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Korrespondenz | Zitat | Kommentar |
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Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg Würzburg, 6. April 1883 (Freitag) | Meinen aufrichtigen glückwunsch, verehrter herr – – ja wie soll ich Sie nun anreden? ich bitte dass Sie auch als professor den untergeordneten privatdocenten nicht vergessen u. seine bekanntschaft nicht verschmähen. | Zu Beginn des Briefwechsels standen August Sauer und Bernhard Seuffert am Anfang ihrer wissenschaftlichen Karriere. Als Sauer 1883 seine erste Stelle als ao. Prof. für Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Graz antrat, gratulierte Seuffert ihm. |
Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg Würzburg, 22. Juli 1883 (Sonntag) | Ich habe noch ein bild von mir – s’ ist allerdings nicht ganz neuen datums. Aber wenn Ihnen der besitz spass macht, so schicke ichs. Mir ist nemlich um Ihre revanche zu tun!! | Nachdem die beiden Gelehrten bereits zahlreiche Briefe gewechselt hatten, entstand der Wunsch, den jeweils anderen Korrespondenzpartner auch vor sich zu sehen. Bernhard Seuffert kündigte ein Photo von sich an. |
August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg Lemberg, 25. Juli 1883 (Mittwoch) | Daß Sie mir aber Ihr Bild versprechen, freut mich riesig! Bitte nur recht bald! Denn ich werde mich auch noch im nächsten Monate revangiren !. Ich laße mir in diesen Tagen ein Lemberger-Abschiedsbild machen u. davon war schon längst für Sie eines bestimmt. Das muß uns einstweilen die persönl. Bekanntschaft ersetzen, nach der ich mich schon recht sehne! | Auch Sauer kündigte ein Bild von sich an, das anlässlich seines Abschiedes von der Universität Lemberg entstand. Er äußerte auch den steigenden Wunsch nach persönlicher Bekanntschaft. |
Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg Würzburg, 28. Juli 1883 (Samstag) | Da haben Sie das monstrum! denken Sie sich den mann etwas gealtert, den bart etwas grösser, den haarbusch, damals à la kgl. bayr. raupenhelm geschnitten, etwas erniedrigt und mit leichten grauen spitzen da u. dort – wie es eben bei jemand geht, der unter der last 6jährigen privatdocententums und 5jährigen brautstandes gebeugt ist. dazu die augen etwas weniger weit aufgerissen als dies in der verdammten photographier stube, atelier genannt, not tat. | Seuffert beschreibt seine eigene Erscheinung auf der übersandten Photographie mit einem ironischen Blick. |
August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg Lemberg, 1. August 1883 (Mittwoch) | Es ist doch gleich etwas anderes: wenn man sich wenigstens auf diese Weise gesehen hat: Es bringt uns doch näher: man sieht denjenigen vor sich, an den man oft schreibt [un]d noch öfter denkt. Also ich habe mich so recht gefreut, als ob es ein leibhafter Besuch gewesen wäre und wie meine Bilder fertig werden: setze ich mich in einen Einspänner (zweispänner trägts mir nicht), um Ihnen die Gegenvisite zu machen. | August Sauer bedankte sich für das Bild, das Seuffert ihm geschickt hatte und kündigte nochmals ein Photo von sich selbst an. |
Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg Würzburg, 2. September 1883 (Sonntag) | Gross und schlank habe ich mir Sie vorgestellt, aber – blond! warum, wüsste ich nicht; man macht sich ja aus briefen und schriftstellereien bilder von den verfassern und geht freilich auf diesem wege nicht sicherer als Lavater auf dem umgekehrten. Nun werde ich beim lesen Ihrer schriften mir Ihr wahres porträt im auge behalten und so hoffentlich sicherer zu einem rechten verständnis Ihrer person gelangen. | Seuffert war erstaunt über Sauers Photographie. Er setzt die falschen Vorstellungen, die er sich gemacht hatte, in Zusammenhang mit den Forschungen von Johann Caspar Lavater, der im 18. Jahrhundert Theorien über den Zusammenhang von Physiognomie und Charakter entwickelt hatte. |
August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg Graz, 15. Oktober 1883 (Montag) | So habe ich Ihnen wol auch mein Entsetzen noch nicht geschildert als ich mich von Ihnen nach meiner Photographie als groß, schlank und blond verkannt sah. Ich bin keines von den dreien: Mittelgroß, gedrungen und kohlpechrabenschwarz, so daß mir Scherer seinerzeit den Namen ‚Der Schwarze‘ gab, wie er noch heute im Freundeskreise gang und gäbe ist. Da das schwarze Haar bei meiner sonstigen Negerphysiognomie das einzige wäre, worauf ich stolz sein könnte, so muß ich es schon ein klein wenig verteidigen. | Sauer nimmt Bezug auf Seufferts falsche Vorstellungen über sein Aussehen und geht detailliert auf sein schwarzes Haar ein. |
August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg Graz, 16. Mai 1884 (Freitag) | Da ich eigentlich eine ziemlich rege Correspondenz führe, so begreife ich es nicht ganz, wie es kommt, von Ihnen so selten etwas ausführlicheres zu hören und umgekehrt an Sie so wenige längere Berichte zu liefern. Fast will es mir scheinen, als ob ich die Schuld auf Sie abwälzen dürfte. | Sauer beklagte sich, dass der Briefkontakt nicht so rege und umfangreich war, wie er es sich gewünscht hätte. |
Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz Würzburg, 2. Juni 1884 (Montag) | Geehrter, lieber herr professor, Da haben Sie ganz recht, ausführlich zu schreiben ist nicht meine sache. Ich bin ein korrespondenzkartenmensch, d. h. ich schreibe schon auch briefe, aber sie sind inhaltlich und stilistisch nur mehrere postkarten. Damit hangt zusammen, dass ich selten etwas schreibe, was rein innerlich ist. Selbst mit h. Steinmeyer – und ich habe mit niemand einen regeren briefwechsel – tausche ich zumeist nur äusserlichkeiten, fachgenossische erlebnisse und vorgänge aus. Nun ich hab ich mirs ganz abgewöhnt, darüber hinaus zugehen. [...] Mit meinen kollegen habe ich keine fühlung, mit anderen menschenkindern ebenso wenig, eben weil ich früher in engem bunde lebte. Aus der geselligkeit – wenn man hier jetzt von einer solchen noch sprechen darf, was eigentlich ein anachronismus ist – hab ich mich ganz zurückgezogen, wie es einem sechsjährigen bräutigam geziemt. | Seuffert nahm umfangreich Bezug auf Sauers Wunsch nach einem ausführlicheren Austausch. Seine kurz angebundenen Äußerungen rechtfertigte er zwar mit seinem Charakter. Er ging aber auch auf sein Sozialleben ein, das einerseits durch eine gewisse Isolation, andererseits durch den Fokus auf das Familienleben gekennzeichnet war. |
August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg Graz, 4. September 1884 (Donnerstag) | Ich schreibe Ihnen nach mehrjähriger brieflicher Bekanntschaft einen aus dem geschäftlichen Verkehr herausgehenden, warm angehauchten Brief, wie ich ihn längst im Sinne trug, weil Sie mir unter den Fachgenossen, die mir nicht längst zu Freunden angehören, am meisten lieb und wert geworden waren. Sie weisen meine Bitte um ausführlichere Nachricht nicht von sich. Sie schreiben mir einen langen, freundlichen Lebensbrief, wenn [i]ch so sagen darf, Sie legen mir den Entwickelungsgang Ihrer Studien dar, schildern mir Ihren Umgang, Ihre Arbeitsweise. [...] Wenn ich Ihnen einen Umriß meiner äußeren und inneren Entwicke[l]ung zu geben versuche, so müßte ich wol zuerst Neu-Oesterreich Ihnen schildern, wie es seit 48, 59 und 66 sich herausgestaltet hat. | Sauer würdigte Seufferts Offenheit und seine Ausführungen über seinen Werdegang. Er geht in seinem Antwortbrief umfangreich auf seine eigene Entwicklung ein, die er in den Kontext zeithistorischer und sozialer Entwicklungen einbettet. Der Brief hat einen Umfang von 22 Seiten. |
August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg Graz, 19. Dezember 1884 (Freitag) | Die herzlichsten Wünsche zum Feste und zum Jahreswechsel. Es gehört zu den schönsten Freuden des ablaufenden Jahres für mich, mir Ihre Freundschaft erworben zu haben. | Sauer freute sich über die entstehende Freundschaft zwischen ihm und Bernhard Seuffert. |
Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz Würzburg, 7. Oktober 1885 (Mittwoch) | Zuvörderst meinen herzlichen dank für Ihren freundschaftlichen besuch: wie kurz er war, empfind ich hinterdrein doppelt schwer, wo ich allerlei mit Ihnen besprechen möchte. Als wir aus einander gehen mussten, waren wir erst warm geworden, mein ich. Rechnen Sies meiner natur, nicht meinem willen und meiner gesinnung zu schuld, dass ich zurückhaltend anhebe. | Das erste Treffen zwischen August Sauer und Bernhard Seuffert fand im Herbst 1885 in Würzburg statt. |
August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg Graz, 6. Januar 1886 (Mittwoch) | Unter die wenigen Freuden, die mir das abgelaufene Jahr gebracht hat, gehört die, [S]ie von Angesicht zu Angesicht kennen gelernt und einen ! dauerndes persönliches Freundschaftsverhältnis mit Ihnen geschlossen zu haben. Ich kann heute nur sagen: haben Sie mit dem gedrückten u. leidenden Freunde etwas Geduld! Vielleicht kommen doch bessere Zeiten. Möge uns beiden 1886 günstiger sein. | Rückblickend auf das vergangene Jahr freute sich August Sauer darüber, dass er und Seuffert sich persönlich kennengelernt hatten. |
Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien Würzburg, 28. August 1886 (Samstag) | Ich bin zerstreut, hastig, freue und fürchte mich. Wir wollen nun die staatliche gemeinschaft zu doppelt guter freundschaft ausnützen. Das ist mir einer der wenigen festen punkte der zukunft und ein lieber punkt. | Bernhard Seuffert trat im Herbst 1886 die Nachfolge Sauers als ao. Professor für Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Graz an, während Sauer an die Universität Prag wechselte. Beide waren nun als Germanisten in Ländern der Habsburgermonarchie tätig. |
Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag Graz, 24. April 1887 (Sonntag) | Wir sagen Ihnen, lieber freund, den herzlichsten dank für Ihre grosse freundlichkeit. Es war ein sehr angenehmer tag. Lassen Sie sich Ihren opfermut nicht reuen, Sie übten grosse woltat. U. nun hand aufs herz: erinnern Sie sich, dass Sie in Wzbg. davon sprachen, dass verbesserung der lage den charakter Ihrer freunde zu verderben pflege. Sagen Sie mir, ob Sie das bei mir auch finden, oder irgend eine veränderung. Sie müssen aber ehrlich sein. Ists Ihnen fatal, so verstehe ich Ihr schweigen und werde suchen wider privatdocent im wesen zu werden. | Bernhard Seuffert und August Sauer hatten sich im April 1887 in Wien und Graz getroffen. Seuffert bat Sauer außerdem um eine Rückmeldung auf seine persönliche Entwicklung, da er einen negativen Einfluss seiner neuen beruflichen Stellung als ao. Professor befürchtete. |
August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz Prag, 26. April 1887 (Dienstag) | Sie sind mir, lieber Freund, mit Ihrer Karte zuvorgekommen; denn auch ich habe zu danken für die überfreundliche Aufnahme in Graz und die liebevolle Begegnung in Wien. [...] Nein, mein lieber, die Erfahrung, die ich an diesem und andern Freunden gemacht habe, gilt für Sie, Gott sei Dank, nicht und ich hoffe, alljährliche Begegnungen wie ich sie anstrebe: sollen uns gegenseitig zeigen, daß wir uns ganz gleich bleiben und sollten wir selbst einmal k. k. Regirungsräthe werden. | Auch Sauer bedankte sich für das gemeinsame Treffen mit Seuffert. Er versicherte ihm außerdem, dass die verbesserte berufliche Stellung noch keine negativen Auswirkungen auf seinen Charakter gezeigt hatte. |
Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag Graz, 1. Mai 1889 (Mittwoch) | Wie in aller welt kommen Sie zu dem ‚schüler‘!?! Sie haben von mir nichts zu lernen. Also fort mit dem worte! Erst wenn ichs ausstreiche, kann ich mich entschliessen als fachgenoss zum fachgenoss, freund zum freund und redacteur zum mitarbeiter zu reden. Das letzte tu ich diesmal nicht. August Sauer ist als herausgeber zu erfahren und zu vorteilhaft bekannt, um ihn nicht seine eigenen wege gehen zu lassen, auch wo einem andere besser dünken. | Obwohl zwischen Sauer und Seuffert ein reger inhaltlicher Austausch über wissenschaftliche Themen stattfand, verwehrte sich dieser dagegen, von Sauer als sein "Lehrer" angesehen zu werden. |
August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz Mondsee, Oberösterreich, 29. August 1905 (Dienstag) | Vielen Dank für Ihren überaus freundlichen Besuch, [für] Ihre liebenswürdige Karte u. Ihren ausführlichen Brief. Alles auch im Namen meiner Frau. Ich fühle mich durch Ihren Besuch, dessen Opfer ich zu schätzen weiss, wieder ermutigt, gehoben u. angespornt. | Sauer freute sich über einen der Besuche Seufferts. Im Lauf ihrer 45-jährigen Freundschaft kam es mehrmals zu wechseitigen Treffen. |
Person | Zeitraum | Werdegang |
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1871 - 1874 | Studium Klassische Philologie, Geschichte und Germanistik an der Universität Würzburg | |
1873 - 1877 | Studium Deutsche Philologie, Geschichte und Klassische Philologie an der Universität Wien | |
1875 - 1876 | Studium an der Universität Straßburg bei Wilhelm Scherer | |
1876 | Promotion an der Universität Würzburg | |
1877 | Habilitation an der Universität Würzburg | |
1877 - 1878 | Studienaufenthalt an der Universität Berlin bei Wilhelm Scherer | |
1877 - 1886 | Priv.-Doz. für Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Würzburg | |
1878 | Promotion an der Universität Wien | |
1879 | Habilitation an der Universität Wien | |
1879 - 1883 | Supplent an der Universität Lemberg | |
1881 - 1890 | Herausgabe der Neudruckreihe "Deutsche Literaturdenkmale" (DLD) | |
1883 - 1886 | Herausgabe der Neudruckreihe "Wiener Neudrucke" (WND) | |
1883 - 1884 | Herausgabe der "Beiträge zur Geschichte der deutschen Litteratur und des geistigen Lebens in Österreich" | |
1883 - 1886 | ao. Prof. für Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Graz | |
1886 - 1887 | Generalkorrektor der Weimarer Goetheausgabe | |
18.1.1886 | Tod von Seufferts Mutter | |
1886 - 1892 | ao. Prof. für Neuere Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Graz | |
14.10.1886 | Heirat mit Anna Rothenhöfer | |
1886 - 1891 | ao. Prof. für Deutsche Sprache und Literatur an der Deutschen Universität Prag | |
1887 - 1919 | Mitglied im Redaktionskommitte der Weimarer Goetheausgabe | |
1888 - 1893 | Herausgabe der "Vierteljahrschrift für Litteraturgeschichte" | |
25.03.1888 | Geburt der Tochter Gertraud | |
19.07.1890 | Tod der Tochter Gertraud | |
1891 - 1926 | Mitglied der "Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen“ | |
1891 - 1904 | Übernahme und Herausgabe der Neudruckreihe DLD | |
23.07.1891 | Geburt des Sohnes Lothar | |
1892 - 1926 | o. Prof. für Deutsche Sprache und Literatur an der Deutschen Universität Prag | |
1892 - 1924 | o. Prof. für Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Graz | |
08.09.1892 | Heirat mit Hedda Rzach | |
1894 - 1926 | Herausgabe der Zeitschrift "Euphorion" | |
27.05.1894 | Geburt des Sohnes Burkhard | |
1896 - 1897 | Dekan an der Universität Graz | |
1897 - 1898 | Dekan an der Deutschen Universität Prag | |
1898 | Tod von Sauers Vater | |
1901 - 1918 | Herausgeber der Zeitschrift "Deutsche Arbeit" | |
03.08.1903 | Aufnahme in die Österreichische Akademie der Wissenschaften | |
August 1904 | Reise in die USA | |
1904 - 1938 | Mitarbeit an der Wielandausgabe | |
1907 - 1908 | Rektor der Deutschen Universität Prag | |
18.11.1907 | Rektoratsrede "Literaturgeschichte und Volkskunde" | |
1908 - 1909 | Prorektor der Deutschen Universität Prag | |
Juli 1908 | Tod des jüngeren Bruders | |
Mai 1911 | Tod von Julius Sauer (Bruder) | |
1913 - 1914 | Rektor der Universität Graz | |
19./20.12.1916 | Tod von Lothar Seuffert (Sohn) | |
17.09.1926 | August Sauer stirbt in Prag | |
15.05.1938 | Bernhard Seuffert stirbt in Graz |