zum Einstecken in den Körper sind,
waren, für ihr Gefühl, verkehrtherum
gesteckt, und sie weinte; und sofort
brach bei mir die alte Wut aus, doch noch im
Umstecken der Flügel war ein Moment,
da dachte ich, wenn ich jetzt ruhig bleibe,
dann habe ich heute was geleistet, und
ich hatte auch ganz kurz das Gefühl,
meiner HERR zu werden, aber plötzlich, als
sie weiterweinte, weil ich, scheint's, die Flü-
gel doch "falsch" wieder in den Rumpf steckte, habe
ich sie, ohne Hemmung, sofort auf den Hintern
geschlagen, und dann noch einmal, weil ich
den Anblick ihrer Tränen nicht aushielt – und dabei hätte
ich es doch fast geschafft, mich zu ÜBER-
SPRINGEN
, aber aus dieser Morgenmüdig-
keit wurde sofort, ohne Gedanken, GEWALT,
und dann konnte ich nur noch stumm sein,
und sah A. Handke, Amina
in der Küche allein vor dem
Frühstücksteller sitzen, und die Linie ihres
Nackens und ihrer Wange machte brannte
sich mir ein in ihrer Traurigkeit. Ich setzte
mich ihr stumm gegenüber, und dann fing sie
zu sprechen an, über was ganz anderes,
sprach so dahin, FÜR MICH, aber es war
ein Grimm in mir, der, wie etwas Los-
gelassenes, hemmungslos gegen sie weiter-
wütete
53
zum Einstecken in den Körper sind, waren, für ihr Gefühl, verkehrtherum gesteckt, und sie weinte; und sofort brach bei mir die alte Wut aus, doch noch im Umstecken der Flügel war ein Moment, da dachte ich, wenn ich jetzt ruhig bleibe, dann habe ich heute was geleistet, und ich hatte auch ganz kurz das Gefühl, meiner HERR zu werden, aber plötzlich, als sie weiterweinte, weil ich, scheint's, die Flügel doch "falsch" wieder in den Rumpf steckte, habe ich sie, ohne Hemmung, sofort auf den Hintern geschlagen, und dann noch einmal, weil ich den Anblick ihrer Tränen nicht aushielt – und dabei hätte ich es doch fast geschafft, mich zu ÜBERSPRINGEN, aber aus dieser Morgenmüdigkeit wurde sofort, ohne Gedanken, GEWALT, und dann konnte ich nur noch stumm sein, und sah A. Handke, Amina
in der Küche allein vor dem Frühstücksteller sitzen, und die Linie ihres Nackens und ihrer Wange brannte sich mir ein in ihrer Traurigkeit. Ich setzte mich ihr stumm gegenüber, und dann fing sie zu sprechen an, über was ganz anderes, sprach so dahin, FÜR MICH, aber es war ein Grimm in mir, der, wie etwas Losgelassenes, hemmungslos gegen sie weiterwütete​

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zum Einstecken in den Körper sind,
waren, für ihr Gefühl, verkehrtherum
gesteckt, und sie weinte; und sofort
brach bei mir die alte Wut aus, doch noch im
Umstecken der Flügel war ein Moment,
da dachte ich, wenn ich jetzt ruhig bleibe,
dann habe ich heute was geleistet, und
ich hatte auch ganz kurz das Gefühl,
meiner HERR zu werden, aber plötzlich, als
sie weiterweinte, weil ich, scheint's, die Flü-
gel doch "falsch" wieder in den Rumpf steckte, habe
ich sie, ohne Hemmung, sofort auf den Hintern
geschlagen, und dann noch einmal, weil ich
den Anblick ihrer Tränen nicht aushielt – und dabei hätte
ich es doch fast geschafft, mich zu ÜBER-
SPRINGEN
, aber aus dieser Morgenmüdig-
keit wurde sofort, ohne Gedanken, GEWALT,
und dann konnte ich nur noch stumm sein,
und sah A. Handke, Amina
in der Küche allein vor dem
Frühstücksteller sitzen, und die Linie ihres
Nackens und ihrer Wange machte brannte
sich mir ein in ihrer Traurigkeit. Ich setzte
mich ihr stumm gegenüber, und dann fing sie
zu sprechen an, über was ganz anderes,
sprach so dahin, FÜR MICH, aber es war
ein Grimm in mir, der, wie etwas Los-
gelassenes, hemmungslos gegen sie weiter-
wütete
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zum Einstecken in den Körper sind, waren, für ihr Gefühl, verkehrtherum gesteckt, und sie weinte; und sofort brach bei mir die alte Wut aus, doch noch im Umstecken der Flügel war ein Moment, da dachte ich, wenn ich jetzt ruhig bleibe, dann habe ich heute was geleistet, und ich hatte auch ganz kurz das Gefühl, meiner HERR zu werden, aber plötzlich, als sie weiterweinte, weil ich, scheint's, die Flügel doch "falsch" wieder in den Rumpf steckte, habe ich sie, ohne Hemmung, sofort auf den Hintern geschlagen, und dann noch einmal, weil ich den Anblick ihrer Tränen nicht aushielt – und dabei hätte ich es doch fast geschafft, mich zu ÜBERSPRINGEN, aber aus dieser Morgenmüdigkeit wurde sofort, ohne Gedanken, GEWALT, und dann konnte ich nur noch stumm sein, und sah A. Handke, Amina
in der Küche allein vor dem Frühstücksteller sitzen, und die Linie ihres Nackens und ihrer Wange brannte sich mir ein in ihrer Traurigkeit. Ich setzte mich ihr stumm gegenüber, und dann fing sie zu sprechen an, über was ganz anderes, sprach so dahin, FÜR MICH, aber es war ein Grimm in mir, der, wie etwas Losgelassenes, hemmungslos gegen sie weiterwütete​

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Zitiervorschlag

Handke, Peter: Notizbuch 16.04.1976-08.05.1976 (NB 004). Hg. von Johanna Eigner und Katharina Pektor. In: Ders.: Notizbücher. Digitale Edition. Hg. von Katharina Pektor, Ulrich von Bülow und Bernhard Fetz. Deutsches Literaturarchiv Marbach und Österreichische Nationalbibliothek, Wien: Release 14.06.2024. Seite 55. URL: https://edition.onb.ac.at/fedora/objects/o:hnb.nb.197604-197605/methods/sdef:TEI/get?mode=p_55. Online abgerufen: 24.11.2024.

Transkription und Übersetzung fremdsprachiger oder stenographierter Textstellen

Ioannis Fykias (Altgriechisch), Ana Grigalashvili (Georgisch), Angelika Kolesnikow (Russisch), Anna Montané Forasté (Spanisch), Helmut Moysich (Italienisch, Französisch), Martin Springinklee (Steno), Dominik Srienc (Slowenisch) und Dorothea Weber (Latein).

Lizenzhinweis

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