"Da wird doch jetzt sogarbereits eine doppelte Philosophie und Moral verlangt: für Führer und für Geführte! UndAber wenn wir schon einmal beim Militär sind, muß ich überhaupt sagen, daß sich das Militär nicht nur an und für sich als ein Element der Ordnung ist auszeichnet, sondern daß es sich immer auch dann noch zur Verfügung stelltbewährt, wenn alle andere Ordnung versagt!"
"Die entscheidenden Dinge vollziehen sich eben über den Verstand hinweg, und die
Größe des Lebens wurzelt im Irrationalen!" führte U. Ulrich
an u. ahmte aus dem Gedächtnis seine Kusine D. Diotima
nach.
Der General verstand es sofort, nahm es aber nicht übel. "Ja, so hat sie
gesprochen, Ihre Frau Kusine ," er ehe sie
noch die Kundgebungen der Liebe sozusagen zu sehr im besonderen suchte." mit
dieser Erklärung Er wandte sich mit dieser Erklärung an Ag Agathe
.
Ag. Agathe
schwieg und lächelte.
Stumm wandte sich wieder U. Ulrich
zu.
"Ich weiß nicht, ob es zu dir der Ldf. Leinsdorf
vielleicht auch schon gesagt hat, jedenfalls ist es hervorragend
richtig; wenn er behauptet nämlich, daß es an einem Glauben die
Hauptsache ist, daß man immer dasselbe glaubt. Das ist ungefähr das, was ich eben
Eingeistigkeit nenne. 'Kann das aber das Zivil?' habe ich ihn gefragt. 'Nein' habe
ich gesagt 'das Zivil trägt jedes Jahr andere Anzüge, und alle paar Jahre finden
Parlamentswahlen statt, damit es jedesmal anders wählen kann: der Geist der
Eingeistigkeit ist viel eher beim Militär zu finden!"
"Du hast also Leinsdorf überzeugt, daß ein gesteigerter Militarismus die wahre Erfüllung seiner Absichten wäre?"
"Aber Gott bewahre, ich habe kein Wort gesagt! Wir haben uns nurbloß geeinigt, daß wir auf den Fm. Feuermaul
künftighin verzichten, weil seine Ansichten zu
unbrauchbar sind. Und im übrigen hat mir der Ldf. Leinsdorf
eine Reihe Aufträge an dich mitgegeben –"
"Das ist überflüssig!"
"Du sollst ihm rasch eine Verbindung zu sozialistischen Kreisen verschaffen –"
"Der Sohn meines Gärtners ist eifriges Parteimitglied, mit dem kann ich dienen –!"
"Aber meinetwegen! Es muß ja ohnehin nur aus Gewissenhaftigkeit geschehn, weil er sich das einmal in den Kopf gesetzt hat. Das zweite ist, daß du ihn sobald wie möglich aufsuchen möchtest –"
"Ich reise nächster Tage ab!"
"Also eben gleich wenn du wieder zurück bist –"
"Ich komme wahrscheinlich überhaupt nicht zurück!"
St. v. B. Stumm
sah Agathe an; Ag. Agathe
lächelte, und er fühlte sich
dadurch ermuntert
"Verrückt?" fragte er. Ag. Agathe
zuckte
ungewiß die Schultern.
"Da wird doch jetzt sogarbereits eine doppelte Philosophie und Moral verlangt: für Führer und für Geführte! UndAber wenn wir schon einmal beim Militär sind, muß ich überhaupt sagen, daß sich das Militär nicht nur an und für sich als ein Element der Ordnung ist auszeichnet, sondern daß es sich immer auch dann noch zur Verfügung stelltbewährt, wenn alle andere Ordnung versagt!"
"Die entscheidenden Dinge vollziehen sich eben über den Verstand hinweg, und die
Größe des Lebens wurzelt im Irrationalen!" führte U. Ulrich
an u. ahmte aus dem Gedächtnis seine Kusine D. Diotima
nach.
Der General verstand es sofort, nahm es aber nicht übel. "Ja, so hat sie
gesprochen, Ihre Frau Kusine ," er ehe sie
noch die Kundgebungen der Liebe sozusagen zu sehr im besonderen suchte." mit
dieser Erklärung Er wandte sich mit dieser Erklärung an Ag Agathe
.
Ag. Agathe
schwieg und lächelte.
Stumm wandte sich wieder U. Ulrich
zu.
"Ich weiß nicht, ob es zu dir der Ldf. Leinsdorf
vielleicht auch schon gesagt hat, jedenfalls ist es hervorragend
richtig; wenn er behauptet nämlich, daß es an einem Glauben die
Hauptsache ist, daß man immer dasselbe glaubt. Das ist ungefähr das, was ich eben
Eingeistigkeit nenne. 'Kann das aber das Zivil?' habe ich ihn gefragt. 'Nein' habe
ich gesagt 'das Zivil trägt jedes Jahr andere Anzüge, und alle paar Jahre finden
Parlamentswahlen statt, damit es jedesmal anders wählen kann: der Geist der
Eingeistigkeit ist viel eher beim Militär zu finden!"
"Du hast also Leinsdorf überzeugt, daß ein gesteigerter Militarismus die wahre Erfüllung seiner Absichten wäre?"
"Aber Gott bewahre, ich habe kein Wort gesagt! Wir haben uns nurbloß geeinigt, daß wir auf den Fm. Feuermaul
künftighin verzichten, weil seine Ansichten zu
unbrauchbar sind. Und im übrigen hat mir der Ldf. Leinsdorf
eine Reihe Aufträge an dich mitgegeben –"
"Das ist überflüssig!"
"Du sollst ihm rasch eine Verbindung zu sozialistischen Kreisen verschaffen –"
"Der Sohn meines Gärtners ist eifriges Parteimitglied, mit dem kann ich dienen –!"
"Aber meinetwegen! Es muß ja ohnehin nur aus Gewissenhaftigkeit geschehn, weil er sich das einmal in den Kopf gesetzt hat. Das zweite ist, daß du ihn sobald wie möglich aufsuchen möchtest –"
"Ich reise nächster Tage ab!"
"Also eben gleich wenn du wieder zurück bist –"
"Ich komme wahrscheinlich überhaupt nicht zurück!"
St. v. B. Stumm
sah Agathe an; Ag. Agathe
lächelte, und er fühlte sich
dadurch ermuntert
"Verrückt?" fragte er. Ag. Agathe
zuckte
ungewiß die Schultern.
Signatur: Cod. Ser. n. 15068
29 Blatt, 67 Seiten, 4 Konvolute
Die Mappe enthält Materialien zur Fortsetzung des ›Mann ohne Eigenschaften‹ nach der Teilveröffentlichung des Zweiten Buchs von 1932. Musil konzentrierte diese Fortsetzung in einer Entwurfsfolge mit der ›Sigle H‹ = ›Handschrift‹ (Fortsetzungshandschrift, Zweite Fassung, H 3 = Mappe I/7). Das daraus stammende Konvolut ›H 401-435‹ ist zusammen mit weiteren ersten Entwürfen von 1933 in die Mappe VII/9 gelangt. Eine Neufassung des Manuskripts (H 425-445) von 1934 aber bildet den Schwerpunkt des vorliegenden ›alten blauen Faszikels‹, in den auch das aktuelle Kapitelverzeichnis der Romanfortführung eingelegt wurde. Dazu kommen drei weitere unfertige Kapitelentwürfe von 1933/1934 aus älteren Kapitelprojekten zur Parallelaktions- und Rahmenerzählung, noch in keine endgültige Kapitelsukzession gereiht. Teils liefern die Entwürfe Vorstufen der Druckfahnenkapitel von Ende 1937, teils bleiben sie außerhalb des später angestrebten Erzählkontinuums.
Robert Musil, Altes blaues Faszikel (a. bl. Fa.) : Mappe I/8, ediert von Walter Fanta, in: Musil Online, hrsg. v. RMI/KLA und ÖNB, Klagenfurt und Wien 2021, Version 0.1, März 2022. URL: https://edition.onb.ac.at/musil/o:mus.sn15068-01-08/methods/sdef:TEI/get?mode=p_14
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