Loading...
Auszug des aktuellen Inhalts in TEI XML
Laden...

Übergangszeit an den Verzicht nicht viel schwerer gewöhnen als sie; der Unterschied ist nämlichin Wahrheit mehr ein moralischer als ein physiologischer, mehr nämlich der der Gewohnheit, sich Wünsche zu gewähren oder zu versagen. Aber manchen Frauen, welche irgendwelche Hindernisse fühlen Gründe dafür zu haben glauben, daß ihre Begierde sie nicht überreden dürfe, ist diese Vorstellung, daß der Mann sich nicht beherrschen dürfe, ohne Schaden zu leidennehmen, ein willkommener Anlaß, um das leidende Mann-Kind in ihre Arme zu schließen, und auch Ag Agathe
. – durch die das Verbot, dem Bruder gegenüber der ziemlichsonst unzweideutigen Stimme des Herzens zu folgen, etwas in die Rolle einer etwas frigiden Frau gebracht – wandte unbewußt diese List in ihrem Innern an. "Ich glaube dich ja zu verstehen" – sagte sie – aber: – aber du hast mir weh getan. Als A Ulrich
. sie mit einem Streicheln des Haars um Verzeihung bitten wollte, und den Versuch machte, ihr Haar oder ihre Schultern zu streicheln, sagte sie: Ich bin dumm .. schauderte etwas und entzog sich ihm. Wenn du mir ein Gedicht vorliest – versuchte sie es zu erklären – und ich würde mir nicht versagen können, dabei in die neue Zeitung zu schaun, so würdest du doch auch enttäuscht sein. Genau so hat es mir weh getan. Deinethalben. A Ulrich
. schwieg. Der Verdruß, durch Erklärungen das Geschehene noch einmal zu beleben, verschloß ihm den Mund. Natürlich habe ich kein Recht, dir Vorschriften zu machen – wiederholte Ag Agathe
. – Was gebe ich dir denn! Aber weshalb wirfst du dich denn an solch eine Person fort! Ich könnte mir vorstellen, daß du eine Frau liebst, welche ich bewundere. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, aber es muß doch nicht jede Liebkosung, die man einem Menschen gibt, allen anderen weggenommen sein? – Sie fühlte dabei, so würde sie es sich wünschen, wenn sie diesen Traum verlassen und wieder einen Mann lieben sollte –

Legende
ABC: Streichung ABC: HinzufügungABC: Textvariante : Abkürzung, BegriffserklärungABC: Autorenkommentar
Datierung
Datierungsabschnitt 3-2: 1924 - April 1926
Zwillingsschwester-Elaborierungfsphase: Figurenname Anders; Siglen: a, A-Ag, Ag-Mg, Curr, M; Hefte: 21/131-136; 16/10-71 [Umfang: 393 Seiten]
Übergeordnete Einheit: Datierungsabschnitt 3: Die Zwilllingsschwester
Datierungsmethode: Datierungsabschnitt
Objektbeschreibung
Angaben zum Blatt: Kanzleiblatt bräunlich
Maße: 211x339mm
Typ des Blatts
Rohentwurf
Tinte schwarz
Rohentwürfe sind in den frühen Produktionsphasen des "Mann ohne Eigenschaften" repräsentiert (1918-1928). Es handelt sich um Voraus-Entwürfe zur Skizzierung der Handlung noch ohne Kapiteltitel; es gibt kaum Korrekturen; Überarbeitungsspuren stammen vorwiegend aus späteren Arbeitsphasen.
Bezug
Der Mann ohne Eigenschaften
Fortsetzung 1933-1936 | Agathe | Krisis und Entscheidung | Stufe 2
Loading...
Auszug des aktuellen Inhalts in TEI XML
Laden...

Übergangszeit an den Verzicht nicht viel schwerer gewöhnen als sie; der Unterschied ist nämlichin Wahrheit mehr ein moralischer als ein physiologischer, mehr nämlich der der Gewohnheit, sich Wünsche zu gewähren oder zu versagen. Aber manchen Frauen, welche irgendwelche Hindernisse fühlen Gründe dafür zu haben glauben, daß ihre Begierde sie nicht überreden dürfe, ist diese Vorstellung, daß der Mann sich nicht beherrschen dürfe, ohne Schaden zu leidennehmen, ein willkommener Anlaß, um das leidende Mann-Kind in ihre Arme zu schließen, und auch Ag Agathe
. – durch die das Verbot, dem Bruder gegenüber der ziemlichsonst unzweideutigen Stimme des Herzens zu folgen, etwas in die Rolle einer etwas frigiden Frau gebracht – wandte unbewußt diese List in ihrem Innern an. "Ich glaube dich ja zu verstehen" – sagte sie – aber: – aber du hast mir weh getan. Als A Ulrich
. sie mit einem Streicheln des Haars um Verzeihung bitten wollte, und den Versuch machte, ihr Haar oder ihre Schultern zu streicheln, sagte sie: Ich bin dumm .. schauderte etwas und entzog sich ihm. Wenn du mir ein Gedicht vorliest – versuchte sie es zu erklären – und ich würde mir nicht versagen können, dabei in die neue Zeitung zu schaun, so würdest du doch auch enttäuscht sein. Genau so hat es mir weh getan. Deinethalben. A Ulrich
. schwieg. Der Verdruß, durch Erklärungen das Geschehene noch einmal zu beleben, verschloß ihm den Mund. Natürlich habe ich kein Recht, dir Vorschriften zu machen – wiederholte Ag Agathe
. – Was gebe ich dir denn! Aber weshalb wirfst du dich denn an solch eine Person fort! Ich könnte mir vorstellen, daß du eine Frau liebst, welche ich bewundere. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, aber es muß doch nicht jede Liebkosung, die man einem Menschen gibt, allen anderen weggenommen sein? – Sie fühlte dabei, so würde sie es sich wünschen, wenn sie diesen Traum verlassen und wieder einen Mann lieben sollte –

Legende
ABC: Streichung ABC: HinzufügungABC: Textvariante : Abkürzung, BegriffserklärungABC: Autorenkommentar
Datierung
Datierungsabschnitt 3-2: 1924 - April 1926
Zwillingsschwester-Elaborierungfsphase: Figurenname Anders; Siglen: a, A-Ag, Ag-Mg, Curr, M; Hefte: 21/131-136; 16/10-71 [Umfang: 393 Seiten]
Übergeordnete Einheit: Datierungsabschnitt 3: Die Zwilllingsschwester
Datierungsmethode: Datierungsabschnitt
Objektbeschreibung
Angaben zum Blatt: Kanzleiblatt bräunlich
Maße: 211x339mm
Typ des Blatts
Rohentwurf
Tinte schwarz
Rohentwürfe sind in den frühen Produktionsphasen des "Mann ohne Eigenschaften" repräsentiert (1918-1928). Es handelt sich um Voraus-Entwürfe zur Skizzierung der Handlung noch ohne Kapiteltitel; es gibt kaum Korrekturen; Überarbeitungsspuren stammen vorwiegend aus späteren Arbeitsphasen.
Bezug
Der Mann ohne Eigenschaften
Fortsetzung 1933-1936 | Agathe | Krisis und Entscheidung | Stufe 2

Signatur: Cod. Ser. n. 15068

29 Blatt, 67 Seiten, 4 Konvolute

Die Mappe enthält Materialien zur Fortsetzung des ›Mann ohne Eigenschaften‹ nach der Teilveröffentlichung des Zweiten Buchs von 1932. Musil konzentrierte diese Fortsetzung in einer Entwurfsfolge mit der ›Sigle H‹ = ›Handschrift‹ (Fortsetzungshandschrift, Zweite Fassung, H 3 = Mappe I/7). Das daraus stammende Konvolut ›H 401-435‹ ist zusammen mit weiteren ersten Entwürfen von 1933 in die Mappe VII/9 gelangt. Eine Neufassung des Manuskripts (H 425-445) von 1934 aber bildet den Schwerpunkt des vorliegenden ›alten blauen Faszikels‹, in den auch das aktuelle Kapitelverzeichnis der Romanfortführung eingelegt wurde. Dazu kommen drei weitere unfertige Kapitelentwürfe von 1933/1934 aus älteren Kapitelprojekten zur Parallelaktions- und Rahmenerzählung, noch in keine endgültige Kapitelsukzession gereiht. Teils liefern die Entwürfe Vorstufen der Druckfahnenkapitel von Ende 1937, teils bleiben sie außerhalb des später angestrebten Erzählkontinuums.

Zitiervorschlag

Robert Musil, Altes blaues Faszikel (a. bl. Fa.) : Mappe I/8, ediert von Walter Fanta, in: Musil Online, hrsg. v. RMI/KLA und ÖNB, Klagenfurt und Wien 2021, Version 0.1, März 2022. URL: https://edition.onb.ac.at/musil/o:mus.sn15068-01-08/methods/sdef:TEI/get?mode=p_58

Lizenzhinweis

Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

Links