Fabrikantensöhne von Pferdestärken und Chassis. So hat der Liberalismus seit der Verfassung von 61 den Adel auf die Seite geschoben, aber alles ist voll neuer Korruption, und wenn wider Erwarten ndoch einmal eine neuedie Soziale Revolution kommen solltewird, so wird sie den Fabrikantensöhnen den Kopf abschlagen, aber besser wird es auch nicht werden!' Jetzt sag, was hätte ich ihm darauf erwidern sollen?"Ist das nicht stark? Man hat den Eindruck, es kocht etwas in ihm über! Bei einem andern könntemöchte man ja vielleicht auch meinen, er weiß nicht was er will!"
"Weißt du, was er will?" fragte U Ulrich
.
"Nein" erwiderte St Stumm
. "Die
Drangsal Drangsal
hat ihmnach der Geschichte in B. versucht, ihm
sagen zu lassen: jetzt solltemüßte man Weltösterreich verwirklichen. Und der Fm. Feuermaul
soll geäußert haben
sich erst recht zum Menschen bedingungslos hinreißen lassen; und der Feuermaul
soll geäußert haben, besser sei es, als Österreicher des Widerstandes der
Nationalitäten nicht Herr zu werden, denn als Reichsdeutscher sein Land in einen
Exerzierplatz.. Truppenübungsplatz ..
zu verwandeln. Ich habe Sr.
Erl. Leinsdorf
gesagt, daß ich diese ewigen militärfeindlichen Bemerkungen
geschmacklos finde Darauf erwidert er nur, daß das keine Realpolitik sei.
Nach seiner Auffassung ist es jetzt höchste Zeit zu einer 'Kraftkundgebung
der Liebe!' Das sind seine Worte zu mir. 'Herr General,' hat er gesagt,Er verlangt eine Kraftkundgebung; d.h. natürlich soll es auch
eine Liebeskundgebung sein, das war ja die ursprüngliche Idee der
Parallelaktion. 'Herr General,' das waren seine Worte 'wir müssen unsere
Einigkeit kundgeben; das ist weniger widerspruchsvoll, als es den
Anschein hat, aber auch weniger einfach!'"
Bei dieser Mitteilung ließvergaß sich U. Ulrich
und gab
eine ernstere Antwort. "Sag einmal," fragte er "kommt dir denn nie das
Gerede um die Parallelaktion übertriebenetwas kindlich vor?"
Stumm sah ihn erstaunt an "Das schon" erwiderte er langsamzögernd. "Wenn ich so mit dir spreche oder mit dem Leinsdorf, kommt es mir manchmal vor, ich rede wie ein Jüngling und philosophiere nur mit diroder du philosophierst über die Ph Unsterblichkeit der Maikäfer; aber das kommt doch von dem Thema? Wenno es um erhabene Aufgaben geht, hat man dochja nie das Gefühl, so reden zu können/dürfen/, wie man wirklich ist!?"
Agathe lachte.
Stumm lachte mit. "Ich lache ja auch, Gnädigste,!" versicherte er vorsichtigweltklug, und dann verteidigte er sich mit den Worten: doch dann kehrte in sein Gesicht wieder Wichtigkeit zurück, u. er fuhr fort: "Aber streng genommen ist es gar nicht so dummfalsch, was der erlauchtige Herr meint ,".wenn er das Wort 'eine Kraftkundgebung der Liebe' prägt. Es ist auch nichts anderes als das, was der Parallelaktion von Anfang an vorgeschwebt hat. Sagen wir statt Kraft Roheit, was ja kein fester Unterschied ist, so haben wir also eine Roheitskundgebung, die zugleich eine Kundgebung der Liebe ist: das ist etwas ganz Modernes!Ich behaupte:... ? Ewiges u ganz Modernes?"
Ulrich und Agathe mußten ihn wohl mit staunenden Augen angesehen haben, denn er fuhr fort: "Also, ich bin umso lieber bereit, das zu erklären, als ich mir eigentlich deshalb hergekommen bin und mir die Freiheit gestattetgenommen habe zu stören. Was verstehst du unter Liberalismus, wenn ich fragenum Auskunft bitten darf?" mit dieser Frage wandte
Fabrikantensöhne von Pferdestärken und Chassis. So hat der Liberalismus seit der Verfassung von 61 den Adel auf die Seite geschoben, aber alles ist voll neuer Korruption, und wenn wider Erwarten ndoch einmal eine neuedie Soziale Revolution kommen solltewird, so wird sie den Fabrikantensöhnen den Kopf abschlagen, aber besser wird es auch nicht werden!' Jetzt sag, was hätte ich ihm darauf erwidern sollen?"Ist das nicht stark? Man hat den Eindruck, es kocht etwas in ihm über! Bei einem andern könntemöchte man ja vielleicht auch meinen, er weiß nicht was er will!"
"Weißt du, was er will?" fragte U Ulrich
.
"Nein" erwiderte St Stumm
. "Die
Drangsal Drangsal
hat ihmnach der Geschichte in B. versucht, ihm
sagen zu lassen: jetzt solltemüßte man Weltösterreich verwirklichen. Und der Fm. Feuermaul
soll geäußert haben
sich erst recht zum Menschen bedingungslos hinreißen lassen; und der Feuermaul
soll geäußert haben, besser sei es, als Österreicher des Widerstandes der
Nationalitäten nicht Herr zu werden, denn als Reichsdeutscher sein Land in einen
Exerzierplatz.. Truppenübungsplatz ..
zu verwandeln. Ich habe Sr.
Erl. Leinsdorf
gesagt, daß ich diese ewigen militärfeindlichen Bemerkungen
geschmacklos finde Darauf erwidert er nur, daß das keine Realpolitik sei.
Nach seiner Auffassung ist es jetzt höchste Zeit zu einer 'Kraftkundgebung
der Liebe!' Das sind seine Worte zu mir. 'Herr General,' hat er gesagt,Er verlangt eine Kraftkundgebung; d.h. natürlich soll es auch
eine Liebeskundgebung sein, das war ja die ursprüngliche Idee der
Parallelaktion. 'Herr General,' das waren seine Worte 'wir müssen unsere
Einigkeit kundgeben; das ist weniger widerspruchsvoll, als es den
Anschein hat, aber auch weniger einfach!'"
Bei dieser Mitteilung ließvergaß sich U. Ulrich
und gab
eine ernstere Antwort. "Sag einmal," fragte er "kommt dir denn nie das
Gerede um die Parallelaktion übertriebenetwas kindlich vor?"
Stumm sah ihn erstaunt an "Das schon" erwiderte er langsamzögernd. "Wenn ich so mit dir spreche oder mit dem Leinsdorf, kommt es mir manchmal vor, ich rede wie ein Jüngling und philosophiere nur mit diroder du philosophierst über die Ph Unsterblichkeit der Maikäfer; aber das kommt doch von dem Thema? Wenno es um erhabene Aufgaben geht, hat man dochja nie das Gefühl, so reden zu können/dürfen/, wie man wirklich ist!?"
Agathe lachte.
Stumm lachte mit. "Ich lache ja auch, Gnädigste,!" versicherte er vorsichtigweltklug, und dann verteidigte er sich mit den Worten: doch dann kehrte in sein Gesicht wieder Wichtigkeit zurück, u. er fuhr fort: "Aber streng genommen ist es gar nicht so dummfalsch, was der erlauchtige Herr meint ,".wenn er das Wort 'eine Kraftkundgebung der Liebe' prägt. Es ist auch nichts anderes als das, was der Parallelaktion von Anfang an vorgeschwebt hat. Sagen wir statt Kraft Roheit, was ja kein fester Unterschied ist, so haben wir also eine Roheitskundgebung, die zugleich eine Kundgebung der Liebe ist: das ist etwas ganz Modernes!Ich behaupte:... ? Ewiges u ganz Modernes?"
Ulrich und Agathe mußten ihn wohl mit staunenden Augen angesehen haben, denn er fuhr fort: "Also, ich bin umso lieber bereit, das zu erklären, als ich mir eigentlich deshalb hergekommen bin und mir die Freiheit gestattetgenommen habe zu stören. Was verstehst du unter Liberalismus, wenn ich fragenum Auskunft bitten darf?" mit dieser Frage wandte
Signatur: Cod. Ser. n. 15068
29 Blatt, 67 Seiten, 4 Konvolute
Die Mappe enthält Materialien zur Fortsetzung des ›Mann ohne Eigenschaften‹ nach der Teilveröffentlichung des Zweiten Buchs von 1932. Musil konzentrierte diese Fortsetzung in einer Entwurfsfolge mit der ›Sigle H‹ = ›Handschrift‹ (Fortsetzungshandschrift, Zweite Fassung, H 3 = Mappe I/7). Das daraus stammende Konvolut ›H 401-435‹ ist zusammen mit weiteren ersten Entwürfen von 1933 in die Mappe VII/9 gelangt. Eine Neufassung des Manuskripts (H 425-445) von 1934 aber bildet den Schwerpunkt des vorliegenden ›alten blauen Faszikels‹, in den auch das aktuelle Kapitelverzeichnis der Romanfortführung eingelegt wurde. Dazu kommen drei weitere unfertige Kapitelentwürfe von 1933/1934 aus älteren Kapitelprojekten zur Parallelaktions- und Rahmenerzählung, noch in keine endgültige Kapitelsukzession gereiht. Teils liefern die Entwürfe Vorstufen der Druckfahnenkapitel von Ende 1937, teils bleiben sie außerhalb des später angestrebten Erzählkontinuums.
Robert Musil, Altes blaues Faszikel (a. bl. Fa.) : Mappe I/8, ediert von Walter Fanta, in: Musil Online, hrsg. v. RMI/KLA und ÖNB, Klagenfurt und Wien 2021, Version 0.1, März 2022. URL: https://edition.onb.ac.at/musil/o:mus.sn15068-01-08/methods/sdef:TEI/get?mode=p_11
LizenzhinweisWeitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.
Links