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überhörte das geflissentlich, aber er war aufmerksam geworden. "Leinsdorf 'fällt' doch nicht kein Amt zu!? bemerktefragte er erstaunt und mit natürlichem Nachdruck. "Er ist doch bis jetzt immer selbst der Knopf auf der Fahnenstange gewesen!" "Tja –" meinte Stumm von Bordwehr zögerndpfiffigmit Vorbehalt.. "Ich will auch wirklich nichts gesagt haben; er bleibt natürlich immer ein hoher Herr. Aber sieh zum Beispiel, da hat mich der Tuzzi hat mich unlängst auf die Seite genommen und hat vertraulich zu mir gesagt: 'Herr General! Wenn mich in einer finstern Gasse ein Mann anrempelt, so trete ich zur Seite; wenn er mich aber freundlich fragt, wieviel Uhr es ist, dann greife ich nicht nur nach der Uhr, sondern taste auch nach der Pistole!' Was sagst du dazu?

Was hätte U. sagen sollen? Er verstand den Zusammenhang nicht
Das ist eben jetzt der Einfluß der Regierung: sie denkt bei dem Friedenskongreß an alle Möglichkeiten, während der Leinsdorf schließlich doch nur seine eigenen Ideen hat." erklärte sich St. "Also mit einem Wort: der Leinsdorf soll jetzt aus der Leitung verdrängt werden!?" vollendete es Ulrich. Darauf erwiderte der General nicht unmittelbar: "Er läßt dich bitten, daß du dir deinedie guten Beziehungen zu deiner Kusine Tuzzi wieder mehr ausnützenaufnehmen sollst, damit man etwas erfährt: ich sage es gerade heraus, er hat es natürlich zurückhaltender An ausgedrückt! Und nach kurzem Überlegen fügte er hinzu: "Sie sagen ihm halt nicht alles! " Aber schließlich fuhr Stumm fort. " Aber schließlich ist das vielleicht auch nichts anderesanderes als die Gewohnheit der Ministerien; wir sagen uns doch gegenseitigeinander doch auch nicht alles!"

[ Dieser begleitete ihn aber in der Absicht selbst hinaus, gleich jetzt noch einiges mehr zu erfahren, was sich von Stumm vielleicht nur unter vier Augen erfahren ließ; denn auf Ulrich wirkten die gemeldeten Veränderungen und die sich in ihnen ausdrückenden Gegensätze, von denen er in seiner Abwendung nichts erfahren hatte, wie das Aufreißen eines Fensters in einem heißen Saal. Auf der Treppe stellte er seinen Freund zunächst mit den Worten: "Zwischen meiner Kusine und mir ist nicht das geringste vorgefallen, obwohl du das Gegenteil anzunehmen scheinst; ich bin einfach nicht mehr zu ihr gegangen. Ich bin auch nicht mehr zu Leinsdorf gegangen. Und ich werde auch wahrscheinlich nicht so leicht zu bestimmen sein, das zu ändern. Aber ich will wissen, jetzt deutlich sehen, nachdem du es für gut befunden hast, mir die Augen halb zu öffnen! Wer arbeitet gegen Leinsdorf? Du? Mit wem? Mit Tuzzi? Oder ist Arnheim wieder hier? Oder bist du mit Leinsdorf gegen irgendjemand verschworen? Und warum soll ich zu Diotima gehn? Bist es du, der das will, oder Leinsdorf oder ein anderer? Er überstürzte sich, ganz gegen seine GewohnheitArt Ich möchte bemerken, daß ich alles das grenzenlos langweilig finde, aber trotzdem, wenn man es mir verschweigt, toben werde, als ob mein Leben davon abmeine Seele daranhinge!"

Legende
ABC: Streichung ABC: HinzufügungABC: Textvariante : Abkürzung, BegriffserklärungABC: Autorenkommentar
Datierung
Datierungsabschnitt 7-3: März 1934 - Mitte 1934
Notizen zur Reinschrift: NR 1-15 + dazugehörige Entwürfe H-Zweitfassung [Umfang: 216 Seiten]
Übergeordnete Einheit: Datierungsabschnitt 7: Zwischenfortsetzung Band II, Teil 1
Datierungsmethode: Datierungsabschnitt
Objektbeschreibung
Angaben zum Blatt: Kanzleiblatt cremefarben
Maße: 210x340mm
Typ des Blatts
Entwurfsfragment
Tinte schwarz
Entwurfsfragmente sind für die spätere Produktionsphase des "Mann ohne Eigenschaften" typisch (1933-1942). Es handelt sich um Zeugnisse der Umschreibprozeduren, in der Regel in Form unvollständiger Kapitelentwürfe, die keinen fixen Kapiteltitel und keine fixe Kapitelnummer haben; sie sind stark korrigiert und mit Notizen versehen.
Bezug
Der Mann ohne Eigenschaften
Fortsetzung 1933-1936 | Neuansätze | 47Wandel unter Menschen | Stufe 2 | Druckfahnen-Kapitel | 51Große Veränderungen | Stufe 1
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überhörte das geflissentlich, aber er war aufmerksam geworden. "Leinsdorf 'fällt' doch nicht kein Amt zu!? bemerktefragte er erstaunt und mit natürlichem Nachdruck. "Er ist doch bis jetzt immer selbst der Knopf auf der Fahnenstange gewesen!" "Tja –" meinte Stumm von Bordwehr zögerndpfiffigmit Vorbehalt.. "Ich will auch wirklich nichts gesagt haben; er bleibt natürlich immer ein hoher Herr. Aber sieh zum Beispiel, da hat mich der Tuzzi hat mich unlängst auf die Seite genommen und hat vertraulich zu mir gesagt: 'Herr General! Wenn mich in einer finstern Gasse ein Mann anrempelt, so trete ich zur Seite; wenn er mich aber freundlich fragt, wieviel Uhr es ist, dann greife ich nicht nur nach der Uhr, sondern taste auch nach der Pistole!' Was sagst du dazu?

Was hätte U. sagen sollen? Er verstand den Zusammenhang nicht
Das ist eben jetzt der Einfluß der Regierung: sie denkt bei dem Friedenskongreß an alle Möglichkeiten, während der Leinsdorf schließlich doch nur seine eigenen Ideen hat." erklärte sich St. "Also mit einem Wort: der Leinsdorf soll jetzt aus der Leitung verdrängt werden!?" vollendete es Ulrich. Darauf erwiderte der General nicht unmittelbar: "Er läßt dich bitten, daß du dir deinedie guten Beziehungen zu deiner Kusine Tuzzi wieder mehr ausnützenaufnehmen sollst, damit man etwas erfährt: ich sage es gerade heraus, er hat es natürlich zurückhaltender An ausgedrückt! Und nach kurzem Überlegen fügte er hinzu: "Sie sagen ihm halt nicht alles! " Aber schließlich fuhr Stumm fort. " Aber schließlich ist das vielleicht auch nichts anderesanderes als die Gewohnheit der Ministerien; wir sagen uns doch gegenseitigeinander doch auch nicht alles!"

[ Dieser begleitete ihn aber in der Absicht selbst hinaus, gleich jetzt noch einiges mehr zu erfahren, was sich von Stumm vielleicht nur unter vier Augen erfahren ließ; denn auf Ulrich wirkten die gemeldeten Veränderungen und die sich in ihnen ausdrückenden Gegensätze, von denen er in seiner Abwendung nichts erfahren hatte, wie das Aufreißen eines Fensters in einem heißen Saal. Auf der Treppe stellte er seinen Freund zunächst mit den Worten: "Zwischen meiner Kusine und mir ist nicht das geringste vorgefallen, obwohl du das Gegenteil anzunehmen scheinst; ich bin einfach nicht mehr zu ihr gegangen. Ich bin auch nicht mehr zu Leinsdorf gegangen. Und ich werde auch wahrscheinlich nicht so leicht zu bestimmen sein, das zu ändern. Aber ich will wissen, jetzt deutlich sehen, nachdem du es für gut befunden hast, mir die Augen halb zu öffnen! Wer arbeitet gegen Leinsdorf? Du? Mit wem? Mit Tuzzi? Oder ist Arnheim wieder hier? Oder bist du mit Leinsdorf gegen irgendjemand verschworen? Und warum soll ich zu Diotima gehn? Bist es du, der das will, oder Leinsdorf oder ein anderer? Er überstürzte sich, ganz gegen seine GewohnheitArt Ich möchte bemerken, daß ich alles das grenzenlos langweilig finde, aber trotzdem, wenn man es mir verschweigt, toben werde, als ob mein Leben davon abmeine Seele daranhinge!"

Legende
ABC: Streichung ABC: HinzufügungABC: Textvariante : Abkürzung, BegriffserklärungABC: Autorenkommentar
Datierung
Datierungsabschnitt 7-3: März 1934 - Mitte 1934
Notizen zur Reinschrift: NR 1-15 + dazugehörige Entwürfe H-Zweitfassung [Umfang: 216 Seiten]
Übergeordnete Einheit: Datierungsabschnitt 7: Zwischenfortsetzung Band II, Teil 1
Datierungsmethode: Datierungsabschnitt
Objektbeschreibung
Angaben zum Blatt: Kanzleiblatt cremefarben
Maße: 210x340mm
Typ des Blatts
Entwurfsfragment
Tinte schwarz
Entwurfsfragmente sind für die spätere Produktionsphase des "Mann ohne Eigenschaften" typisch (1933-1942). Es handelt sich um Zeugnisse der Umschreibprozeduren, in der Regel in Form unvollständiger Kapitelentwürfe, die keinen fixen Kapiteltitel und keine fixe Kapitelnummer haben; sie sind stark korrigiert und mit Notizen versehen.
Bezug
Der Mann ohne Eigenschaften
Fortsetzung 1933-1936 | Neuansätze | 47Wandel unter Menschen | Stufe 2 | Druckfahnen-Kapitel | 51Große Veränderungen | Stufe 1

Signatur: Cod. Ser. n. 15068

29 Blatt, 67 Seiten, 4 Konvolute

Die Mappe enthält Materialien zur Fortsetzung des ›Mann ohne Eigenschaften‹ nach der Teilveröffentlichung des Zweiten Buchs von 1932. Musil konzentrierte diese Fortsetzung in einer Entwurfsfolge mit der ›Sigle H‹ = ›Handschrift‹ (Fortsetzungshandschrift, Zweite Fassung, H 3 = Mappe I/7). Das daraus stammende Konvolut ›H 401-435‹ ist zusammen mit weiteren ersten Entwürfen von 1933 in die Mappe VII/9 gelangt. Eine Neufassung des Manuskripts (H 425-445) von 1934 aber bildet den Schwerpunkt des vorliegenden ›alten blauen Faszikels‹, in den auch das aktuelle Kapitelverzeichnis der Romanfortführung eingelegt wurde. Dazu kommen drei weitere unfertige Kapitelentwürfe von 1933/1934 aus älteren Kapitelprojekten zur Parallelaktions- und Rahmenerzählung, noch in keine endgültige Kapitelsukzession gereiht. Teils liefern die Entwürfe Vorstufen der Druckfahnenkapitel von Ende 1937, teils bleiben sie außerhalb des später angestrebten Erzählkontinuums.

Zitiervorschlag

Robert Musil, Altes blaues Faszikel (a. bl. Fa.) : Mappe I/8, ediert von Walter Fanta, in: Musil Online, hrsg. v. RMI/KLA und ÖNB, Klagenfurt und Wien 2021, Version 0.1, März 2022. URL: https://edition.onb.ac.at/musil/o:mus.sn15068-01-08/methods/sdef:TEI/get?mode=p_26

Lizenzhinweis

Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

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