höheren Zweck. Aber mit dem Besitz gewinnt das Leben das Bedürfnis nach Für u. In zurück. Man lebt für einen Verein. Für einen Beruf. In der Politik. Für die Liebe. Für das Schachspiel oder eine Sthenographiesystem. In der Sorge für die Familie. Für den Athletiksport. Dieses Leben ist mit dem Besitz eines Notizbuches zu vergleichen, worin alles eingetragen u Erledigtes ordentlich durchgestrichen wird;.wWer nicht für oder in etwas lebt, lebt unordentlich, wird vo mit den Dingen nicht fertig, wird von ihrem Kommen u Gehen geplagt; wer dagegen ein Notizbuch hat, gleicht denm ökonomischen Hausväatern, dieder jeden Nagel, jedes Stück Gummi, jeden Fetzen Stoff aufhebent, weil sie wissener weiß,daß ihnenm solcher Fund eines Tags in der Wirtschaft dienen wird. Das menschliche Leben ist gerade so lang, daß man darin bei solcher Sparsamkeit die Laufbahn vom Neuling zum Nestor eines Lebenszweigs – ist der Zweig zugleich mit einem selbst gewachsen, so heißt der Nestor oder Patriarch auch Pionier – zurücklegen kann. Es kommt für den Endzweck wenig darauf an, wofür u. worin man lebt, so man nur in u für lebt. Ein Erzpriester der Psychoanalyse, ein Nestor des deutschen Tuchhandels, ein Pionier der "körperkulturellen Ertüchtigung" u. ein Patriarch, der der Pflege des Stallmistes u. der Jauche neue Wege gewiesen hat, genießen, wenn sie die Höhe ihres Könnens erreicht haben, den gleichen SonnenscheinVorteil daß sie auf alle Lebensfragen eine Antwort wissen u. daß jede Minute ihres Daseins weiß, wohin sie geht.
2. Aber das ist noch ungenau gesagt. Wenn man einen Landwirt aus dieserer kargen Gegend verbannt einer traumhaft kargen Gegend der Schweiz ins flachestefetteste Mecklenburg versetzt, was wird er erblicken? Ohne Zweifel Eine ›landwirtschaftlich schöne‹ .. viel schönere .. Gegend, noch einer u. wenn man einen innerösterreichischen Bauern auf einen Tiroler Gletscher mitnimmtnähme u. ihm dort einreden wollte, daß diese Gegend schön sei, so würde er einen darauf anschaun, ob man ihn zum Narren haben wolle oder selbst ein Narr sei. Ein solcher Mann hatist ganz u gar die Gefühle u Gedanken um die Achse seines Lebens gruppiert, u. wird ausauch oft ganz aber der Kreis seiner Anteilnahme ist nicht ausgedehnt. Weit schwieriger ist es, den Genuß an einer Opernaufführung mit der Pflege des Stallmistes u. der Jauche unter einen Hut zu bringen, u. das Verfahren ist da auch ein etwas anderes. Nicht alle Lebensaufgaben eignen sich gleich gut dafür, daß man sie allen Erlebnissen unterschiebe.
höheren Zweck. Aber mit dem Besitz gewinnt das Leben das Bedürfnis nach Für u. In zurück. Man lebt für einen Verein. Für einen Beruf. In der Politik. Für die Liebe. Für das Schachspiel oder eine Sthenographiesystem. In der Sorge für die Familie. Für den Athletiksport. Dieses Leben ist mit dem Besitz eines Notizbuches zu vergleichen, worin alles eingetragen u Erledigtes ordentlich durchgestrichen wird;.wWer nicht für oder in etwas lebt, lebt unordentlich, wird vo mit den Dingen nicht fertig, wird von ihrem Kommen u Gehen geplagt; wer dagegen ein Notizbuch hat, gleicht denm ökonomischen Hausväatern, dieder jeden Nagel, jedes Stück Gummi, jeden Fetzen Stoff aufhebent, weil sie wissener weiß,daß ihnenm solcher Fund eines Tags in der Wirtschaft dienen wird. Das menschliche Leben ist gerade so lang, daß man darin bei solcher Sparsamkeit die Laufbahn vom Neuling zum Nestor eines Lebenszweigs – ist der Zweig zugleich mit einem selbst gewachsen, so heißt der Nestor oder Patriarch auch Pionier – zurücklegen kann. Es kommt für den Endzweck wenig darauf an, wofür u. worin man lebt, so man nur in u für lebt. Ein Erzpriester der Psychoanalyse, ein Nestor des deutschen Tuchhandels, ein Pionier der "körperkulturellen Ertüchtigung" u. ein Patriarch, der der Pflege des Stallmistes u. der Jauche neue Wege gewiesen hat, genießen, wenn sie die Höhe ihres Könnens erreicht haben, den gleichen SonnenscheinVorteil daß sie auf alle Lebensfragen eine Antwort wissen u. daß jede Minute ihres Daseins weiß, wohin sie geht.
2. Aber das ist noch ungenau gesagt. Wenn man einen Landwirt aus dieserer kargen Gegend verbannt einer traumhaft kargen Gegend der Schweiz ins flachestefetteste Mecklenburg versetzt, was wird er erblicken? Ohne Zweifel Eine ›landwirtschaftlich schöne‹ .. viel schönere .. Gegend, noch einer u. wenn man einen innerösterreichischen Bauern auf einen Tiroler Gletscher mitnimmtnähme u. ihm dort einreden wollte, daß diese Gegend schön sei, so würde er einen darauf anschaun, ob man ihn zum Narren haben wolle oder selbst ein Narr sei. Ein solcher Mann hatist ganz u gar die Gefühle u Gedanken um die Achse seines Lebens gruppiert, u. wird ausauch oft ganz aber der Kreis seiner Anteilnahme ist nicht ausgedehnt. Weit schwieriger ist es, den Genuß an einer Opernaufführung mit der Pflege des Stallmistes u. der Jauche unter einen Hut zu bringen, u. das Verfahren ist da auch ein etwas anderes. Nicht alle Lebensaufgaben eignen sich gleich gut dafür, daß man sie allen Erlebnissen unterschiebe.
Signatur: Cod. Ser. n. 15064
11 Blatt, 23 Seiten, 2 Konvolute
Die Mappenbezeichnung bezieht sich auf Pläne zur Fortsetzung des Romans, wie sie sich bis Anfang 1934 herauskristallisieren. Es finden sich Festlegungen von Anfang 1934 zur Verknüpfung des an Band 2/1 anschließenden Ulrich-Agathe-Komplexes mit den anderen Erzählsträngen sowie Studienblätter für einzelne Kapitelprojekte. Den Schwerpunkt bildet ein Kapitelentwurf mit dem Arbeitstitel „Warum ... sind ... wollen“ auf der Basis des Entwurfs „Für-In“ von 1928.
Robert Musil, Schlussblock : Mappe I/4, ediert von Walter Fanta, in: Musil Online, hrsg. v. RMI/KLA und ÖNB, Klagenfurt und Wien 2021, Version 0.1, März 2022. URL: https://edition.onb.ac.at/musil/o:mus.sn15064-01-04/methods/sdef:TEI/get?mode=p_22
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