DieSeine gesunde Anwendung ist, mit dem Menschen, mit dem man zusammenlebt, zusammen zu verbreiten, sich gegenseitig zu fördern, oder durch sich zu erkennen, daß man sich hindert u sich zu trennenAuch sonst < >. Die ungesunde fängt schon in der Familie an, wenn an die Stelle desdieses natürlichen u zweckmäßigen Verhaltens Verhältnissesaltens zur Umgebung solche AbstraktaVorstellungen /Bedürfnisse/ treten wie Familienliebe oder Bruderliebe. Aber natürlich haben auch diese Gefühle ihren Zweck Das sind im Verhältnis zum natürlichen Gefühl blecherne Harnische, in die es hineingepreßt wird. In verstärktem Maße gilt das von dem Riesenabstraktum Nation.
Kein Mensch hat gar die Nation gesehen, kein Mensch ist von ihr geliebt u gehaßt worden, gefördert oder gehindert worden. Selbst ein Filmliebling ist höchstens dem 10. (6.) Teil der Nation bekannt, u. ein großer nationaler Dichter vielleicht dem 200tsten.
Gewiß gibt es natürliche Gefühle für die Nation; Wirkungen, die man empfängt wie das kleine Kind die erste Fürsorge der Mutter, die es nicht versteht, aber ohne sie zu verstehn, bloß als eine große Milde u. Erleichterung u. als ein Schutz; auch der Ehrgeiz der durch die Sprache zusammengeschlossenen Leistungsgemeinschaft, der Wunsch, sie so groß u mächtig wie möglich zu machen, sind noch gesunde u begreifliche Empfindungen . Aber die Grenze liegt bei dem Vorhandensein oder Fehlen der Empfindung dafür, daß man mitten in einer unabsehbaren Menschenmenge steht, von der man gepreßt, geschoben, geschützt wird, mit der man aber nur/ mit der man sinnlich u durch allerhand Signalaustausch eine keineswegs durchdringende u. klare Berührung hat.Hier muß die kleine Bemerkung eingeschaltet werden, daß das Gefühl für die Nation identisch ist identisch mit dem Gefühl für das Leben selbst. Leben wir nicht im Leben? Ein kleines Wesen mit eigener Bewegung, inmitten einer durchsichtigen, aber nur zum abermillionsten Teil durchsichtigen Kugel? Welche Zärtlichkeit liegt darin, in etwas zu leben. Und wie sehr sind wir bemüht, diese Zärtlichkeit damit zu vertauschen, daß wir statt im Ganzen für etwas Besonderes leben.
DieSeine gesunde Anwendung ist, mit dem Menschen, mit dem man zusammenlebt, zusammen zu verbreiten, sich gegenseitig zu fördern, oder durch sich zu erkennen, daß man sich hindert u sich zu trennenAuch sonst < >. Die ungesunde fängt schon in der Familie an, wenn an die Stelle desdieses natürlichen u zweckmäßigen Verhaltens Verhältnissesaltens zur Umgebung solche AbstraktaVorstellungen /Bedürfnisse/ treten wie Familienliebe oder Bruderliebe. Aber natürlich haben auch diese Gefühle ihren Zweck Das sind im Verhältnis zum natürlichen Gefühl blecherne Harnische, in die es hineingepreßt wird. In verstärktem Maße gilt das von dem Riesenabstraktum Nation.
Kein Mensch hat gar die Nation gesehen, kein Mensch ist von ihr geliebt u gehaßt worden, gefördert oder gehindert worden. Selbst ein Filmliebling ist höchstens dem 10. (6.) Teil der Nation bekannt, u. ein großer nationaler Dichter vielleicht dem 200tsten.
Gewiß gibt es natürliche Gefühle für die Nation; Wirkungen, die man empfängt wie das kleine Kind die erste Fürsorge der Mutter, die es nicht versteht, aber ohne sie zu verstehn, bloß als eine große Milde u. Erleichterung u. als ein Schutz; auch der Ehrgeiz der durch die Sprache zusammengeschlossenen Leistungsgemeinschaft, der Wunsch, sie so groß u mächtig wie möglich zu machen, sind noch gesunde u begreifliche Empfindungen . Aber die Grenze liegt bei dem Vorhandensein oder Fehlen der Empfindung dafür, daß man mitten in einer unabsehbaren Menschenmenge steht, von der man gepreßt, geschoben, geschützt wird, mit der man aber nur/ mit der man sinnlich u durch allerhand Signalaustausch eine keineswegs durchdringende u. klare Berührung hat.Hier muß die kleine Bemerkung eingeschaltet werden, daß das Gefühl für die Nation identisch ist identisch mit dem Gefühl für das Leben selbst. Leben wir nicht im Leben? Ein kleines Wesen mit eigener Bewegung, inmitten einer durchsichtigen, aber nur zum abermillionsten Teil durchsichtigen Kugel? Welche Zärtlichkeit liegt darin, in etwas zu leben. Und wie sehr sind wir bemüht, diese Zärtlichkeit damit zu vertauschen, daß wir statt im Ganzen für etwas Besonderes leben.
Signatur: Cod. Ser. n. 15097
6 Konvolute; 11 Blätter; 116 beschriebene Seiten
VII/1 vereinigt zwei Mappen. Die ursprünglich erste setzt sich aus den kleineren Konvoluten »Parallelaktion« (Seite 1-23) und »Sektionsschef Tuzzi« (Seite 25-37) sowie dem größeren Konvolut »Graf Leinsdorf« (Seite 38-130) zusammen; sie besteht aus in Summe 130 Manuskripten, die in der zusammengeführten Mappe oben liegen. Darunter befindet sich das »Konvolut General«, die Seiten 131-206 der Mappe. Die Materialien dokumentieren die Entstehung des ersten Bands des Mann ohne Eigenschaften, den Romanteil Seinesgleichen geschieht, mit Konzentration auf das Kapitel 38 der Fassung von 1927 mit dem Thema Rittmeister Horn und Ordnung, der Vorstufe späterer General-Stumm-Kapitel. Geschrieben wurden die Manuskripte überwiegend bis zum Jahr 1927, zurückreichend bis 1921. Sie sind den für diese Arbeitsperioden relevanten Siglenreihen B, L, Af und Ü entnommen. Ergänzungen erfolgten zunächst noch bis 1930, bis in die Zeit der Reinschrift des ersten Bands. Die Sammlung von Zeitungsausschnitten in der Mitte der Mappe (Seite 100-110) vervollständigte und benutzte Musil noch 1931, als er er am ersten Teil des zweiten Bands schrieb. Für die spätere Arbeit an der Bandfortsetzung spielte die Mappe keine Rolle mehr, was auch für einige weitere Mappen aus der Mappengruppe VII gilt.
Robert Musil, Parallelaktion, Leinsdorf, Tuzzi, General : Mappe VII/1, ediert von Walter Fanta, in: Musil Online, hrsg. v. RMI/KLA und ÖNB, Klagenfurt und Wien 2021, Version 0.1, März 2022. URL: https://edition.onb.ac.at/musil/o:mus.sn15097-07-01/methods/sdef:TEI/get?mode=p_63
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