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Saals mit einer niedrigen Decke. Ein Kranz von Pulvertürmen umgab jede größere Stadt, in denen die Armee ihre Schießvorräte aufbewahrte, groß genug, bei einem Blitzschlag ein ganzes Stadtviertel in Trümmer zu legen: aber bei jedem Pulverturm war durch eine Schildwache und einen schwarz=gelben Schlagbaum dafür vorgesorgt, daß den Bürgern kein Unheil geschehe. Und die Polizei war mit Säbeln ausgerüstet, die so lang waren wie die der Offiziere und bis an die Erde reichten, niemand wußte mehr warum, es sei denn aus Mäßigung,denn wennmit einer Hand mußte die Polizei mit den Händen nach einem Missetäter griff, warenkonnten ihr diese Säbel bloß zwischen den Füßen hinderlich seinimmer ihren Säbel festhalten, damit er ihr nicht zwischen die Beine komme, und konnte nur mit der anderen nach Missetätern greifenfahnden./Denn die Polizei war nur mit der einenrechten Hand die der Gerechtigkeit, mit der anderen mußte sie ihre Säbel festhalten/ Niemand wußte auch, warum in wachsenden Städten auf Baugründen, die Zukunft hatten, vom Staat weit vorausblickend Militärspitäler, Monturdepots und Garnisonsbäckereien errichtet wurden, die später als riesige düstere Rechteckederen ummauerte Riesenrechtecke später die Entwicklung störten. Keinesfalls durfte das für Militarismus gehalten werden, dessen man das alte Kakanien leichtfertig bösartig beschuldigt hat; es war nur Lebensweisheit und Ordnung; eine Lebensweisheit, die das, was in Ordnung ist, in Ordnung umsetzthält, das, was nicht in Ordnung ist, aber nicht fassen kann, es sei denn durch die Polizei. Vorsicht: denn Ordnung kann gar nicht anders als in Ordnung sein, /richtiger einfügen: sie ist sozusagen schon ihrem Wesen nach in Ordg./ während das von jedem anderen staatlichen Verhalten ewig unsicher bleibt. Diese Ordnung war dem Franzisko=Josefinischen Zeitalter in Kakanien zur Natur, ja fast schon zur Landschaft geworden, und ganz bestimmt hätten dort bei längerer friedlicher Andauer der stillen Friedenzszeit auch noch die Geistlichen langeebensolange Säbel – wie die .. /wie sie die .. schon hatten ? bekommen, da nach den Finanzräten? Richtern/Fischinspektoren und Eisenbahn Postbeamten schon die Universitätsprofessoren welche erhalten hatten, und wäre nicht eine Weltunordnung mit/?Weltveränderung zu - / mit ganz anderen Auffassungen dazwischengekommen, so hätte sich der Säbel vielleicht in Kakanien zu einer geistigen Waffe entwickelt.

Vielleicht hinzufügen: Geglaubt hat man, das geschieht aus Eifersucht auf Deutschland. Und die fremden Staaten haben geglaubt, aus Militarisierung. Dieer Stelle etwas faktische Bedeutung geben.

Als die Unterhaltung, teils im Meinungsaustausch, teils in Erinnerungen, die ihnsie stumm begleiteten, so weit gekommen war, schaltete General St. Stumm
ein: "Das hat übrigens der Leinsdorf Leinsdorf
schon gesagt, daß nämlich die Priester eigentlich Säbel bekommen müßten, beim nächsten Konkordat und zum Zeichen, daß auch sie ein Amt im Staat bekleiden. Er hat es dann mit der weniger paradoxen Bemerkung eingeschränkt, daß auch kleine Degen genügen möchten, mit Perlmutter= und Goldgriff, weißt du, wie sie früher die Beamten getragen haben." "Ist das dein Ernst?" "Seiner" gab der General zur Antwort. "Er hat mir erzähltgezeigt, daß

Legende
ABC: Streichung ABC: HinzufügungABC: Textvariante : Abkürzung, BegriffserklärungABC: Autorenkommentar
Beschreibung einer kakanischen Stadt
Stufe
12
Anzahl
12 MS
Inhalt
Text: Nationen (Gn bei U u Ag)
Typ
Entwurfsfragment
Entwurfsfragmente sind für die spätere Produktionsphase des "Mann ohne Eigenschaften" typisch (1933-1942). Es handelt sich um Zeugnisse der Umschreibprozeduren, in der Regel in Form unvollständiger Kapitelentwürfe, die keinen fixen Kapiteltitel und keine fixe Kapitelnummer haben; sie sind stark korrigiert und mit Notizen versehen.
Zeit
13. Juni 1933 - 5. Juli 1933
Datierungsmethode: indirekt, implizit
Referenz
Aus dem Bereich "Schauen"
  • I/8/3
  • I/8/4
  • I/8/5
  • I/8/6
  • I/8/7
  • I/8/8 (aktuelles Dokument)
  • I/8/9
  • I/8/10
  • I/8/11
  • I/8/12
  • I/8/13
  • I/8/14
Aus dem Bereich "Lesen"
  • [01]
  • [02]
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  • [08]
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  • [10]
  • [11]
  • [12]
Datierung
13. Juni 1933 - 5. Juli 1933
Datierungsmethode: indirekt, implizit
Objektbeschreibung
Angaben zum Blatt: Kanzleidoppelblatt cremefarben
Maße: 209x329mm
Typ des Blatts
Entwurfsfragment
Tinte schwarz
Entwurfsfragmente sind für die spätere Produktionsphase des "Mann ohne Eigenschaften" typisch (1933-1942). Es handelt sich um Zeugnisse der Umschreibprozeduren, in der Regel in Form unvollständiger Kapitelentwürfe, die keinen fixen Kapiteltitel und keine fixe Kapitelnummer haben; sie sind stark korrigiert und mit Notizen versehen.
Bezug
Der Mann ohne Eigenschaften
Fortsetzung 1933-1936 | Parallelaktion | Beschreibung einer kakanischen Stadt | Stufe 12
Siglen
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Saals mit einer niedrigen Decke. Ein Kranz von Pulvertürmen umgab jede größere Stadt, in denen die Armee ihre Schießvorräte aufbewahrte, groß genug, bei einem Blitzschlag ein ganzes Stadtviertel in Trümmer zu legen: aber bei jedem Pulverturm war durch eine Schildwache und einen schwarz=gelben Schlagbaum dafür vorgesorgt, daß den Bürgern kein Unheil geschehe. Und die Polizei war mit Säbeln ausgerüstet, die so lang waren wie die der Offiziere und bis an die Erde reichten, niemand wußte mehr warum, es sei denn aus Mäßigung,denn wennmit einer Hand mußte die Polizei mit den Händen nach einem Missetäter griff, warenkonnten ihr diese Säbel bloß zwischen den Füßen hinderlich seinimmer ihren Säbel festhalten, damit er ihr nicht zwischen die Beine komme, und konnte nur mit der anderen nach Missetätern greifenfahnden./Denn die Polizei war nur mit der einenrechten Hand die der Gerechtigkeit, mit der anderen mußte sie ihre Säbel festhalten/ Niemand wußte auch, warum in wachsenden Städten auf Baugründen, die Zukunft hatten, vom Staat weit vorausblickend Militärspitäler, Monturdepots und Garnisonsbäckereien errichtet wurden, die später als riesige düstere Rechteckederen ummauerte Riesenrechtecke später die Entwicklung störten. Keinesfalls durfte das für Militarismus gehalten werden, dessen man das alte Kakanien leichtfertig bösartig beschuldigt hat; es war nur Lebensweisheit und Ordnung; eine Lebensweisheit, die das, was in Ordnung ist, in Ordnung umsetzthält, das, was nicht in Ordnung ist, aber nicht fassen kann, es sei denn durch die Polizei. Vorsicht: denn Ordnung kann gar nicht anders als in Ordnung sein, /richtiger einfügen: sie ist sozusagen schon ihrem Wesen nach in Ordg./ während das von jedem anderen staatlichen Verhalten ewig unsicher bleibt. Diese Ordnung war dem Franzisko=Josefinischen Zeitalter in Kakanien zur Natur, ja fast schon zur Landschaft geworden, und ganz bestimmt hätten dort bei längerer friedlicher Andauer der stillen Friedenzszeit auch noch die Geistlichen langeebensolange Säbel – wie die .. /wie sie die .. schon hatten ? bekommen, da nach den Finanzräten? Richtern/Fischinspektoren und Eisenbahn Postbeamten schon die Universitätsprofessoren welche erhalten hatten, und wäre nicht eine Weltunordnung mit/?Weltveränderung zu - / mit ganz anderen Auffassungen dazwischengekommen, so hätte sich der Säbel vielleicht in Kakanien zu einer geistigen Waffe entwickelt.

Vielleicht hinzufügen: Geglaubt hat man, das geschieht aus Eifersucht auf Deutschland. Und die fremden Staaten haben geglaubt, aus Militarisierung. Dieer Stelle etwas faktische Bedeutung geben.

Als die Unterhaltung, teils im Meinungsaustausch, teils in Erinnerungen, die ihnsie stumm begleiteten, so weit gekommen war, schaltete General St. Stumm
ein: "Das hat übrigens der Leinsdorf Leinsdorf
schon gesagt, daß nämlich die Priester eigentlich Säbel bekommen müßten, beim nächsten Konkordat und zum Zeichen, daß auch sie ein Amt im Staat bekleiden. Er hat es dann mit der weniger paradoxen Bemerkung eingeschränkt, daß auch kleine Degen genügen möchten, mit Perlmutter= und Goldgriff, weißt du, wie sie früher die Beamten getragen haben." "Ist das dein Ernst?" "Seiner" gab der General zur Antwort. "Er hat mir erzähltgezeigt, daß

Legende
ABC: Streichung ABC: HinzufügungABC: Textvariante : Abkürzung, BegriffserklärungABC: Autorenkommentar
Beschreibung einer kakanischen Stadt
Stufe
12
Anzahl
12 MS
Inhalt
Text: Nationen (Gn bei U u Ag)
Typ
Entwurfsfragment
Entwurfsfragmente sind für die spätere Produktionsphase des "Mann ohne Eigenschaften" typisch (1933-1942). Es handelt sich um Zeugnisse der Umschreibprozeduren, in der Regel in Form unvollständiger Kapitelentwürfe, die keinen fixen Kapiteltitel und keine fixe Kapitelnummer haben; sie sind stark korrigiert und mit Notizen versehen.
Zeit
13. Juni 1933 - 5. Juli 1933
Datierungsmethode: indirekt, implizit
Referenz
Aus dem Bereich "Schauen"
  • I/8/3
  • I/8/4
  • I/8/5
  • I/8/6
  • I/8/7
  • I/8/8 (aktuelles Dokument)
  • I/8/9
  • I/8/10
  • I/8/11
  • I/8/12
  • I/8/13
  • I/8/14
Aus dem Bereich "Lesen"
  • [01]
  • [02]
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Datierung
13. Juni 1933 - 5. Juli 1933
Datierungsmethode: indirekt, implizit
Objektbeschreibung
Angaben zum Blatt: Kanzleidoppelblatt cremefarben
Maße: 209x329mm
Typ des Blatts
Entwurfsfragment
Tinte schwarz
Entwurfsfragmente sind für die spätere Produktionsphase des "Mann ohne Eigenschaften" typisch (1933-1942). Es handelt sich um Zeugnisse der Umschreibprozeduren, in der Regel in Form unvollständiger Kapitelentwürfe, die keinen fixen Kapiteltitel und keine fixe Kapitelnummer haben; sie sind stark korrigiert und mit Notizen versehen.
Bezug
Der Mann ohne Eigenschaften
Fortsetzung 1933-1936 | Parallelaktion | Beschreibung einer kakanischen Stadt | Stufe 12
Siglen

Signatur: Cod. Ser. n. 15068

29 Blatt, 67 Seiten, 4 Konvolute

Die Mappe enthält Materialien zur Fortsetzung des ›Mann ohne Eigenschaften‹ nach der Teilveröffentlichung des Zweiten Buchs von 1932. Musil konzentrierte diese Fortsetzung in einer Entwurfsfolge mit der ›Sigle H‹ = ›Handschrift‹ (Fortsetzungshandschrift, Zweite Fassung, H 3 = Mappe I/7). Das daraus stammende Konvolut ›H 401-435‹ ist zusammen mit weiteren ersten Entwürfen von 1933 in die Mappe VII/9 gelangt. Eine Neufassung des Manuskripts (H 425-445) von 1934 aber bildet den Schwerpunkt des vorliegenden ›alten blauen Faszikels‹, in den auch das aktuelle Kapitelverzeichnis der Romanfortführung eingelegt wurde. Dazu kommen drei weitere unfertige Kapitelentwürfe von 1933/1934 aus älteren Kapitelprojekten zur Parallelaktions- und Rahmenerzählung, noch in keine endgültige Kapitelsukzession gereiht. Teils liefern die Entwürfe Vorstufen der Druckfahnenkapitel von Ende 1937, teils bleiben sie außerhalb des später angestrebten Erzählkontinuums.

Zitiervorschlag

Robert Musil, Altes blaues Faszikel (a. bl. Fa.) : Mappe I/8, ediert von Walter Fanta, in: Musil Online, hrsg. v. RMI/KLA und ÖNB, Klagenfurt und Wien 2021, Version 0.1, März 2022. URL: https://edition.onb.ac.at/musil/o:mus.sn15068-01-08/methods/sdef:TEI/get?mode=p_9

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