Reaktion auf Mg. IV., // Parallelaktion, Parallele, parallel und Testament. In der // Parallelaktion, Parallele, parallel haben sich alle für Arnh Arnheim, Dr. Paul von
. erklärt. Clarisse hat Ld Lindner, August
. bevorzugt. A Ulrich
. kam erbittert nachhaus. Von
jener Ohnmacht angestarrt, welcher
Archimedes klassischen Ausdruck geliehen hat, als er gegenüber der
Vollendung einer unzureichenden Welt auch nicht ein
Punkt bleibt, um dort einen
Widerstand ansetzen zu können. Er fühlte: Sie tun ja alle das, was ich will,
bloss tun sie es schlecht. Sie verstehen mich nicht einmal soweit, dass sie mir
widersprechen würden; sie glauben, dass ich das sage, was sie auch sagen, bloss
schlechter. Man bekommt nervöses Erbrechen, wenn man mit ihnen spricht. Sie haben
Güte, Liebe, Seele; kleingehackt und mit grösseren Mengen des Gegenteils
vermischt; das erhält sie gesund und macht sie zu Idealisten, während ich an den
Rand des Absurden und Verbrecherischen gerate. Ach, wie unerträglich sie sind,
diese Quatschköpfe bei Diotima! Aber es wäre ebensogrosser Unsinn, sich nicht
einzugestehn, dass es vieleMenschen gibt, die es ebenso fühlen wie ich und
für besseresleisten: Weshalb fühle ich mich so ausgeschlossen? Er ging bei Ag Agathe
. durch und gleich in sein Zimmer. In seinem Gesicht
spiegelte sich die Anstrengung und das Schweigen eines schweren Kampfes. Gläubige Menschen hadern mit Gott ,
wenn sie die Einsamkeit zwischen ihren Mitmenschen zu fühlen bekommen; ungläubige lernen ihn da erstkennen . Wenn es möglich wäre, ins leere, kühle Weltallhinauszurennen , dies wäre der rechte
Ausdruck für die Verzweiflung, den Zorn und das ungestillte Temperament von A.
gewesen. Seine Flammen waren zurückgeschlagen und brannten nach innen. Er
erstickte fast daran. Plötzlich hielt er ein. Er nahm Papier und Bleistift, die
unter dem Haufen beschriebener Zettel auf dem Tisch lagen, und schrieb einen
Gedanken auf. Las ihn durch, ging auf und ab, las nochmals, setzte etwas hinzu.
Es steckt keine Notwendigkeit dahinter! – Dies
war der erste Gedanke, der, noch unklar, alles enthielt. – Diese Welt ist nur einer vonunzähligen möglichen Versuchen? Dann:
Es gibt in der Mathematik Aufgaben, welche keine allgemeinenLösung zulassen, sondern nur fallweise Lösungen zulassen. Aber unter
bestimmten Bedingungen werden diese Teillösungen zu relativen Totallösungen
zusammengefasst: So gibt Gott Teillösungen, das sind die schöpferischen Menschen;
sie widersprechen einander; wir sindverurteilt, immer wieder daraus eine relative Totale zu
bilden, diekeinem entspricht! Endlich: Ich werde wie flüssiges Erz in die Form gegossen , welche die Welt in der Zeit meines Lebens ausgebildet hat.
Deshalb bin ich nie ganz das, was ich tue und denke. Deshalb bleibt dieses mir
immer
Reaktion auf Mg. IV., // Parallelaktion, Parallele, parallel und Testament. In der // Parallelaktion, Parallele, parallel haben sich alle für Arnh Arnheim, Dr. Paul von
. erklärt. Clarisse hat Ld Lindner, August
. bevorzugt. A Ulrich
. kam erbittert nachhaus. Von
jener Ohnmacht angestarrt, welcher
Archimedes klassischen Ausdruck geliehen hat, als er gegenüber der
Vollendung einer unzureichenden Welt auch nicht ein
Punkt bleibt, um dort einen
Widerstand ansetzen zu können. Er fühlte: Sie tun ja alle das, was ich will,
bloss tun sie es schlecht. Sie verstehen mich nicht einmal soweit, dass sie mir
widersprechen würden; sie glauben, dass ich das sage, was sie auch sagen, bloss
schlechter. Man bekommt nervöses Erbrechen, wenn man mit ihnen spricht. Sie haben
Güte, Liebe, Seele; kleingehackt und mit grösseren Mengen des Gegenteils
vermischt; das erhält sie gesund und macht sie zu Idealisten, während ich an den
Rand des Absurden und Verbrecherischen gerate. Ach, wie unerträglich sie sind,
diese Quatschköpfe bei Diotima! Aber es wäre ebensogrosser Unsinn, sich nicht
einzugestehn, dass es vieleMenschen gibt, die es ebenso fühlen wie ich und
für besseresleisten: Weshalb fühle ich mich so ausgeschlossen? Er ging bei Ag Agathe
. durch und gleich in sein Zimmer. In seinem Gesicht
spiegelte sich die Anstrengung und das Schweigen eines schweren Kampfes. Gläubige Menschen hadern mit Gott ,
wenn sie die Einsamkeit zwischen ihren Mitmenschen zu fühlen bekommen; ungläubige lernen ihn da erstkennen . Wenn es möglich wäre, ins leere, kühle Weltallhinauszurennen , dies wäre der rechte
Ausdruck für die Verzweiflung, den Zorn und das ungestillte Temperament von A.
gewesen. Seine Flammen waren zurückgeschlagen und brannten nach innen. Er
erstickte fast daran. Plötzlich hielt er ein. Er nahm Papier und Bleistift, die
unter dem Haufen beschriebener Zettel auf dem Tisch lagen, und schrieb einen
Gedanken auf. Las ihn durch, ging auf und ab, las nochmals, setzte etwas hinzu.
Es steckt keine Notwendigkeit dahinter! – Dies
war der erste Gedanke, der, noch unklar, alles enthielt. – Diese Welt ist nur einer vonunzähligen möglichen Versuchen? Dann:
Es gibt in der Mathematik Aufgaben, welche keine allgemeinenLösung zulassen, sondern nur fallweise Lösungen zulassen. Aber unter
bestimmten Bedingungen werden diese Teillösungen zu relativen Totallösungen
zusammengefasst: So gibt Gott Teillösungen, das sind die schöpferischen Menschen;
sie widersprechen einander; wir sindverurteilt, immer wieder daraus eine relative Totale zu
bilden, diekeinem entspricht! Endlich: Ich werde wie flüssiges Erz in die Form gegossen , welche die Welt in der Zeit meines Lebens ausgebildet hat.
Deshalb bin ich nie ganz das, was ich tue und denke. Deshalb bleibt dieses mir
immer
Signatur: Cod. Ser. n. 15068
29 Blatt, 67 Seiten, 4 Konvolute
Die Mappe enthält Materialien zur Fortsetzung des ›Mann ohne Eigenschaften‹ nach der Teilveröffentlichung des Zweiten Buchs von 1932. Musil konzentrierte diese Fortsetzung in einer Entwurfsfolge mit der ›Sigle H‹ = ›Handschrift‹ (Fortsetzungshandschrift, Zweite Fassung, H 3 = Mappe I/7). Das daraus stammende Konvolut ›H 401-435‹ ist zusammen mit weiteren ersten Entwürfen von 1933 in die Mappe VII/9 gelangt. Eine Neufassung des Manuskripts (H 425-445) von 1934 aber bildet den Schwerpunkt des vorliegenden ›alten blauen Faszikels‹, in den auch das aktuelle Kapitelverzeichnis der Romanfortführung eingelegt wurde. Dazu kommen drei weitere unfertige Kapitelentwürfe von 1933/1934 aus älteren Kapitelprojekten zur Parallelaktions- und Rahmenerzählung, noch in keine endgültige Kapitelsukzession gereiht. Teils liefern die Entwürfe Vorstufen der Druckfahnenkapitel von Ende 1937, teils bleiben sie außerhalb des später angestrebten Erzählkontinuums.
Robert Musil, Altes blaues Faszikel (a. bl. Fa.) : Mappe I/8, ediert von Walter Fanta, in: Musil Online, hrsg. v. RMI/KLA und ÖNB, Klagenfurt und Wien 2021, Version 0.1, März 2022. URL: https://edition.onb.ac.at/musil/o:mus.sn15068-01-08/methods/sdef:TEI/get?mode=p_61
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