Denken an den Tod

Manchmal wäre es das
einzig Notwendige, einfach
schön zu sein

Daß mir manchmal (immer noch) das Re-
den so zuwider wird, daß
ich die Schultern heben und
mich gleichsam so anstemmen
muß, um einen Satz zu Ende
zu bringen

Ein Präsident, der schon einmal
einen Mörder hat hinrichten
lassen und nunein Buch über
(während er einen andern begnadigt
hat): Gedanke, daß er so für im-
mer verloren hat ‒ daß wenigstens ich von
ihm nichts mehr wissen will, nie
mehr (und trotzdem hat er die
Frechheit gehabt, ein Buch über
die Demokratie zu schreiben veröffentlichen)❬1❭

Vorstellung, daß ich meinem Mör-
der, um ihn von der Tat abzuhalten,
sagen würde: "Ich bin Schrift-
steller!"

24
Denken an den Tod​
Manchmal wäre es das einzig Notwendige, einfach schön zu sein​
Daß mir manchmal (immer noch) das Reden so zuwider wird, daß ich die Schultern heben und mich gleichsam so anstemmen muß, um einen Satz zu Ende zu bringen​
Ein Präsident, der einen Mörder hat hinrichten lassen (während er einen andern begnadigt hat): Gedanke, daß er so für immer verloren hat ‒ daß wenigstens ich von ihm nichts mehr wissen will, nie mehr (und trotzdem hat er die Frechheit gehabt, ein Buch über die Demokratie zu veröffentlichen)❬1❭
Vorstellung, daß ich meinem Mörder, um ihn von der Tat abzuhalten, sagen würde: "Ich bin Schriftsteller!"​
❬1❭Peter Handke bezieht sich hier wahrscheinlich auf den französischen Präsidenten Valéry Giscard d'Estaing Giscard d'Estaing, Valéry
, in dessen Amtszeit im Juli 1976 ein Todesurteil vollstreckt wurde. (Vgl. www.wikidata.org ) Im selben Jahr erschien sein Buch Démocratie Française Démocratie française
(1976).

Denken an den Tod

Manchmal wäre es das
einzig Notwendige, einfach
schön zu sein

Daß mir manchmal (immer noch) das Re-
den so zuwider wird, daß
ich die Schultern heben und
mich gleichsam so anstemmen
muß, um einen Satz zu Ende
zu bringen

Ein Präsident, der schon einmal
einen Mörder hat hinrichten
lassen und nunein Buch über
(während er einen andern begnadigt
hat): Gedanke, daß er so für im-
mer verloren hat ‒ daß wenigstens ich von
ihm nichts mehr wissen will, nie
mehr (und trotzdem hat er die
Frechheit gehabt, ein Buch über
die Demokratie zu schreiben veröffentlichen)❬1❭

Vorstellung, daß ich meinem Mör-
der, um ihn von der Tat abzuhalten,
sagen würde: "Ich bin Schrift-
steller!"

24
Denken an den Tod​
Manchmal wäre es das einzig Notwendige, einfach schön zu sein​
Daß mir manchmal (immer noch) das Reden so zuwider wird, daß ich die Schultern heben und mich gleichsam so anstemmen muß, um einen Satz zu Ende zu bringen​
Ein Präsident, der einen Mörder hat hinrichten lassen (während er einen andern begnadigt hat): Gedanke, daß er so für immer verloren hat ‒ daß wenigstens ich von ihm nichts mehr wissen will, nie mehr (und trotzdem hat er die Frechheit gehabt, ein Buch über die Demokratie zu veröffentlichen)❬1❭
Vorstellung, daß ich meinem Mörder, um ihn von der Tat abzuhalten, sagen würde: "Ich bin Schriftsteller!"​
❬1❭Peter Handke bezieht sich hier wahrscheinlich auf den französischen Präsidenten Valéry Giscard d'Estaing Giscard d'Estaing, Valéry
, in dessen Amtszeit im Juli 1976 ein Todesurteil vollstreckt wurde. (Vgl. www.wikidata.org ) Im selben Jahr erschien sein Buch Démocratie Française Démocratie française
(1976).
Zitiervorschlag

Handke, Peter: Notizbuch 12.11.1976-10.01.1977 (NB 009). Hg. von Johanna Eigner und Katharina Pektor. In: Ders.: Notizbücher. Digitale Edition. Hg. von Ulrich von Bülow, Bernhard Fetz und Katharina Pektor. Deutsches Literaturarchiv Marbach und Österreichische Nationalbibliothek, Wien: Release 30.04.2024. Seite 26. URL: https://edition.onb.ac.at/fedora/objects/o:hnb.nb.197611-197701/methods/sdef:TEI/get?mode=p_26. Online abgerufen: 09.05.2024.

Lizenzhinweis

Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International License (CC BY-NC-ND 4.0)

Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

Links