied sein Wesen als Persönlichkeit zu definieren; denn wennobwohl es dem Menschen auch nicht immerstets unmöglich ist, sich gleichzeitig in zwei Zuständenin einer widerspruchsvollen Verfassung zu befinden, die einander widersprechenobwohl es auch dem einzelnen Menschen nicht immer unmöglich ist, sich gleichzeitig in zwei Zuständen zu befinden, die einander widersprechen, so zeigt dies doch immer reinerstets einen bedenklichen Zustand an. Und schon darum ist die Menschheit oder ein Volk oder eine Dorfbewohnerschaft ein höheres Wesen als der Einzelne, denn ihre Widersprüche breiten sich nicht nur nacheinander, sondern auch nebeneinander und durcheinander aus.so daß sich diese FähigkeitEinschränkung, Widersprechendes bloß nacheinander tun zu können, ist ihm so vertraut, daß sie sich geradezu verwenden läßt, um den Unterschied zwischen dem Menschen in seiner minderen Erscheinungsform als Person und dem Mensch als Mitglied höherer Gattungendas Wesen des Persönlichen zu definieren;, denn obwohl es auch dem einzelnen Menschen nicht immer unmöglich ist, sich zu gleicher Zeit in zwei Zuständen zu befinden, die einander widersprechen, zeigt dies doch stets einen bedenklichen Zustand an, wogegenüberpersönliche Wesen wie die Menschheit oder ein Volk oder eine Dorfbewohnerschaft als höhere Wesen imstande sindvermögen, ihre Widersprüche nicht nur nacheinander auszubreitenzu begehn, sondern auch nebeneinander und durcheinander. Was Ulrich in solcher Art zuweilen dachte, war freilich nicht ernst zu nehmen.[ Wahrscheinlich nahm es Ulrich nicht gerade ernst, was er auf diese Weise dachte, denn es gibt viele Fragen, die keinen Sinn haben, und sie stehen immer im Verdacht, wichtig zu sein; aber er beschäftigte sich doch damit. Es gibt Fragen von der Art: warum habe ich eine linke Hand, wenn ich ohnehin schon eine rechte habe? Oder: warum sind alle Geschöpfe symmetrisch? Fragen, die geradewegs aus dem Irrenhaus kommen, aber später auch manchmal auch auf für Gesunde gelehrt werden. Es stecken immer Leidenschaften in diesen solchen Fragen. Warum stirbt, zum Beispiel, der Mensch? Schon in den
Signatur: Cod. Ser. n. 15068
29 Blatt, 67 Seiten, 4 Konvolute
Die Mappe enthält Materialien zur Fortsetzung des ›Mann ohne Eigenschaften‹ nach der Teilveröffentlichung des Zweiten Buchs von 1932. Musil konzentrierte diese Fortsetzung in einer Entwurfsfolge mit der ›Sigle H‹ = ›Handschrift‹ (Fortsetzungshandschrift, Zweite Fassung, H 3 = Mappe I/7). Das daraus stammende Konvolut ›H 401-435‹ ist zusammen mit weiteren ersten Entwürfen von 1933 in die Mappe VII/9 gelangt. Eine Neufassung des Manuskripts (H 425-445) von 1934 aber bildet den Schwerpunkt des vorliegenden ›alten blauen Faszikels‹, in den auch das aktuelle Kapitelverzeichnis der Romanfortführung eingelegt wurde. Dazu kommen drei weitere unfertige Kapitelentwürfe von 1933/1934 aus älteren Kapitelprojekten zur Parallelaktions- und Rahmenerzählung, noch in keine endgültige Kapitelsukzession gereiht. Teils liefern die Entwürfe Vorstufen der Druckfahnenkapitel von Ende 1937, teils bleiben sie außerhalb des später angestrebten Erzählkontinuums.
Robert Musil, Altes blaues Faszikel (a. bl. Fa.) : Mappe I/8, ediert von Walter Fanta, in: Musil Online, hrsg. v. RMI/KLA und ÖNB, Klagenfurt und Wien 2021, Version 0.1, März 2022. URL: https://edition.onb.ac.at/musil/o:mus.sn15068-01-08/methods/sdef:TEI/get?mode=p_25
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